Presseschau vom 28. Oktober 2016: Oliver Reese verteidigt das Intendanten-Modell in der FAZ

Kein Übermensch

Kein Übermensch

28. Oktober 2016. Oliver Reese, Intendant des Schauspiels Frankfurt, wiederspricht in der FAZ (28.10.2016) der Kritik am Intendanten-Modell. "Ich betreibe, wie viele andere Kollegen auch, Theaterleitung auf moderne, kollegiale Weise und arbeite dabei vor allem zusammen und im Team." Es gebt keine wesentliche Entscheidung, egal ob sie Spielplan, Personalia oder Organisatorisches betreffe, die nicht wenigstens mit dem Leitungsteam besprochen und abgestimmt sei.

Reese, der in der nächsten Spielzeit ans Berliner Ensemble wechselt, begegnet damit zahlreichen Vorwürfen der letzten Zeit: "Intendanten würden sich 'über Künstler hinwegsetzen' und 'nur die eigenen künstlerischen Interessen durchsetzen', steht da; 'ich brauche niemanden, der mich anschreit', sagt Shenja Lacher; von 'irrationalem Charisma' und 'Übermenschen' (Balme) wird, pardon, schwadroniert".

Reese verwehrt sich auch gegen den Vorwurf, es sei üblich, Schauspieler per se mit Einjahresverträgen auszustatten. Die ständige Angst vor der Nichtverlängerung des eigenen Engagements sei "keinesfalls zwangsläufig eine Tatsache". Im Gegenteil gelte zumindest für die großen Häuser: "Je prominenter oder auch nur erfolgreicher, desto schwerer wird es, einen Schauspieler überhaupt für einen Festvertrag zu gewinnen."

Auch die Praxis, dass neue Intendanten meist große Teile des Ensembles neu besetzen, also Schauspieler durch Leitungswechsel an ihrem Haus zwangsläufig ihre Jobs verlieren, verteidigt Reese indirekt, indem er auf seine Verantwortung für die Ensemble-Arbeit hinweist.

TINA – There Is No Alternative

"Wenn ich mich einmal für einen Schauspieler aus ganzem Herzen und überzeugt von seinem Potential entschieden habe, muss ich in der Konsequenz an einem Spielplan arbeiten, der genug Entfaltungsmöglichkeiten für ihn und alle anderen Festengagierten bietet und diese dann auch bei den Besetzungsgesprächen mit den Regisseuren verteidigen und gegen deren eventuelle Gastforderungen durchsetzen. (…) Kann ich diese Herzensentscheidung nicht mit voller Überzeugung treffen, darf ich einen Schauspieler nicht engagieren oder – nach genauer Prüfung – bei einem Intendantenwechsel nicht übernehmen."

Reese betont außerdem, es gebe neben dem Intendanten-Modell "kein anderes strukturiertes Konzept (...), das als echte Alternative zum im Team arbeitenden, am Ende aber allein verantwortlichen Intendanten als Modell tauglich erscheint". Er weist ferner darauf hin, dass die Diskussion über das Modell viel eher mit der Kulturpolitik geführt werden müsse: "Die Intendantenverträge werden doch von den Städten und Gemeinden angeboten, die Intendanten schaffen die Strukturen ja keineswegs selbst!" Diese wiederum habe wohl ebenfalls kein Interesse an einer Änderung der Verhältnisse: "Wer fragt denn die Kultursenatoren und -dezernenten, ob sie bereit wären, Verantwortung etwa auch einem Leitungskollektiv zu übertragen? Sie würden sich damit natürlich der Gefahr aussetzten, im Zweifelsfall deren internen Streit schlichten zu müssen."

(FAZ / miwo)

 

Mehr zum Thema:

Presseschau vom 28. September 2016 – Claus Peymann hält Forderungen nach mehr Mitbestimmung von Schauspielern für "völlig absurd"

Presseschau vom 24. September 2016 – Der Chefdramaturg des Münchner Residenztheaters widerspricht der Kritik am Intendanten-Modell des deutschen Theaters

Presseschau vom 3. August 2016 – Shenja Lacher begründet im FAZ-Interview, warum er das Theater verlässt

 

Kommentare  
Reese zu Intendanten-Modell: Warum dann das BE?
Mit dieser Passage macht sich Herr Reese bei den derzeitigen Schauspielern des Berliner Ensemble sicher keine Freunde: "Kann ich diese Herzensentscheidung [für einen Darsteller] nicht mit voller Überzeugung treffen, darf ich einen Schauspieler nicht engagieren oder – nach genauer Prüfung – bei einem Intendantenwechsel nicht übernehmen." Damit sagt er nichts Anderes als: "Alle Schauspieler, die ich am Berliner Ensemble nicht verlängere, taugen nichts." Manchmal fragt man sich dann aber, warum er sich dann nicht ein anderes Theater mit einem anderen Ensemble sucht.
Reese zu Intendanten-Modell: nicht zwangsläufig
Wenn Kultursenatoren/Kulturdezernenten einem Leitungskollektiv statt einem Intendanten die Verantwortung übertragen, heißt das nicht autormatisch, dass die dann für dessen interne Streitigkeiten zuständig wären als Schlichter! Es bedeutete ja sonst auch nicht "übertragen". Sondern nur so tun, als ob man Verantwortung übetragen würde und in Wirklichkeit selbst das Ding über Strohmänner/-Frauen leiten...
Reese zu Intendanten-Modell: verlogen
Muss den jeder Intendant alle SchauspielerInnen schätzen? Als ob sich alle DarstellerInnen freundschaftlich gesinnt wären... ist doch ein verlogener Blödsinn
Reese zu Intendanten-Modell: Video
Bei 10:15 spricht der Toppverdiener Reese über die schwierigen Bedingungen, unter denen Künstler arbeiten. Stichwort Hungerlohn. Insgesamt hörbar wird, dass Reese es versteht, dem Zuhörer zu liefern, was geliefert werden muss. Genau darum ist Reese als servierfähiges Gesicht im Staatsbetrieb der Kultur tätig.

