Die Schaubühne als moralinsaure Anstalt

von Michael Wolf

16. November 2016. So-tun-als-ob und sich dabei zuschauen lassen – das ist seit Jahrtausenden das Kerngeschäft der Theaterschaffenden. Inzwischen sind sie so gut, dass sie sich sogar selbst betrügen können. Dem Dramaturgen Harald Wolff gelang kürzlich in einem Brief an Kulturpolitiker ein glänzendes Beispiel:

Er beschrieb Theater als "Zukunftswerkstätten" und als "Erfahrungsräume der Demokratie", als "Schule der Offenheit und Freiheit, der angstfreien und spielerischen Begegnung mit Unbekanntem". Kurzum: Wir bräuchten mehr davon, denn weniger führe "unmittelbar zum Aufstieg von Menschen wie Donald Trump, Frauke Petry oder Marie Le Pen". Irre! Unser Stadttheater hätte also Trump verhindert? Theater wird die Gesellschaft einigen? Die Flüchtlingskrise lösen? Krise, welche Krise? "Dies sind goldene Zeiten für Theater", jubelt Wolff – und wer möchte ihm das vorwerfen?

Ein Dramaturg muss tun, was ein Dramaturg tun muss. Im Jahr 2016 dieses Weihnachtsmärchen vom politischen Theater aufzuführen, lässt sich nur mit der Angst vor Etatkürzungen erklären. Kulturpolitiker sehen gern mal über schwache Auslastungszahlen hinweg, wenn der emanzipatorische Anspruch am Haus stimmt. Auch ästhetisch lässt sich so das eine oder andere Level unterbieten. Deutschlands Freiheit wird auch im Trockeneis verteidigt.

Ein Trostpreis für Falk Richter

Falk Richter, einer der Heroen politischen Theaters, analysierte kürzlich, "Hass" sei heute eine "Karrierestrategie", um die "eigene Marke in den Fokus zu rücken". Ein Schelm, der Böses über diesen Satz eines Regisseurs denkt, dessen Karriere durch die Klage der Beatrix von Storch einen ordentlichen Sprung gemacht hat.

Fear1 560 Arno Declair uDie Bösen, sind das imer die Anderen? "Fear" von Falk Richter an der Schaubühne Berlin
© Arno Declair

Dass die Gerichte im Sinne der Kunstfreiheit und gegen ein Verbot seiner Inszenierung Fear entschieden, war gut, richtig – und sehr erwartbar. Richters Beispiel zeigt, wie leicht und ungefährdet man in Small Town Kulturbetrieb zum Posterboy avanciert. Die AfD hat er zwar vorerst nicht besiegt, als Trostpreis sprang aber immerhin ein Ausflug ins schöne Saarbrücken raus, wo er seine Poetikdozentur zur Lage der Nation hielt:

"(E)inige Teile der Gesellschaft (...) haben Angst, dass sie innerhalb einer ausdifferenzierten Gesellschaft nicht mehr das Zentrum bilden könnten, nicht mehr über die Deutungs- und Zuschreibungshoheit verfügen." Diese derart Verunsicherten seien dankbar, "wenn ihnen eine 'Alternative für ein zu komplexes Deutschland' angeboten wird, ein einfaches, überschaubares Deutschland, in dem alles irgendwie einfach und gut ist und alles Bedrohliche entfernt wird, so dass wieder Ruhe einkehrt".

Das Problem ist nicht, dass Falk Richter so differenziert argumentiert wie eine auf links gedrehte Frauke Petry. Das Problem ist nicht, dass er gar nicht merkt, wie er das Feld seines eigenen Werks absteckt (Vulgärsoziologie, Vorführung der Blödheit des politischen Gegners, Nebelmaschine). Das Problem ist, dass Falk Richter Theater macht. Und zwar nicht auf dem Kornmarkt in Bautzen, nicht montags vor der Semperoper. Sondern am liebsten für Charlottenburger Biomarkt-Kunden.

Die Bösen gehen nicht hin

Was könnten all die engagierten Regisseure in Wirtschaft, Politik oder sogar mit einem im Fernsehen vorgetragenen Gedicht erreichen, müssten sie nicht 48 Stunden pro Woche unterbezahlte Schauspieler anbrüllen? So gehen ihre Heilsbotschaften im Schnarchen des Parketts unter.

Denn – Dilemma! – Theater ist keine Pflichtveranstaltung, die Bösen gehen nicht hin – das dumme Pack! Das ist natürlich nicht die Schuld der Richters der Welt. Oder – hoppla – vielleicht doch? Wenn sich mal einer von ihnen in unsere "Zukunftswerkstatt" verirrt, ist das Geschrei groß.

Erinnern Sie sich an Alvis Hermanis? Vor einem Jahr kündigte der lettische Regisseur die Zusammenarbeit mit dem Thalia Theater auf. Er war nicht einverstanden mit dem sozialen Engagement des Hauses für Geflüchtete. Eklat! Sittenwächter forderten, seine alten Inszenierungen müssten unverzüglich abgesetzt werden, und natürlich sollte #niewieder von deutschem Boden eine Hermanis-Inszenierung ausgehen. Dass keine seiner Arbeiten in Verdacht rechter Gedanken gebracht wurde, war für den Ausschluss aus der Schrifttumkammer übrigens ganz unerheblich.

"Was sind das für Menschen?"

Wie war das noch mal, Harald Wolff? In Theatern wird "exemplarisch durchgespielt, was Demokratie ausmacht: das Aufeinanderprallen extrem unterschiedlicher Ansätze auszuhalten – und diskursiv zu kanalisieren"? Nein, einfach nein. Politisches Theater ist nur so weit pluralistisch, bis es unangenehm werden könnte. Es hat kein Interesse daran, die Bandbreite der Haltungen einer Gesellschaft vorkommen zu lassen, die – wie eklig! – eben nicht nur aus den Guten besteht.

Es verwendet einen Großteil seiner Energie auf die Behauptung einer solchen guten Seite. Hier ist alles noch ganz einfach, hier gibt es noch klare Antworten. In dieser Selbsthilfegruppe kultureller Eliten lassen wir uns unsere moralische Überlegenheit versichern – und sind von jedem brennenden Flüchtlingsheim, jedem Terroranschlag und jeder Stimme pro Brexit unendlich betroffen. Die Reaktion auf diese Nachrichten ist immer gleich. Es ist eine Frage: "Was sind das für Menschen?" Wir kennen sie nicht. Auf Premierenpartys muss man lange nach jemandem suchen, der für Trump, die AfD oder die Scharia ist.

Widerlicher als ein Regisseur ist nur ein Publikum, das aus der Rolle fällt. Das geschah dieses Jahr häufiger, zuletzt im Berliner Maxim Gorki-Theater, wo Identitäre Jakob Augsteins Freitagssalon störten. Viel bedenklicher als ein paar Parolen ist aber die Hilflosigkeit, mit der Theater auf sie reagieren. Anstatt etwas zu entgegnen oder sich wenigstens der Tradition verpflichtet, eine Saalschlacht zu liefern, empört man sich ein bisschen und überdenkt das Sicherheitskonzept. Der Ton wird rauer – und von der Bühne schaut man hilflos zu. Störungen sind hier nicht vorgesehen.

Gorki 280 h via TwitterBanner am Berliner Gorki-Theater
 © via Twitter
Wie man absehbar erschüttert wird

Hat man uns etwa betrogen? Was ist mit all den Psalmen, die Erika Fischer-Lichtes Jünger noch im Wachkoma vor sich hin stammeln: Alleinstellungsmerkmal des Theaters ist das Hier und Jetzt im kollektiv geteilten Raum, ist Unkontrollierbarkeit der Situation, ist Veränderung aller beteiligten Menschen? Natürlich stimmt das in Ewigkeit, Amen! Wir gehen alle ausschließlich ins Theater, um uns erschüttern zu lassen – aber bitte auf eine Weise, die wir vorher haben absehen können.

Verändern soll sich nichts, es sei denn, das steht so im Spielzeitmotto. Es geht dem Publikum nicht an den Kragen, sein Kanon wird nur ein bisschen zurechtgerückt. Ach, Othello hat sich das Gesicht nicht schwarz angemalt? Gut, dass uns das mal jemand sagt. Hebbel war kein Feminist? So ein Schuft! Shakespeare war pro Asyl? Endlich eine werktreue Inszenierung!

Nur konsequent hing das Gorki nach dem Vorfall eilig ein Banner auf, auf dem es drohte, von seinem "Hausrecht" (ziemlich deutsches Wort für ein postmigrantisches Theater, oder?) Gebrauch zu machen, sollten Personen um Zutritt bitten, "die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische ... (undsoweiter) Äußerungen in Erscheinung getreten sind". (Übrigens komisch, dass sie Augstein reingelassen haben. Stand der nicht mal auf einer pikanten Liste?)

Der Bauchnabelfussel in der Wohlstandsplauze

Jahrhunderte lang predigten Intellektuelle Kultur als Heilsversprechen für die Massen. Ins Theater soll inzwischen nur noch dürfen, wer seinen Persilschein am Einlass abreißen lässt. Wir machen Theater mit allen und für alle, die im Parkett sitzen und die das Parkett erfreut ("Guck mal, was für eine süße Geflüchtete/Autistin/Kapitalismuskritik!"), nur mit den Schmuddelkindern wollen wir nicht spielen. Man bleibt gern unter sich an diesem Stammtisch bürgerlicher Selbstvergewisserung – wir summen mit, der Mensch ist gut, die Welt ist schlecht, schunkel schunkel, Lisette, noch ein Gläschen Bier!

Politisches Theater ist der flauschige Bauchnabelfussel in der bürgerlichen Wohlstandsplauze. Braucht kein Mensch, nervt ein bisschen, ist aber auch ganz lustig und tut niemandem weh. Die verzweifelte Gier nach Flüchtlingsschicksalen und -fleisch, von Hamburg bis Wien ausgestellt, ist nur ein Indiz für die Fremdartigkeit jedes echten Problems. Man muss in all dem keine Verschwörung sehen, auch wenn Ulrich Matthes der Kanzlerin Faxe schickt.

That's entertainment! Die Zeiten des politischen Theaters sind vergangen oder vielleicht gab es sie nie. Und das ist gut so. Hätte es eine größere Wirkung, würde es die Spaltung der Gesellschaft mit seiner Ignoranz nur noch verschärfen. Wir haben Glück, dass es keine Rolle spielt. So bleibt es der öffentliche Ort, an dem Millionen Menschen am liebsten träumen, nachdenken und einnicken. Lassen wir es doch einfach dabei bewenden. Schluss mit der dramaturgischen Kackscheiße! Lasst uns in Ruhe, lasst uns einfach romantisch glotzen.

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Kommentare  
Moralinsaure Anstalt: unter-komplex
Niemand rettet die Welt, Herr Wolf. Und das politische Theater war immer dann am wirkungsvollsten, wenn sich das Theater unpolitisch und romantisch gab. So eine einfache, schlichte Inszenierung von „Henry V.“ könnte manches patriotische Herz wieder zum Hüpfen bringen, wenn man sie nur den Anhängern der AFD vorsetzen würde. Und dann wäre das „Unpolitische“ wiederum sehr politisch. Es gibt Artikel, die will man nicht zweimal lesen. Ihrer gehört dazu. Sollen wir denn jetzt frohlocken, weil sie uns endlich vom politischen Theater befreit haben?! Worauf wollen sie eigentlich hinaus. Sarkasmus um der Ironie willen, mehr ist das nicht, was sie da denken. Leider auch sehr unter-komplex für so komplizierte Zeiten.
Moralinsaure Anstalt: andere Schlussfolgerung
Vielen Dank für den bösen Kommentar. Ich sehe die Situation ähnlich, auch wenn meine Schlussfolgerung eine andere ist.

Die Krise ist eine des Zeitgeistes, nicht des Mediums (Theater im Allgemeinen, und politischem Theater im Besonderen)- ob man sich nun in der Höhle des Moralapostels verbarrikadiert, oder sich aufgrund der dort offensichtlich vorhandenen Widersprüche in eine polit-freie Ästhetik steigert.

Denn was ist die Konsequenz? Ihr Kommentar beschreibt letztlich die Wut, dass Theater die Welt nicht ändern kann; Gedanken keine Folgen für das Leben haben.

Ich stimme Ihnen zu, dass ein längst überfälliger Schritt wäre, ungeliebte aber reale Positionen glaubwürdig auf der Bühne zu vertreten. Etwas zu zeigen, das wirklich den Finger auf die Wunde legt, und sei es die eigene Scheinheiligkeit. Vor allem- an diesem Punkt kann ich mich persönlich in Rage reden- etwas, das egal welcher Couleur durchdacht ist, eine Herausforderung stellt. Dahingegen wird wenn überhaupt der kleine Zeh ins Wasser gestippt und bei Widerstand sofort eingezogen. Man habe das ja so gar nicht gemeint. Was hat man denn gemeint? Es bleibt vage.

Als ein Beispiel von vielen mag Dries Verhoeven dienen, der mit „Wanna Play“ eine Anklage versuchte. Er scheiterte an seiner eigenen Unerfahrenheit, das kann passieren. Viel schockierender war für mich die absolute Verwirrtheit des HAU (und des Machers), überhaupt auf Gegenargumente vorbereitet zu sein.

Ohne Diskurs gibt es keinen Fortschritt. Der Diskurs endet, wenn kein Austausch vorhanden ist. Der Austausch endet, wenn keine Argumente formuliert werden.

