Presseschau vom 6. Januar 2018 – Die Schweizer Wochenzeitung spürt Widersprüche in der Debatte um die Volksbühne Berlin auf

Berliner Paradoxien

Berliner Paradoxien

6. Januar 2018. In einem ausführlichen Beitrag für die Schweizer Wochenzeitung (5.1.2017) identifiziert Tobi Müller im Streit um Chris Dercons Volksbühne Berlin einige Widersprüche. "Castorfs Volksbühne verachtete die Norm. Jetzt muss seine Regentschaft für diese Norm selbst stehen. Es ist so vieles verkehrt an dieser Debatte."

So erhitzt insbesondere der Umstand die Gemüter, dass Dercon bislang kein Ensemble gebildet hat (und es Zweifel darüber gibt, ob er dieses Ziel überhaupt verfolgt). Dabei habe Castorf selbst das Ensemble, diesen "Fetischbegriff des Systems Stadttheater", längst aufgeweicht und zeitweise nur neun festangestellte Schauspieler*innen beschäftigt. Zudem stehe die Ensembleidee vielen Künstler*innen heute sogar im Weg.

Falsche Solidarität

"Martin Wuttke oder auch Milan Peschel sind Schauspieler, die an den besten Häusern für gutes Geld arbeiten, viel vor der Kamera stehen und als freie Kleinstunternehmer zu sicher verdientem Wohlstand gekommen sind." Von der Klasse der Techniker*innen und ihren Wünschen sei das Leben dieser Kleinunternehmer*innen weit entfernt. "Ihre Art des freien Arbeitens bedroht die festen Strukturen des Apparats, deren Erhaltung man im gleichen Zug und aus sicherer Position einfordert". Falsche oder verlogene Solidarität löse keine Probleme, "sie sorgt nur für eine geschlossene Abwehr für alles vermeintlich Theaterfremde."

Die Front zwischen Altmarxisten im Subventionsbetrieb und den neoliberalen Kreativnomadinnen habe weder mit der Realität noch mit den Wünschen der Kunstschaffenden viel gemein. "Mit jenen der festangestellten MitarbeiterInnen hinter der Bühne vielleicht schon."

Dercon wolle die Künstler und ihre assoziierten Kollaborateurinnen ins Zentrum setzen und erst anschliessend schauen, wie der Apparat diese Kunst herstellen könne. "Das ist die Utopie des freien Theaters, die aber im schlechtesten Fall die schlankeren Strukturen zur Folge hat, die der Neoliberalismus fordert." Es gälte, "einen flexibleren Apparat zu erfinden, der dennoch eine hochwertige und auch ausgelastete Beschäftigungslage in den Abteilungen wie Kostüm, Bühnenbild, Licht und Technik erlaubt".

Ende der Wende

Diese Erwartung habe Deron bislang nicht eingelöst. Auch gebe es große Löcher im Spielplan, zu wenig werde vor Ort produziert, zu viel als Gastspiel eingekauft. Jedoch: "Die neuen Strukturen an der Volksbühne zu verhindern, um alte wiederherzustellen, hiesse vor 1992 zurückzugehen, als Castorf anfing und die Wiedervereinigung noch eine offene Wunde war. Das notwendige Ende der Wende kann in der Volksbühne nicht ein Akt der Disziplinierung einläuten, sondern nur starke Kunst, die zu einer dichten Idee findet. Die Kunst ist schon da, die Idee aber noch nicht."

(miwo)

 

Mehr zum Thema:

– Presseschau vom 30. Dezember 2017 – Rückblicke auf ein halbes Jahr Volksbühne Berlin unter Chris Dercon

– Presseschau vom 28. Dezember 2017 – Auf Deutschlandfunk äußert sich Chris Dercon zur Kritik an der von ihm geleiteten Volksbühne Berlin

 – Presseschau vom 14. Dezember 2017 – Die Programmdirektorin der Volksbühne Berlin Marietta Piekenbrock stellt sich Nachfragen der Berliner Zeitung zur Produktionsstruktur des Hauses

 

Kommentare  
WOZ zur Volksbühne: Entfremdung
Die Ensemble-Idee steht vielen KünstlerInnen heute nur deshalb im Weg, weil sie der imperialistischen Gesellschaft, die von der Entfremdung des Individuums von sich selbst lebt, im Weg steht und die KünstlerInnen in ihr alternativlos meinen leben müssen.

Die Realität einer nicht zu dikreditierenden DDR-ostdeutschen Identität steht der Geschichtsklitterung der alt-bundesdeutschen als Siegermacht-Identität gegenüber. Solange das der Fall ist, ist die Wende überhaupt noch nicht vollzogen, hier irrt Tobi Müller, wenn er denkt, dass es die Kunst schon richten wird, so sie nur da ist und ihr "nur" noch die Idee fehle. Sie ist extra dafür so etabliert worden, dass niemandem mehr zu dieser in Berlin sich verschärft abbildenden Realität mehr etwas einfallen kann... Das war Renners Geschichtsidiotie.
Ich denke nicht, dass Leute nie geschaut haben, was genau Chris Dercon in der Kunstwelt geleistet hat. Er hat. Aber er hat nun auch nicht so übermäßig Weltbewegendes. Sonst wäre er ja auch noch in London. Will sagen: Dercon ist innerhalb der Kuratoren-Welt nicht das selbe was Castorf für die Theater-Welt ist. Das ist doch in Ordnung und muss kein Argument gegen einen Quereinstieg in die Theaterwelt sein. Aber man sollte doch auch nicht so tun, als sei es das Selbe...
Das Problem mit der Kunst ist, dass es ohne Idee gar keine ist. Ihre eigene Idee kann der Kunst bekannt sein oder nicht - aber wenn es keine Idee gibt, gibt es auch keine Kunst, selbst wenn KünstlerInnen da sind.
WOZ zur Volksbühne: Wunsch
Muss noch ein weiterer Anlass gegeben werden, um immer weiter und immer weiter über die Volksbühnen zu diskutieren? Wann wird der Horizont wieder
erweitert?
WOZ zur Volksbühne: Gäste
Lieber Tobi Müller,