https://www.youtube.com/watch?v=rLLuSJiGaMQ
Reese zu Intendanten-Modell: Bashing nervt
@Raoul Golwenberg
was für ein überflüssiger Kommentar. Er sagt nicht, dass die Schauspieler nichts taugen. Hat er nirgends gesagt. Nur passen diese nicht in sein Konzept und seinen Spielplan. Soll er Leute im Ensemble halten, für die er keine Beschäftigung weiß. Auch würde ein Schauspieler doch kaum glücklich an einem Haus werden, wo er selbst weder seinen Platz im Konzept sieht noch hinter den künstlerischen Entscheidungen stehen kann. Dieses ganze Reese -Bashing nervt gewaltig und ist mir gerade wegen solcher Kommentare zu kurz gedacht. Es hat sich bisher noch niemand öffentlich aus dem BE-Ensemble beschwert, dass Reese schlecht mit ihm umgegangen ist, nicht das Gespräch mit ihm geführt hat oder sich nicht von der Arbeit des Schauspielers überzeugt hat.
Reese zu Intendanten-Modell: feige
Man solle doch bitte Reeses Intendantengehalt in Frankfurt und das zukünftige in Berlin offenlegen und zusammen mit den Gehältern der von ihm angestellten Schauspieler publizieren. Ja, ein Intendant hat schon arg viel zu tun, und ein Intendant ist nicht für die Strukturen verantwortlich, sondern die Kulturpolitik. Ich habe schon lange nicht so einen feigen und verlogenen Kommentar zu einer Problematik gelesen wie den von Reese. Und das nur einen Tag nach den fragwürdigen Meldungen aus Trier. Mensch, Leute, wenn das System weder auf der politischen noch auf der betrieblichen Ebene funktoniert, dann muss was neues her. Und die Herren Intendanten sollen doch bitte auch an diesem nötigen Strukturwandel mitarbeiten... das beste Geld am Platz werdet ihr so oder so einsacken...
Reese zu Intendanten-Modell: Chefdramaturg?
Hat eigentlich der Reese keinen Chefdramaturgen, den er für die Vor-Öffentlichkeitsarbeit im Fall BE vorschicken kann, um sich auf sich als Modell zu konzentrieren? Ich dachte, es wird ein N(neues) altes BE? War nicht hier einst irgendwo davon die Rede? Hat sich da nicht der Steckel reingehangen gehabt?
Reese zu Intendanten-Modell: nicht so verhalten
DANN SOLLTEN SICH REESE UND CO EBEN AUCH NICHT WIE ÜBERMENSCHEN VERHALTEN!!!!!
Reese zu Intendanten-Modell: immer dieses Gerede
@ K.D.
Es hat sich noch keiner beschwert?
http://www.berliner-zeitung.de/kultur/theater/berliner-ensemble-die-kraenkung-24809616
"'Glotzt nicht so romantisch'. Das fällt mir ein, wenn ich an unsere letzten 18 Jahre denke. Das ist die Zeit, die mein schauspielender Mann Boris Jacoby am Berliner Ensemble verbracht haben wird. Danach, 2017, kommt ein neuer Intendant, Oliver Reese, und löst den bisherigen Intendanten Claus Peymann ab. Mein Mann ist nicht der Einzige, der gehen muss. Auch den anderen künstlerischen Kollegen wurde bisher kein wirksames Angebot gemacht. Ich gebe zu, nach all den Jahren habe ich nicht damit gerechnet und im ersten Augenblick keineswegs doof romantisch geglotzt. Da war nur großes Unverständnis, viel Ärger, Wut …"

Vielleicht könnte man in Zukfunft ja auch mal dazu übergehen, nicht nur Theater, sondern Ensembles zu übernehmen. Immer diese Gerede vom Neuanfang! Innvoation! Bla! Ich kann's nicht mehr hören …
Reese zu Intendanten-Modell: Gerechtigkeit + Teilhabe
Dass sich ausgerechnet Herr Reese - "in MEINEM Haus entscheide ICH alles" - ereifert und als ein Teamplayer darstellt, mutet doch recht eigentümlich an.
Zwei Anmerkungen:
Zum einen ist es fadenscheinig, die Verantwortung für die Missstände in den Theatern an die Politik zu geben, verantwortlich sind seit den 50er Jahren die Intendanten selbst, denen man keinesfalls ein Nein entgegenbringen würde, wenn sie selbst strukturelle Reformen umsetzen würden, die nun mal dort beginnen, wo der Fisch zuerst und am meisten stinkt.
Zum zweiten geht es um viel mehr als das lächerliche Intendantengetue. Es geht um Gerechtigkeit und Teilhabe, um Grundregeln einer gesellschaftlichen Ordnung die auf der Bühne jeden Tag eingefordert wird.
A propos: gibt es sehr wohl erfolgreiche Direktorialmodelle in Mannheim, Lübeck, Jena.
Und wenn Herr Reese sein Ensemble so sehr liebt, warum hält er es nicht in Frankfurt zusammen und entwickelt es dort weiter? Wenn schon eine neue Braut, dann bitte mit Haut und Haar, also auch dem Ensemble, dass man im neuen Theater vorfindet. Es wird Zeit, dass eine/r endlich mal den Stecker zieht beim Intendantenkarussell und alle bittet tunlichst abzusteigen.
Reese zu Intendanten-Modell: Frage
Zu #7: "Hat sich da nicht der Steckel reingehangen gehabt?" - Worein?
Reese zu Intendanten-Modell: Satire
Liebe Leser. Mein Artikel in der FAZ ist mir misslungen. Ich möchte den Artikel zurückziehen. Ich kann nicht mehr. Ich bin einfach in die Falle gelaufen. In die Überarbeitungs-Falle. Wir arbeiten so viel. Echt. Ich gehe immer als letzter aus dem Theater. Und jetzt habe ich eben aus Versehen etwas geschrieben, was ich nicht hätte schreiben dürfen. Dass die Schauspieler uns Intendanten dankbar sein müssen. Weil wir sie schützen, indem wir sie kündigen. Schutz vor Nichtverwendung. Eine Herzensentscheidung ist das, habe ich geschrieben. Das nennt man wohl Faux-pas. Freudsche Fehlleistung. Aber das sagen sie uns immer auf den Seminaren beim Bühnenverein, dass wir das so sagen sollen. Die beschäftigen da Rechtsanwälte für uns. Die sind echt krass beim Bühnenverein. - Ich sehe ein, dass ich mit dem Artikel einen schweren Fehler gemacht habe. Entschuldigung. Ich bin eben ein Neoliberaler. Jetzt ist es raus. WER KEINEN ERFOLG HAT, HAT SELBER SCHULD, VERDAMMT!!! Scheiße. Ein Gekündigter muss eben dankbar sein für die Kündigung. Die war nämlich meine Herzensentscheidung, versteht ihr?
Reese zu Intendanten-Modell: Mutterkuchen
Natürlich ist eine Demokratie in Saudi Arabien undenkbar und auf jeden Fall sind die Hälse von El Greco zu lang. Deswegen muss man ja heute auch nach Toledo reisen, um die Wurzeln der modernen Malerei zu betrachten. Nun gut. Der Fürst, der Intendant als Liebhaber! Wer anderes könnte diese Liaison finanzieren, als die Demokratie?! Ein libidinöses Verhältnis zu Schauspielern und Innen. Die künstlerische Beziehung zum Darsteller und Innen lässt sich nur über eine Plazenta erklären, den Mutterkuchen des Intendanten, und diesen Stoffwechsel kann man nicht erklären. Er fällt in den Bereich der Alchemie. Nie hat ein Intendant lauter nach außen geflüstert, dass er eine Hofschranze der Demokratie ist, als gerade Reese. Er folgt ja nur einem Angebot. Wir müssen dankbar sein. Es ist eine Herzensache. Es ist intim. Und Intimitäten sind natürlicherweise die Grundlage jeder Demokratie. Dagegen ist Peymann doch nur ein feudaler Kaspar. Und natürlich ist diese Liebe alternativlos und muss gegen Gäste verteidigt werden. Welcher Politiker möchte mit solchen Führungspersönlichkeiten nicht identifiziert werden. Und vor allem am BE. Da, wo der letzte aufgeklärte Monarch Europas sein Zepter weiterreicht an einen, den er nicht einmal gegrüßt hätte, würde er nicht sein Weltbild fortpflanzen. Es lebe der Kaiser! Er lebe hoch! Die Allein-Verantwortung ist kein Problem.
Reese zu Intendanten-Modell: pardon!
#11: Entschuldigung, ich wollte Sie nicht beleidigen - Mein Gedächtnis lässt mich immer sehr schnell im Stich. (dehalb muss ich, ungeeignet für Theater jedweder Art, meinen Misserfolg hier in Kommentaren kompensieren. Sagt mein Therapeut.) Mir war so, als hätte ich vor einigen Monaten hier unter Ihrem Namen etwas von Grüdnung eines Neuen Berliner Ensembles gelesen?... Aber nun hab ich gegooglet und gesehen, Sie waren eher woanders und hatten mit Berlin, außer mal kurz Schaubühne, und mit BE nur ganz entfernt und unwesentlich, eigentlich gar nichts zu tun. - Ich wollte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten - Pardon.
Reese zu Intendanten-Modell: Zensur, mal wieder
Tschuldige, aber liebe nnk!!!!!
wieso wird meine anmerkung weg gelassen? ich haben weder jemand beldeidig, verunglimpf oder rufmord begannen!!!!!!!!!
was soll denn hier diese form von zensur?!
langsam krieg ich heftigst bauchschmerzen...