Zurück zur Konsequenz. Wenn wir alles loslassen gilt das Recht des Stärkeren. War das so gemeint? Es bleibt vage.
Moralinsaure Anstalt: der Kunst vertrauen
Vielen Dank für eine sehr treffende Analyse. Die Frage die ich mir dann stelle, ist ja, wofür das ganze Theater? Warum Theater überhaupt machen, nur zum "romantisch glotzen"? Ich finde, diese Frage ist sehr lohnenswert zu diskutieren und wäre eine logische Konsequenz auf den Kommentar von Herrn Wolf. Warum Theater? Ich habe das Gefühl, dass viele Theatermacher hier auf einer innere Barriere stoßen. Irgendwie weils geil ist oder weil man das ja schon immer so macht und außerdem hat man ja jetzt schon studiert. Solche Ausreden wie "Zukunftsstätten" hat Herr Wolf ja schon schön erarbeitet und meiner Meinung nach, ist reines politisches Theater oft (nicht immer) eine einfache Ausrede. Weil man sich da so schön dran fest halten kann. Warum Theater? Ja wir retten die Welt, wir stürzen den Kapitalismus usw. Dann muss man aber auch Konsequent sein und Herbert Fritsch und co absetzen. Weil da keine Geflüchteten spielen und keine Geldscheine verbrannt werden usw. Bringt ja nix, nützt ja nix, hat doch keinen Mehrwert dem man dann so aufschreiben kann, oder? Aber dann fällt ja auf, dass Theater (und Kunst) ja doch irgendwie noch mehr ist, oder? Ich denke, in solchen Diskussionen wird deutlich, wie wenig Theatermacher der Kunst vertrauen. Kunst, Schönes, all das kann ein Teil von vielen Eindrücken sein, die dem Menschen bewegen, hin zu einer Ent-Wicklung. Kunst und Kultur haben da kein Monopol drauf, aber sie können mitwirken, manchmal wie ein Katalysator, manchmal wie eine Brechstange. Da sehe ich ein Stück von Fritsch und freue mich einfach, da passiert etwas in mir, was ich gar nicht beschreiben kann, meine Seele fühlt sich beflügelt an, auf dem Heimweg höre ich im Radio nebenbei irgendwas von Massentierhaltung, interessiert mich nicht, am nächsten Morgen erzählt mir eine Kollegin, dass sie keine Eier mehr isst, ich gehe mit Kindern auf einen Bauernhof und irgendwann macht es zack und ich denke, hm, ich will kein Essen mehr kaufen bei dem Tiere leiden mussten. Eine Entwicklung die direkt mit dem Theater zu tun hat, nicht alleine, sondern in einem komplexen Gefilde von Eindrücken, kleinen Erkenntnissen, die man meistens gar nicht mehr nachvollziehen kann. Und dafür brauchte ich gar kein "politisches" Theater, bei dem auf der Bühne Hähnchen geschreddert wurden o.ä. Das gleiche lässt sich auf jeden Bereich übertragen. Wichtig ist die Entwicklung des Menschen als ganzes (Denken, Fühlen, Wollen) und da ist es dann auch nicht mehr wichtig ob er ein "SUV-Biokunde" ist oder ein "Schmuddelkind". So ein Theater wäre offen für jeden, aus so einem Theater gehen Menschen, die anderen Menschen gerne helfen, die Mitgefühl haben, mit Geflüchteten ebenso wie mit den "dummen weißen Männern" die angeblich für Trump verantwortlich sind (komisch nur, dass ihn auch so viele Frauen und so viele Menschen mit College-Abschluss gewählt haben). Ich träume von einem Theater das unterhält, dass nicht belehrt, dass meinen Geist beflügelt, ein Raum der Erkenntnisse, wo man Spaß hat als Zuschauer, wo man mitfühlen kann, mitfreuen und mitleiden, wo man nach-fühlt mit dem was auf der Bühne passiert, bei Tragödien ebenso wie bei Komödien. Das ist für mich politisches Theater.
Moralinsaure Anstalt: Recht des Stärkeren
Am Ende siegt das Recht des Stärkeren? Lieber undsoweiter?! Das kommt ein wenig darauf an, wie sie im übertragenen Sinne die Schlacht von „Azincourt“ beurteilen. Die Bogenschützen mit ihren Langpfeilen haben den eigentlich unterlegenen „Henry V“ siegen lassen. Es war der Mut der Verzweiflung gepaart mit einer neuen Technik, die einem jungen König den Sieg brachten, und nicht seine unüberwindbare Stärke. Ebenso haben die Wähler und Wahlmänner Trump siegen lassen. Er verstand es die postfaktischen und postwahrhaftigen Medien, wie Twitter und Facebook richtig für sich zu nutzen. Das waren seine Langpfeile.

Ob er nun wirklich der Stärkere ist, wage ich zu bezweifeln. Es lässt ihn stärker erscheinen, als er wahrscheinlich ist. Ich habe das mit dem Recht des Stärkeren nie richtig verstanden, nehme ich an. Erklären sie es mir.

Wahr aber ist, dass wir uns in einer Krise des Denkens befinden. Offensichtlich braucht man das nicht mehr, um Mehrheiten zu bilden. Eventuell ist es sogar schädlich. Es geht um den Moment, in dem man siegen muss, um zu gewinnen und da ist jedes Mittel Recht, die Unwahrheit, das Vulgäre, der Triumph des Hasses, die grobe Schnauze. Nichts ist in diesem Zustand wörtlich gemeint, sagt man. Das Denken kann nachgeliefert werden, falls nötig. Die Stimmung lenkt die politischen Geschicke.

Und in solchen Zusammenhängen ist politisches Theater enorm wichtig. Da es so oder so immer politisch ist, auch im Unpolitischen, warum dann nicht mit Vorsatz politisch sein. Langweilig und öde wird es immer nur dann, wenn man die Bekenntnisse der Bühne schon weiß und diese in einen Resonanzraum gegeben werden, der sich lediglich in sich selbst rückversichern will. Die Gegner nehmen dort keinen Raum ein und wenn dann nur als Minderbemittelte und Deppen. Die Selbstkritik bleibt narzisstisch und dem Zuschauer, der ja im realen Leben vor große Konflikte gestellt wird, nimmt man das Denken ab, in dem man die Probleme auf einen naiven Konsens des irgendwie Humanen verkürzt. Da fehlt dann jede reale Wucht und man verlässt das Theater mit so einem kleinkrämerischen Gedanken des eigenen Richtig-Sein, mit dem man gerade noch den nächsten Geldautomaten bedienen kann, aber keinen realen Konflikt geistig zu durchdringen vermag.
Moralinsaure Anstalt: gut erkannt
ja. gut erkannt und geschildert!!! MEHR DAVON BITTE!
Moralinsaure Anstalt: Dazu H.-T. Lehmann
Also dazu kann man nur wieder die Lektüre von Hans-Thies Lehmanns Essay „Wie politisch ist das postdramatische Theater?“ (in „Das Politische Schreiben") empfehlen: „Die geläufige Vorstellung von „politischem" Theater ist die, dass es Themen aufgreift, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden oder die es selbst in die Diskussion wirft und auf diese Weise (mindestens) aufklärend wirkt. Was nun ein Theater der Aufklärung und der (erhofften) Vertiefung politisch aktueller Probleme durch ihre Repräsentation auf der Bühne angeht, so wäre die Kritik daran ein eigenes Thema. Sie könnte beginnen mit der Erkenntnis, dass eine theatrale Re-Präsentation von in der Realität als politisch definierten Problemen von Anfang an in der Gefahr ist, allzu folgsam nachzuplappern, was öffentlich, medial, im schablonisierten Diskurs als „politisch" qualifiziert wurde. Und muss nicht ein auf politische Wirkung zielendes Theater geradezu zwangsläufig sich den prä- und deformierten Wahrnehmungsgewohnheiten der Zuschauer anpassen und sie also bestätigen, gerade weil es „wirken" will?“

Dazu Harald Wolff: „Im Theater spüren wir den Wunsch nach öffentlicher kollektiver Selbstvergewisserung (…) offenbar gibt es keine Institution, die sich besser für die Selbst-Verständigung einer Stadtgemeinschaft eignet als das Theater.“ Und da ist die Kritik von Michael Wolf durchaus angebracht.

Harald Wolff weiter: „Der Hunger nach sinnlich begreifbarer politischer Auseinandersetzung ist groß, und offenbar sind dies die Geschichten, die im Moment erzählt werden müssen.“ - z.B. das von ihm erwähnte Stück „Terror“ von Ferdinand von Schirach, oder Falk Richters „Fear“ etc., etc. (Ob das tatsächlich „sinnlich“ ist lassen wir mal außen vor)

Dazu bei Hans-Thies Lehmann:
„Das Politische, dessen Grundkategorie von Carl Schmitt als die Unterscheidung von Freund und Feind bestimmt worden ist, behält in der festgewordenen Rechtsgestalt einen agonalen Charakter, der freilich zunehmend unsichtbarer, gestaltloser, ungreifbarer wird. Auch wenn wir über ein mehr oder weniger exaktes Wissen über die politischen Kräfte verfügen: Sie bleiben für uns zwar höchst real, zugleich aber sinnlich ungreifbar. Ihren „Ort" haben sie irgendwo zwischen Verwaltungs- und Geheimdienstakten, Öl- und Softwareinteressen, Politikerreden, Medienpropaganda einschließlich Menschenrechtspropaganda, politischen Morden, wo nötig, und weiträumigen geopolitischen, imperialen oder auch imperialistischen Strategien. Mit einem Wort: Sie sind gestalt-, geräusch- und gesichtslos, eher Strukturen als Personen, eher Kräfteverhältnisse als Identitäten. Sie bieten einer Repräsentation keinen Inhalt, der politisch wäre, keine Gestalt.“

Umso schöner, dass man das Politische gerade jetzt auch wieder an realen Personen (Petry, von Storch, Trump, Putin etc.) festmachen kann.

Dazu weiter bei Lehmann:
„Erstens: Das Politische kann im Theater nur indirekt erscheinen, in einem schrägen Winkel, modo obliquo. Und zweitens: Das Politische kommt im Theater zum Tragen, wenn und nur wenn es gerade auf keine Weise übersetzbar oder rückübersetzbar ist in die Logik, Syntax und Begrifflichkeit des politischen Diskurses in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Woraus drittens die nur scheinbar paradoxe Formel folgt, dass das Politische des Theaters gerade nicht als Wiedergabe, sondern als Unterbrechung des Politischen zu denken sein muss. Mit Hilfe eines solchen Konzepts kann man versuchen, Versionen oder Aspekte einer theatralen ‚Zäsur‘ des Politischen zu beschreiben."

Meint: Nicht der original auf der Bühne auftretende Geflüchtete ist das Politische, sondern die Reaktionen, Ursachen und Rückschlüsse auf das eigentliche Problem, was nun wiederum zu einem künstlerisch ästhetischen wird, damit das Theater nicht „unter seinen politischen und künstlerischen Möglichkeiten bleiben“ wird. Und nicht alles was politisch ist, kann und muss auch auf der Bühne behandelt werden. Dazu gibt es andere Foren, denen sich das Theater natürlich in Diskussionsrunden öffnen kann und das ja auch macht.

„Wer Demokratie und Zivilgesellschaft stärken möchte, muss die Theater, die Lehranstalten der Pluralität, stärken. Gerade jetzt. Es ist Zeit, dass nicht nur die Gegner einer offenen Gesellschaft erkennen, wie zentral Theater für sie sind; sondern auch ihre Protagonisten.“ Ein schöner Satz von Harald Wolff. Allerdings trennen ihn da vom Nachtkritiker Michael Wolf nicht nur ein f im Nachnamen, sondern anscheinend ganze Theaterwelten.

Was Hans-Thies Lehmann beschreibt, ist die Theorie, das scheinbar einfache, das schwer zu machen ist. Zur „Unterbrechung des Politischen“ kommt die „Praxis der Ausnahme“, der Konflikt, um die Fragwürdigkeit der Regel im Politischen zu verdeutlichen und somit der „Moralischen Falle“ zu entgehen. In besten Falle könnte man dann auch wieder ganz entspannt und „romantisch“ glotzen.
Moralinsaure Anstalt: geistig heimatlos
...die Fremdartigkeit jedes echten Problems...
Eigentlich fand ich den Artikel nicht besonders interessant, dass übliche jemand versucht seine eigene Brillianz durch mögliche vernichtende Kritik eines gegenübers herauszustellen Geschreibe, muss man wahrscheinlich heute so machen. Dieser oben zititierte Halbsatz hat mich dann aber doch schockiert, weil er suggeriert, dass Flüchtlinge, Behinderte, Menschenrechte, "keine echten Probleme sind". Mir sind hilflose Ansätze von möglicherweise nicht besonders talentierten Regisseuren immer noch lieber als solcherart geistig heimatlose Menschen, die scheinbar wirklich keine echten Probleme haben.
Moralinsaure Anstalt: Fear war ein PR-Geschenk
Es ist noch viel schlimmer. Falk Richter und die Schaubühne machen nichts anderes als AFD und Pegida zu vergrößern, in der neoliberalen Aufmerksamkeitsöknomie ist ein Abend wie "Fear" ein PR-Gratisgeschenk an ehedem Unbedeutende, die nun sogar mit einem großen Theaterabend geadelt werden und dieses Geschenk gerne annehmen, um es für sich medial auszuschlachten. Diese altbackenen Empörungsstrategien greifen nicht mehr. Die Alt-rights sind da weiter, sie wollen den Diskurs bestimmen und rechnen mit dem Echo der Empörten. Die Empörten perpetuieren damit nur die rechte Agenda und lassen sich einen Diskurs aufdrücken ohne selbst mehr den Diskurs zu bestimmen. Die Schaubühne wird so zum Wirtskörper gemacht, kein Witz: Eine Alt-Right Strategie von zB. Breitbart Macher Steve Bannon, siehe: http://www.bloomberg.com/politics/graphics/2015-steve-bannon/
Moralinsaure Anstalt: Agent der Konterrevolution
Gähn: "Auf Premierenpartys muss man lange nach jemandem suchen, der für Trump, die AfD oder die Scharia ist." Ja, ja, wir sind alle selbst schuld an den Faschos dieser Welt, weil wir ihnen nicht zuhören, ihnen ihren Hermanis nicht lassen und womöglich noch gegendertes Theater vorführen, das auch noch vom "System" subventioniert wurde. Man mag ja zum politischen Theater stehen, wie man will (ich finde es bisweilen auch grenzwertig), aber dass auch auf nachtkritik.de nun das von Matussek und Co. betriebene Selbst-Schuld-Bashing der linken Intelligenz betrieben wird, macht die Seite zum stillen Agenten der Konterrevolution.
Moralinsaure Anstalt: über den Status aufklären
Das Theater ist kein Massenmedien. Es adressiert sich falsch. Es müsste sich an die Eliten wenden, die es traditionell besuchen. Aber dem "politischen" Theater haftet immer noch an, dass es die Massen aufklären und mobilisieren möchte. Da gibt es sicherlich andere Medien, die eher und schneller die Masse erreichen. Nein, das politische Theater sollte die Eliten über ihren Status aufklären (...).
Moralinsaure Anstalt: Hetze
"(...)" #9

Kommt's mir nur so vor oder sind das typisch menschenverachtende Gewalt- und Vernichtungsphantasien voller Hass und Hetze, wie man sie doch sonst auf rechten Blogs und Facebook-Einträgen so gern moralisch leidenschaftlich verfolgt? Als politisches "Argument" im öffentlichen Diskurs erstaunlich argumentlos, man könnte zumindest sagen: plump ad hominem. Aber mit edler Absicht, natürlich.