Sie werden das nicht gerne hören, aber Ihr Artikel ist irgendwie schlecht recherchiert. Natürlich können Sie genauso zählen, wie ich auch, und ebenso ungern trete ich als Meister der Zahlen auf, aber es ist nun mal so, in den Monaten Januar und Februar treten in sieben verschiedenen Vorstellungen, die ich einmal, mit Ihrer Erlaubnis, exemplarisch herausgreifen darf 73zig Gäste auf. Davon wird „Women in Trouble“ mit sieben Gästen dreimal gespielt. „pornographies“ mit einem Gast einmal. „Iphigenie“ mit acht Gästen sechsmal. „The show must go on“ mit zweiundzwanzig Gästen dreimal. „Nicht ich...“ mit einem Gast dreimal. „Musée de la dance“ mit vierundzwanzig Gästen dreimal. Und „Liberté“ mit zehn Gästen dreimal.

Mal abgesehen davon, dass man sich fragt, wie diese zweiundzwanzig Vorstellungen mit 73zig Gästen bezahlt werden, haben Sie sich jemals gefragt, wie dieses Gastensemble untereinander künstlerisch Kontakt hält oder gar in einen Dialog gerät? Gibt es für die 73zig Gäste und vier Festangestellten eine Art Treffen? Wo begegnen sie sich? Wo und wie tauschen sie sich aus? Wird überhaupt ein Dialog geführt?

Mag sein, dass man den Begriff Ensemble fetischistisch denken kann, aber wovon reden Sie da eigentlich? Das findet doch alles gar nicht mehr statt! Wir haben es hier mit einem astreinen Abspielbetrieb zu tun. Da ist nicht der geringste Ansatz zu einem Ensemble. - Es ist wahrscheinlich nicht sonderlich kühn, wenn ich einmal behaupte, dass diese insgesamt 77zig Menschen sich überhaupt nicht in der Arbeit untereinander kennen, geschweige denn inhaltlich, ästhetisch und künstlerisch austauschen. Es sind ortlose Darsteller ohne eine wirkliche künstlerische Heimat.

Ohne ihr eigenes Publikum. - Und weit und breit nicht der Ansatz einer Idee sie alle zusammenzuführen.

Da greift ihr essayistisches, halb theoretisches „Gewummere“ praktisch ins Leere.

Niemand hätte etwas dagegen, wenn diese Künstler sich alle untereinander verbinden, ein Ensemble gründen würden, sei es nun zu Teilen als Gäste und andere als Festangestellte, aber dies ist gar nicht vorgesehen. Es ist ein trauriges Aneinander vorbeileben ohne Kenntnis des anderen, wie in einer Art „O2 Arena“, wo keiner sich kennt und alle unter sich bleiben. Sicherlich wird es Bekanntschaften geben, Lieben, aber keine wirklichen Arbeitsbeziehungen, die ein Ensemble doch erst entstehen lassen würden. Alle arbeiten aneinander vorbei.

Und wo schlägt das Herz? Oder die abwechselnden Herzen dieses Theaters? Wo? - In den beiden Programmmachern?! Das ist zu wenig für ein Theater! Und das wissen Sie! Der Dialog mit einer Stadt beginnt erst, wenn man gemeinsam auftritt unter dem Dach einer Idee, eines Geistes, Sie sagen es selbst. Und dieser Geist wird strukturell verhindert, ja verweigert. Warum nur?! - 73zig Gäste sind für ein Theater viel zu viel. Und für ein eigens Gesicht zu wenig.
WOZ zur Volksbühne: eher bei Irmer
also ich bei bei der deutung der ereignisse eher bei thomas irmer:

"Thomas Irmer hat begutachtet, was nach zwei Jahren Vorbereitungszeit und vier Monaten Programm von Dercons Volksbühne zu halten ist. Was kommt nach Dercon?, fragt er in seinem Kommentar. Denn dass weder Dercon noch seine Programmdirektorin Piekenbrock, weder der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller noch der ehemalige Kulturstaatssekretär Tim Renner je den Weiterbetrieb der Volksbühne als Ensemble- und Repertoiretheater vorgesehen hatten, wird inzwischen sogar von den Beteiligten zugegeben, nachdem man es lange genug zu leugnen versucht hat. Unter Dercon könne man die „vollständige Auslöschung von historischem Bewusstsein im Theater“ sehen, so Irmer. Nur, wer will das sehen?"

http://www.theaterderzeit.de/2018/01/
WOZ zur Volksbühne: die Volksbühne der Linken
Der Tobi Müller erwähnt zu Beginn die Frontstellung alter Osten versus neoliberaler Westen. Und deren holzschnittartige Zuspitzung im Diskurs.

Dahinter liegt noch eine hübsche Verschwörungstheorie.
Wer sich die Mühe macht auf der web-site der Partei "Die Linke" das Wort "volksbühne" einzugeben erhält fast 80 Ergebnisse.