(Liebe*r Topic, Ihr Kommentar enthielt sowohl eine Unterstellung wie auch eine nicht überprüfbare Tatsachenbehauptung. Vielleicht mag Ihnen das anders erscheinen, aber es ist so: Weder können wir überprüfen, wie einzelne Schauspier*innen des Frankfurter Ensembles denken, noch wissen wir – jenseits von dem, was er selbst sagt –, wen oder was Oliver Reese besonders gut oder schlecht findet. Es grüßt für die Red.: wb)
Reese zu Intendanten-Modell: politische Entscheidung
Lustig, Lustig ...
"Wer fragt denn die Kultursenatoren und -dezernenten, ob sie bereit wären, Verantwortung etwa auch einem Leitungskollektiv zu übertragen?" Da spricht Reese aus der Position des "allein verantwortlichen" Intendanten und übersieht, dass sein eigenes Theater eine Art kollektiver Leitung hat ... Die Geschäftsführung der Städtischen Bühnen Frankfurt am Main haben gemeinsam Reese und und sein Kollege vom Musiktheater ... Was haben sich die Frankfurter Stadträte wohl dabei gedacht so ein gefährliches Modell zu versuchen ...
Aber natürlich zeigt dieser blinde Fleck zweierlei sehr gut: 1. dass Theaterschaffende vor allem die Sparte sehen, in der sie arbeiten und nicht das gesamte Theater als komplexes und differenziertes System. 2. dass der Gedanke, kollektive Leitungsstrukturen könnten funktionieren, ist so fremd, dass man sie sogar dort übersieht, wo sie seit Jahrzehnten bestehen. Es wird vielmehr oft alles versucht, sie zu maskieren.
Natürlich geht das auch anders: In Lübeck ist das Direktorenmodell so selbstverständlich, dass sich niemand mehr wundert, dass das Haus keine/n Intendant*in hat. In Mannheim ist das Kollektiv-Modell zu einem Markenzeichen moderner Theaterleitung erklärt. Aber genauso strukturiert sind z.B. Dortmund / Stuttgart / Wuppertal und eben Frankfurt und etliche mehr.

Reese ist also in der Lage die Gesamtleitung eines Mehrspartenhauses in einem gleichberechtigten Team zu organisieren (er hatte allerdings auch keine andere Wahl als die Struktur zu akzeptieren) für sein "Schauspiel Frankfurt", das jedoch kein unabhängiges Theater sondern nur eine Sparte ist, schließt er ein solches Modell als unmöglich aus. Das ist speziell ...

Die Spanne innerhalb der Stadttheater reicht vom echten Kollektiv-Modell ohne Intendant in Lübeck bis zu der irren Situation in Trier, wo Sibelius bis zum Sommer die alleinige künstlerische, kaufmännische und organisatorische Verantwortung für ein Mehrspartenhaus hatte. Es sind alle Varianten möglich, und wo man Reese Recht geben muss, es ist in den meisten Fällen eine politische Entscheidung, welches Leitungsmodell in einen Theater umgesetzt wird.