(Sehr geehrte Tucholskaja, Sie kritisieren den Passus zu Recht, wie ich meine. Der Satz in dem Kommentar ist gestrichen. Mit besten Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Moralinsaure Anstalt: Striche
Liebe Redaktion,

ich bin einverstanden, wenn sie auch den Satz "Schluss mit der dramaturgischen Kackscheisse." aus dem Text von Wolf streichen. Er ist einfach menschenverachtend und für viele Dramaturgen und Innen mehr als ärgerlich .

(Werter Martin Baucks, eine Polemik muss generalisieren dürfen, zumal die Spitze im Text hinreichend kontextualisiert ist. Michael Wolf steht dafür gerade. Hätte er allerdings geschrieben "Schluss mit der dramaturgischen Kackscheiße, wie sie ein Martin Baucks den lieben langen Tag über verzapft", hätte ich den Kollegen Wolf davon abgehalten. Das wäre nämlich eine konkret gegen die Person gerichtete Diffamierung gewesen, die Diskurs verhindert. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Moralinsaure Anstalt: Vergleich
Und zu dem, liebe Redaktion, ich ärgere mich absolut darüber, dass man hier einen homosexuellen Künstler wie Falk Richter zu einer auf links gestrickten Frauke Petry macht. Das ist Hetze und nicht, wenn ich mir einen atemberaubenden Theaterabend für Herrn Wolf wünsche, in dem er über seinen Status als Mitglied einer Elite aufgeklärt wird.

(Werter Martin Baucks, ich sehe "Fear" in der Tat ähnlich positiv wie Sie - womit wir inmitten der Kritikerschar des Abends ziemlich allein dastehen, fürchte ich, aber nun gut.... Jedenfalls muss man dem Kollegen Michael Wolf seine These schon lassen. Er sagt, das Argumentationsschema von Richter sei genauso simplizifizierend wie das von Petry. Und dieser Standpunkt kann nicht Gegenstand des Redigats sein. Wir suchen bei nachtkritik.de die Vielfalt von Blickwinkeln und die Individualität von Positionen. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Moralinsaure Anstalt: Spaß
Wie sie meinen Herr Rakow. Irre ich mich? Oder hat es Ihnen Spaß bereitet meinen Namen in Zusammenhang mit dramaturgischer Kackscheisse zu bringen?!!!

(Lieber Martin Baucks, das war nicht bösartig gemeint. Ich muss allerdings zugeben, dass ich beim Begriff "Kackscheiße" auch nicht zusammenzucke. Der entbehrt in seiner Tautologie ja nun nicht einer betont infantilen Komik. Beste Grüße, Christian Rakow, der sich jetzt in den Dienstschluss verabschiedet)
Moralinsaure Anstalt: geht niemanden was an
Lieber Herr Rakow - bei aller zurecht erwähnten Tautologie von "Kackscheiße" - Was hat jetzt noch einmal die - echte oder gespielte, das geht doch als seine Privatsache niemanden was an - Homosexualität von Falk Richter als Künstler mit Frauke Petry als AfD-Politikerin zu tun? - Ob das einmal jemand zu Dienstbeginn den trolligen Herrn Baucks fragen könnte? Ich kann noch nachvollziehen, dass Homosexualität und der gesellschaftliche Umgang mit Homosexuellen sowohl Künstler als auch Politiker und dadurch selbstverständlich auch u.a. Falk Richter und Frauke Petry was angehen kann und m.E. auch u.a. sollte - Ich weiß nur nicht, was jetzt die private Sexualität von Falk Richter mit der Politik von speziell Frau Petry zu tun hat??? Kann mich da bitte jemand aufklären?
Moralinsaure Anstalt: Vorschlag
Ich schlage vor, dass man über die Nacht das Gorki oder andere Theater, die solche Fahnen aushängen, abschließt und umbeflaggt:
"Wir behalten uns vor von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und Theaterleuten, die Parteien oder politischen Organisationen angehören, lobbyistischen Vereinigungen zuzuordnen sind oder in der Vergangenheit durch menschenverachtende Äußerungen über reales oder optionales Publikum außerhalb von zweifelsfrei literarischen Texten in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zu unserem Eigentum zu verwehren oder von der Tätigkeit in diesem auszuschließen. - Die Bewohner der Stadt - Ihr als Erscheinung getretenes Publikum."
Moralinsaure Anstalt: Hirnforschung
Ich verstehe das hier nicht, also den Text von Michael Wolf. Denn es gibt ja nun nicht nur Fischer-Lichte, sondern es gibt/gab zum Beispiel auch Helmar Schramm, Joachim Fiebach u.a., die sich nicht allein mit dem Theater im abgeschlossenen Bühnenraum beschäftigt haben, sondern das Theater IMMER im Kontext der gesellschaftlichen bzw. ökonomisch-technischen Entwicklung gesehen haben, wozu es sich verhalten MUSS, ob es nun politisch relevant ist/sein will oder nicht. Wichtig und wesentlich für das Theater war/ist zunächst mal der Dreischritt "Sprache - Bewegung - Ästhetik bzw. Wahrnehmung". Und ebenso wie das Theater ist die Wirklichkeit inszeniert. Ob man auch da dann auch einfach nur romantisch drauf glotzt, das bleibt jedem selbst überlassen. Das ist die Freiheit, nach der eigenen Einsicht zu handeln, ohne gezwungen zu sein, etwas zu tun.

"Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheit verhüllt oder im Überschwänglichen, außer meinem Gesichtskreise suchen und bloß vermuten; ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz." (I. Kant)

Sogar über ein bloßes Klavierspiel kann ich sinnlich eine Dissonanz (auch, aber nicht nur im politischen Sinne) wahrnehmen. Dazu brauche ich dann noch nicht einmal die Sprache. Schon Musik kann geistig-emotional umgestalten und mich die Dinge anders wahrnehmen lassen. Das ist (politisches) Theater im Kopf. Oder nicht? Kennt sich hier zufällig eine/r aus in der Hirnforschung?
Moralinsaure Anstalt: mutiger Beitrag
Vielen Dank für diesen durchaus mutigen Beitrag! Allein das Moment der staatlichen Alimentierung der politisierten Selbstbeweihräucherung kommt mir etwas zu kurz. Sicher, mit "Kulturpolitiker sehen gern mal über schwache Auslastungszahlen hinweg, wenn der emanzipatorische Anspruch am Haus stimmt" haben Sie das in meiner Wahrnehmung eigentlich brisante Thema bereits angerissen. Doch da geht noch was. Mit Blick auf die Qualifikation hiesiger Kulturpolitiker sogar Einiges. Leider.
Apropos:
In Berlin wird nun unter Rot-Rot-Grün Regierung der Linke-Chef Klaus Lederer zum Leiter eines wieder eingeführten Kulturressorts. Wir dürfen also gespannt darauf sein, wie es mit der Volksbühne weitergeht. Denn dort hatte und hat ja ganz besonders die Partei "die Linke" ein gesteigertes Interesse daran, am "politischen Theater" - wie in ihrem Beitrag sehr treffend geschildert - festzuhalten.
Moralinsaure Anstalt: wunderbare Polemik
Als jemand, der eher selten ins Theater findet, fallen mir zu dieser wunderbaren Polemik noch zwei Bemerkungen ein:

1. Der Feind des Guten ist immer noch die eigene Selbstgefälligkeit.

(woraus hervorgeht, dass man das Böse, Hassvolle und "Rechte" immer noch in sich selber finden muss, allerdings nicht, um protestantisch darunter zu darben, sondern ganz im Gegenteil, um die Lust am Bösen in sich selber zu entdecken, denn sonst begreift man seine Faszination nicht; jeder sollte in einer Theateraufführung, die das Böse zum Thema hat, Richard II in sich entdecken).

2. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, mit der Wirklichkeit umzugehen: Man kann sie negieren, oder man kann mit ihr spielen.

(Negieren heißt: man reißt der bösen Wirklichkeit die Maske vom Gesicht, und stellt ihr eine vermeintlich bessere, tolerantere Wirklichkeit (mit lieben und echten Migranten) gegenüber, mit der sich dann alle kuhwarm "identifizieren" können - Ist Identitätstheater nicht auch nur eine Form des Identitären? - Spielen heißt: man stülpt sie nach eigenen künstlerischen Regeln um, ohne Rücksicht auf moralische Implikationen. Wenn man die Wirklichkeit auf ihrem eigenen Feld und mit ihren eigenen Mittel begegnen will, kann man nur verlieren.)

Noch ein drittes Zitat:

3. Kunst ist so neutral wie der Geschmack eines Apfels. (Anthony Burgess zu seinem Roman "A Clockwork Orange").

Der zweite Satz stammt von Egon Friedell aus seiner "Kulturgeschichte der Neuzeit", seines Zeichens selber Schauspieler.
Moralinsaure Anstalt: Doppelmoral
@12 Warum ist hier eigentlich die Homosexualität Richters von Belang? Darf man eine Argumentation von ihm, die offentsichtlich ähnlich simplifizierend ist wie die der Gegenseite, nicht als eine solche bezeichnen, nur weil er homosexuell ist? Und dürfte man dies ihrer Logik nach aber tun, wenn er eine Hete wäre? Gegen den einen darf polemisiert werde, beim anderen ist es "Hetze"? Genau dieses Denken hilft der AfD!
Moralinsaure Anstalt: zynisch
Polemik und oder her - was für eine zynische Haltung zur Welt und zum Theatermachen. Und vor allem: ahnungslos und offenbar auch interesselos den Theatermacher*innen gegenüber, voller wütender Klischees und Vorurteile. Klar, wir kuscheln uns alle ganz toll ein, in unserer Gutmensch-Selbsthilfegruppe. Fragen über unsere Reichweite oder ob wir nur zu den eh schon Bekehrten sprechen, stellen wir uns nie. Wir fühlen uns überlegen und dem ewig gültigen literarischen Kanon verpflichtet, sowie unserer eigenen "Filterblase". Richtig? Achja, und dann sind wir natürlich auch schuld dran, dass die "Bösen" gar nicht kommen, weil wir für die ja kein Programm anbieten. Und den "Guten", die schon da sind, denen muten wir nicht genug zu, und dann isses ja gar nicht echt "politisch"... Wie ich es nicht mehr hören und lesen kann! Und das dieser Text diese in ihrer Pauschalisierung grundfalsche These ausgerechnet an der Aussage eines Kollegen aufhängt, der offenbar genau daran arbeitet, dass das Theater kein scheinbar moralisch überlegener Wohlfühlort bleibt, an dem die bürgerliche Elite unter sich sein kann, macht mich wirklich wütend! Wolfs Text ist in seiner Zuspitzung leider nicht inhaltlich scharf, sondern bleibt auf der Ebene der Diffamierung, widerspricht sich selbst und baut seine "Argumente" auf gestriger Analyse theatraler Formen auf. Er selbst hat offenbar keinen Begriff des "Politischen" im Theater, den er für verfolgenswert hält und hier einfordern könnte. Aber er glaubt allen Ernstes, das Verlesen von Gedichten im Fernsehen habe politische Sprengkraft?! Naja, er glaubt ja auch, dass "engagierte Regisseure" (Frauen gibt es in seinem Text, außer Frau Petry, übrigens keine) den lieben langen Tag nur andere Menschen "anbrüllen"... Was Michael Wolf fordert, nämlich, das Theatermacher*innen sich doch bitte politisch engagieren sollen, anstatt das von ihm verachtete "politische Theater" zu veranstalten, das passiert, überall, vor seinen Augen, die das offenbar nicht sehen können oder wollen. Und zuletzt: Zu behaupten, Falk Richters Karriere habe durch die Klage der AfD einen wohl notwendigen "Schub" bekommen, zeugt von Gehässigkeit und Unkenntnis zugleich. Wer den Werdegang Falk Richters beobachtet hat die letzten Jahre (und ich habe das ebenfalls von außen, es besteht keine persönliche oder berufliche Verbindung), der weiß, dass er diesen Schub mitnichten brauchte. Was er sicher auch nicht brauchen konnte, sind unzählige Hassmails. Bekommt Michael Wolf die auch? Das passiert nämlich, heute in Deutschland, wenn man als politischer Theatermacher sichtbar wird. Und dass die Theater in Zukunft mit ähnlichen Zensuransinnen beschäftigt sein werden, wie in Richters Fall, das zeigt sich z.B. in Potsdam (ihr habt selbst berichtet): http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12550:afd-fordert-absetzung-eines-stuecks-am-hans-otto-theater-potsdam&catid=126:meldungen-k&Itemid=100089 Und Michael Wolf will, dass wir jetzt alle mal schön die Füße stillhalten und ihn nicht mehr mit politischem Theater belästigen, das er eh für wirkungslos hält, weil zu zahm??! Nee, den Gefallen tue ich ihm nicht. Ob politische Stücke spielen oder den Theaterraum als einen politischen denken, ob weiter an der Öffnung arbeiten, spektakuläre Aktionen machen wie "Flüchtlinge fressen" am Gorki oder ganz kleine, zarte Gesprächsansätze ermöglichen - das alles kann, darf, soll Theater und wird es auch tun. Übrigens trotz oder wegen solcher Kommentare wie die des Michael Wolf. Die "Bösen" sitzen bei 20 % AfD-Wähler*innen übrigens längst bei uns im Parkett, auch neben Ihnen, Herr Wolf. Haben Sie denn schonmal mit einem von ihnen geredet? Oder ist Ihnen das zu eklig?
Moralinsaure Anstalt: nicht gleichsetzen
Liebes Bi Fi,