Archiv der "Linken" seit 2007 mit Suchwort "Volksbühne"
https://archiv2017.die-linke.de/nc/service/suche/suche/ergebnis/volksb%C3%BChne////dielinke/score/1/

Neujahrsempfang der "Linken", das "Fest der Linken", der kommunistzische Kongress, linkes Kinderfest usw. usft.
Ob es so wahnsinnig geschickt von Castorf war die Volksbühne als Plattform ausschliesslich einer Partei zur Verfügung zu stellen ist zweifelhaft. Sicher entsprach es seiner Überzeugung 1994 Bisky, Bartsch Vietze und andere zum Hungerstreiken in die Volksbühne gelassen zu haben, und ich glaube sofort, daß Castorf nie "abhängig" gehandelt hätte.
Aber man zeige ein Theater in Berlin, daß sich auf so distanzlose und unkritische Weise einer Partei zur Verfügung gestellt hat wie die Volksbühne. Von mir aus gerne aus Überzeugung.
Aber von Überparteilichkeit kann keine Rede sein.

Dass das auf Dauer ein Dorn im Auge der SPD war, nachdem sich Rot/Rot 2013 erstmal erledigt hatte ist wohl klar. Ergo der Auftrag an Tim Renner: Bitte mal den Dieter Dehm und den Lafo von der (Volks)bühne schubsen.

Bevor hier jemand schreit - sehet hier: Dieter Dehm, Oskar, Katja, Bernd und Sarah bei der aktiven Kunstausübung auf der (Volks) bühne - We shall overcome - mit einem gerührten Parteipublikum.Schrecklich-schön.
https://www.youtube.com/v/Eiaa6uKLahg

Das geht ans Herz - und ist natürlich aus ideologischen Gründen bei Dercon nicht mehr möglich. Man stelle sich vor: Dercon begrüsst Lederer und Bartsch anlässlich des Neujahrempfang der Linken - und wünscht viel Vergnügen ;-))

Natürlich blöd für "Die Linke", daß sie jetzt in rigendeine neoliberale Eventbude muss. Denn so gerne die Khuons und Reeses und Ostermeiers, den Castorf, den Kuttner und den Fritsch eingekauft haben - so weit halten sie sich die Partei "die Linke" vom Leib - nach dem (west)prinzip - schön Abstand halten, man weiss nie wer die nächste Wahl gewinnt.Und Frau Grütters will nicht verärgert werden.
WOZ zur Volksbühne: eher das Problem
#5: Da ist m.E. viel dran, an dem was Sie schreiben! - Trotzdem denk ich, dass es für die SPD und alle mehr oder weniger Anti-Linke-Parteien eher das Problem war, dass ausgerechnet der Beistand eines Alt-Ostdeutschen-Unparteischen mit einer so über Landesgrenzen hinausreichenden, durchsetzungsfähigen Bühnenästhetik - seiner KUNST also - der Stachel im gern deutsch-deutsch politisch bequemem Fleisch war...
WOZ zur Volksbühne: Stimmungsmache
Liebes dasherzschlägtlinks,

diese ganze Mythologisierung des Konflikts, dieses Besetzen eines Themas mit Begriffen wie „links“/„rechts“ und „sexistisch“ oder „feministisch“, „Ost“/“West“ ist mittlerweile so unglaubwürdig. Diese ganze Idee der Säuberung an der Volksbühne kann man kaum noch hören. Es war doch völlig klar, dass Castorf, Pollesch, Fritsch und Marthaler nicht aus dem Theaterbetrieb entfernt werden können. Mehr noch, Dercon hätte sie doch alle selber gerne übernommen, wenn sie sich hätten nur übernehmen lassen. Da wären ihm dann all diese Begriffe völlig gleichgültig gewesen.

Jetzt, im Nachgang die Ereignisse umzudeuten und die Zuschauer in eine Art Bekenntnissituation zu bringen: Wenn ihr mein Theater besucht, ist das auch ein Votum gegen die Alt-Marxisten, die Kulturlinken in der Krise, und die castorf´schen Sexisten, ist reine Stimmungsmache und verschleiert doch nur die wahren Vorgänge.

Es ist Dercon nicht gelungen, nach zwei Jahren Vorbereitungszeit, eine wirkliche, ehrliche Verquickung und Verschränkung der Künste zu präsentieren. Tanzabende finden schön brav neben einer Sprechtheaterveranstaltung statt. Und wenn einmal im Foyer dazu Installationen gezeigt werden, so durchdringen sich die beiden Formen dabei nicht. - Wenn Charmatz mit Anne Tismer und Asmus 10000 tausend neue Beckett-Gesten erfunden hätten, in einem Bühneraum von Apichatpong Weerasthakul, extra neu produziert für die Volksbühne, dann könnte man davon reden, dass Dercon und Piekenbrock ihre Versprechen eingelöst hätten. Oder wenn Mohammad Al Attar seine syrischen Frauen mit dem Frauenbild von Susanne Kennedy konfrontiert hätte, ja dann, dann könnte man von einer spannenden Verschränkung verschiedener Kulturkreise und Kunstformen reden. Aber so?!
Eine kreuzbrave Aufführung neben der anderen und als Sahnehäubchen oben drauf „The show must go on“.

Und hinter alldem verbirgt sich eine handfeste Krise des Hauses. 22Zig Vorstellungen der sieben wesentlichen Produktionen an 59zig Spieltagen im Januar und Februar. Warum nur? - Vielleicht weil man sich bei 73zig Gästen gar nicht mehr Vorstellungen leisten kann? Denn immerhin, rechnet man nur 1000,00 Euro Gage für jeden Gast pro Abend, kommt man auf die stattliche Summe von 251000,00 Euro Gage für 73zig Gäste und 22zig Vorstellungen.

