Der goldene Hashtag

29. Dezember 2017. Wir zeichnen die besten Tweets des Jahres 2017 aus. In sieben Kategorien ehren wir herausragende Leistungen in 280 Zeichen. Hier sind sie: die Gewinner des #goldenhashtag!

Drama: Janis El-Bira

Janis El-Bira ist nicht nur der zweitbestgekleidetste Theaterkritiker Berlins, sondern auch der Mann für die harten Fälle. Redaktionen schicken ihn mit Vorliebe in theatrale Krisengebiete. Im letzten Jahr entging er nur knapp den Fängen eines Sitznachbarn, der vor Wut seine Eintrittskarte verschlang. Doch auch in brenzligen Situationen behält El-Bira nicht nur Überblick über das Bühnengeschehen, sondern auch über die kleinen und großen Dramen vor dem ersten Klingeln.

 

Best picture: Simon Stephens' Neffe: 

Nie ist Horror eindringlicher als im Gewand der Unschuld. Sobald das Altbekannte in ein Unheimliches umschlägt, packt uns das Grauen und nichts wird mehr sein, wie es war. Mit seiner Interpretation der Figur des "Snow Man" lässt der Neffe des Dramatikers Simon Stephens scheinbar ungetrübte Kindheitserinnerungen in einem neuen, grellen Licht erscheinen.

 

Poesie: Clemens Setz

Gerüchten zufolge hat Twitterlegende Clemens Setz ganz bewusst erst angefangen, Stücke zu schreiben, seit nachtkritik.de den Goldenen Hashtag an Theaterschaffende verleiht. Unbestreitbar ist: Setz, der sich gerne kokett als "Schultriangel der deutschen Literatur" bezeichnet, lässt unsere Gedanken im Takt seiner Zeilen wippen und unsere Herzen 280 mal pro Tweet schlagen.

 

Innovation: Dramaturgie Schauspiel Frankfurt

Abriss oder Sanierung? Die Zukunft des Frankfurter Schauspielhauses ist ungewiss. Eine überraschende Wendung in der Debatte verdanken wir der Dramaturgie des Theaters, die sich der Diskussion spektakulär entzog, indem sie sich einmauerte. Ein kluger Schachzug, denn auf diesem Weg versperrten sie denselben auch zum benachbarten Künstlerischen Betriebsbüro (KBB) des Hauses. Die Spielzeit planen? Inszenierungen besetzen? In Frankfurt lässt man sich von diesem Kleinklein des Theaterbetriebs nicht bei der Arbeit stören.

 

Theaterwissenschaft: Ferdinand Schmalz

Ferdinand Schmalz ist ein theatraler Tausendsassa. Wollte man ihm eines vorwerfen, dann wäre es ästhetische Völlerei. Seine Stücke werden landauf landab gespielt, den Bachmannpreis gewann er konkurrenzlos und nun schüttelt er auch noch lässig eine Definition des Theaters aus dem Ärmgel und stößt damit die Heroen der Theaterwissenschaft vom Thron. Gerüchten zufolge erholen sich Erika Fischer-Lichte, Hans-Thies Lehmann et al. bei einem Wellnesswochenende in Bad Segeberg.

Leak: Konstantin Küspert

Konstantin Küspert ist stets bemüht, das Klischee des humorlosen Dramaturgen herunterzuspielen. In diesem Tweet kombiniert er einen erprobten Twitter-Scherz mit einem liebevollen Seitenhieb gegen einen Regie-Kollegen. Und doch bleiben Zweifel: Sind Milo Rau und der slowenische Star Philosoph Slavoj Žižek etwa tatsächlich dieselbe Person? Die Redaktion wittert einen Coup!

Sonderbotschafter Theater: Nils Foerster

Theater vermag nicht mehr zu berühren? Von wegen. Der freie Theatermacher Nils Foerster zeigt uns, welche Leidenschaft Zuschauer aufbringen. Subtil bewirbt Foerster hier das Parkett als romantischen Ort der Begegnung. Gerade unerfahrenen Zuschauer/innen sei versichert: Das gemeinsame Theatererlebnis schweißt zusammen. Kaum fällt der Vorhang, schon schmiegt sich ein müder Kopf an die fremde Schulter. Nicht wenigen Turteltäubchen kommen sieben süße Stunden wie eine Ewigkeit vor.

(miwo)

 

Und hier sind die besten Tweets 2016 nachzugucken.

 

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