Das alles betrifft allerdings nur die erste Leitungsebene. Interessanter ist es wie und ob Teams zwischen erster Ebene (Theaterleitung) und zweiter Ebene (Spartenleitung / Abteilungsleitung) gebildet werden. Und wie davon ausgehend Entscheidungsprozesse über alle Ebenen organisiert werden. Reeses Vorstellungen sind traditionell: sein "Team" berät ihn, er entscheidet. Natürlich ist es denkbar, dass in einem solchen Prozess der/die Intendant*in von einem Plan abrückt, oder er/sie sich einen Vorschlag aus dem "Team" zu eigen macht. In einem "echten" Team wird nun aus der Möglichkeit eine Notwendigkeit. Und was das ganze nun wirklich perfide macht: Die Macht eines/r Intendant*in erlaubt es ihm/ihr Macht abzugeben und die Prozesse so zu gestalten, dass Entscheidungen nicht allein Top-Down gefällt werden.
Reese zu Intendanten-Modell: knallhart neoliberal?
Wenn Reese sein Frankfurter Ensemble so sehr liebt, dass die Kollegen in Berlin wegen Theaterwechsels zwischen Frankfurt und Berlin alle gehen müssen, dann wundert mich, dass er in Wahrheit aus Frankfurt bloß eine Handvoll Schauspieler mitnimmt. Gut gut, das mag sein Recht als Intendant sein. Aber hat ihn darüberhinaus irgendwer dazu gezwungen, in der FAZ von Herzensentscheidungen zu schwafeln? Lieber Oliver, wenn du schon ein knallharter Neoliberaler bist, dann solltest du in Fragen von Fairness und Verantwortung vielleicht einfach öfter mal die Klappe halten.
Reese zu Intendanten-Modell: Verträge enden
Die meisten Schauspieler am BE Peymann sind dort sehr sehr lange,wie Boris Jacoby 18 Jahre. Hätten Sie einen Normalvertrag könnten sie nicht mehr gekündigt werden!Sie wussten alle seit langem,dass Peymann aufhört,sie wussten auch,dass sie mit ihren Verträgen keinen Schutz haben, nur : unternommen hat ñiemand etwas! Alle,soweit ich es beurteilen kann,haben gedacht,irgendwie wird es schon werden,Reese kann doch nicht alle kündigen. Reese muss nicht kündigen....die Verträge enden !!!
Reese zu Intendanten-Modell: Job ist weg
@18 Ich verstehe Ihr Argument nicht. Ob die Verträge beim Intendantenwechsel von selbst auslaufen oder ob man im Oktober zu einem dreiminütigen pro forma-Kündigungsgespräch eingeladen wird, das ist für die Betroffenen doch kein Unterschied. Das Ergebnis ist das Gleiche: der Job ist weg. Hier wird immer nur von den paar Wenigen her argumentiert, die an anderen Theatern eventuell schon unkündbar wären, was es aber immer weniger gibt. Das versuchen die Theater schon lange zu vermeiden.
Reese zu Intendanten-Modell: Gipfelleistung der Verlogenheit
@19
Die Freunde Oliver Reeses versuchen natürlich, Reese hinter der Gestalt des alten Berserkers Claus Peymann in Deckung zu bringen, indem sie darauf hinweisen, wie groß Peymanns Anteil an dem kollektiven BE-Jobverlust ist. Und der ist ja tatsächlich auch nicht von der Hand zu weisen, zumal Peymann - umgekehrt - kürzlich erst versucht hat, in einer Gipfelleistung der Verlogenheit, Reese als alleinigen Ensemblemörder hinzustellen. Die Wahrheit ist aber bedauerlicherweise, dass der Schüler seinen Meister wieder einmal übertrifft und der Jungdirektor das Zerstörungswerk des alten Hasen nur vollendet.
Reese zu Intendanten-Modell: ungerecht
In Frankfurt wie in Berlin tragen die Spieler riesenhafte Ungerechtigkeit mit Würde und Gleichmut. Bislang keine Absage von Premieren und Produktionen.
Reese zu Intendanten-Modell: zwei Ensembles
@17
Georg S. hat leider recht: Reese löst in Wahrheit nicht nur ein Ensemble, sondern zwei auf.
Einmal lässt er in Berlin Schauspieler-Verträge auslaufen. Aber auch in Frankfurt, wo er den größten Teil seines bisherigen Ensembles lässt, bleibt es seinem Nachfolger anheimgestellt, wen er dort verlängert.
Insofern ist es entweder geheuchelt oder echte Selbstverkennung, wenn Reese in der FAZ so tut, als sei er ein Vertreter jener alten Intendantenklasse, wie sie seinerzeit mit Ihren "Truppen" durch die Lande zogen und auf die eine oder andere Weise auch Verantwortung für diese übernahmen.
Reese zu Intendanten-Modell: öffentlich bekannt
Liebe Redaktion,
ich vestehe nicht ganz! Wenn Sie oder andere Möchtger-hochrangige Theaterfachleute kritisieren, dann gehört das zur Meinungsfreiheit blablabla... Aber wenn jemand davon erzählt, was öffentlich war und jeder wirklich JEDER weiß, dann sind das unzulässige Vermutungen?! Ich habe meine Ansichten beschrieben und diese auf einige Bespiele bezogen, die es gegeben hat vor einem breitem Publikum oder eben er selbst, Reese, das in Interviews gesagt hat!!!! Er sagt ganz öffentlich, dass er selbst der einzige ist, der an SEINEM Haus entscheidet. (...)

(Lieber*r Topic, ein wichtiger Unterschied zwischen den Möchtegern-hochrangigen Theaterfachleuten und einer*m anonymen Kommentator*in hier ist, dass die/der Theaterfachleut mit seinem Namen dafür einsteht, dass das Gesagte ein Faktum ist. Wenn ich als Wolfgang Behrens sage: "xy bevorzugt Milka-Schokolade, das weiß ich aus der Kantine", dann kann xy sagen: "Hey, Behrens, das stimmt gar nicht! Was erzählst Du da?" Wenn Sie als "Topic" das sagen, ist das eine Tatsachenbehauptung, die wir weder überprüfen noch auf einen Urheber zurückführen können. Deswegen finden die vermeintlich so öffentlichen Dinge, die Sie nennen, bei uns eben keine Öffentlichkeit. Es grüßt für die Red.: wb)
Reese zu Intendanten-Modell: übliche Praxis
Ich finde es völlig legitim, ein neues künstlerische Profil für ein Haus zu entwerfen. Egal ob Weber in Frankfurt, Reese in Berlin, Lux & Beier in Hamburg, Kusej in München etc ... überall ist dieses Procedere zu beobachten und wer sich für den Beruf des Schauspielers entscheidet, der/die weiß was ihn/sie erwartet.
Und es ist die einzige Möglichkeit, über das künstlerische Personal, das Profil zu schärfen, wo landauf landab die Spielpläne sich immer mehr ähneln, und auf den jeweiligen Ebene der A- , B- , und C-Häuser die selben freien RegisseurInnen arbeiten.
Ob man Reese mag oder nicht... egal...aber der Vorgang ist nicht neu und nicht falsch.
Reese zu Intendanten-Modell: fragile Indentität
Die Kulturpolitiker müssten sich einfach klar werden, was sie mit der Identität eines Hauses meinen und wollen.
Sind das; das Gebäude, die Werkstätten (falls noch vorhanden), die technische Belegschaft plus Verwaltung, ODER gehört zur Identität eines Theaters eben auch das Ensemble!

Faktisch haben sie sich Landauf Landab längst entschieden, den jeweils neuen Chefs einfach den Aparat zur Verfügung zu stellen, möglichst OHNE störendes altes Ensemble.

Was ist dann aber DAS BE, DAS DT, DIE SCHAUBÜHNE, DAS THALIA.....?

Alle 5, oder 10 Jahre was NEUES!!!

Was Besseres?
Reese zu Intendanten-Modell: andere Verpackungen
@25
Sehr geehrter Stephan,
Sie stellen eine sehr wichtige Frage! Die Identitäten der Häuser haben sich über die vergangenen Jahrzehnte verändert – jetzt werden Theater weitgehend mit der Person des/der Intendant*in gleichgesetzt.
Eine neue Theaterleitung setzt sich so weit es möglich ist, von der Arbeit der Vorgänger*innen ab. Ein neues Erscheinungsbild muss her, mit neuem Logo und wenn möglich mit neuem Name für das Haus, vielleicht auch ein "Manifest", das erklärt, wieso jetzt plötzlich alles fein sein wird. Innovation! Die Ergebnisse sind dann meist: ein vergleichbares Programm in anderer Verpackung. (Und natürlich auch mit einem neuen Ensemble.)
Ich finde das ziemlich seltsam – und schade, denn die Tradition eines Theaters mit allen Höhen und Tiefen) könnte ein interessanter Aspekt für die Arbeit in einer Stadt sein. Aber offensichtlich sind wir Theaterschaffenden an der Vergangenheit und Geschichte unserer Häuser nur mäßig interessiert. Und lassen es gern am Respekt vor der Arbeit der Generationen fehlen, die vor uns am selben Ort Theater gemacht haben.

Aber wir alle (Theaterschaffende, Presse, Politik) unterstützen diese Entwicklung durch unseren extrem starren Fokus auf die Intendant*innen ...
Wir befördern so die Gleichsetzung eines Hauses mit dem/ der Intendant*in, die wir kritisieren. Warum sehen wir die Leitung eines Theaters nicht endlich als das, was sie ist: eine Funktion, ein Hilfsmittel, das es den Künstlern ermöglicht ihre Arbeit so gut zu machen, wie es unter den gegebenen Bedingungen möglich ist. Und das daran mitwirkt, diese Bedingungen zu verbessern.

