Presseschau vom 25. März 2018 – Ersan Mondtag fordert einen Aufschrei, weil die CSU sich wider die Intendanz von Matthias Lilienthal an den Münchner Kammerspielen positioniert hat

Einmischung ist Anmaßung

Einmischung ist Anmaßung

25. März 2018. Im Spiegel-Interview regt sich Regisseur Ersan Mondtag "sehr darüber auf", dass mit der Intendanz Matthias Lilienthals 2020 Schluss sein soll (Lilienthal hatte sich aufgrund "fehlenden Rückhalts" selbst gegen eine Vertragsverlängerung entschieden, das Ensemble hat sich daraufhin hinter Lilienthal und seine künstlerische Linie gestellt): "Es sollte uns alle alarmieren, was da grade in München passiert." Dass Richard Quaas, der kulturpolitische Sprecher der CSU, auf Facebook als Kammerspiele-Maßstab "deutsches Sprechtheater" statt experimenteller Bühnenkunst ausgerufen habe, sei eine "Anmaßung", so Mondtag. Es könne "nicht sein, dass Politiker Theaterleuten inhaltlich oder formal vorgeben, wie sie ihre Arbeit zu machen haben." Man könne Programm oder Auslastungszahlen kritisieren, "aber die Einmischung in die künstlerische Arbeit ist höchst problematisch."

Er wünsche sich "einen Aufschrei, auch von Schriftstellern, Museumsleitern und Wissenschaftlern, gegen die Bedrohung, die es bedeutet, wenn eine Partei ihre Vorstellung von 'deutschem Sprechtheater' für die einzig angebrachte hält." Es habe unter Lilienthal ja durchaus "anspruchsvolles Sprech- und Schauspielertheater gegeben", etwa von Yael Ronen oder Simon Stone. Überhaupt sei an dem Haus "extrem viel passiert", das Haus sei international erfolgreich. "Das alles hat man nun (…) abgewürgt durch einen kunstfeindlichen Akt."

(ape)

 

Kommentare  
Presseschau Kulturpolitik München: Stille
So eine komische Stille bei so einem wichtigen Thema!
Ist das eben diese Münchner Stille? Da haben sie keine freie Szene, dann mal so ein Experiment, das vom ganzen Land beäugt wird und öfters auch bejubelt. Und dann schweigen die MünchnerInnen. Vielleicht ist den MünchnerInnen ihr Theater irgendwie egal? Oder hört man einfach nichts weil zu weit weg?
Presseschau Kulturpolitik München: selbsterklärende Stille
Sehr geehrte Herr Schwarz, die laute Stille hat auch damit zu tun, dass das Haus eben nicht die Qualität und Wirkung hat, wie oft behauptet. Die Stimmung im Haus soll auch erleichtert und froh sein, dass das Experiment Lilienthal vorbei ist. Auch die Stille hier und nicht nur in der Stadt ist ja wohl selbstredend.
Presseschau Kulturpolitik München: Aufschreien?
Wie kommt Ersan Mondtag darauf, dass ausgerechnet in diesem Fall ein Schriftsteller-Aufschrei erfolgen müssen? Ich kann mich über mehr als zwei Jahrzezehnte rückblickend nicht entsinnen, dass das Theater hier einen Aufschrei wegen eines Schrifstllers - oder gar einer Schriftstellerin - zuwege gebracht hätte... Und nun fehlen ihm wegen Lilienthal auf einmal sprach-professionelle Aufschrei-Kompetenzen? War denn der hauseigene Kammerspiel-Appell nicht schön genug?
Presseschau Kulturpolitik München: Aufschrei?
“Er wünsche sich "einen Aufschrei, auch von Schriftstellern, Museumsleitern(...)“
Museumsleiter, wirklich? Vielleicht wie Dercon in Berlin? Denn so ähnlich kommt Lilienthal hier in München bei vielen an. Und, nein, Lilienthal musste hier - nach Baumbauer und Simons - niemandem zeigen, wie modernes & international aufgestelltes Theater geht...
Presseschau Kulturpolitik München: Parallele 'Marthaler in Zürich'
Letztlich kann ich es nicht wirklich beurteilen, weil ich nicht in München lebe, ob diese Stadt so ein Experiment braucht. Interessant finde ich aber sicher die Parallelitäten zwischen dem Fall Marthaler am Schauspielhaus Zürich 2002 und dem Fall jetzt. Auch 2002 hiess es in Zürich (und das nicht nur bei so konservativen Politikern, sondern auch aus der linksliberalen Theaterszene selber: „Sowas brauchen wir hier nicht!“ Wss genau dieses „sowas“ das man nicht braucht, denn heute ist, ist nicht klar. 2002 meinten die Leute damit Schlingensief, Stefanie Carp & Marthaler-Slapstick (was für eine Blamage für diese Ignoranten, die das damals nicht wollten - aus heutiger Sicht). Heute meinen die, die in München sagen, das man „sowas“ nicht brauche, wohl, so vermute ich: Diversität auf der Bühne, Risikoprojekte, Überschreibungen von Klassikern, hohes Gender-Bewusstsein der PerformerInnen, Queerness.... (und, oh Graus: abgesagte Projekte)..diese Leute wollen scheinbar ihr gutes solides Baumbauer/Simons Theater - und wohl auch ihre solid gemachten Biedermann & die Brandstifter Adaptionen zurück (Schnarch).
Presseschau Kulturpolitik München: Schmausi
Es gibt jetzt nur noch einen, der diesen Job großartig lösen kann : Thomas Schmauser muss Intendant der Kammerspiele werden.
Presseschau Kulturpolitik München: FC Bayern Prinzip
Nach Götze und Lewandowski kaufen wir jetzt von Dortmund Kay Voges; derzeit die einzig vorstellbare Alternative in Abgrenzung zum Residenztheater.
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