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Schauspielerin Sophie Rois verlässt Berliner Volksbühne
Die Diva geht ab
8. Dezember 2017. Sophie Rois hat an der Berliner Volksbühne ihre Kündigung eingereicht. Das gab die Schauspielerin in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk bekannt.
Rois gehört seit fünfundzwanzig Jahren zum Ensemble des Hauses und ist aufgrund ihrer langen Vertragsdauer unkündbar. Nachdem Chris Dercon die Intendanz von Frank Castorf übernommen hatte, ließ sie sich für ein Jahr beurlauben, "um zu beobachten, was da passiert". Ihren nun beschlossenen Abschied bezeichnet sie als "überfällig". Die Gründe scheinen im Intendanzwechsel zu liegen, dessen Umstände sie im Interview kritisiert. Sie sei nicht sicher, "wie seriös oder unseriös es ist, einen Menschen als Theaterdirektor zu installieren, der ja nicht nur Verantwortung für sein eigenes Seelenheil hat, sondern auch für 250 Mitarbeiter und ein Riesenpublikum, und der nicht weiß, was eine Requisite ist – und das unterstelle ich ihm nicht, er hat das selbst gesagt."
Sophie Rois, geboren 1961 in Ottensheim/Oberösterreich, studierte am Wiener Max Reinhardt Seminar. Seit 1987 führten sie verschiedene Engagements nach Berlin. Seit 1993 gehörte sie zum Ensemble der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Vor kurzem wurde Rois für ihren Auftritt in Frank Castorfs Abschiedsinszenierung Faust an der Volksbühne mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet.
(Hessischer Rundfunk / miwo)
"Die Kündigung mag keine Überraschung sein, da Sophie Rois keinen Hehl aus ihrem Missfallen über den Intendantenwechsel gemacht hat", schreibt Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (online 8.12.2017). Doch werde "mit diesem Weggang noch einmal klar, was Berlin verloren und woran die Stadt weiter zu knabbern hat".
Es ist, "als würde Ulrich Matthes dem DT den Rücken kehren" oder Thomas Müller dem FC Bayern München, so kommentiert Christine Wahl vom Tagesspiegel (10.12.2017) diesen "Paukenschlag". Mit dem Abgang der "Ausnahmeschauspielerin" Sophie Rois "scheint immer klarer Kontur anzunehmen, was bereits seit Monaten in den Foyers geraunt wurde: das Ende der Volksbühne als Ensemblebetrieb." Rois' Kündigung bestätige einen Paradigmenwechsel: An Chris Dercons Volksbühne werde Theater "vom Format her gedacht", nicht mehr von der Schauspielerpersönlichkeit. "Und zwar auch und gerade im dezidierten Schauspiel-Segment des Hauses, bei Susanne Kennedys entindividualisiertem Masken- und Playbacktheater."
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Dafür sollte Sie sofort einen Eysoldt Ring an jeden Finger kriegen!!
https://www.bz-berlin.de/kultur/das-waren-die-hingucker-der-nacht-des-27-b-z-kulturpreis
Da wüsste man doch gern, was sie bei ihrem vermutlich letzten Auftritt in der Volksbühne gesagt hat...
Aber ihre Laudatio auf Henry Hübchen war der wichtige und wirklich berührende Teil ihrer Rede. Toll! Die würde man gerne hier bei nk nachlesen.
Der Bund wird da nicht eingreifen. Es ist ja auch bisher keine Frage der Finanzen, sondern nur die Frage eines Vertrages.
Mich würde schon interessieren, ob die Summe, die aufgrund der fehlenden Vorstellungen und Veranstaltungen ein Loch ins Budget reißen wird, nicht die Summe übersteigt, mit der man Dercon zu Beginn rausgekauften hätte können.
Jedenfalls hat Sophie Rois die richtigen Worte gefunden. Dercon habe ich auf keinem Foto sehen können.
Es sind ja nicht nur die Einnahmeverluste, sondern auch die Mehrkosten durch ein fehlendes Ensemble. Beziehungsweise, die Einnahmeverluste hängen mit den Mehrkosten für Gäste aller Wahrscheinlichkeit nach zusammen, weil man sich plötzlich nur noch eine bestimmte Anzahl von Vorstellungen leisten kann, da ein Gäste-Etat immer endlich ist, mal abgesehen von den Grenzen der Disposition, da Gäste ja nicht ständig verfügbar sind.
die Finanzen der Volksbühne werden ganz sicher in die Schieflage kommen. Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Berlin ist nicht mehr bettelarm, so dass das Problem hintenheraus auch von Berlin gelöst werden muss. So oder so. Besser so: Vertrag wegen Vertragsverletzung lösen.
können Sie das belegen? Ich denke nicht, dass "die Stadt" das will. Nur hat Dercon einen gültigen Vertrag, und eine mögliche Auflösung muss zur Not auch vor Gericht standhalten können.
wer mit über siebzig Gästen an neunundfünfzig Spieltagen, ohne Ensemble nur zweiundzwanzig Vorstellungen spielt, soll nicht vertragsbrüchig sein?!
Gut! Dann hat eben derjenige, der den Vertrag mit ihm geschlossen hat seine Kompetenzen überschritten und die Vorgaben des Senats übergangen.
Einer war's. Einer von beiden.
Finden wir es heraus!