Presseschau vom 5. Mai 2018 – Im Tagesspiegel fordert Eberhard Spreng eine Neubewertung der Berliner Theaterlandschaft

Zuwenig Welttheater

Zuwenig Welttheater

5. Mai 2018. "Wie steht es heute um Profile, Ziele und Aufgaben der Berliner Theater?" fragt Eberhard Spreng im Tagesspiegel und bemängelt zuwenig Engagement der Berliner Festspiele fürs Theater der Hauptstadt: Das Haus der Festspiele, derzeit während des Theatertreffens Herz des deutschsprachigen Theaterbetriebs, stehe nach der Abschaffung der internationalen Festivals Foreign Affairs und Spielzeit Europa übers Jahr zu oft leer.

Derweil machten sich im Rest von Theaterberlin "viel zu viele Akteure in viel zu vielen Kleinfestivals im kleinen und mittleren Bühnensegment, mit fast uniformer ästhetischer Ausrichtung und entlang von ein paar gerade herrschenden Diskursmoden Konkurrenz", so Spreng. "Deshalb meint in Berlin jeder, mit internationalem Theater bestens versorgt zu sein, während doch ganze Segmente des Welttheaters weggebrochen sind."

"Die späten Meisterwerke eines Krystian Lupa fehlen genauso wie das frühe Meisterwerk des jungen Julien Gosselin: Sein epochemachendes '2666' nach Roberto Bolaño kam nur bis Köln", beginnt Spreng eine lange List von Arbeiten, die er gerne in Berlin gesehen hätte und die aber "für das HAU und für die andere Berliner Festivals viel zu groß und zu teuer" seien. "Die Festspiele konzentrieren sich derweil darauf, sich als Co-Produzent von kleinen Stücken sporadisch in diversen kleinen Räumen der Stadt ein eigenes Profil in der beliebten Mischzone zwischen Kunst und Theater zu erarbeiten. Das braucht viel Kuratorenprosa und interessiert trotzdem wenige."

Anscheinend seien die den Ensembletheatern angegliederten Festivals – wie das FIND der Schaubühne oder der Herbstsalon des Gorki – "durch die Anbindung an die jeweiligen Spiel- und Denkkulturen derzeit besser akkreditiert als die Programme der naturgemäß spartenübergreifenden und schwer zu definierenden Bundeskulturhäuser", so Spreng.

Aber je besser das Haus der Berliner Festspiele in der ehemaligen Freien Volksbühne internationale Bühnenkunst abbilde, umso besser könne man auch die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz "von solch irrigen Aufgabestellungen verschonen wie denen, die zu Chris Dercons Berufung und seinem Scheitern geführt haben".

(sd)

mehr medienschauen