Presseschau vom 6. Dezember 2017 – Die SZ spekuliert über die neue Intendanz am Münchner Residenztheater

Geht Beck ans Resi?

Geht Beck ans Resi?

6. Dezember 2017. Seit Andreas Beck, Intendant und Schauspielchef am Theater Basel, gestern verkündete, seinen Posten 2020 zu räumen, schießen die Spekulationen über seinen Weggang ins Kraut. In der Süddeutschen Zeitung vermutet Christine Dössel, dass er die ab 2019 vakante Intendanz des Münchner Residenztheaters übernehmen wolle. In Basel habe Beck eine gute Arbeit gemacht, die Auslastung gesteigert, ein starkes Ensemble gebildet. "Überhaupt arbeiten viele Frauen in Becks Team. Als Hausregisseure engagierte Beck den Schweizer Thom Luz, die Österreicherin Nora Schlocker, die Deutsche Julia Hölscher und den in Basel geborenen Australier Simon Stone, um den sich alle reißen."

Dössel führt – neben seinem Abschied von Basel – verschiedene Indizien auf, die für seine Nominierung sprechen, nennt aber auch die mögliche Alternative: Barbara Frey, noch Intendantin am Schauspielhaus Zürich. "Sie führt selber Regie, vertritt ein solides Stadttheater mit starker Klassiker-Ausrichtung. Sie ist eine Könnerin – und eine Frau. Frauen in Intendantenpositionen sind noch immer viel zu selten.“

Während Frey aber für den Status quo stehe, stehe Beck für den Aufbruch. "Aus inhaltlichen und innovativen Gründen wäre Beck als Resi-Intendant der Vorzug zu geben", vor allem, "weil er das Theater radikal zeitgenössisch und mit Gespür für die Fragen der Zukunft denkt, ohne dafür das Erzähltheater aufzugeben und ohne das Ensemble- und Repertoiresystem infrage zu stellen". Gerade als Gegenspieler zu Matthias Lilienthal an den Kammerspielen, "dem Martin Kušej viel zu wenig Aufregendes entgegensetzt".

(geka)

Kommentare  
Presseschau Beck: Zu wenig Aufregendes?
Christine Dössels Fazit, dass "Martin Kušej viel zu wenig Aufregendes entgegensetzt", kann ich nicht zustimmen.

Im Marstall laufen z.B. zwei sehr streitbare, aufregende Inszenierungen von Oliver Frljić ("Balkan macht frei" und "Mauser") oder die Pasolini-Bearbeitung "Schweinestall".

Auf der großen Bühne gibt es natürlich auch viel biederes, konventionelles Theater für das Abo-Publikum, aber doch auch so eindrucksvolle Abende wie Ulrich Rasches "Räuber".

Interessant ist, dass Christine Dössel ausgerechnet Ulrich Rasches Basler soghafte "Woyzeck"-Inszenierung als Beleg für einen Wagemut in Basel nimmt, den sie in München bisher vermisst, obwohl seine "Räuber" mit einer ganz ähnlichen Begründung und ähnlichem Konzept zum Theatertreffen eingeladen wurden.

PS: Dass in Basel interessantes und erfolgreiches Theater gemacht wird, sehe ich trotz der "Drei Schwestern"-Enttäuschung beim Theatertreffen 2017 anhand der Kritikenrundschauen und einiger Gastspieleindrücke auch so. Andreas Beck und Barbara Frey wären beide eine gute Wahl für München.
Presseschau Beck: verkrampftes Staatstheater
ich finde, frau dössel hat recht.. das interesse und engagement für neue formate hält sich sehr in grenzen, 80% des spielplans ist sehr verkrampftes, reaktionäres staatstheater, es werden auch immer wieder die gleichen regisseure eingeladen (bösch, niermeyer, lanik etc).. das ist auf dauer unglaublich langweilig und das sieht man auch leider in den ergebnissen
ich sehe nicht, dass dort in den letzten jahren aktiv für ein neues publikum bzw. gegen die isolation des theaters gekämpft wurde, und vor allem: so politisch, wie sich kušej in interviews selbst inszeniert, ist er in seinem wirken als intendant ganz sicher nicht.
Presseschau Beck: selber status quo
christine dössel ist selber sowas von status quo - sh. ihr aufgeregter "kulturkampf" gegen lilienthal - dass man ihre positionen in dieser frage nicht wirklich zur grundlage nehmen sollte, um mögliche nachfolger*innen von kusej dananch zu beurteilen. wenn die kritik sich nur selber ab und zu so gründlich erneuern wöllte, ob inhaltlich oder gleich personell, wie sie es immer von den theatern fordert, wäre auch schon was gewonnen.
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