Und zum Ensemble ... ja die Ensembles schaffen durch ihre Arbeit die Identität des Hauses mit, wenn man sie lässt. Mir erscheint es aber so als würden die Ensembles immer unwichtiger: Werkzeuge für die Regie – Hintergrundrauschen, das die Vermittlung der innovativen, einmaligen und großartigen Konzepte der Theaterleitung nur stört – Kostentreiber. Schade.
Das die Fluktuation in einem Solistenensemble höher ist, als bei den Kollektiven, wundert mich nicht. Es sollte aber wenigstens ein fairer Kompromiss möglich sein. Es sollten längerfristige Verträge möglich sein. Es sollten nicht so einfach sein, eine/n Schauspieler*in oder eine/n Dramaturg*in oder eine/n Assistent*in loszuwerden.
Reese zu Intendanten-Modell: nicht neu heißt nicht, nicht neu
@24: Also, dass ein Vorgang nicht neu ist, beweist noch nicht, dass er nicht falsch ist.

Ich stütze ich dabei auf den Gedanken hinter folgenden Zeilen Brechts:

"Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber
Das Fell für die Trommel
Liefern sie selber."

Nur weil es (altbekannter) Teil eines Berufes ist, seine Haut zu Markte zu tragen, ist nicht jeder Umgang mit diesen Berufstätigen automatisch "richtig".

Das scheint mir die Diskussion in diesem Thread zu sein.
Reese zu Intendantenmodell: Lobby
liebe redaktion...
wieso haben sie denn nun schon wieder nur den harmlosen teil veröffentlicht aber meine doch sehr berechtigz´te frage: warum darf die allgemeine öffentlichkeit nciht das wissen, was ALLE theaterbesucher und angestellten längst wissen? warum dürfen sie sich rausnehemen, behauptungen als fakt zu formulieren?! nk betreibt ne eigene lobby und macht dabei viel kaputt!
Reese zu Intendantenmodell: gegen die Entfremdung
@ 24:
Falls Sie mich damit meinen... ich habe ja klar gesagt, dass ich den Vorgang sehr richtig finde. Ich bin der Meinung, dass dies nötig ist. Und bin auch der Meinung, dass man dies für viel mehr Berufe im Theater einführen sollte. Die verknöcherten Verwaltungsstrukturen an vielen Theatern sind die absolute Pest!!!
Die Entfremdung zwischen den künstlerischen und sonstigen Mitarbeitern ist extrem hoch...

und was das Brechtzitat angeht:
selbiges könnte man auch auf Ihren Marsch hinter der Ihren Trommel anwenden... so ist das nun mal mit der Dialektik.
Reese zu Intendanten-Modell: Kluft klug schließen
@29
Sie wollen wirklich, dass die irrsinnigen Kettenbefristungen der künstlerischen Mitarbeiter*innen auf alle Beschäftigten der Theater angewandt werden? Echt jetzt?
Abgesehen davon, dass das rechtlich nicht zulässig ist, ist das auch noch sinnlos und gefährlich. Es ist schon schlimm genug, dass das Solo-Personal den einsamen Entscheidungen der Theaterleitung ausgeliefert ist, wollen Sie diese Situation wirklich auf jede/n Bühnenmeister*in, jede Reinigungskraft und jede/n Sachbearbeiter*in in den Personalabteilungen ausweiten? Denken Sie wirklich, dass sich die Motivation der Mitarbeiter*innen verbessert, wenn sie in ständiger Angst um ihren Arbeitsplatz gehalten werden? Das ist sowas von Neunzehntes Jahrhundert, dass mir schwindelig wird.
Die Mitarbeiter*innen, die sie gerade bashen, ermöglichen durch ihre Arbeit, dass die Künster*innen die ihre ausüben können, dass sie den Raum bekommen sich zu konzentrieren und natürlich, dass jeden Abend der Lappen hochgeht.
Natürlich muss das Zentrum jedes Theaters die künstlerische Arbeit sein, niemand wird dem widersprechen. Aber nicht jede Idee, die auf einer Probe oder in einer Konzeptionsphase entsteht, ist an jedem Haus umsetzbar. Manchmal scheitert sie am Personal, manchmal am Geld, oft an der Zeit und eventuell auch daran, dass Gesetze und Bestimmungen eingehalten werden müssen. Dann ist ein Kompromiss gefragt.

Und natürlich gibt es die von Ihnen beschriebene "Entfremdung" zwischen dem künstlerischen Personal und Technik und Verwaltung. Die Kluft kann jedoch durch eine kluge Theaterleitung weitgehend zugeschüttet werden. Wundermittel: Kommunikation und Mitbestimmung. Aber natürlich muss man das wollen und natürlich ist das Arbeit. Aber niemand hindert eine/n Intendant*in daran, auf die Kolleg*innen zuzugehen, sich für ihre Arbeit zu interessieren und manchmal auch für für geleistete Arbeit zu danken. Niemand hindert eine/n Regisseur*in daran, ihre/seine Konzepte detailliert vorzustellen und dafür zu werben. Niemand hindert eine/n Bühnenbildner*in daran, eine/n Bühnenhandwerker*in zu fragen, ob er/sie eine Rat für die Umsetzung einer Last-Minute-Idee hat. Die Motivation der Belegschaft ist ein hohes Gut und eine wichtige Ressource, aber sie lässt sich nicht anweisen. Genauso wenig wie das Vertrauen in die Theaterleitung, die muss sich jede/r Intendant*in erst erwerben – durch Respekt, durch Fairness, durch Kommunikation und durch konsistentes Handeln.
Reese zu Intendanten-Modell: Entfremdung
Nun ja ... sie klingen dann doch eher romantisch... war das nicht noch vor dem 19. Jh? ;)

Meine Wahrnehmung decken sich kaum mit dem was Sie hier beschreiben.
Ich wäre in der Tat auch auf diesen Stellen für mehr Flexibiltät.Und es geht nicht um permanent Angst, sondern darum, dass eben genau diese Menschen auch einem Betrieb zuarbeiten müssten... das aber oft nicht tun (können und) wollen, sondern eben eher in einem bankangestelltenähnlichen Verhältnis sich zu befinden meinen.

Und meiner Meinung nach wird dieses alles auch kommen, weil das Stadttheater aus seiner Rechtfertigungspflicht die falschen Schlüsse zieht, und weil das teamorientierte Arbeiten in einem krassen Widerspruch zum zZ praktizierten Statdtheatertum steht. Denn dort, und da gebe ich Ihnen Recht, liegt es auch an den Strukturen (die übrigens nicht nur die Intendanten bestimmen), dass es eine große Entfremdung gibt. Man probt 6 Wochen (fast) ohne Kontakt zu einem Haus auf irgendeiner Probebühne und muss sich dann mit seeeeehr mäßig ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern der Abteilungen herum schlagen, die ihre Arbeit erledigen, als würden sie einem permanent einen persönlichen Gefallen tun.

Das ist leider die Realtität.