Falk Richter's Argumente und vor allem seine Kunst sind um ein Vielfaches differenzierter als alles, was Frau Petry hervorbringt. Von daher kann man die beiden nicht gleichsetzen. Zu dem muss man annehmen, dass Frau Storch Herrn Richter auch auf Grund seiner sexuellen Neigungen und der daraus resultierenden Auffassungen beklagte.
Moralinsaure Anstalt: Authentizität
Ich hätte begeistert der "Kollegin" alles geglaubt, was sie auf den Wolf erwidert - Wenn Sie sich nur gespart hätte zu schreiben, was Sie alles tun würde "übrigens trotz oder wegen solcher Kommentare wie den des Michael Wolf" - Ich mag Leute, die etwas tun, weil sie das für sich tun und nicht trotz oder gegen etwas, weil sie sonst gar keinen Antrieb in sich spüren. Übrigens. Wenn Sie wenigstens noch "u.a. auch" geschrieben hätte. Hat sie aber nicht. Da der Kommentar sonst überaus gut argumentiert und orthografisch wie grammatikalisch für einen Kommentar außerordentlich "richtig" verfasst ist, darf man davon ausgehen, dass es sich um kein semantisches Versäumnis, sondern um eine sich entäußernde Arbeits-Haltung handelt, die so in Erscheinung tritt. Und das wird natürlich ein Theater, das mit solchen Haltungen gemacht wird, weder verhindern noch bessern oder anders ausrichten - weil ganz genau auch solches Theater gemacht werden darf, soll, kann. Warum auch? Deshalb darf einem anderes Theater mit weniger politischem Bekennertum außerhalb von Bühnengeschehen trotzdem besser gefallen. Darf und kann man es politischer finden, als ein in der Marketing-Strategie als einzig politisches Theater angepriesenes. Falk Richter einen Karriere-Schub durch den FEAR-Prozess zuzuschreiben ist weder ganz richtig noch ganz verkehrt. Ich bin überzeugt davon, dass Falk Richter selbst das bestätigen würde, weil er ein um Authentizität bemühter, aufrichtig sich selbst immer wieder befragender Künstler ist, wie ich aus seinen Texten schließe. Die Auszüge aus seiner Poetik-Vorlesung jedenfalls haben eventuell relevant mit Theater, eventuell relevant mit Gesellschaft, ganz bestimmt mit überaus sympathischer persönlich eingestandener Verunsicherung, Angst usw. zu tun. Mit Angewandter Poesie: 0.
Moralinsaure Anstalt: selbstgerechte Blase
Vielen Dank für diesen treffenden und schneidenden Artikel.Volle Zustimmung. Er legt offen, in welch selbstgerechter Blase sich der Theaterbetrieb befindet.
Moralinsaure Anstalt: weil das Quatsch ist
Lieber "MitdenWölfenheulen", ich würde gern verstehen, was genau Ihre Kritik an dem Fehlen eines "u. a. auch" in meiner Formulierung ist - allein, es fällt mir schwer. Welcher Art ist meine "sich entäußernde Arbeits-Haltung", die Sie zu erkennen meinen? Die eines "jetzt erst recht"? Oder die des "politischen Bekennertums"? Vielleicht, weil mich das auch an Michael Wolfs Artikel so zutiefst frustiert (seine Unkenntnis oder auch: sein Desinteresse), darauf nochmal eingegangen, was Arbeitsalltag am Theater ist: es ist die Beschäftigung mit sehr vielen verschiedenen Formen, Haltungen, Ästhetiken, immer wieder neuen, manche politisch "bekennend", andere nicht, manche "zumutend", andere nicht. Manches gelingt, einiges nur so halb und manches scheitert. Und innerhalb eines pragmatisch zu bewältigenden Alltags eines mehr oder weniger innovativen Spielplans, den es abzuarbeiten gilt, versuchen sehr viele Kolleg*innen, dabei ihr eigenes Tun zu reflektieren, nach Wegen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit, der Öffnung, des "Politischen" zu suchen, auch wenn die unfertig sind und bleiben und keinen "Antwort-auf-alles"-Status verdienen. Brüllende Regisseur*innen kamen in meinem Arbeitsalltag schon lange nicht mehr vor. Dafür aber viele - auch verzweifelte - Gespräche über den Sinn oder Unsinn, die persönliche und/oder gesellschaftliche Relevanz unseres Tuns. Ich "stehe" weder für sich als "politisch" selbst markierendes Theater - noch für das Gegenteil davon. Weil das Quatsch ist! Und meinen viel komplexeren Alltag einfach nicht abbildet. In dem ich übrigens sicher das Meiste für mich tue und nicht gegen etwas. Was auch sonst? Aber beim Lesen eines solchen Artikels wie oben - da verhalte ich mich und verteidige das, was an politischen Formen am Theater stattfindet, egal wie unfertig, "effektheischend" oder auch marketingstrategisch es sich geriert. Es versucht wenigstens etwas! Ihnen "darf" übrigens gerne jede Art von Theater gefallen. Mir gefallen auch sehr viele. Und oft aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Moralinsaure Anstalt: Teil der Klage?
@22: Darf ich nachfragen, was Sie zu der Annahme veranlasst "[...] dass Frau Storch Herrn Richter auch auf Grund seiner sexuellen Neigungen und der daraus resultierenden Auffassungen beklagte."?

Waren seine Neigungen Teil der Klage?
Moralinsaure Anstalt: Wollen wir Pluralismus überhaupt?
Interessant würde es ja, wenn die Identitären jetzt selbst Theater machen würden. Würdet ihr da auch hingehen, als Publikum und Kritiker? Hätten sie als Künstler und Theatermacher eine faire Chance? Oder wäre dieses Theater von vornherein "pfui", schlecht, minderwertig? Kann es überhaupt Theater geben auch jenseits des grünen Wahlprogrammes? Was wär das? Das selbe in braun? Und könnten die das überhaupt? Oder liegt es im Wesen von Theater, dass das gar nicht geht? Etwas unbeholfene "Performances" gabs da ja bereits aus der Ecke. Hoffentlich habe ich da jetzt niemanden auf dumme Ideen gebracht. Aber mal Hand aufs Herz: Pluralistischer wäre das doch schon. Will man überhaupt wirklich Pluralismus? Ist das dann nicht auch Beliebigkeit? Da wo jetzt ein klarer Kompass ist: Ich gut, Trump böse.
Moralinsaure Anstalt: Offenheit
Dann sind wir uns doch schon einig, Frau "Kollegin". Sie stellen sich selbst doch eingangs #24 klugerweise Fragen, weil Sie etwas nicht verstehen. Das mache ich einigermaßen reflexartig auch immer so, wenn ich etwas nicht verstehe. Sogar ganz ohne Theater. Obwohl ich zugebe, dass genau dafür Theater ein großartiger Übungsort ist, jede ordentliche Probe beweist das. - Und es tut mir auch leid, wenn der Artikel vom Wolf, der mir in seiner Offenheit und thematischen Geradlinigkeit sehr gut gefallen hat, Ihnen nicht einfach nicht gefallen hat, aus eventuell ganz unterschiedlichen Gründen, sondern Sie sogar frustriert. Frustration erzeugt meistens Handlungshemmnisse - wer will das schon. Ich finde es trotzdem nicht gut, wenn Sie dem Michael Wolf rhetorisch dafür unterstellen, dass er selbst sich eventuell ekeln würde, würde er in einem Theater, das Sie meinen, neben einem AfDler zu sitzen und in die Verlegenheit kommen, sich mit dem zu unterhalten.
Moralinsaure Anstalt: Gedankenspiel
Wenn die Identitären jetzt selbst Theater machen würden, würden natürlich erstmal auf das gerücht hin nur Kritiker hingehen und die Verwandten und Liebsten der Identitären. Wenn sie dann weiter Theater machen wollen würden, wegen kuschlig und Schutzraum-Gefühl und so, bräuchten sie mehr Zeit und Geld als für den Anfang. Wenn ihre privaten Gelder aufgebraucht sind brauchen se Mäzene oder Staatsgelder. Dann müssen sie begründen, warum sie ausgerechnet Theater weiter Theater machen wollen. Das kostet Zeit. Sehr viel Zeit. Noch mehr viel Zeit. Dann haben se noch weniger Geld. Wenn dann ihr Theater nicht von vorneherein und ohne große Selbstkommentare und Marketingstrategien ein breites Publikum anspricht aus irgendwelchen verschiedenen Gründen, müssen sie gezielt um Publikum werben. Als Identitäre mit von sich aus noch nicht so viel Breitenwirkungs-Theater machen se das dann am besten mit politisch grünen oder linken Positionen, die sie in geeigneter Weise so verbreiten, dass man die Art und Weise der Verbreitung nur mit ihnen identifiziert und nicht verwechseln kann mit der Volksbühne oder dem Gorki z.B. - Dann kommen mehr Leute, dann sind die Kritiker wieder neugierig, einfach nur, weil so viele Leute da hingehen auf einmal. - Möglicherweise sind die Identitären, wenn sie erstmal ihr Theater so professionalisiert haben, dass se keine Zeit mehr zum arbeiten und redlich Geld verdienen haben, keine Identitären mehr. Das ist Kulturpolitik. Es lebe der Pluralismus.
Moralinsaure Anstalt: Dresche
Ach lieber "MitdenWölfenheulen", ich hab kein schlechtes Gewissen, einem Autor, der selbst die Unterstellung als wohlfeiles rhetorisches Mittel gebraucht, mit selbiger zu antworten. Und muss zugleich etwas mehr Genauigkeit anmahnen: Ich frage nämlich, wo Wolf wirklich nur unterstellt. Auf diese Frage kann er ja antworten, wenn er will. Oder machen Sie das für ihn? Ich fänd die Antwort übrigens wirklich interessant. Was für einen Dialog stellt er sich vor, mit Alvis Hermanis, mit der AfD? Vielleicht kann ich da was lernen! Wie kann man denn seiner Meinung nach den "flauschige Bauchnabelfussel in der bürgerlichen Wohlstandsplauze" (übrigens eine geile Formulierung, zugegeben!) zu einem wirklichen (und nicht nur von Peymann behaupteten) "Stachel im Fleisch" machen? Wenn die politischen Theaterleute das alle falsch machen - wie geht es denn dann? Was mich frustriert (und aus dieser Frustration, da ticken wir wohl auch sehr unterschiedlich, erwächst bei mir ein Handlungsdruck und keine -hemmnis), ist, dass Michael Wolf auf engagierte Theatermacher*innen eindrischt, ohne sich selbst einzumischen oder eine Alternative zu den Formen der Einmischung, die er kritisiert, zumindest anzudenken. Viel lieber würde ich mit ihm darüber streiten, WELCHE Formen des Politischen jetzt gerade gebraucht werden. Und zwar als produktiver Streit, der auf etwas hinführt. In seinem Zynismus ist dafür kein Platz. Das ist kein Diskursangebot, was da oben steht, das ist das Gegenteil davon. "Schluss mit der dramaturgischen Kackscheisse" - gehts noch abwertender?
Moralinsaure Anstalt: Dank
Liebe Kollegin,

Danke!
Moralinsaure Anstalt: das Theater lebt aus dem Sprachkörper
Also - er, der Herr WWolf, kann bestimmt für sich selber reden und will das offensichtlich nicht oder tut es unter anderem Namen halt doch, wer weiß das schon. Sprache mag alles Mögliche sein, aber man kann mit ihr allein faktisch nicht auf jemanden oder etwas eindreschen. Was sie für eine "geile Formulierung" halten ist ein Sinnbild und ich finde, dass Wolf für seine Meinung und sein Gefühl gegenüber dem, was das sich explizit mit politischem Willen agierende Theater anlangt, da ein sehr gutes verknapptes Sinnbild gefunden hat. Das keine Personen beleidigt. Peymann wollte ja ein immer wieder mal ein "Stachel im Arsch der Mächtigen", nicht einer im irgendwie, sondern diesem konkreten Fleisch sein. Wolf mischt sich ein, weil er seinen Gefühlen gekonnt Ausdruck verleiht. Er braucht keine Alternative anzubieten, weil er Kritiker ist und nicht Theatermacher. Und im Sinn wird er ziemlich wahrscheinlich eine Alternative wenigstens als vage Vorstellung haben. Weil man sonst keinen so genauen gekonnten Ausdruck für seine Gefühle findet. Ich glaube nicht, dass Geilheit (was bitte ist eine "geile" Formulierung?) das Motiv für die Wahl seines Ausdrucks war. Kein Theatermensch und kein Mensch überhaupt braucht einen Streit darüber, welche Formen des Politischen gerade jetzt gebraucht werden. Und Kunst sollte sich schon gar nicht darum kümmern, was gerade gebraucht wird! Es gibt eine Vielzahl von Formen des Politischen und gut sind die, die im Sinne eines friedlichen globalen Zusammenlebens FUNKTIONIEREN. Und die kann man nicht herbeireden oder -diskursieren, weil so Funktionieren nicht geht.
"Kackscheiße (immer noch bitte mit ß wie vor 2006)" ist ein äußerst interessanter Begriff aus etymologischer Sicht: Es ist die Zusammenführung von "Kacke" als primär für "Exkrement" verwendetem Begriff und "Scheiße" als mittlerweile sekundär für Exkrement verwendetem Begriff und primär - nahezu weltweit in allen Sprachen - als ethisch wertender verwendeter Begriff. Und zwar optional sowohl abwertend als sogar auch erhöhend verwendbar! Es ist überaus interessant für unsere heutige Zeit über diesen Begriff und seinen heutigen Alltagsgebrauch nachzudenken: Er führt nämlich nicht nur Nahrungs-Einfuhr und -Ausfuhr in ein Wort zusammen, sondern wertet die eingeführte Nahrung in Richtung der Beedeutung "Exkrement"ab und die ausgeschiedene Nahrung in eine neutralere Wertung in Richtung "kann gut, besser, schlecht oder gar nicht verwertet worden sein". Ich nehme an, das ist Ihnen zu kompliziert oder für Theater zu unwichtig oder zu langweilig. Ist es aber nicht. Das Theater lebt aus dem Sprachkörper. Aber das hat es vergessen. Und das finde ich auch eine richtige Kackscheiße. Wie der Herr Wolf. Allerdings: Ob es eine dramaturgische ist, sei aus meiner Sicht dahingestellt. Ein Theater, in dem gedacht wird, es könne allein aus dem sprachlosen oder so lose palavernden aber choreografierten Körper leben, retardiert zum religiösen Ritual.
Wir mögen sehr verschieden sein, Frau oder Herr "Kollegin". Auch in Bezug auf Frustration und ihre Wirkung auf uns. Das ist doch vollkommen in Ordnung! Ich hoffe, Sie "ticken" nicht ernsthaft, sondern leben, lieben, irren, verständigen sich, frönen ihren Leidenschaften. Ich würde jedenfalls für meinen Teil gern für mich beanspruchen, dass ich nicht ticke. Das tut der Wecker, die Uhr, das Metronom, die Bombe mit Zeitzünder...
Moralinsaure Anstalt: Claudia Roth statt Beatrix von Storch
Zitat: "Was für einen Dialog stellt er sich vor, mit Alvis Hermanis, mit der AfD?"

Das soll also heißen, Sie können sich grundsätzlich sowieso KEINEN Dialog mit Hermanis und mit der AfD vorstellen? Mit so jemandem redet man nicht, da hört man gar nicht zu, da ist die Hölle, da ist Schwefel?