Normal wären aber in zwei Monaten circa vierzig bis fünfzig Vorstellungen, jeweils drei pro Monat von diesen sieben Produktionen. Für ein Ensemble leicht zu leisten. In einem Gastspielbetrieb wären man dann aber bei einer Gesamtgage für zwei Monate von einer halben Million für alle Gäste angekommen. Und das ohne Hotel- und Reisekosten. Da bekommt man dann eine Idee davon, warum man aktuell gerade einen neuen Geschäftsführer für das Haus sucht. - „Liberal oder Links“ hin oder her: Wie soll sich das rechnen? Wer soll das bezahlen?

Sicherlich kann man mir eine prosaische Haltung in alledem unterstellen, die sich nicht mehr auf das politische „Geschunkel“ der Feuilletons einlassen möchte, aber ich sehe da eine mittelgroße, wirtschaftliche Krise auf das Haus und die Kultursenatsverwaltung zu kommen, wenn nicht irgendjemand bald anfängt genauer nachzurechnen, was so ein dercon´sches Gastensemble wirklich kostet.
WOZ zur Volksbühne: Traumgage
1000 Euro Gage pro Abend? Da können 90 % aller Gäste am deutschsprachigen Theater nur von träumen! Die Rechnung geht nicht auf!
WOZ zur Volksbühne: Bezahlung und Einsatz
ich möchte nur mal anfragen wie herr dercon die 4 verbliebenen ensemblemitglieder bezahlt und wie sie dafür eingesetzt werden? danke
WOZ zur Volksbühne: zu wenig
Gebe Ihnen in allem recht, geschätzter Martin Baucks, nur in einem Detail nicht. Es werden sich nur noch sehr wenige BühnenkünstlerInnen auf deutschen Bühnen in der glücklichen Lage befinden, 1000 Euro Abendgage bekommen. Nun mag es natürlich sein, dass Piekenbrock auch sowas wie "allgemein verbreitete Abendgagen für Nicht-Superstars" anders handhabt als der normale Stadttheaterbetrieb. Vielleicht zahlt sie deutlich besser, was mich für die KünstlerInnen sehr freuen würde.
Dennoch habe ich Zweifel, dass 73 x 1000 die realistische Größenordnung wäre.
Das aber nur am Rande, wie gesagt, ansonsten gebe ich Ihnen in Ihren Ausführungen recht.

Ansonsten:
Piekenbrock und Dercon sind (was ich persönlich bedauere) gescheitert, weil sie mit Millionenetat in 2 Jahren Vorbereitungszeit nicht in der Lage waren, Weichen zu stellen für ein professionelles deutsches Theaterhaus mit lebendiger Auftaktspielzeit. Meinetwegen hätten sie Opern, Sprechtheater, Tanz oder alle möglichen Hybridformen ausprobieren können - meinetwegen auch tolle Gastspiela aus Belgien einladen können, ich wäre auf alles neugierig gewesen.

Aber zu wenig ist einfach zu wenig. Es ist ja auch nicht so, dass es andauernd Schließtage gäbe, weil sich andauernd Stücke in den Endproben befänden - denn dann müssten ja der Premierenreigen nur so brummen!

Ich frage mich leider, womit Piekenbrock und Dercon und ihr Team die letzten 2 Jahre genau verbracht haben.

Und zu Tobi Müller: Herr Müller scheint wirklich eine Faszination für das Thema "Ost/West" zu haben. Nach seinen nach meiner Erfahrung bereits bedauerlich tendenziösen Thesen bezüglich der Ost- und West-Seelen-Verschiedenheiten in Kontext mit Stockers dirty delayed Tiefschlag gegen ihre ehemaligen Dozenten legt er nun erneut diese Ost/West-Platte wieder mit auf. Warum nur?

Nein, Herr Müller. Die Meinungen zu Volksbühne lassen sich nicht in die Gruppen "Meinungen A und B von Menschen mit Ost-Biographie" und "Meinungen C und D von Menschen mit West-Biographie"einteilen. Vielleicht erstaunt Sie das als Schweizer, aber: Es scheint eine wachsende Anzahl von Menschen zu geben, die die bisherige Arbeit von Dercon und Piekenbock einfach enttäuschend unsichtbar finden, und diese kommen aus Ost, West, Nord und Süd. Bitte seien Sie nicht traurig, und halten Sie bitte weiterhin Ausschau nach den Tiefen und Untiefen der deutschen Seele(n). Herzliche Grüße!
WOZ zur Volksbühne: Versagen
Ich sehe nicht so wahnsinnig viel Kunst. Sondern viel sauschlecht geschriebene Kuratorensprechblasen. Es wäre mit diesem großzügig ausgestatteten Vorbereitungsetat sehr viel möglich gewesen. Daraus ist viel zu wenig gemacht worden. Und deshalb finde ich das falsch zu sagen Dercon braucht 2-3 Jahre Zeit. Er hat den Start krass vergeigt und kein ernstzunehmendes Fundament gelegt für eine erfolgreiche Arbeit. Das ist m.E. keine Hysterie der VB-Gegner sondern relativ leicht am Stellen- wie Spielplan belegbares Versagen.
WOZ zur Volksbühne: Kosten-Rechnung
Lieber Superstar, lieber PS,