Und da haben sie Recht, das war im 19. Jh wohl noch nicht so.
Reese zu Intendanten-Modell: Zentrum und Ziel
@31
Hm. "Das ist leider die Realität." Ihre vielleicht, und wenn Sie wirklich andauernd diese Erfahrungen gemacht haben, tut mir das sehr leid. Es ist jedoch nicht meinen Realität. Diese "seeeeehr mäßig ausgebildeten" Kolleg*innen habe ich in mehr als zwanzig Berufsjahren nicht kennengelernt.

Merken Sie eigentlich, dass sie gerade den größeren Teil der Theatermitarbeiter*innen beleidigen? Ist Ihnen eigentlich klar, dass Kommunikation in zwei Richtungen funktioniert? Wenn sie sechs Wochen in einer Probebühne kaserniert sind, müssen Sie eben den Kontakt zum Haus suchen. Es gibt Regisseur*innen, die als Gast an einem Haus arbeiten und die sich die Werkstätten anschauen und die dortigen Mitarbeiter*innen kennenlernen. Es gibt Regisseur*innen die ihre Konzeptionsproben für das ganze Haus öffnen. (Und es gibt sogar Intendant*innen oder Theaterleitungen, die beides von den Teams erwarten.) Es gibt Künstler*innen, die die Bühnentechniker*innen und die Kolleg*innen vom Vorderhaus mit Namen kennen, und sie sogar danach fragen, ob ihnen eine Inszenierung gefallen hat und wenn nicht, warum nicht.

Im Theater arbeiten Menschen miteinander, mit unterschiedlichen Aufgaben, unterschiedlichen Arbeitszeiten, unterschiedlichen Tarifverträgen. Aber es bleiben Menschen – und ein fairer und respektvoller Umgang miteinander sollte möglich sein. Und wenn sie sich "teamorientiertes Arbeiten" wünschen, dann müssen sie ein Team bilden. Auch das geht nicht per Anweisung. Und ganz sicher nicht, wenn Sie so auf die Kolleg*innen der Gewerke herabschauen, wie es ihr Post vermuten lässt.

Und nur zur Erinnerung, weil morgen der erste November ist. Wenn Sie in drei Wochen nach einer abendlichen Bühnenprobe in der Kantine sitzen, und ihr hoffentlich verdientes Feierabend-Bier trinken, bauen höchstwahrscheinlich ein paar "bankangestelltenähnliche" Kolleg*innen von Technik, Requisite, Ton und Beleuchtung auf der Bühne um, damit vormittags eine Märchen-Vorstellung gespielt werden kann.

Und wie in meinem letzten Post gesagt, Zentrum und Ziel eines Theaters ist die künstlerische Arbeit, aber das macht die Künstler*innen nicht automatisch zu den Herren und alle anderen zu Knechten. Und vielleicht haben Sie Recht, und ich bin "romantisch" aber für mich ist das echte Ensemble eines Theaters größer, als die Summe der Solist*innen.

Und natürlich haben Sie damit Recht, dass Intendant*innen nicht alle Strukturen allein bestimmen oder ändern können. Aber sie sind Thema dieses Threads. Und vieles könnten sie ändern.
Reese zu Intendantenmodell: teamorientiert?
# Egal wer?

Arbeiten Sie in einem Theater? Oder haben Sie je in einem Theater gearbeitet?
Der Gedanke, dass man "einem Betrieb zuarbeitet", wie Sie es schreiben, ist sehr romantisch. Man arbeitet einem Intendanten zu. Das Theater ist in vielen - nicht allen - Fällen zu einer Selbstverwirklichungsmaschine geworden, die nur ein Ziel hat, die Sehnsüchte des Intendanten und der von ihm geliebten Künstler zu befriedigen.
Und wenn Sie weiterhin von einem teamorientierten Arbeiten schreiben, dann muss ich Sie fragen, was genau am aktuellen dt. Stadttheater teamorientiert ist? Nada. (Na gut, vielleicht die Wünsche des Intendanten zur Spielzeiteröffnung, der teamorientiert mit intendantenbezogen verwechselt.)
Bitte versuchen Sie in der Argumentation Ihre Begrifflichkeiten zu schärfen, das ist wichtig, weil sonst immer wieder Begriffe wie Flexibilität, Team, Verkrustung, Betrieb, "bankenangestelltenähnliche" Verhältnisse (kennen Sie Menschen, die in einer Bank arbeiten? Mehr Flexibilität geht beinahe nicht. Das ist keinem Theaterangestellten zu wünschen) durcheinander gewirbelt und in irgendwelchen Interviews und Statements nicht korrekt verwendet werden. Be more precise, please.

Mich wundert viel mehr, dass es Verteidiger dieses Modelles gibt. Die Missstände sind derartig gravierend, dass ich als Mitarbeiter oder Aufsichtsrat derartige Bauchschmerzen hätte, ein 400 Mitarbeiter-starkes und Millionenschweres Unternehmen einem einzelnen anzuvertrauen, ohne sie/ihn nicht zumindest einem Assessment-Verfahren und einem psychologischen Gutachten zu unterziehen. Da gleicht doch jedes andere Modell, vor allem das Direktorium die Risiken aus und verhindert lähmende Stillstände, während neue Intendanten gesucht werden.
Reese zu Intendanten-Modell: Prüfungen
@33: Find ich super!!!!
Alle Intendantenbewerber müssten sich tatsäch einem Assessment-Test, psychologischem utachten und meinen Beobachtungen nach auch einen Teyt unterziehen, der sowas wie kreative Intelligenz und Kognition abcheckt! Ist mein voller Ernst angesichts der Tatsache, dass gute, kluge und geschmackvolle Intendanten mit Künstlerappeal eine absolute Seltenheit im deutschen Stadtteater darstellen... Reese ist NATÜRLICh nicht der einzige, dem ich höchstens überdurchschnittliche Manger-Qualitäten aber DEFINITIV keinen Sinn für Künstler und Querdenker hat... Sonst sähe es man ja spät an seinem Schauspielensemble... ich kann nicht behaupten, dass auch nur ein einziger von denen wirklich für seine künstlerische Haltung Konsequenzen zieht - die lassen Intendanten wie Reese gerne fliegen... Ja, was will man denn von solchen Intendanten noch erwarten?! Dass sie wirklich mal nciht an geld denken??? Witz lass nach!
Reese zu Intendantenmodell: Kündigungsverbot!
Aus dem, was hier so manche schrieben, läßt sich nur eines folgern: Ein neues Theatermodell muß her mit einem neuen Grundsatz: dem absoluten Kündigungsverbot! Das muß her! Dann sind alle Probleme vom Tisch.

Kein Intendant darf mehr irgendeinen Schauspieler kündigen. Das ist nämlich sozial ungerecht und beschädigt jedes Ensemble. Prima. Auf keinen Fall irgendwas verändern.