Dann allerdings sagen Sie andererseits:

"Das ist kein Diskursangebot, was da oben steht"

Hm. Erstaunlich. Gerade lehnen Sie einen Diskurs strikt ab und jetzt fordern Sie andererseits einen ein. Was für einen "Diskurs" mit wem wollen Sie denn führen? Was wäre denn ein "Diskurs" für Sie? Einen Diskurs nur mit Gleichgesinnten im Geiste kann's ja nicht sein, das wäre kein "Diskurs", sondern nur die gegenseitige Bestätigung der eh schon Erleuchteten über gemeinsam geteilte Glaubenssätze. Auch schön, aber eher Kommunionsgottesdienst als Politik.

Und genau an dieser Art gegenseitiger Onanie der sich gegenseitig Bestätigenden scheint das "politische Theater" ja ganz prinzipiell meistens zu kranken - als eindimensionale platte Feierstunde des jeweils korrekten Bewußtseins, das von vorneherein keine Widersprüche zuläßt, sie radikal aussperrt aus den eigenen Denkhorizonten. Man weiß ja schon alles. Und vor allem besser. Nix Hermanis, nix AfD, igitt! Das nennt sich dann "politisch klar Haltung zeigen, Kante zeigen" und ist moralisch gut. Schulterklopf!

Besonders irrelevant wird's, wenn es sich einäugig gar noch aus der politischen Arena selbst verabschiedet (wie gerade mit Rauswurfdrohungen Andersdenkender schon vor dem Theater, lol!), wenn es also nur noch Glaubensbrüder und -Schwestern zuläßt und sich für alle Opfergruppen und Minderheiten als abgeschlossener "Safe Space" definiert, in der es sich mit pathetischen Gesten gegen die böse böse Welt verbarrikadiert.

Könnte nicht Falk Richter mal einen richtig politischen Abend inszenieren, z.B. der Abwechslung halber mit Claudia Roth-, KGE- und Margot Käsmann-Figuren als abzuschießende Grusel-Zombies - sozusagen Green-Fear?? Wer nach rechts austeilt, könnte ja der Diskursivität halber auch mal nach links austeilen - politischer Widerspruch zum duckmäuserischen Mainstream? Da käme doch mal wirkliches Leben in die Bude! Diskurse unter Konträrgesinnten! Saalschlacht inbegriffen. Als Hochhut seinerzeit den Papst als Nazimitläufer vorgeführt hat, hatte er die ganze katholische Republik gegen sich, da ging es rund, da flogen die Funken, da veränderte sich ein Denken - das war ja mal wirklich was Politisches für einen historischen Moment.

Als "engagierte Theatermacher*innen" die eigene eindimensionale "Meinung" zum angeblichen "Stachel im Fleisch" machen - in wessen Fleisch? Ja gut, das kann man natürlich machen, aber welchen "Dískurs" wollen Sie denn da noch führen? Das ist dann eben Agitprop, gut, kann man ja machen, nix dagegen, wer mitschunkeln will, bitte - aber warum sollte man sich als Nichtkirchenmitglied für sowas Einschichtiges interessieren? Und wenn's diese Nicht-Mitglieder nicht erreicht - was soll's denn dann, außer zur wohligen Selbstbestätigung zu dienen?

Eine richtig krasse, genauso strunzplatte "Green Fear"-Inszenierung, als diskursives Kontrastprogramm zu "Fear", zum Beispiel an einem Abend gespielt - schöne Idee, finde ich. Aber soviel Diskurs-Liebe geht ja gar nicht, logo! Immer schön im angesagten politisch korrekten Fahrwasser bleiben und sich auf seine kostenlose politbiedermeierliche Haltung was einbilden. Und deswegen ist das mit dem politischen Theater meistens so eine fad eindimensionale und deswegen öd vorhersehbare Angelegenheit.
Moralinsaure Anstalt: es fehlen Argumente
@ Macht mal: Es bedarf hier wohl keines Kommentars mehr. Es sei denn, Sie wären Satiriker. Aber als ein solcher würden Sie in meiner Wahrnehmung dann doch etwas intelligenter schreiben. Eklig, wie Sie hier für ein Theater der Identitären werben und alles absichtlich so verdrehen, dass am Ende und hinter den Zeilen doch nur herauskommt, dass es Ihnen eigentlich allein um die Geldfrage geht. Theater interessiert Sie gar nicht, oder? Dann lassen Sie es doch bleiben. Aber warum müssen Sie dann eigentlich unbedingt hier kommentieren? Politische Spaltung hat noch nie(mandem) geholfen.

@ Käthe: Ihr Kommentar ist undifferenziert. "Der Theaterbetrieb in seiner selbstgerechten Blase". Kommen da noch weitere Argumente, warum Sie das hier so formulieren?
Moralinsaure Anstalt: verfahrene Situation
Es geht hier glaube ich weniger um einen Dialog mit der AFD, obwohl das auf einer Bühne in einer Inszenierung nicht unbedingt zugunsten der AFD ausgehen müsste, sondern um das Infragestellen und Infragegestelltwerden von sich selbst und den eigenen Gewissheiten. Bisschen der blinde Fleck bei jedem juste milieu. Muss man natürlich nicht machen, aber dann bleibt es auch immer etwas eindimensional und flach. Mir ist das dann schnell zu schlicht und ich wundere mich da auch immer, weil ich denke, das sind doch alles gebildete Leute, die haben doch ganz viel gelesen, wie kann das sein. Glauben die das wirklich, haben die selbst so wenig Widerspruch und Grautöne in sich? Ich gut? Ernsthaft? Also Publikum aber auch Macher.

Und das Problem des bereits überzeugten Publikums teilt ihr ja mit all den anpolitisierten Biennalen, Romanen und deutschen Filmen. So wirklich eine Lösung wüsste ich da jetzt auch nicht außer Pop zu werden, Kino, den Rahmen zu verlassen, aber das ist dann halt kein Theater mehr und ihr wärt dann was anderes, was man anders nennt. Wahrscheinlich wollt ihr das nicht. So ist die Situation verfahren. Vielleicht einfach trotzig dazu stehen, dass es so ist wie es ist, es hat ja auch wieder viele andere Ebenen und Dimensionen, in denen es gerade gut so ist, wie es ist (Freunde treffen, bestätigt werden, aber auch nachdenken, Horizont erweitern, aber auch toll anziehen und flirten, aber auch sich gemeinsam stark fühlen, gegen das alles da draußen, etc.)
Moralinsaure Anstalt: Unterstellung
@Tucholskaja:
"Das soll also heißen, Sie können sich grundsätzlich sowieso KEINEN Dialog mit Hermanis und mit der AfD vorstellen?"

Nein, das soll es nicht und das steht da auch nicht. Ich frage mich ernsthaft, WIE dieser Dialog aussehen könnte, welcher Art er sein sollte, also frage ich: "was für ein Dialog". Da Sie von Ihrer ersten Unterstellung aus alle weiteren Unterstellungen über meine angebliche Vorstellung von "Diskurs" etc. ableiten, antworte ich auf den Rest Ihres Posts nicht. Auch, weil mich Ihre Polemik ganz ehrlich ziemlich langweilt. Warum machen Sie nicht einfach mal selbst, was Sie da alles so Schönes fordern (Saalschlacht, austeilen gegen links, Claudia-Roth-Bashing...)? Hindert Sie ja niemand. Ich fühle mich von Ihrem Rant nicht wirklich angesprochen, aber ich glaube: das wurde ich in Wirklichkeit auch nicht.

@Mitden Wölfenheulen: Ich glaub, wir belassens mal dabei, ja? Wir sind in der Tat sehr verschieden, aber - auch wenn Sie das für unnötig halten - immerhin haben wir so etwas wie eine Diskussion geschafft. Ihrer Analyse des Wortes "Kackscheiße" (mit ß!) kann ich zwar nicht ganz folgen bzw. finde sie Quatsch, aber das macht nichts. Ich verwende den Begriff übrigens auch gerne, allerdings eher in Kombination mit "sexistisch". Vielleicht deprimiert mich Wolfs Kombination mit "dramaturgisch" deswegen so sehr. Jaja, der Sprachkörper...
Moralinsaure Anstalt: oberflächlich
@ Ich gut Trump böse: Ja, toll anziehen, wird hier, in dieser Diskusion, sicher helfen. Glauben Sie das wirklich? Wie oberflächlich, sorry.
Moralinsaure Anstalt: Wozu die Aufregung?
@ Tucholskaja: Warum regen Sie sich hier eigentlich so auf? Dann reden SIE doch einfach mit der AfD, wenn Sie's unbedingt wollen. Aber nee, lieber erstmal auf anderen rumhacken, geht immer. Am Besten, man fängt erstmal bei sich selbst an, genau. Bei uns um die Ecke gibt's einen Aufkleber: "Claudia Roth, die Scheide!". Oh je, na, wem's hilft, solche Hassaufkleber. Ihnen vielleicht?
Moralinsaure Anstalt: Garderobe
@Inga

Bei Ihnen mag das nicht so sein, aber die meisten Leute ziehen sich doch auch etwas schicker an, wenn sie Theater oder Opern besuchen. Es ist eben auch gesellschaftliches Ereignis, Bühne und Rahmen für eigene Auftritte, Begegnungen und Flirts. Das beißt sich natürlich etwas mit den oben geschilderten moralischen Ansprüchen von Theater, reduziert diese dann fast auf eine Kulissenfunktion für einen tollen Abend oder Auftritt des Publikums. Trotzdem ist es doch auch die Realität, nur eben eine andere Ebene davon, hier mehr die psycho- oder soziologische. Ich finde das aber wie gesagt auch gar nicht so schlimm, nur sollte man es dann auch im Blick haben, reflektieren und damit arbeiten, statt es einfach auszublenden oder abzustreiten, denn erst das lässt es ja den großen Anspruch so lächerlich erscheinen. Da ist man in der bildenden Kunst übrigens schon weiter, die eigene Rolle oder die Rolle von White Cube und Publikum wurde da schon vor Jahrzehnten dekonstruiert. Mit wenig bleibendem Erfolg letztlich, man kommt meistens nicht dagegen an, aber man hat das Problem immerhin gesehen. Die Kluft zwischem dem Anspruch der eigenen Arbeit und der Realität einer Vernissage mit den Häppchen und den schicken Leuten und ihrem Smalltalk. Das ist ja alles ganz ähnlich.
Moralinsaure Anstalt: Veräußerlichung von Beziehungen
@ Ich gut Trump böse: Nutzen Sie diese Plattform hier nicht auch nur, um das grüne Wahlprogramm schlecht zu machen? Sind Sie da dann nicht auch nur der Kandidat, der sich selbst erhöht, indem er gegen andere meckert? Ja, ich habe da auch meine Kritikpunkte an den Grünen, speziell den etablierten, aber (vielleicht?) auch an den jungen Grünen. Aber ich verstehe trotzdem nicht, wie Sie jetzt auf diese Frage/Aussage kommen: "Kann es überhaupt Theater geben auch jenseits des grünen Wahlprogrammes?" Warum bzw. inwiefern sollte denn alles Theater immer zwangsläufig mit dem grünen Wahlprogramm zusammenhängen? Und Trump ist doch zweifellos ein Problem, ob Sie oder ich mich nun als gut oder böse betrachte (stimmt in dieser pauschalen Gegenüberstellung sowieso nicht) oder nicht.

Allerdings würde ich auch sagen, dass genau das vielleicht das Problem von Theater generell ist. Diese Veräußerlichung von Beziehungen zwischen Menschen auf den eigenen Marktwert. Dass es da eben tatsächlich offenbar NUR NOCH um die Selbstinszenierung der Kritiker bzw. des Publikums geht. Und nicht mehr um die Thematik, den eigenen Anspruch der Theatermacher bzw. Performer usw.

Es ist ja auch interessanter, wenn da plötzlich so Sachen gehört und gesehen werden, die widersprüchlich sind. Wenn Sie zum Beispiel einem Kind vorschlagen würden, die Schule abzubrennen, weil dieses Kind da von Lehrern und Mitschülern als "falsch" wahrgenommen wird (so oder so ähnlich formuliert von Tucké Royal in Lola Arias' "Atlas des Kommunismus"), dann sieht man ja, dass das im Grunde ein zutiefst bürgerliches Argument ist (ja, alles abbrennen! Hass rauslassen, RAF und so, mhmh, aber hilft das jetzt eigentlich wirklich?). Und so fängt sich doch auch Trump populistisch die Frustrierten ein, indem er ihren Hass (und/oder Selbsthass?) kanalisiert. Bringt bloß nichts, aber es war von Tucké Royal wohl wahrscheinlich auch eher zum Weiter-Nachdenken gemeint. Peace. Du bist richtig.
Moralinsaure Anstalt: Neokonservativismus
Das Gefährliche an Texten wie dem von Michael Wolf ist sein Stil. Es handelt sich im Grunde um eine politische Kampfschrift, gibt sich als solche aber nicht zu erkennen. Die Sätze dienen der Beleidigung einer anderen politischen Haltung, es geht um kraftmeierisches Auftreten, Argumente scheinen zweitrangig, wenn nicht gar hinderlich. (Die Verhöhnung von Falk Richters Aussage zeigt: hier wird nicht etwa ein skandalöses Statement, nach dem man bei diesem Zitat vergeblich sucht, angegriffen, sondern eine politische Haltung).
Den gleichen irrationalen und emotionalisierten Stil des Verächtlichmachens des politischen Gegners findet man bei neurechten Autoren im Umkreis des faschistoiden Instituts für Staatspolitik und der Identitären Bewegung. Die vulgäre Sprache, die politische Unerschrockenheit zeigen soll, ist ihr Markenzeichen. Wo steht Michael Wolf, fragt man sich da. Sicher ist er kein Rechtsextremer, aber das behaupten die Leute von der IB und vom Institut für Staatspolitik auch, und letztlich geht es auch nicht um dieses Label sondern um das, was sie sagen. Der Text von Michael Wolf steht symptomatisch wie so viele für ein verändertes gesellschaftliches Klima, in dem der Tonfall, in dem man miteinander spricht, immer respektloser wird.
Es ist an der Zeit, dass wir über die konservativen Sehnsüchte in diesem Land sprechen. „Romantisch glotzen“ zu wollen, sagt schonmal viel – gerade in dieser Wortverbidung, wo das aufdringlich aggressive Glotzen mit einer libidinösen Reinheit assoziiert wird. Es ist an der Zeit, dass wir mehr über die neokoservativen Ansprüche in diesem Land sprechen, über den Anspruch, eine weiße und männliche Norm kraftmeierisch durchzusetzen und den Gestus der Überlegenheit wie auch immer durch protzige Gesten zu legitimieren. Mit rationaler Kritik hat das alles nichts mehr zu tun.
Moralinsaure Anstalt: Entrüstung über Entrüstung
Offenbar reicht es, sich vor Falk Richters selbstgerechtem Agitprop zu gruseln, um von Tine Rahel Völcker in postfaktischer Petzprosa als neurechts denunziert zu werden.Oder ist Michael Wolf ein Geheimkader der Identitären Bewegung? Wieso schützt die Redaktion ihren Autor nicht vor derlei (...) Quatsch, (...)?

