Presseschau vom 19. Februar 2018 – Die Berliner Zeitung hat sich hinter den Kulissen der Dercon-Volksbühne umgeschaut und stößt auf massive Unterbeschäftigung

Das Leid der Volksbühnen-Gewerke

Das Leid der Volksbühnen-Gewerke

19. Februar 2018. Petra Ahne hat sich für die Berliner Zeitung (18.2.2018) hinter den Kulissen der Berliner Volksbühne des Neu-Intendanten Chris Dercon umgeschaut. Es ist ein Szenario der Unterbeschäftigung und Ratlosigkeit, das sie zeichnet. Um die zweihundert Mitarbeiter der Gewerke bangen um ihren Job, weil ihre Arbeitskraft für das Programm der Dercon-Volksbühne, für das viele Produktionen von außerhalb eingekauft wurden, nicht benötigt wird.

Wo ist Dercons Idee?

Ahne sprach u.a. mit dem Leiter der Werkstätten Frank Mittmann, der sich über den Spielplan des Dercon-Teams beugt: "Von dem, was die Volksbühne hundert Jahre lang war, ein Sprechtheater, ist nicht viel geblieben. Aber auch eine neue Idee kann Frank Mittmann nicht erkennen. Er hat versucht, sich hineinzudenken in die Sache, wie er es immer macht, zu verstehen, was Chris Dercon will. Aber diesmal gelingt es einfach nicht."

Reine Volksbühnen-Eigenproduktionen, die auf die Werkstätten zurückgriffen, seien Iphigenie, Women in Trouble und "Liberté" von Albert Serra, das in dieser Woche Premiere hat. Ab und an werden die Werkstätten auch von dem Künstlerpaar Calla Henkel und Max Pitegoff sowie für die Webserie "Rheingold" aktiviert. "Genug, um 26 Menschen zu beschäftigen, ist das aber nicht."

Wo ist das Zusammenspiel der Fähigkeiten?

Ein ähnliches Bild zeigt der Blick in die Kostümabteilung. Auch für deren Leiterin Ulrike Köhler und ihre 30 Mitarbeiter*innen gab es zuletzt wenig zu tun. Selbst für "Iphigenie" habe die Pariser Kostümbildnerin der Produktion die Kleidung extern eingekauft. "'Freie Gruppen kennen das nicht anders', sagt Ulrike Köhler. 'Mit einem Fundus, mit einer Kostümabteilung zu arbeiten, das muss man gewohnt sein.' Es bedeutet auch, eine Idee loszulassen, ein Zusammenspiel der Fähigkeiten zu erlauben."

Hintergrund für die Sorge ist die Autonomie, die die Volksbühne innerhalb der Berliner Theaterlandschaft besitzt und die der bisherige Intendant Frank Castorf bis zuletzt verteidigt hat: Alle anderen Häuser lassen Bühnenbilder und Kostüme beim "Zentralen Bühnenservice anfertigen, einer riesigen Werkstatt mit 260 Mitarbeitern am Ostbahnhof". Lediglich die Volksbühne besitzt bislang noch eigene Werkstätten.

(Berliner Zeitung / chr)

mehr medienschauen