Spielen wir es durch: Das heißt also, der Intendant hat überhaupt nichts zu melden, wenn er an ein neues Theater geholt wird, weil dort bereits ein unkündbares Ensemble aus Schauspielern fest auf den Planstellen sitzt. Sehr gut. Der Intendant wird also zu einer Art austauschbarem Bürohengst von Verwaltungsdirektor, der die Bücher führt und den Etat verplant, aber ansonsten nichts zu sagen hat. Nun sind in so einem Theatermodell - wie an allen Theatern! - natürlich alle Schauspielerpositionen besetzt und im Etat verplant. Es kann also niemals Vakanzen geben, weil dank allgemeinem Kündigungsverbot nirgendwo anders jemals eine Planstelle frei wird!

Sagen wir, im Theater X wurde einmal zu einem Neubeginn ein sehr junges Ensemble verpflichtet. Die sind nun alle unkündbar - wie alle anderen Schauspieler an allen anderen Theatern auch. Es kann also eine schauspielerische Planstelle nur dann neu besetzt werden, wenn der alte Planstelleninhaber verstirbt oder in Rente geht. Sehr gut - alle Schauspieler sind jetzt sozial total abgesichert, das muß so sein, denn nur dann kann künstlerische Arbeit freien Geistes betrieben werden. Sehr gut. Nur entsteht in solchen stabilen Ensembles das Problem, daß in solch einem Modell nach 25 Jahre, wenn alle jungen Schauspieler so um die 50 sind, Stücke wie Frühlings Erwachen oder Romeo und Julia oder das Käthchen von Heilbronn oder Faust oder... leider nicht mehr aufführbar sind: Frühlings Erwachen mit im Schnitt 50jährigen Schauspielern zu besetzen, ist keine wirkliche Option mehr. Die Zahl der noch spielmöglichen Stücke schrumpft arg zusammen. Sonny Boys und Glückliche Tage dürften die letzten Optionen sein. Die erste Möglichkeit, wieder junge Schauspieler zu engagieren, entsteht dann, wenn der erste der sozial abgesicherten Planstellenbesitzer mit 65 in die wohlverdiente Rente geht und seine Planstelle freimacht. Davor aber kann es auch keinen Wechsel eines Schauspielers an ein anderes Theater geben, weil dort ja auch alle Planstellen lebenslänglich besetzt sind! Also bleibt jeder sozial abgesichert dort, wo er nun mal ist. Die Intendanten im Grunde auch, denn die können ja auch nur wechseln, wenn irgendwo ein anderer wegstirbt. Und warum sollten sie auch wechseln, wenn sie am neuen Theater sowieso nichts verändern können, was laut diesem Forum ja nur Intendanteneitelkeit ist und dem/den Ensemble/n schadet. Also bleiben von nun alle immer dort, wo sie sind - und sparen den Kommunen viel Geld, das nicht mehr für neue Logos oder "Konzepte" oder ähnlichen eitelkeitsgeilen Unsinn ausgegeben werden muß, weil ja eh immer alles so bleibt, wie es immer war... bis daß der Tod die wagemutigen freien Künstler von ihren sozial abgesicherten Planstellen hinwegrafft. Was auch toll ist, sozial gesehen, von wegen der Kinder und der Schule, die ja bei den häufigen Umzügen der Schauspieler bisher immer die Leitragenden waren... Schöne neue Theaterwelt. Kündigungen verbieten! Intendanten das Handwerk legen!

Oh Leute...
Reese zu Intendantenmodell: an die eigene Nase fassen
Das wird wirklich immer bizarrer mit Ihnen, Herr oder Frau Cotard. Dieser Intendanten-Hass wirkt inzwischen ziemlich pathologisch und außer Kontrolle. Was kommt nach der Forderung von psychologischen Tests für Intendanten? Öffentliches Anspucken auf dem Marktplatz? Und gerade Sie, der Sie permanent verallgemeinern, immerfort Behauptungen aufstellen ohne Belege zu liefern, alle Theater und Intendanten über einen Kamm scheren, gerade Sie fordern von anderen präziser zu sein? Was für ein Witz!
Reese zu Intendantenmodell: Lob der Nische
Manchmal bin ich doch sehr froh, dass diese Seite mehr von Kritikern und Theatermitarbeitern als von Leuten, die sich Eintrittskarten kaufen, gelesen wird. Manches könnte man niemandem erklären und würde eher vorm Karten kaufen abschrecken.
Reese zu Intendantenmodell: Prüfung aller Regierungspolitiker?
"Mich wundert viel mehr, dass es Verteidiger dieses Modelles gibt. Die Missstände sind derartig gravierend, dass ich als Mitarbeiter oder Aufsichtsrat derartige Bauchschmerzen hätte, ein 400 Mitarbeiter-starkes und Millionenschweres Unternehmen einem einzelnen anzuvertrauen, ohne sie/ihn nicht zumindest einem Assessment-Verfahren und einem psychologischen Gutachten zu unterziehen"

Das gefällt mir, den Gedanken könnte man ausweiten: Es müßte auch jeder Politiker, der an die Regierung kommt und dem ein 80 Millionen starkes Volk und ein Aberbillionen reiches Land wie D anvertraut wird, sich zumindest einem Assessment-Verfahren und einer psychiatrischen Prüfung unterziehen - völlig verantwortungslos, so was einfach mir nichts dir nichts einem unüberprüften Politiker auszuliefern. Der Gedanke hat was. Wieviel würde uns erspart bleiben, wenn es so was schon gäbe...!
Reese zu Intendantenmodell: kleine Wahrheit
es geht hier definitiv nicht um einen intendanten-Hass, lie Intendanten...
Es geht hier um ein tiefes Misstrauen gegeüber Intendanten und das kritische Hinterfaren ihres handelns... Jetzt hier dieses Aufzeige tiefer und verworrener Misstanände zu polemisieren, zeigt nur einmal mehr, dass weder verstanden wird worum es geht noch die fähigkeit da ist zu verstehen... ich lese hier nur viel panki und geschwafel...
die forderung nach psychologischen test zeigt doch auch vielleicht einen kleine wahrheit. die nicht schön ist...
Reese zu Intendantenmodell: weniger Strukturen
@ Tucholskaya - Vielen Dank für dieses Gedankenspiel, ich frage mich auch schon seit geraumer Zeit, worauf dieser Wunsch nach Jobsicherheit für KünstlerInnen eigentlich hinauslaufen soll. Schließlich haben wir uns irgendwann mal bewusst gegen den Job als (damals noch verbeamteter) Lehrer entschieden, gegen die große Sicherheit... und für ein flexibles Leben, das im Idealfall immer neue Arbeitskonstellationen, Stimulationen, Herausforderungen bringt... Und eben auch: Zusammenarbeit, Kollektiv und Ensemble auf Zeit, aber eben nicht als garantierter, sicherer Hafen für alle Zeiten... Wem dieser Entwurf nicht entspricht bzw. wer das Gefühl hat, dass das für ihn/sie vom Geld/von der Arbeit/vom Erfolg her nicht trägt, der sollte sich vielleicht auch einmal selbst fragen, ob er/sie im richtigen Feld unterwegs ist. Ich will nicht leugnen, dass es massive Missstände gibt und viele Einzelfälle, über die man jeweils differenziert sprechen muss (müsste...). Aber allgemein scheint mir, wir brauchen eher weniger verkrustete, starre Strukturen als mehr. Und starre Strukturen, das sind eben nicht immer nur die anderen (Entscheider/Intendantenmafia/o.ä.), das könnte ggf. auch ein unkündbares Ensemble sein... Und man muss sich denn Fragen, wer würde denn jahrzehntelang auf seinem unkündbaren Ensembleplatz in Hof, Fulda oder Greifwald kleben? Väter und Mütter mit schulpflichtigen Kindern, sicher, aber eben auch viele (bestenfalls) mittelmäßige Leute, die anderswo nichts zu holen haben... fürchte ich.
Reese zu Intendantenmodell: Strukturen überdenken
#38
Wieviel Vertrauen hier in die Aussagekraft von psychologischen Tests gesetzt wird; mutig!