(Liebe*r arne, die Redaktion hat Tine Rahel Völckers Kommentar anders gelesen als Sie, und zwar nicht ad personam Michael Wolf, sondern gegen einen Kontext gerichtet, in den sie den Text eingeordnet. Das dürfen Sie natürlich wiederum Quatsch finden. Dafür gibt's ja dieses Kommentarforum. Aber bitte vergreifen (auch) Sie sich nicht im Ton. Mit freundlichem Gruß, sd)
Moralinsaure Anstalt: Hasspost
Liebe Tine Rahel Völcker,

ich kann sie gut verstehen, bis auf wenige Details, aber ich finde, sie adeln den Text von Wolf zu sehr. Ich mache jetzt mal nach guter, alter Dramaturgenmanier einen großen Strich in dem Text, denn dann steht da:

Das Problem ist nicht, dass Falk Richter so differenziert argumentiert wie eine auf links gedrehte Frauke Petry. Das Problem ist, dass Falk Richter Theater macht. Und zwar nicht auf dem Kornmarkt in Bautzen, nicht montags vor der Semperoper. Sondern am liebsten für Charlottenburger Biomarkt-Kunden. Die Zeiten des politischen Theaters sind vergangen oder vielleicht gab es sie nie. Und das ist gut so. Schluss mit der dramaturgischen Kackscheiße! Lasst uns in Ruhe, lasst uns einfach romantisch glotzen.

Solche Striche verkürzen den Inhalt auf seinen Kern und zeigen den drastischen Hass einer handfesten, persönlichen Beleidigung, um die es hier wirklich geht. Dieser Text ist ein Hass-Post, nichts weiter.
Moralinsaure Anstalt: dürfen können müssen
Das "romantische Glotzen" allerdings ist eine Anspielung auf Brecht. Insofern darf man auch vermuten, dass sich Wolf schlussendlich eine neue speziell Brecht'sche Kraft auf dem Theater wünscht. Das darf man auch dürfen. Und man darf auch drastisch zur polemischen Sprache bringen, dass sie, also eine Brecht'sche Kraft einem offenbar irgendwie fehlt, wenn sie einem fehlt. Ebenso, wie man ordentlich zur ordentlichen Sprache bringen darf, dass einem in der zeitgenössischen Kritik ein respektvoller Tonfall fehlt. Lieben wir nicht alle nk dafür, dass wir das hier alle so zur Sprache bringen dürfen? - Eine echte HSS-Seite- das sind die Bohrer, die auch Eisen und andere sehr harte Werk-Stoffe anwendungsbereit machen zu Auf,- Um-, und Aus-Baumaßnahmen...
Moralinsaure Anstalt: zurück zum Austausch von Argumenten
Liebe Rahel Völcker, müssen Sie wirklich wissen, wo genau Michael Wolf politisch steht, um auf seine Polemik angemessen reagieren zu können. Jetzt machen Sie genau das, was er dem sich gegen seine politischen Gegner abschottenden Theater vorwirft. Sie teilen ein in Gut und Böse und wundern sich über den Ton der Debatte. Nicht allein der Tonfall sorgt für das veränderte gesellschaftliche Klima. Und so verändert ist das ja gar nicht. Wir nehmen es durch die mediale Berichterstattung nur anders war. Da wird jetzt von der Trumpisierung oder Iranisierung der Kulturpolitik oder des Feuilletons geschrieben. Man bezichtigt sich gegenseitig postfaktisch zu argumentieren etc., etc. Zugegebenermaßen eine neues Unwort. Das Zerfleischen des vermeintlichen Gegners ist keine Erfindung der USA. Es funktioniert auch hierzulande ganz gut. Nun könnte man sich ja weiter mit Stilfragen der Polemik befassen, sollte aber vielleicht besser wieder zur inhaltlichen Diskussion und dem Austausch von Argumenten kommen. So eine Polemik wie die von Michael Wolf müsste das eigentlich befeuern. So lese ich es jedenfalls. Und könnte nicht auch ein gut geschriebenes Theaterstück so etwas wie eine Polemik gegen den Zeitgeist der libidinösen Reinheit, oder neokonservative Ansprüche von Kraftmeiern sein? Sie allerdings nur so zu bezeichnen ist ähnlich plump und diffamierend. Politisches Theater sollte mittels gut gemachter Polemik auch hinter die Worte und deren Sprecher schauen können, und da hätten Sie schon ein Argument gegen Michael Wolf, den „bösen weißen Mann“.
Moralinsaure Anstalt: gezielte persönliche Beleidigung
Nein, darf man nicht. Ich bin weiterhin der Meinung, dass es sich hier um eine gezielte persönliche Beleidigung handelt. Und solange die Redaktion dort nicht eingreift, bin ich nicht bereit auf ihre Anmerkungen zu Brecht differenziert einzugehen, lieber maartiiien!
Moralinsaure Anstalt: Nachfragen
#45: "Und könnte nicht auch ein..." - Könnte es sein, wenn es auch unbeauftragt erstellt, inszeniert oder zumindest in Schriftform wirksam verbreitet würde.

#46: Welche konkrete Beleidigung meint martin baucks jetzt noch mal wörtlich zitiert und dramaturgisch ungekürzt?
Wieso hat die Redaktion "ihre Anmerkungen zu Brecht" gemacht? Ich dachte, ich habe? - Da hat einer Schwierigkeiten mit den Flexionen, weil er so ungerne "Sie" schreibt, wenn er Personen direkt meint... - das führt dann zu sachlichen Fehlern beim Benutzen von Schriftsprache. Das ist wie mit den Kavaliersdelikten, wo auch immer jeder denkt, die können als Lappalien für ein friedliches Zusammenleben und Verständigung bis hin zur Völkerverständigung keine Rolle spielen. Ich jedenfalls fände es sehr schön, wenn hier jemand also einmal darauf eingehen würde, was genau Michael Wolf wohl mit dem Bedürfnis zum "romantischen Glotzen" alles gemeint haben könnte, wenn er das in diesem speziellen Medium hier schreibt und nicht auf einem Partnersuche-Portal oder bei einer Mediamarkt-Werbung oder in einer Frauen unterschätzenden sogenannten Frauenzeitschrift zum Beispiel.
Moralinsaure Anstalt: Blockwartsmentalität
@Tina Rahel Völcker

Zitat:"Den gleichen irrationalen und emotionalisierten Stil des Verächtlichmachens des politischen Gegners findet man bei neurechten Autoren im Umkreis des faschistoiden Instituts für Staatspolitik und der Identitären Bewegung. Die vulgäre Sprache, die politische Unerschrockenheit zeigen soll, ist ihr Markenzeichen. Wo steht Michael Wolf, fragt man sich da. Sicher ist er kein Rechtsextremer, aber... "

Bezaubernd. Haben Sie schon eine anonyme Meldung gegen Michael Wolf wegen rechtsradikaler Haßpolemiken bei Anette Kahane von der Antonio-Amadeu-Stiftung oder beim Justizministerium von Herrn Maas eingeschickt? Ich meine, wenn schon diffamieren und in die rechte Ecke stellen, dann doch bitte gleich richtig!

Es wäre zum Brüllen komisch, wenn es nicht so gruselig wäre: Bösartig von "Den gleichen irrationalen und emotionalisierten Stil des Verächtlichmachens des politischen Gegners findet man bei neurechten Autoren im Umkreis des faschistoiden Instituts für Staatspolitik und der Identitären" angesichts einer schön bissigen und treffenden Polemik schwadronieren und das im exakt gleichen "irrationalen Stil des Verächtlichmachens des politischen Gegners", den man angreift.

Die Blockwartsmentalität der moralisch aufrechten Deutschen ab 33 ist ersichtlich auch heute noch bei den aufrechten Deutschen virulent - nur unter anderen Vorzeichen.
Moralinsaure Anstalt: Gefahr? wunderbar?
Kann ein Text gefährlich sein, wenn er sich offen zur Diskussion stellt? Ist es nicht vielmehr der eigene Umgang damit, der ausschlaggebend ist? Führt der Thread das nicht wunderbar vor?
Moralinsaure Anstalt: Aus der Reihe..
Aus der Reihe tanzen ist nie ohne Risiko. Das lustige ist, das obiger Text genau das für das Theatermilieu leistet, was Theater oder eine bestimmte Art von Theater mit der Gesellschaft immer anstellen will - "aufrütteln, provozieren". Und was passiert? Heftigste Abwehrreaktionen, bis hin zu ad hominem/du böse. Das finde ich ziemlich schwach. Der Text will letztlich das/dieses Theater vor seinem eigenen Kitsch retten. Ich will das gar nicht, weil mir Theater nicht so wichtig ist. (Nein, ich gehöre auch nicht zur identitären Bewegung. Meine Güte... )
Moralinsaure Anstalt: JEPP.
#49: 3xJepp.
Moralinsaure Anstalt: Gefährlich?.
Liebes undsoweiter,

es ist doch nicht der Text, der gefährlich ist, sondern die Haltung, die dahinter steht, dass politisches Theater erst dann wieder relevant sei, wenn man auf Premieren auch Anhänger von Trump, der AFD und der Scharia findet. Eine Haltung, die alles lächerlich findet, was nicht zu einer maximalen realen Konfrontation führt und meint, echte Politik wäre nur auf der Straße in Bautzen verhandelbar und Theaterleute müssten sich mindestens dort eine blutige Nase holen, um ernstgenommen zu werden oder zumindestens zur Saalschlacht einladen. Das ist der vulgäre Begriff des Politischen, der hier von Wolf verhandelt wird und alle Feingeister wie Waschlappen aussehen lassen möchte. Eine sinnlose Kraftmeierei eines Gelangweilten.
Moralinsaure Anstalt: seit Lenins Zeiten
Es gibt also "politisches Theater" (das Trump- und AfD-Anhängern und überhaupt allen "Rechten" (= also allen, die nicht dezidiert "links" sind), verschlossen bleiben sollte, wie einige meinen) - und dann gibt es noch seit Lenins Zeiten die schöne alte Tradition des AgitProp-Theaters.

Was genau ist eigentlich der wesentliche Unterschied? Gibt es überhaupt einen?
Moralinsaure Anstalt: Traut Euch rein, Nazis
@Martin Baucks

Zwischen maximaler Konfrontation und gar keiner ist aber doch ein weites Feld zu beackern, wenn man denn will. Es ist ja oft die Rede davon, dass auf der Bühne etwas "verhandelt" wird. Audiatur et altera pars? Ich versuche mich da gerade reinzudenken, dass man auch ganz ohne diese Konfrontation auszukommen meint, Kunst verhandelt Sachen ja auch symbolisch und nicht 1:1. Dann ist man also ganz unabhängig vom jeweiligen konkreten Publikum zufrieden damit, dass etwas in die Welt gesetzt ist mit der Aufführung? Als Statement, Positionierung, Reaktion. Und dass das die auch mitbekommen, von denen man annehmen sollte, dass es sie am meisten anginge, weil es ja vielleicht um sie geht, also jetzt zum Beispiel mal ganz platt die Bautzener, das ist gar nicht so der Punkt? Will man bewusst eher über sie reden und keinesfalls mit ihnen? Ich glaube, dass ich das selber unbefriedigend fände, weil "die rechten Bautzener" das so gepflegt ignorieren und ausblenden können, bzw. eben gar nicht erst mitbekommen. Als Provokation, Herausforderung, oder Diskursangebot. Wenn ich mir andererseits so einen Fake-Pegida-Prediger in Bautzen vorstelle, der irgendwann aber ins Dadaistische kippt und sein Publikum damit völlig verstört. Dann fände ich das eben interessanter als das selbe im Theater vor Leuten, die bereits überzeugt sind. Auf so einer rohen direkten Ebene. Ich bin jetzt ja kein großer Theaterexperte, aber Dario Fo hat doch auch sowas gemacht.

Ganz aktuell: hier war gestern Afd-Demo. Kamen 60, 70 Leute, 1000 zur Gegendemo. Das Schauspielhaus hat ein Banner aufgehängt: "Kein Platz für Nazis". Mal davon abgesehen, dass Rechtspopulismus noch was anderes ist als Neonazis und NPD, auch wenn da die Übergänge natürlich fließend sind: an wen richtet sich das Banner? An Nazis? "Wir müssen leider draußen bleiben"? An Afd-Wähler? Die aber auch sonst gar nicht kämen? An das Schauspielhauspublikum? "Keine Sorge, es wird hier sicher kein Neonazi neben Ihnen Platz nehmen"? An die Gegendemo als Solidarisierung?

Wie kontrolliert man das dann überhaupt und setzt es durch? "Sie sehen mir aber bisschen nach einem Nazi aus! Raus!"? Ist das Banner eine mutige Geste? Ist das gute Kunst? Oder eher Statement der Geschäftsleitung? Ist es effektiv? Solche Fragen würde ich denen gern stellen, die das aufgehängt haben. Was, wenn da stattdessen gestanden hätte "Traut ihr euch rein, Nazis?" Und drinnen was auf sie warten würde, was ihnen den Boden wegzieht, sie total verspult. Findet ihr das zu naiv?
Moralinsaure Anstalt: Pence-Hamilton
PS:

Und habt ihr diese Pence-Hamilton-Geschichte gestern in den USA verfolgt? Kurzfassung: Neuer Vizepräsi Pence sitzt im Publikum der sehr angesagten multikulturellen Broadway-Hiphop-Gründerväter-Oper. Schauspieler richtet am Ende freundliches Statement an ihn, Ängste, dass es für Minderheiten jetzt rauer wird und Trump/Pence sie nicht schützen. Pence geht empört raus. Trump twittert hinterher empört, Pence sei von der Bühne lectured und harassed worden, das sei unmöglich. Liberale auch empört: das sei doch ganz freundlich und harmlos gewesen. Trumpanhänger twittern unter #boycotthamilton. Clintonanhänger machen sich lustig darüber, dass die eh nicht gekommen wären.

(Hallo "Ich Trump gut böse", Ja, haben wir.. Siehe unsere Meldungen. Freundliche Grüsse aus der Redaktion, sle)
Moralinsaure Anstalt: Nerv getroffen
#52
Zuerst sei gesagt, daß ich beim Text von Herrn Wolf andere Akzente setze. Zweitens sind in diesem Thread doch von allen Seiten Positionen erarbeitet und findet trotz vermeindlicher „Kraftmeierei“ ein Austausch statt.