ich gebe Ihnen Recht, natürlich ist das nur eine grobe Überschlagsrechnung. Die wahren Zahlen kann Ihnen nur das Haus selber nennen. - Aber setzen Sie einmal statt Gage den Begriff Kosten, dann sind Sie sehr schnell bei 1000,00 Euro pro Gast. Denn dieser ist in den meisten Fällen nicht ortsansässig, muss anreisen und untergebracht werden. Zu dem rechnete ich nur die Gäste auf der Bühne, nicht die Menschen hinter und vor der Bühne, die noch als Gäste hinzukommen, ich will und kann hier nicht ins Detail gehen. Außerdem griff ich lediglich die sieben wichtigsten Vorstellungen heraus. Nicht gezählt sind weitere Vorstellungen, Konzerte und anderes im großen Haus oder aber die kleinen Veranstaltungen im roten und grünen Salon. Apichatpong Weerasethkul habe ich völlig außen vor gelassen und ebenso akzeptiert, dass Mette Ingvartsen mittlerweile als Soloperformance angekündigt wird, obwohl in der Premiere auch einige ihrer Tänzerinnen auftraten. Auch nicht gerechnet wurden Probenzeiten, immerhin muss sowohl die „Iphigenie“, wie auch der Charmatz erst einmal vom Hangar ins große Haus umgesetzt werden.

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass mit 73zig Gästen erhebliche Kosten verbunden sind und man nicht einfach dazu übergehen kann von einem flexibleren, schlankeren Apparat zu reden, wie es Tobi Müller nahe legt. Auch stellen sich noch ganz andere pragmatische Fragen, die ich von hieraus nicht beantworten kann. Warum zum Beispiel wird die „Iphigenie“ sechsmal angesetzt? Und „Women in Trouble“ nur dreimal, obschon von den Vorverkaufszahlen gerade diese Vorstellung drei Doppelvorstellungen verdient hätte? Sind etwa die syrischen Darstellerinnen günstiger als die Schauspielrinnen von Kennedy? (Mal abgesehen vom sehr unterschiedlichen Bühnenaufbau.) Zumal bei Letzterer wenigstens der gesamte Saal mit seinen 840zig Plätzen bespielt wird, während bei der Mehrzahl der Veranstaltungen, so auch bei der „Iphigenie“ acht Reihen ausgebaut werden und nur circa 500 hundert Plätze verkauft werden. Womit wir, was die Gagen betrifft wieder in der Debatte der sehr unterschiedlichen Bezahlung wären, denn falls die syrischen Frauen weniger bekämen als andere Darstellerinnen, was die Anzahl der Aufführungen nahe legt, würde man zu recht nach dem Grund fragen müssen.

Auch kann man, was viel wichtiger ist nicht davon reden, dass nun ein Repertoire aufgebaut wäre, denn ohne ein Ensemble kann es kein frei verfügbares Repertoire geben. Das muss man einmal ganz grundsätzlich klären. Ein Repertoire ist etwas, dass ein Ensemble, auch wenn es zur Hälfte aus Gästen besteht, jederzeit, auch im Krankheitsfall abrufen kann. Davon darf bei der jetzigen Volksbühne keinesfalls die Rede sein. Und selbst wenn Castorf zeitweise mit nur neun Festangestellten arbeitete und um ebenso viele Gäste aufstockte, so war dies ein gewachsenes Ensemble und ist nicht vergleichbar mit einer Situation, in der vier Festangestellte über siebzig Gästen gegenüber stehen. Man kann sich bei einem solchen Verhältnis nicht mehr auf Castorf berufen. Und auch wenn, wie Kennedy es betont, die neue Leitung die Künstler selber wählen lässt, bleibt die Frage, wie sich diese über siebzig Künstler untereinander aufeinander beziehen könnten, wo sie doch im Alltag kaum Berührungspunkte haben.
WOZ zur Volksbühne: Apparat und Eignung
Es ist immer leicht dahin gesagt, Sätze wie: „Vielen KünstlerInnen steht die Ensemble-Idee heute im Weg.“ Was das im Einzelnen wirklich bedeutet, wie anonym die eigene Arbeit bleibt, wie wenig Identifikationspunkte es am Ende für das Haus und das Publikum gibt, wird dabei nicht untersucht. Man beruft sich auf Brecht, denn der hat immer Recht, der Apparat müsse auf die Eignung für das Kunstwerk untersucht werden, aber meinte Brecht damit tatsächlich einen Abspielbetrieb ohne Profil? Wohl Kaum. - Schlussendlich denke ich, wenn man alle Kosten für dieses dercon´sche System zusammen nimmt, wird der Betrieb wesentlich und erheblich teurer als ein Ensemble-Theater ohne sich dabei zu verschlanken und das Profil für das Haus wirklich zu verschärfen. Hierzu müsste man den Apparat in seiner Gesamtheit neu denken und dieses Modell dem Senat vorstellen, statt sich mit populären Begriffen in ein neues System hineinzuschleichen, dessen Vorteile sich bisher nach außen hin nicht darstellen lassen. Denn insgesamt wurde dem Ruf des Hauses erheblich geschadet.

Außerdem, über siebzig Gäste schaffen an 59zig Spieltagen nur 22zig Vorstellungen. Da ist ihnen fast jedes Ensemble in Berlin überlegen. Die Rechnung geht keinesfalls auf, wenn eine so große Schar an Gästen wesentlich weniger spielt, als um die Hälfte kleinere, feste Ensemble.
WOZ zur Volksbühne: schwer zu disponieren
Veehrter Martin Baucks,
ich ging irgendwie davon aus, dass die VB auch deswegen selten spielt, weil sie sich ihre Auslastungszahlen nicht versauen will. Weniger und voll macht eine höhere Auslastungsprozentzahl als mehr und leerer... Aber das war nur Theorie, ich könnte jetzt nicht von Besuchen von halbleeren Vorstellung berichten, und wenn Sie schreiben, dass "Women Trouble" super Vorverkaufszahlen hatte, dann scheint ja meine These diesbezüglich schonmal nicht stimmen zu können.

