Wo sind die Frauen?

18. Oktober 2017. Für mehr Geschlechtergerechtigkeit an deutschen Bühnen setzt sich ab sofort der neugegründete Verein Pro Quote Bühne ein. Mit einer Pressekonferenz im Deutschen Theater Berlin trat der Verein um die vier Regisseurinnen Angelika Zacek, France-Elena Damian, Amina Gusner und Eva Jankowski gestern an die Öffentlichkeit und veröffentlichte ein Manifest. Darin wird eine Frauen-Quote von 50 Prozent in künstlerischen Führungspositionen gefordert: 50 Prozent Inszenierungen von Regisseurinnen auf den großen Bühnen, 50 Prozent Hausregisseurinnen, 50 Prozent Schauspieldirektorinnen und Intendantinnen. Es gebe "genug qualifizierte Frauen", so Vorstandsmitglied Angelika Zacek gegenüber nachtkritik.de: "Von den Hochschulen kommen genug Frauen mit Regie-Ausbildung, es gibt 51 Prozent Regieassistentinnen, und man fragt sich: Wo bleiben die denn dann? Das Potential ist da."

Die Aktivistinnen stützen ihre Kritik an dem von Männern dominierten Theaterbetrieb u.a. auf die von Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Auftrag gegebene Studie "Frauen in Kultur und Medien" vom Deutschen Kulturrat (erschienen 2016). Dieser zufolge werden 78 Prozent der Theater von Männern geleitet. Mit über 70 Prozent aller Inszenierungen dominieren männliche Regisseure die großen Bühnen. Im Kontrast dazu bestehe das Publikum, so Mitgründerin Amina Gusner, "zu zwei Dritteln aus Frauen". Regieführende Frauen seien zum Großteil auf Nebenspielstätten zu finden und häufig fürs Kinder- und Jugendtheater zuständig. Während die Theater der Gesellschaft den moralischen Spiegel vorhalten würden, zeigten sie sich hinter der Bühne "unkritisch gegenüber den eigenen Machtstrukturen", heißt es im Manifest.

ProQuoteBuehne 560 uDie Aktivistinnen vom Verein "Pro Quote Bühne" vor dem Deutschen Theater Berlin, wo die Gründungspressekonferenz stattfand. V.l.n.r.: France-Elena Damian, Angelika Zacek, Onimar Âme, Amina Gusner, Eva Jankowski, Ivana Sajević und Nicole Janze. © privat

Neben der Quote fordert "Pro Quote Bühne", die sich auch der Berliner Erklärung 2017 anschließen, eine paritätische Besetzung von Kommissionen, in deren Verantwortung die Besetzung von Intendanzen fällt, außerdem die Offenlegung der Verwendung von öffentlichen Mitteln in Bezug auf ihre Verteilung auf Männer und Frauen, Lohngleichheit bei gleicher Leistung und Strukturänderungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie am Theater verbessern. Ziel sei ein Theater, "das die Belange aller Menschen widerspiegelt" und "nach innen so aufgestellt ist, wie es das Grundgesetz vorsieht. Das heißt: Ein Theater, das die Gleichberechtigung lebt und die Vielfalt an gesellschaftlichen Rollenbildern thematisiert und hinterfragt."

Zu den Unterstützer*innen der Initiative zählen u.a. Sonja Anders, Sibylle Berg, Marie Bues, Yvonne Büdenhölzer, Florian Fiedler, Katja Haß, Susanne Kennedy, Stephan Kimmig, Matti Krause, Andreas Leupold, Laura Naumann, Sebastian Nübling und Katja Riemann.

(ape)

Über die Zielsetzungen von Pro Quote Bühne sprachen France-Elena Damian und Angelika Zacek im Interview mit Sophie Diesselhorst und Anne Peter.

 

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