Kommentar - Düsseldorfer Bürger*innen entlassen mit ihrer Spendenkampagne Schauspielhaus 2020 die Politik aus der Verantwortung
Wir Ausputzer
von Andreas Wilink
8. September 2017. Der Fleck muss weg. Es ist der Fleck auf der Weste des Düsseldorfer Oberbürgermeisters und des eigentlich doch gar nicht so gebeutelten Stadtsäckels. Ein bisschen ist es auch ein Schandfleck, der das Image der Kultur-Landeshauptstadt verunreinigt hat. Das Düsseldorfer Schauspielhaus wurde Ende 2016 kurzzeitig mit seinem angestammten Standort am Gründgens-Platz, mithin in seinem Status und seiner Perspektive in Frage gestellt. Großes Theater wegen der unausgegorenen, dann hastig relativierten Ideen des OB Thomas Geisel – als Konsequenz bildeten sich geschlossene Reihen für die von Stadt und Land NRW je zur Hälfte getragene Bühne. Die Zukunft aber kostet Geld. Das Haus ist zu und wird’s noch lange bleiben. Die Sanierung und allerlei Reparatur-Maßnahmen, die im Kontext der Neuordnung des zentralen Areals stattfinden, sollen an die zwölf Millionen Euro kosten.
Bürger-stolze Initiative gegen den Schandfleck
Nun präsentiert sich mit Aplomb eine bürger-stolze Initiative mit klingenden Kuratoriums-Namen, schön aufgefächerten Möglichkeiten, die darstellen, wofür sich spenden lässt (Entree, Sanitär- und Außenbereich, Aufzugbetrieb etc.), emphatisch begleiteten Artikeln der lokalen Presse, die das Engagement und sich gleich selbst mitfeiern, sowie unterstützenden Werbemaßnahmen, darunter winzigen Filmclips von Sönke Wortmann. Aus der Fünfer-Serie stammt auch das Bild vom Fleck. Eine Schauspielerin reibt ihn – wie Lady Macbeth das verräterische Blut der Gemordeten – vom Teppichboden im Foyer ab: Dazu liest man den Aufruf zur Hilfe.
Pflichtvergessenheit und Privatschatulle
Aber ist diese Kampagne "Schauspielhaus2020" angebracht, jenseits des aller Ehren werten Griffs ins Portemonnaie für „unser“ Theater? Ist es nicht die Belohnung einer politischen Pflichtvergessenheit und nachträgliche Rechtfertigung der kommunalen Vernachlässigung? Der Bürger zahlt, wenn’s hoch kommt, zweimal – zunächst mit seinen Steuerabgaben, die offenbar für alles Mögliche (und gewiss auch Nötige), aber jedenfalls nicht oder nicht ausreichend für die Instandhaltung des Schauspielhauses aufgewendet wurden; und jetzt eben freiwillig aus der Privatschatulle. Übrigens auch kein unproblematisches Vorbild für andere Städte mit weniger williger oder fähiger Leistungskraft der Bürger – da muss man in NRW nicht weit gehen.
Dass das Geld für die "öffentlichen Bereiche" des Hauses zusammenkommt, ist gut und schön. Aber damit entlässt man den Träger des Schauspielhauses bzw. seines Gebäudes aus der Verantwortung. Spenden für Produktionen, für Sonderkosten oder anderes außer der Reihe – gern. Aber hier geht es um die Pflicht, nicht um die Kür.
Gemeldet hat nachtkritik.de den Start der Spendenkampagne "Schauspielhaus2020" hier.
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