Vermutlich ist dann die Richtung, in der die Antwort liegt, eher die, in die Sie bereits blicken: Vielleicht lassen sich mehr Vorstellungen einfach wirklich schwierig entweder finanzieren (was ich nicht glaube, es gäbe ja auch Einnahmen), aber vermutich auf jeden Fall sehr schwer DISPONIEREN, weil alle diese Gäste ja vermutlich kaum der VB die Priorität über sie eingeräumt hätten.

Könnte mir vorstellen, dass man vielleicht mit den Gästen Gesamtpakete geschnürt, so im Sinne von "Probenpauschale, Abendgage, und hier sind gleich die ersten 10 Spieltermine, die wir hiermit fest vereinbaren."

Anders könnte ich mir eine Disposition überhaupt nicht vorstellen - es ist doch ein Grauen, wenn man ständig mehr als 10 Gäste anfragen muss. Das KBB ist nicht zu beneiden.

Und dann kann es eben sein, dass etwaige "Zusatzvorstellungen" ("Zusatzvorstellungen" im Kontext meiner These) schwer hinzubekommen wären.
WOZ zur Volksbühne: und zuständig für Theater?
Könnte mir noch eine/r weiterhelfen, ich finde auf der Seite der Volksbühne unter "Service -> Kontakt" eine Art kleine Hausbesetzung, und da steht unter der Programmdirektorin Mariette Piekenbrock unter dem Begriff "Programm"
1) eine Ansprechpartnerin für "bildene Kunst"
2) ein Ansprechpartner für "Film"
3) eine Ansprechpartnerin für "Literatur"
4) ein Ansprechpartner für "Text & Vermessung der Volksbühne"
5( und ein Ansprechpartner für "Musik"

Wer wäre denn der/die Zuständige für Theaterstücke? (Sprechtheater)? Vielleicht die Zuständige von "Litertur" oder der Zuständige für "Text"? Rätselhaft.

(Ich kopiere hier absichtlich jetzt keine Namen von Einzelpersonen rein. )
WOZ zur Volksbühne: das Elend dieser Debatte
Wissen Sie liebes PS,

das alles hat doch kein System, es ist aus der Not geboren und muss im Nachhinein erklärt werden. Das ist das ganze Dilemma. Dahinter steht keine wirkliche Haltung. Ein Konflikt wird vorsätzlich mit den falschen Begriffen besetz. Springt auf Trends auf, Sexismus und andere, missbraucht ihre Sprache, um zu überleben. Man übertüncht kläglich Missstände, die längst nach außen sichtbar sind und führt große Hausnummern an: Was sagt das über den deutschen Körper, wenn man sich auf der Bühne als Schauspielerin verausgabt?!

Als ob französische, italienische oder polnische Darsteller nicht kraftvoll auftreten müssten.

Ich verzichte jetzt mal auf die Reihe wundervoller "deutscher " Körper auf der ehemaligen Volksbühne, die Kennedy beklagt, denn sie sind hinreichend bekannt und zu recht in letzter Zeit ausgezeichnet worden.

Und ja, die Körper von Kennedy sind unmenschlicher und posthumaner. Was soll's. Es ist ein Elend in dieser Debatte.
WOZ zur Volksbühne: Wie überlebt man von Gage?
Eine Sache wollte ich noch fragen, wenn bezweifelt wird, dass tausend Euro Gage pro Abend bezahlt werden, wovor leben die Darsteller dann, wenn sie im Januar und Februar nur drei Vorstellungen haben? Kann ich dann als Schauspieler nur überleben, wenn ich in einer erfolgreichen Vorstellung spiele, die oft angesetzt werden kann?!
WOZ zur Volksbühne: Gagen-Vermutung
Als Gast gilt in der Tat: Je mehr Vorstellungen desto besser. Diese müssen natürlich nicht alle an einem einzigen Haus sein. Und vielleicht noch den einen oder anderen Funk oder Drehtag? Es ist ohne Frage für die meisten nicht-festangestellten Schauspieler (nicht nur) finanziell gesehen ein sehr schwieriges Berufsleben, da die Möglichkeiten, zu gastieren, nicht gerade breit gefächert sein dürften an den Theatern Deutschlands, vor allem, wenn man nicht sehr berühmt ist und/oder sehr viele RegisseurInnen kennt, die einen immer wieder mitnehmen, wenn sie irgendwo inszenieren.

Ich denken hinsichtlich der VB wirklich inzwischen, dass für alle oder die meisten der über 70 Gäste von vorneherein Gesamtpakete geschnürt wurden, die Probenpauschale, Abendgagen, Reisearrangements und festgelegte Vorstellungstermine beinhalten. Wie sollte das KBB sonst in der Lage sein, auch nur einen einzigen Monat zu disponieren, bei so vielen Gästen, die vermutlich auch andere Verpflichtungen haben?