Kontext und Absicht sind sicherlich neben dem Inhalt Werte, die man in Betracht ziehen sollte. Herr Wolf hat kein Manifest geschrieben, er steht auch nicht montags vor der Semperoper. Er hat auf einer linken Theatersite eine überspitzte Polemik zur Diskussion freigestellt- und einen Nerv getroffen.

Ich lese aus Wolfs Text vor allem eine Kritik an der selbstaufgelegten Filterblase. Es ist mir nicht daran gelegen, jemandem den „Safespace“ wegzunehmen. Die Zeiten sind zu düster als nicht davon auszugehen, daß dieser benötigt wird. Persönlich fühle ich mich dort allerdings nicht zuhause.

Die Realität setzt sich aus Menschen zusammen, die meist themengebunden entscheiden wieviel Akzeptanz sie einer anderen Personengruppe entgegenbringen.
Das Beispiel mit dem Theater in Bautzen ist für mich (auch in Wolfs Text) insofern nebensächlich, da im Publikum schon immer Menschen saßen, die xenophob, islamophob, homophob, misogyn etc sind- und Schockschwerenot sich vielleicht sogar als politisch links bezeichnen.
Theatermacher kenne ich nicht so persönlich, von einigen zeitgenössischen Künstlern - unter anderem sogenannt „politisch korrekten“- weiß ich es definitiv. Es ist auch kaum Geheimnis.

Die Welt hat sich nicht geändert. Was sich also geändert hat, ist das Verständnis von Gesellschaft und das der eigenen Rolle in dieser.

Jeder muß selber wissen wo die eigenen Grenzen liegen. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, daß die Gründe für eine Gesprächs- oder sogar Kontaktverweigerung immer nichtiger werden. In dieser Bewusstwerdung liegt meines Erachtens der Knackpunkt. Hier kann doch Theater prima ansetzen.
Moralinsaure Anstalt: Unfug regnen lassen
Wolf hat einfach nur ein paar Löcher in die Luft geschossen und es Unfug regnen lassen, liebes undsoweiter, weiter nichts!
Moralinsaure Anstalt: auch
Das Empörendste für mich heute aus der DF-Diskussiomn, aus Antworten auf die Befragung von Künstlern und Theatermachern auf die (mir übrigens überaus inszeniert vorkommende sich empörende, Zuschauerin, die mit ihrem Schreien die Podiumsdiskussion unterbricht: WO IST DIESES THEATER, nämlich das der Kraft, der Ästhetik, der Poesie" )-
Link: http://www.deutschlandradiokultur.de/inszenierungen-in-der-kritik-wo-ist-das-theater-der-kraft.2159.de.html?dram:article_id=372403
Und alle sagen mehr oder weniger Kluges dazu, aber der absolute Gipfel an Blindheit für die eigene Zeit und die eigene Motivation hier an diesem Ort und in diesem Moment Theater zu machen, ist für mich die Schlussantwort von Frau Kiyak an diese sich empörende, das Podium - inszeniert oder nicht - störende Zuschauer-Frau: "Diese Poesie finden Sie unter einer S-Bahn-Brücke, auf dem Pappschuild eines Obdachlosen, in den Doppelstockbetten im Geflüster der Geflüchteten, die in Turnhallen schlafen. Auf dem Schulhof wo Jugendliche sich schlüpfrig amüsieren." - DAS finde ich empörend! Ich finde es empörend, weil dem Satz mit einem solch selbstgefälligen Selbstverständnis ein Partikel fehlt. Sprache kommt immer woher. Bis in die Grammatik! Es fehlt das Partikel AUCH. Sie finden es AUCH unter der S-Bahn-Brücke usw. - Hier zeigt sich mir die Haltung eines Theaters das Frau Kiyak repräsentiert nach außen im ästhetischen Diskurs, das sich äthetisch BEDIENT beim Elend unter S-Bahnbrücken, der Obdachlosen, an der Erfahrung, bei den Ängsten und Hoffnungen der eingepfercht Angekommenen, die auch vor unserem langen Arm der Macht aus ihrem Zuhause fliehen mussten. Und bei den ersten, noch so erfrischend unschuldigen sexuellen Erfahrungen und kommunizierten Erlebnissen von Jugendlichen auf dem Schulhof, die sich Witze über ihre sexuellen Bedürfnisse, Unsicherheiten und unauslöschbare Triebe noch gestatten, bevor sie lernen müssen, dass die grundsätzlich geschmacklos sind - Da kann man doch nur sagen: Wehrt euch! Wehrt euch auf den Schulhöfen, unter den S-Bahn-Brücken und in den Turnhallen gegen so ein EURE Gefühle umsetzendes Theater, das euch belauscht, und beobachtet und herablassend auf die Hormonspiegel jugendlicher Sexualität, die als schlüpfrig abgetan wird, schaut und sich daran heimnlich berauscht, um daraus emotionales Kapital zu schlagen, das sich für sie in bezahlte Kunst umwandeln lässt. Und das außer einen Guten-Tanten-Ton, der selbstzufriedene Bürgerlichkeit um sich versammelt, nicht einmal drauf hat, an sich selbst diese Art eigeneTheatermacher-Motive zu sehen geschweige denn, und sei es stotternd, suchend, zu äußern - Das Partikel AUCH fehlt. Und zwar exakt selbstverständlich, denn ansonsten laufen ja diese Sätze auch wie geschmiert - Das ist für mich ein aus Grammatik erhebbarer Theater-Zeitbefund, wenn diese DF-Befragung repräsentativ sein soll... Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal so geekelt habe vor proklamiertem Künstlertum... - Wenn man mich fragt. Was man nicht tut. Und was auch besser so ist vermutlich...
Moralinsaure Anstalt: nicht glücklich
@ Wutbürgerin: Oh je, wenn Sie schon so sehr auf die Sprache achten, warum bezeichnen Sie sich selbst dann als "Wutbürgerin"? Wer sich selbst als "Wutbürger" bezeichnet, muss sich, würde ich sagen, erstmal selbst befragen, bevor er/sie auf andere "losgeht". Wut ist ja durchaus berechtigt, jeder Mensch darf auch mal wütend werden, über alles Mögliche. Aber wer sich dann gleich als "Wutbürger" bezeichnet, ist erstmal und vor allem nicht glücklich mit sich selbst.

Ich möchte Sie dann auch fragen, inwiefern Sie meinen, dass sich das Theater "des Elends" bedient. Das ist ja irgendwie so "Pollesch-Sprech". Und so, wie das Theater sich immer auf Wirklichkeit bezieht, bedient sich im Grunde jedes Theater "des Elends", nicht nur das Gorki. Bei Ihnen klingt das im Weiteren aber so, dass das Theater damit auch für das Elend verantwortlich wäre. Und das stimmt nicht. Vor allem die Politik ist dafür verantwortlich. Das Theater kann, und es ist auch nicht seine Aufgabe, das ausbügeln, was die Politik versäumt hat. Jede/r Regisseur benutzt also "das Elend", auch und gerade Volker Lösch, liebe Wutbürgerin. Bei Lösch ist es leider zudem noch irgendwie so platt, wo geht. Im Sinne von "Ich will auch deinen Bildungsabschluss!" usw. Na ja, man kann und muss für sowas vielleicht AUCH ein bisschen was tun. Lernen wollen und so. Neben der - sicher AUCH vorhandenen - Frage nach der politischen Chancenungleichheit.
Moralinsaure Anstalt: fragen
#59: Wieso? Begründen Sie genau und sprachkritisch, warum, wer sich gerade als "Wutbürgerin" (nick)-benamst - nicht bezeichnet - "nicht glücklich mit sich selbst "ist"?
Vorher werden Sie gar nicht in der Lage sein, nähere Erörterungen zu dem, was Sie fragen "möchten", zu verstehen.
Warum auch "möchten" Sie fragen? Tun Sie es doch einfach! Wenn Sie es nicht tun, sondern vorerst nur möchten, können Sie vielleicht noch nicht fragen in dieser Sache? Fragen können, kann durchaus eine gwisse Kunstfertigkeit voraussetzen. Nach meiner Erfahrung. Ihre mag eine andere sein.
Moralinsaure Anstalt: nachtkritik geht Richtung Trumpworld
Liebe nachtkritik, mit großer Sorge stelle ich fest, dass auch bei euch die polemisierende Polarisierung ganz hoch im Kurs steht. Die Spaltung der Gesellschaft wird mit derlei undifferenziert geschriebenen Beiträgen weiter vorangetrieben, aber klar, es generiert Klicks und viele viele Kommentare. Über letztere dürfen dann alle wieder die Nase rümpfen, um von der Tatsache abzulenken, dass (nicht zum ersten Mal) der Artikel selbst bereits unter die Gürtellinie gegangen ist. Ein solcher Stil führt in meinen Augen jedoch geradeaus in Richtung trumpworld.

(Lieber Kirillov,
ich denke, solange die Kritiker der Kritiker darauf verzichten, Argumente und Belege für ihre Behauptungen anzuführen, sind Sie in Richtung Trumpworld immer einen Schritt voraus.
Mit freundlichem Gruß
nikolaus merck)
Moralinsaure anstalt: wenig souverän und selbstkritisch
Mensch Merck, jetzt entspannen Sie sich doch mal. Geben Sie doch einfach mal zu, dass der Artikel ebenfalls über weite Strecken ohne Begründung auskommt. Ich bitte Sie: Das politische Theater sei vergangen? Das hält doch keiner Überprüfung stand. Warum findet es denn dann überall statt? Nur weil sich ihr Autor dabei langweilt, ist es ja noch lange nicht obsolet.

Die Art, wie sie sich immer als Redaktion selbst verteidigen wirkt auf mich wenig souverän und selbstkritisch.

(Lieber Baucks,
Danke für diese direkte Adresse. Ich glaube, wir sind ziemlich selbstkritisch. Jedenfalls aber total cool. Und natürlich auch ultra-souverän. Okay ... wir antworten auf Kommentare, wenn wir es schaffen, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass es weniger Stunk und gegenseitiges Hochschaukeln gibt, wenn wir mitreden.
Herzlich
jnm)
Moralinsaure Anstalt: metakommunikativ
Lieber Merck! - Das (@62) kann nur ein Zeichen dafür sein, dass Sie da heute unterbeschäftigt sind, das ist eine guter Moment für eine Kommentarflut dann:)! - Mir gefällt es ja immer sehr gut, wenn die Redaktion, durch wen immer vertreten, mitredet...

(Oh, sehr geehrtes AlptraumTeam, bitte nicht fluten, bitte nicht. Wir haben echt vollauf mit den Kritikenrundschauen zu tun, haben überdies Liebeskummer, Schnupfen und dem Kollegen tut das Knie vom Fußball weh. Wir sparen uns die Minuten, die wir für's Mitreden bei den Kommentaren benötigen, wirklich vom Seelenschmalz und vom Gleitzeitkonto ab.
Herzlich
jnm)
Politisches Theater: inhaltlich auseinandersetzen
# inga

ja, die hirnforschung/biochemie+quantenforschung sind soweit wissenschaftlich zu beweisen, dass die denkstrukturen der menschen sehr unterschiedlich arbeiten >>> konkret bedeutet dies für JEDEN diskurs, was schon lessing in seinen fabeln erzählte: es ist keine bösartigkeit, wenn ANDERE geschmack und meinung (oder politik/ideologie) nicht teilen


solange die aufklärung vor solchem wissen halt macht, hat die propaganda + ketzerei hochkonjunktur - auch wenn es heute um andere probleme als zu zeiten von galileii geht. das muster ist das gleiche.

ich lese den artikel von michael wolf als beitrag zur aufklärung - zumindest als diskursangebot in diesem sinne - doch außer @tucholkskaya bemüht sich kaum einer INHALTLICH die aufgezeigten widersprüche aus sich selbst heraus weiter zu entwickeln - fast alle tragen brav zur polarisierung bei, die sie gleichzeitig beklagen

auf diesem niveau - was von wolf ja kritisiert wurde - hat es wirklich keinen sinn.

wer das aufgestellte schild vor dem gorki-theater gut findet hat nichts aus der geschichte gelernt - auch wenn sie jetzt ganz andere konstellationen hat >>> ausgrenzung/sanktionen >>> und dies alles, weil man die exclusive "deutungshoheit" hat

mich erinnert das an "kauf nicht beim juden" ... und DAMALS glaubte wohl die mehrheit, dass er WIRKLICH "SCHULD" an was auch immer war ... heute sollten wir ALLE die ausgrenzen wollen ganz genau HINTERFRAGEN!!! >>> das ist politik ... und nicht daumen rauf oder runter ... so habe ich den text verstanden ... keine soll dem gerade modischen mainstream der politiker folgen ... naja, aus karrieregründen würde es schon sinn machen ... kunst ist liebe und revolution ... und nicht seligmachende selbstbestätigung ...

übrigens: WER??? sieht einen unterschied in der asylpolitik zwischen cdu/csu und afd?
Politisches Theater: Künstler dürfen fast alles
@ marie: Warum müssen Sie hier jetzt acht Monate später nochmal nachhaken? Und auf welchen Kommentar von mir beziehen Sie sich konkret?

Habe ich irgendwo gesagt, dass es Bösartigkeit ist, wenn andere "Geschmack und Meinung (oder Politik/Ideologie)" nicht teilen? Aus welchem meiner Kommentare entnehmen Sie das?

