Presseschau vom 12. Januar 2016 – Andreas Kriegenburg über das Stadttheater und die "Eventbude"

Ein bisschen ungerecht

Ein bisschen ungerecht

12. Januar 2016. In der Münchner Abendzeitung spricht Andreas Kriegenburg, der gerade am Residenztheater "Macbeth" probt, im Interview mit Michael Stadler u.a. über Stadttheater-Traditionen und die Münchner Kammerspiele, an denen er über viele Jahre regelmäßig arbeitete.

Zunächst lobt er die Stadttheater: "Letztendlich sind diese Paläste dafür gebaut, dass Worte darin stattfinden. Die Gesellschaft gönnt es sich, einen Ort zu schaffen, in dem das Denken, das Zweifeln, die Angst eines Einzelnen mit großem technischen Aufwand und viel Manpower präsentiert wird, damit die Zuschauer sich dem aussetzen können." Dass es Theater gebe, das sich dem Wort entziehe oder Literatur durch Alltagssprache ersetze oder Schauspieler durch Experten des Alltags, seien Provokationen, "die auch wichtig sind". Heikel werde es erst, "wenn das eine durch das andere vollständig ausgetauscht wird, weil man sich dann von einer Traditionslinie entfernt, die einen Bewusstseinskern der Gesellschaft darstellt. Dann ist die Gefahr, ohne, dass man es tatsächlich will oder bemerkt, dass ein Theater nur noch als Ort wahrgenommen wird, in dem Events passieren."

Kriegenburg wehrt sich gegen den Gedanken, dass Theater "vor allem ein junges Publikum suchen und ansprechen wollen", jedenfalls wenn man "denen, die eh schon da sind, das Erlebnis Theater, das sie sich wünschen, vorenthält". "Diejenigen, die an eine bestimmte humanistische Position glauben und ein Vergnügen am Denken für sich suchen, brauchen die Stärkung ihres Wissens und haben ein Anrecht auf ihr Vergnügen. Dass die Zuschauer, die alles scheinbar schon wissen, diese Bestätigung durch die Institution Theater nicht mehr bekommen sollen, weil die Theater sich lieber um jene kümmern, die sie vor ihrem eigenen Denken retten wollen – das finde ich ein bisschen ungerecht."

(geka)

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