Wie gesagt, Herr Baucks, aber vielleicht haben Sie auch recht mit Ihren Hochrechnungen, denn Piekenbrock macht ja so viel anders als es jede Leitung an einem Stadttheater machen würde - vielleicht zahlt sie die KünstlerInnen auch viel besser, weil sie aus ihrer langen Zeit in der freien Szene um die finanziell prekären Berufssituationen für nicht festangestellte Tänzer und Schauspieler und Musiker weiß und derzeit einen Etat zur Verfügung hat, der höher ist als jeder Etat in der freien Szene, und der eventuall erlaubt, mehr zu zahlen? Es wäre den KünstlerInnen zu wünschen.
WOZ zur Volksbühne: voller Risiken
Schauen Sie, liebes PS, erinnern wir uns einmal, das Satellitentheater im Hangar von Kéré wurde auch deshalb nur zur Hälfte realisiert, weil die andere Hälfte der Lottogelder direkt in die Produktionen investiert werden mussten, und da ging es keinesfalls um große Bühnenaufbauten oder ausufernde Theatertechnik. Schon da entstanden finanzielle Engpässe, deren Kéré zum Opfer fiel. Nun werden notgedrungen zwei dieser Produktionen auf das große Haus umgesetzt, weil es einfach nicht ausreichend Abende für das Stammhaus gibt und das Theater vom Hangar ist eingemottet.

Alle Vorstellungen werden zu über 90zig Prozent mit Gästen realisiert. Da kann man dann auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht beliebig viele Abende ansetzen. - Tobi Müller sagt zu recht, dass heute die Ensemblestruktur anders aussieht, nur wer ist denn von den über siebzig Gästen davon wirklich betroffen? Die großen Star´s, die Müller so lässig Kleinunternehmer nennt, sind ja erst einmal weg.

Da werden Vorteile an einem Beispiel diskutiert, die sich bei näherer Betrachtung als Luftnummern heraus stellen. Da müsste das Haus erst einmal sein, dass es sich um Stars mit anderen Häusern und Filmproduktionen streiten müsste. Und das dort viele Tänzer engagiert wurden, die eigentlich noch feste Verpflichtungen in einer anderen Stadt abzuarbeiten haben, wurde bewusst in Kauf genommen.

Das ganze ist ein sehr instabiles Gebäude voller Risiken jeder Art. Und dabei geht es weniger um „Ost“ und „West“, „Feministisch“ versus „Sexistisch“, es geht vielmehr um die Qualität der Abende, um „gut“ oder „schlecht“ im Sinne der Theaterkunst. Und neben dem mangelhaften künstlerischen Output gibt es eben auch noch ein selbstgeschaffenes strukturelles und wirtschaftliches Problem. Das alles müsste nicht sein, wenn man die zwei Jahre Vorbereitungszeit intensiv genutzt hätte, um ein stabiles, belastungsfähiges neues System zu entwickeln. Hat man aber nicht.

Stattdessen wurde ein funktionierendes System von einem riskanten Modell abgelöst, dessen Schwachpunkte man hätte vorab gut erkennen können. Und nun ist die Sache erst einmal gescheitert und man steht vor den Trümmern der eigenen Unternehmung und versucht diesem Unfall doch noch einen Spielplan abzuringen, mit sehr mäßigem Erfolg, wie man deutlich sehen kann. Da wäre es nur recht, wenn man jetzt, auf den Trümmer stehend, nicht auch noch große Reden schwingen würde, wo man doch nur kleine Brötchen zu verkaufen hat. Und wie man den Kahn jemals wieder flott kriegen möchte, steht in den Sternen, den bei den Auslastungen sieht es für März eher finster aus. - Und wo ist eigentlich die Pressekonferenz für die Vorstellung der Pläne der zweiten Hälfte der Spielzeit bis zum Sommer? Entfällt die aus Mangel komplett, damit sich das Desaster nicht vollends offenbart?
WOZ zur Volksbühne: peinlich
(...) Wer als Kritiker so in den monatlichen Pressenotizen der Volksbühne gegen die übrige Presse in Stellung gebracht wird, der sollte sich tatsächlich überlegen, ob er nicht vielleicht doch ein kleines Problem mit der Objektivität oder gar Neutralität hat. Wie gesagt, peinlich das (übrigens auch von der Presseabteilung der Volksbühne selbst). Ich würde mir das verbitten.
WOZ zur Volksbühne: Plakate
@19
Zur Pressekonferenz im Mai 2017 wurde auch ein zweiter roter Band versprochen zum weiteren Fortgang der Spielzeit. Wir haben den 11. Januar. Aktuelle Plakate habe ich auf den Straßen auch noch nicht gesehen. Schon vor einiger Zeit wurden die Fahnenmasten auf dem Dach abmontiert, ebenso die Vorrichtungen für die Banner am Haus.
WOZ zur Volksbühne: Plakat
@21: Irgendein Dercon-Plakat habe ich eben in Neukölln gesehen (irgendwo an der Hobrechtstraße), bewirbt Januarvorstellungen.

Das zweite rote Buch (sic) vermisse ich auch.