Genau wie auf der Bühne die unterschiedlichsten Menschen stehen dürfen, dürfen auch im Publikum die unterschiedlichsten Menschen sitzen. Ich habe das Gorki-Schild ganz anders wahrgenommen, und zwar als Selbstprüfung der eigenen Authentizität/Integrität. Lehrer und Erzieher (die auch, oder?, wäre meines Erachtens schon wichtig) sollten nicht arbeiten dürfen, wenn sie das, was sie lehren, nicht differenziert vermitteln, sondern einseitig politisch-ideologisch. Künstler dagegen dürfen alles, solange es nicht ins Strafrecht fällt, sie dürfen auch Hardcorechristen oder Schariaverteidiger oder Biosupermarktkunden oder die bürgerliche Familie oder Mondsüchtige oder Kiffer oder Kuchensüchtige usw. hinterfragen und sogar mit (Neo-)Nazis arbeiten. Letzteres hat z.B. auch Schlingensief getan (Hamlet in Zürich). Siehe auch hier:
http://www.schlingensief.com/projekt.php?id=t034
Politisches Theater: Deutungsmacht von Staat und Medien
liebe inga

"Kennt sich hier zufällig eine/r aus in der Hirnforschung?" schrieben sie unter #17

ich habe jedoch diesen artikel erst jetzt gelesen, weil er von der redaktion neu eingestellt wurde

außerdem habe ich eine andere meinung als sie: ein lehrer ist ein angestellter des staates und hat NATÜRLICH seine private haltung nur für seinen privatbereich und ist der neutralität in seiner arbeit verpflichtet!

ein "künstler" konnte sich z.b. in deutschland NIEMALS frei entfalten - weder unter den nazis, noch in der ddr - und auch heute nicht (xavier naidoo) - die ideologiche deutungsmacht des staates und der medien mischt sich da unterschiedlich stark immer mit ein - nicht zuletzt auch auf der "besetzungschouch" oder bei der produktion von filmen, dem zerriß und der bewerbung von büchern u.s.w. - und nicht zuletzt bei der berufugung von intendanten ...


hätte ich nicht ihre frage aufgegriffen, weil ich mich mit hirnforschung und dem wissenschaftlichen umfeld beschäftigt habe, hätte ich hier nicht mehr kommentiert - doch ich bin der nachtkritik dankbar, diesen beitrag (im sommerloch?) nochmals zur diskussion zu stellen und fand auch ihre frage zielführend, sich tiefer mit gesellschaftlichen erscheinungen zu beschäftigen, besonders im bereich von kunst besteht da ein bedarf, der nicht(!) mit dem fokus auf wirtschaftlichkeit und politik verdrängt werden darf, denn dort gibt es KEINE antwort auf die emotionale befindlichkeit der gesellschaft - gefühle lassen sich nicht verbieten, nur verbiegen und mißbrauchen - ohne emanzipatorische kunst (als waffe) noch viel leichter und mehr

grüße marie
Politisches Theater: Einstellung ist Privatsache?
@ marie: Aber darf ein Lehrer lehren, auch wenn er der AfD angehört? Ja, die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei, aber wenn ich wüsste, dass einer der Lehrer (oder Erzieher) meines Kindes einer zweifelhaften Partei angehört, dann würde ich sofort die Schule dazu befragen, ob sie davon bei der Einstellung dieses Lehrers wusste und was man nun machen kann als Eltern. Fällt die Parteizugehörigkeit denn eigentlich in den "Privatbereich"? Ist bei der Religion ja eine ähnliche Frage, auch und gerade an den Schulen. Und klar, man könnte sicher auch fragen, wo die großen Mitte-Parteien ihre blinden Flecken haben, die sie immer nur den anderen zuschieben, siehe oben Carl Hegemann zu Schlingensief.

Aber gleich Xavier Naidoo? Geht für mich nicht. Abgesehen davon, dass ich seine Musik und Songtexte von meinem persönlichen Musikgeschmack her nicht teile, lehne ich seine Aussagen zur Reichsbürgerbewegung ab. Und ob nun die CIA hinter den Anschlägen von 09/11 steckt? Nun ja, ich las auch mal etwas davon, dass es, physikalisch betrachtet, eigentlich gar nicht geht, dass Türme so einstürzen. Ich empfinde es aber als schwierig, dass sich solche wissenschaftlichen Begründungszusammenhänge mit problematischen Ideologien, Menschenbildern bzw. Welterklärungszusammenhängen mischen. Dazu sage ich persönlich dann: Lieber nicht.
Politisches Theater: Konkrete Person ansprechen
Das ist doch ein Problem: dass Leute zu Vorgesetzten gehen, wenn sie denken, da ist was nicht politisch korrekt besetzt. Wenn ich mitbekomme, dass mein Kind wenig neutral ausfallende poltische belehrungen von konkreten Personen erfährt, tue ich ganz genau zwei Dinge: 1. Belehre ich aus m e i n e r Sicht und Erfahrung dazu/entgegen 2. Nehme ich Kontakt zu der betreffenden Person auf und diskutiere das bis nötigenfalls zur Androhung von Maßnahmen, die auf die Durchsetzung von Unterlassung der politisch fragwürdig einseitigen Belehrung abzielen. Wenn ich den Eindruck bekommen, dass ich von Medien statt parteilich - parteiisch in einer Sache informiert werde, gleich in welchem Bereich, wende ich mich an die entsprechende Redaktion, bevor ich gleich den Bezug aufkündige. ich diskutiere das dann halt. Und notfalls höre ich mir dann auch von Redakteuren an: "ich diskutiere darüber nicht". Daraus mache ich mir gar nichts. Ich werde deshalb nicht meine Vorgehensweise ändern: auch öffentliche Meinungen werden maßgeblich von konkreten Personen gemacht. Und wenn ich diese Meinungen tendenziell undemokratisch finde, dann wende ich mich immer zunächst an die konkrete Person, die die öffentliche Verbreitung der betreffend tendenziösen Meinung verantwortet. Dauert lange, kostet Nerven, aber fühlt sich nach echtem Leben an und nicht nach Markt-Konserve. Natürlich ist das Verschwendung - aber wann sonst soll man sich bitte verschwenden, wenn nicht, solange man lebt?
Politisches Theater: alle demokratisch Legitimierten
#67 liebe inga,

danke für deine schnelle antwort. das berufsverbot der brd hatte jedenfalls klar entschieden, wer NICHT als lehrer arbeiten darf (ohne sich darum zu kümmern, wer als richter oder im außenministerium in gehobener position tätig sein kann.) soweit zu den FAKTEN in der politischen praxis. ein weiter FAKT sind die inzwischen nicht mehr vorhandenen unterschiede in der asylpoltik zwischen afd und cdu/csu - wobei die cdu/csu schon lange jahre in regierungsverantwortung ist und somit auch verantwortung für diese entwicklung trägt. doch wir kommen von der kunst/kultur hier zu sehr zur parteienpolitik, aber dies war ja auch deine frage. die bigotterie und ungleichbehandlung ist von gg nicht gedeckt!!!
1. entweder dürfen ALLE "demokratisch legitimierten parteien" sich auf den schutz des gg berufen - oder das bverfg verbietet (endlich mal!!) die npd - doch daran hat der staat scheinbar kein interesse
2. oder wir leben in einer art willkür, die sich nach belieben instrumentalisieren läßt

zur religion: jeder mensch kann ganz allein zu seinem "gott" beten und sollte dies auch meiner meinung nach NICHT öffentlich tun - jedoch sind nun mal die religiösen institutionen erlaubt - werden sogar nicht zu knapp vom staat finanziert (das thema religions-/ glaubenskriege und verstrickungen kennen sie ja bestimmt selbst)

können sie mir bitte mal eine KONKRETE aussage von naidoo zur "reichsbürgerbewegung" nennen? danke. natürlich ist er eine öffentliche person und muß sich somit der öffentlichen kritik aussetzen. schön (oder "gerecht) wäre es jedoch, würden dies auch die öffentlich-rechtlichen medienanstalten tun (MÜSSEN) - und über ihren bildungs- und kulturauftrag rechenschaft ablegen.

ps. und damit rede ich NICHT über MEINEN persönlichen geschmack - sondern über tendenzen in der gesellschaftlichen entwicklungen, die mich mehr als nachdenklich machen ... wo ist die balance - wenn ich nur "extreme" wahrnehme ... die ständig mit nach unten offener skala produziert werden und deren gesellschaftlichen (psychoLOGISCHEN) folgen dann zu verurteilen sind?
Politisches Theater: Gehen und peace.
@ pardon: Gut, das habe ich vergessen. Das Erste und Wichtigste natürlich, erstmal die konkrete Person selbst zu befragen. Doch wenn da dann nichts kommt? Hab ich schonmal konkret so erlebt. Dann muss ich eine Ebene höher. Und wenn da dann auch nichts passiert? Dann geh ich. Weil ich merke, hier ist nichts zu machen. Wenn z.B. die Bundeswehr in Kindergärten sitzt, übertragen gesprochen. Einfach gehen. So einfach ist das. Gehen und peace.
Politisches Theater: Gehen ändert nichts
#70: Gut. Gehen. Aber dann peace? Sitzt die z.B. Bundeswehr - übertragen gesprochen, in a l l e n Kindergärten? Wenn nein, in welchen nicht? Wer sitzt dann da statt ihrer? Die Benediktinerinnen, die strenggläubigen Theosophen, die immer noch Mao-Anhänger, die Kampfgendergestalter? Geh ich dann wohin, wo es keine Kindergärten gibt? Oder erst gar keine Kinder? Auch dann, wenn "da", also von einer konkreten Person, "nichts" kommt, ist dann etwas Konkretes gekommen. Nämlich etwas, das ich als "nichts" empfinde? Was aber sagt das aus? Dass ich "falsch" empfinde? Oder nichts von anderen wahrnehme? Dass der Kommunikationsfluss zwischen konkreten Personen gestört ist? Oder möglicherweise gestört wird? Wenn ja, warum? Wenn nein, habe ich die "falsche" Form der Ansprache gewählt? Oder zeigt es, dass ich konkrete Dinge als Reaktionen auf meine Interventionen zu bemerken erwarte? Oder zeigt es, dass ich vordergründig erwarte, dass mehr oder weniger öffentlich deutlich wird, dass es Reaktionen auf konkret m e i n e Intervention sind? - Wenn ich einfach gehe, werde ich nichts über mich herausfinden und trotzdem nichts an undemokratischen Tendenzen ändern. Dann bin ich dem Frieden kein winziges Stück näher gekommen, weil ich dem Frieden aller als Utopie meines eigenen ewigwährenden inneren Friedens keinen Schritt näher gekommen bin... Wenn ich gehe, finde ich es überall genauso vor wie dort von wo ich kam. Anders, aber genauso. Wenn ich gehe, kann ich also nach Landschaft entscheiden, nach einem Bild, einem Gemälde etwa, das sich irgendwo befindet, einem Buch, nach einem Menschen, der mir viel bedeutet, nach einem Geruch - aber ganz bestimmt nicht nach einer Idee... Das ist nicht meine Erfahrung, anderer Erfahrung geht anders.
Politisches Theater: eigenes Denken offenlegen
@ marie: Warum nicht öffentlich beten? Oder anders gefragt, was genau meinen Sie damit? Ich habe in letzter Zeit oft Menschen gesehen, die in der Öffentlichkeit stehen und dabei ihre Hände falten. Beten die jetzt zu ihrem (christlichen) Gott? Kam mir ein wenig seltsam vor, aber wer's braucht. Und die anderen Religionen? Mich stört es jedenfalls nicht, wenn jemand öffentlich betet.

Zu Naidoo. Dass er bei der Reichsbürgerbewegung aufgetreten ist, ist ja nun erstmal Fakt. Ein Musiker, der sich seiner Rolle in der Öffentlichkeit bewusst ist, würde nicht bei solchen Veranstaltungen auftreten. Dass er auf die Reichsbürger "zugehen will", wie er sagt, weil sie "Systemkritiker" seien wie er, heisst ja noch lange nicht, dass er bei deren Veranstaltungen auftreten muss. Oder? Siehe hier:

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/xavier-naidoos-auftritt-vor-reichsbuergern-13210732.html

@ pardon: Nein, natürlich sitzt die Bundeswehr nicht in allen Kindergärten. Ich habe nur davon gehört, dass ein Kitageschäftsführer angeblich vorher bei der Bundeswehr angestellt war. Wie auch immer, als Geschäftsführer ist es ja auch erstmal egal. Wenn ein Erzieher vorher Berufssoldat war und dann zum Erzieher umschult, wäre es schon schön, wenn er vom Befehl-Gehorsam-Prinzip der Bundeswehr wegkommt. Denn so erzieht man bekanntlich keine Kinder. Auch die anderen von Ihnen genannten Gruppen dürfen natürlich als Erzieher arbeiten. Warum denn auch nicht? Wenn sie fähig sind, neben ihrer eigenen Lebensweise auch andere Lebensformen als gleichwürdig und gleichwertig anzuerkennen? Ihre Bezeichnung der "Kampfgendergestalter" ist ja nun auch nicht ganz neutral.

Und daher frage ich jetzt, ist es überhaupt möglich, politisch neutral zu agieren? Oder ist es nicht vielleicht sogar besser, wenn man sagt, ich selbst denke bzw. meine und mache es so und so, aber das ist nicht der einzige und auch nicht der einzig richtige Weg. Überlegt mal mit mir zusammen, wie es auch noch geht. Zum Beispiel als Chef eingreifen und vermitteln, zwischen Erziehern, zwischen Erziehern und Eltern usw. Übertragen auf die Theater wäre das auch eine schöne Möglichkeit, Konflikte auszutragen. Offen, und nicht "das Problem" ausgrenzend.
Politisches Theater: "Fakteninterpretationen"
#72 inga

nur kurz ein link - so als gegenrecherche zu naidoo:

https://kress.de/news/detail/beitrag/134967-dokumentarfilmer-antwortet-xavier-naidoo-kritikern-harold-woetzels-plaedoyer-fuer-journalismus-ohne-vorurteile.html
Politisches Theater: schlicht ein Gespräch
#72 - Ja, ist genauso besser und genauso verstehe ich auch eine neutrales politisches Agieren insbesondere im Erziehungsbereich und Lehrbetrieb: offen sagen - auch wenn man weiß, dass es auf Widerstand stößt - ich denke über diese Dinge so und so, und vermutlich aus ddem und dem Grund, andere denken anders aus vermutlich dem und dem Grund - das kann man auch weniger intellektuell schlicht ein Gespräch nennen. Anderes sind m.E. keine Gespräche, sondern Gesprächsvermeidungspalaver und die interessieren mich nicht. Und ich möchte gern, dass Kinder Gespräche lernen und nicht Gesprächsvermeidungspalaver. Ein Chef, der erst mediativ in Firmenkonflikte eingreift, wenn sich wer von außen bei ihm beschwert ist nicht unbedingt ein sehr guter Chef.
Und in Ausnahmefällen - Bundeswehrhintergrund hin oder her - erzieht man Kinder auch in einfacher Befehlskette: ich PapaMamatemporärverantwortlichfürdich - du gehorchst. Wenn das nur in Ausnahmefällen angewandt wird, klappt das ganz wunderbar ohne auch nur Androhung von Restriktionen. Es ist aber notwendig, dass es klappt, wenn es um den Schutz von Leib und Leben des Kindes geht.
Das wäre alles auch auf Theater übertragen eine gute Möglichkeit Konflikte auszutragen, allein hat man es dort mit Männern und Frauen und nicht mit Kindern zu tun und "das Problem" ist, dass sich darüber die wenigsten Leute dort darüber im Klaren sind. Theaterleute begreifen ja oft nicht einmal, dass die Zuschauer zwar alle gewesene Kinder, aber eben doch keine Kinder sind, hach ja...
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