Aber seis drum.
Macht und Machtmissbrauch sollte man nicht versuchen, auf "charakterlichem Weg" in den Griff zu kriegen, sonder Struckturell.
Wenn, was im deutschen Stadttheater ja üblich ist, fast die komplette künstlerische Belegschaft von mir als Intendant berufen wird und mit ein-, zwei-, oder vielleicht mit dreijahres Verträgen ausgestattet, ihre Arbeit aufnimmt , dann ist sie vollends von mir abhängig. Toll.
Mit dieser rein strukturellen Macht kann ich nun 'gut', oder weniger 'gut' umgehen, aber es spricht doch viel dafür, dass grosse Widerworte, oder gar Kritik an meinem Führungsstils ausbleiben werden, mindestens bin ich nicht gezwungen mich mit Kritik auseinander zu setzen, denn die Hand die einen füttert wird selten kräftig gebissen.
Ich kann jederzeit Verträge Nichtverlängern!
Nun kann ich mich als Intendant ja ganz Friedrich Schiller verpflichtet fühlen und ein 'guter' Herrscher sein, aber ich kann eben auch ein despotisches, untalentiertes, selbstherrliches Arschloch sein, und muss, mindestens aus den eigenen Reihen,( das Gute ist, in meinem Reich gibt es ja fast nur Eigene Reihen), keinen Aufstand fürchten.
Solang ich keine strafbaren Handlungen begehe, droht mir allerhöchstens die Nichtverlängerung.
Sind Kritiken und Auslastung gut winkt mir sogar die Verlängerung.

Deswegen sollten die Strukturen überdacht werden und innerhalb des Betriebs auch Persohnen und Positionen existieren die nicht ausschliesslich von mir abhängig sind.
Reeses Intendantenmodell: flache Hierarchien
Da in Deutschland das Prinzip der freien Kompanien nicht entwickelt wurde, sondern es nur Stadttheater (im weitesten Sinne) und Freies Theater gibt, ist doch klar, dass man in Abhängigkeitsverhältnissen arbeitet. Abhängigkeitsverhältnisse sind per se nicht schlimm, aber das offene oder verdeckte Missbräuchliche Alltagsgebaren in Abhängigkeitsverhältnissen ist unwürdig. Leider habe ich die Erfahrung machen müssen, dass dies nicht an Arbeitsverträgen liegt, sondern an hierarchischen Positionen. Man nehme beispielsweise einen Regisseur (der angenommen ein großes EGO hat und durchaus kein Kollektivarbeiter sein muss) und ein Ensemble und schon haben wir Abhängigkeitsverhältnisse, die losgelöst vom strukturellen Arbeitsmodell sind. (Fast) Jeder Schauspieler wird dem Regisseur gefallen wollen, nicht anstrengend sein und kooperatives Verhalten an den Tag legen. A.) Weil er wieder besetzt werden will. B.) Weil er gut inszeniert werden will. Insofern kann ein Intendant oder Regisseur, um dem Missbräuchlichen Vorschub zu leisten - nur charakterlich Stärke zeigen, flache Hierarchien einführen und kollektive Arbeitsmodelle stärken. Dafür steht Reese, so weit das bekannt ist. Andere Intendanten sind - weil sie beispielsweise auch Regie führen - andere Kaliber.
Reeses Intendantenmodell: das 21. Jahrhundert
# Tucholskaya, Miss Berlin

Ich bewundere Ihren Aberglauben. Ein Intendant eines 300 Mann Betriebes - mehr sind es nicht in Frankfurt, also eher ein mittleres bis kleines Haus, mit großem Output - kann dennoch niemals ein Mann der flachen Hierarchien und des kollektiven Arbeitens sein. Kollektives Arbeiten hieße kollektive Leitungsmodelle einrichten, in denen auch das Ensemble mit einer Stimme vertreten ist. Das ist völlig unproblematisch möglich.
Warum soll in der Gesellschaft mehr Demokratie herrschen als im Theater, dem Betrieb, der ständig schreit, er kämpfe für Demokratie und gegen Missständ' aller Art.

Und werte Tucholskaya: Natürlich geht es, dass ein Intendant sich mit einem stehenden Ensemble auseinander setzt. Ein Regisseur, der an ein Haus kommt muss es doch auch, tut es doch auch. Und zwar ohne Probleme.
Der Intendant findet ein Ensemble vor, das im besten Fall für ihn votiert hat, um das er geworben hat, und mit dem er arbeiten, das er weiter entwickeln wird. Einige werden gehen, aber nicht alle. Einige neue werden kommen, aber nicht ein ganzes Ensemble.
Bitte endlich mal aufzuwachen und sehen, dass diese archaischen Arbeitsauffassungen eines zur Selbstaufgabe vergatterten Ensembles im 21. Jahrhundert ebenso wenig etwas zu suchen haben, wie Intendanten, die diesem Modell folgen.
Wir wollen sensible, humorvolle, meinetwegen auch ironische, aber doch in jedem Falle menschenfreundliche Theaterleiter, und nicht Berserker, die sich ständig in Proben oder hinter verschlossenen Türen verschanzen, und sich hofieren lassen, wie Granden einer höfischen Gesellschaft.
Die ist abgeschafft, und muss es auch werden im Theater, damit dieses auch innerhalb zu einem menschlichen Modus des Arbeitens zurück kehrt.
Bitte befragen Sie das Frankfurter Ensemble. Wenn sich hier auch nur ein Schauspieler für Herrn Reese ausspricht, sollen alle anderen schweigen...
Reeses Intendantenmodell: Soweit bekannt
Liebe Miss Berlin
Oliver Reese führt - anders als Sie nahezulegen scheinen - übrigens auch Regie, er ist ealso Vertreter der Gattung regieführender Intendanten, der sie offenbar ein größeres Ego unterstellen als den nicht regieführenden Intendanten. Weiters sagen Sie, Reese stehe, "soweit bekannt", für "kollegiale Arbeitsmodelle und flache Hierarchien".
Ich würde dem hinzufügen: Zumindest sagt er selber das. Mir wäre augenblicklich nicht geläufig, wer - außer ihm und Ihnen - das ebenfalls behauptet hat.
Mit freundlichem Gruß
Reeses Intendantenmodell: Woord!
@44: WOOOOORD!
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