Dass die Fahnenmasten und Bannervorrichtungen weg sind, ist keine Überraschung. Dercon hatte ja publik erwähnt, dass er das Gebäude in seiner "puren Gestalt" (kein Wortzitat) zeigen möchte. Ist sicherlich für die Schleef-"Premiere" dienlich, dass da nix hängt.
WOZ zur Volksbühne: Niveau
@20 Lieber Stefan, ernsthaft? Wer es wagt, die Volksbühne differenziert zu betrachten und nicht alles Scheiße zu finden, ist per se nicht objektiv und automatisch diskreditiert? Das ist das Niveau, das du hier einziehen willst? Und natürlich ist es ungehörig für ein Theater, nur positive(re) Kritikerstimmen zu veröffentlichen. Das macht ja bekanntlich nur die Volksbühne.
WOZ zur Volksbühne: kein Experte
Nein, das macht natürlich nicht nur die Volksbühne. Aber der Stil der ja nur für die Presse bestimmten E-Mail von Herrn Ehmann verwundert mich. Und ich habe auch persönlich nichts gegen Tobi Müller. Gott bewahre. Aber die Machart dieser Presseaussendung der Volksbühne macht ihn nun angreifbar. Ich findet es geradezu instinktlos von der Presseabteilung der Volksbühne. Nichts anderes wollte ich damit mitteilen. Aber vermutlich hat das kaum jemand wahrgenommen, deshalb insistiere ich hier. Es wird sich ein verkorkster Start schöngeredet und noch darauf gehofft, dass das jemand als Pressemitteilung zum ersten Spielzeitfazit veröffentlicht. Inhaltlich könnte ich natürlich auch an Tobi Müllers Artikel rummäkeln. Er sollte bitte aufhören, sich als Experte für Ost-West-Befindlichkeiten zu betätigen. In der Schweiz glauben die sonst noch diese Kurzschlüsse. Ansonsten kann ich nicht nachvollziehen, wie sich hier merkwürdig einseitige Hintergrundrecherche und die Theater-Kritik einzelner Volksbühnenaufführungen zu einem höchst subjektiven Positivbild vermengen. Das stößt mir in dem erwähnten Zusammenhang auf.
WOZ zur Volksbühne: West-Ost-Deutsch-Deutsch
#24: Da ist ja Tobi Müller nicht allein jemand, der sich als Ost-West-Deutsch-Kritiker-Experte betätigt. Da denken vermutlich auch einige Österreicher, das kann nicht schaden, wenn sie mit ihrer Expertise ihre MitbürgerInnen aufklären über wie West-Ost-Deutsch-Deutsch geht. Und da können die Österreicher wie die Schweizer auch über kurz oder lang glauben, was und wem sie gerne möchten oder müssen.
WOZ zur Volksbühne: Schönreden ist grausam
Ein Scheitern ist ja an diesem Theater gar nicht vorgesehen, obwohl es eigentlich nur um „Gelingen“ und Misslingen“ geht. Aber auf diesen Premierenkampf hat sich das Haus, außer bei zwei Produktionen, erst gar nicht eingelassen. Da sollte „schon international Überprüftes“ gezeigt werden. Da lässt sich doch ein Scheitern nicht einmal denken. Von daher handelt es sich nicht einmal um ein Schönreden, ein Weglächeln, sondern um die Arroganz eines Teams, das schon wusste, es würde auf jeden Fall „gut sein“, nein „besser sein“ als alle anderen. Immerhin handelt es sich laut Piekenbrock um das „freieste Theater“ überhaupt. Scheitern hatte da keine Chance. Es war und ist schlicht keine Option.

Wenn man aber jedes von außen kommende Urteilsvermögen von vornherein ausschließt und den Feinden zurechnet, dann fehlen einem in zweierlei Hinsicht entscheidende Grundlagen: Einmal, dass man vor sich selbst einräumt überhaupt scheitern zu können, und aber auch, dass man selber für das Scheitern blind war und erst die Premiere und die darauffolgenden Aufführungen einem zeigen, dass etwas nicht stimmig ist. Diese Einsichten verwehrt das neue Team und niemand wird sie in ihrem Flug stoppen können, außer diejenigen, die jetzt noch Macht über den Vorgang haben. Die rühren sich aber nicht. Sie drücken beide Augen zu, weil es für sie selbst zu schmerzhaft wäre ein „Misslingen“ einzugestehen. Sie würden ebenso Schaden nehmen.

Schönreden ist grausam. Man tut es Kindern an, die sich nicht wirklich wehren können. Nachdem Unfall im fremden Wagen gehen alle um das Auto und sagen:
Aber wir haben ja noch unser Leben und eigentlich ist die Reise doch schön. Der Totalschaden scheint verschmerzbar.

Hier aber ist es noch brutaler. Man leugnet den Totalschaden und das man nun zu Fuß weiter gehen muss. Und wer das nicht ebenso sieht, ist ein Dummkopf. Letztendlich ist es ein Theater, dass keine wirklichen Zuschauer will. Eines, dass sich einbildet, die richtigen Zuschauer kämen erst noch. Und bis dahin müsse man sich eben mit den falschen abfinden. - Bei allen Äußerungen der Leitung spürt man deutlich dieses Gefälle, dieses von Oben herab, wenn man die Zuschauer und Kritiker anspricht.

Wir wissen, was gutes Theater ist. Und Berlin muss das erst von uns lernen. Berlin ist eben eine renitente Schülerin, die man beharrlich zu Besserem zwingen muss oder aber links liegen lassen darf, in Erwartung der echten, der guten und richtigen Zuschauer, die schon bald kommen werden. Ganz gewiss. Nur Geduld. In drei Jahren ist es soweit. Bis dahin machen wir einfach weiter, auch ohne Ensemble und neues Programm. Wer braucht das schon! Phöö!
WOZ zur Volksbühne: Aufarbeitung
Holger Syme

Die theaterwissenschaftliche Aufarbeitung der Situation an der #Volksbuehne beginnt: Vorveröffentlichung auf dem Blog, im Mai in Theatre Survey.

http://www.dispositio.net/archives/2483
WOZ zur Volksbühne: Monopol schützt
Im neuen Monopol-Magazin wird Dercons Oktober-Lücke in Schutz genommen:

https://monopol-magazin.de/berlins-geheimstes-kunstprojekt-khrzhanovskij-dau
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