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12. Juli 2018. Ferdinand von Schirachs "Terror" ist der Theatertext, der auf deutschsprachigen Bühnen in der Spielzeit 2016/17 am häufigsten aufgeführt wurde. Das gab der Deutsche Bühnenverein heute in seiner Pressemeldung zur Werkstatistik 2016/17 bekannt.

Mit 40 Inszenierungen im deutschsprachigen Raum ist von Schirachs Gerichtsdrama mit Abstand Spitzenreiter im Schauspiel der Saison 2016/2017. Auf dem zweiten Platz steht Goethes "Faust" mit 27 Inszenierungen, gefolgt von Lessings "Nathan der Weise" mit 25 Inszenierungen und Wolfgang Herrndorfs "Tschick", dem Erstplatzierten der Vorjahre, mit 24 Inszenierungen. Auch bei den Aufführungszahlen liegt "Terror" mit 820 Aufführungen an der Spitze der Top Twenty im deutschsprachigen Raum, bei den Zuschauerzahlen auf Platz 4 nach "Old Surehand" nach Karl May, "Im Schatten des Todes" von Anna-Theresa Hick und Peter Hick sowie "Winnetou I".

Unter den zwanzig am häufigsten inszenierten Schauspielstücken sind sieben zeitgenössische Theatertexte, drei Literatur- und eine Filmadaption sowie neun (moderne) Klassiker. Lediglich einer der Titel stammt von einer Autorin: "Kunst" von Yasmina Reza.

Bei den Projekten/Performances dominiert in der Spielzeit 2016/17 das Regiekollektiv Rimini Protokoll mit sechs Produktionen die Top Ten der Aufführungszahlen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auf Platz 7 ist Gob Squad vertreten mit "War and Peace", auf Platz 10 Milo Rau mit "Five Easy Pieces".

In der Oper führt Humperdincks "Hänsel und Gretel" mit 33 Inszenierungen die Werkstatistik 2016/17des Bühnenvereins an, gefolgt von Bizets "Carmen" mit 24 Inszenierungen und der sonst häufig erstplatzierten "Zauberflöte" von Mozart mit 23 Inszenierungen.

Weder in Oper, Operette noch Musical in Deutschland ist eine Komponistin unter den Top Ten, wie der Bühnenverein bemerkt: "Während derzeit eine intensive Debatte über die Repräsentanz von Frauen vor und hinter der Bühne geführt wird, dürfte es im Bereich der Autorinnen und Autoren eines Repertoires, das sich über Jahrhunderte entwickelt hat und sich nur langsam verändert, besonders schwierig sein, eine gerechtere Beteiligung aller Geschlechter zu erreichen."

Unter den in der Statistik aufgeführten insgesamt 3.727 Urheber*innen von Theaterwerken – Autor*innen, Komponist*innen sowie Choreograf*innen – fänden sich immerhin 976 Frauen, was einer Quote von 26 Prozent entspricht. 7 Prozent aller Werke seien von Kollektiven erschaffen, vornehmlich im Bereich "Projekte/Performances".

Die Werkstatistik 2016/2017 beruht auf den Daten zu Werken und Inszenierungen samt Aufführungs- und Zuschauerzahlen von 461 teilnehmenden Theatern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

(Deutscher Bühnenverein / eph)

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Kommentare  
Werkstatistik: mehr Komponistinnen!
Sie schreiben "weder in Oper, Operette noch Musical in Deutschland ist eine Komponistin unter den Top Ten".
Wenn ich mir die Statistik auf der Homepage vom Deutschen Bühnenverein komplett ansehe, dann sieht man unter "DIE ZEHN MUSIKTHEATER-URAUFFÜHRUNGEN MIT DEN HÖCHSTEN AUFFÜHRUNGSZAHLEN" (bzw. auch ZUSCHAUERZAHLEN) an zweiter Stelle eine Komponistin. Eine ist definitiv zu wenig, aber zumindest ein Anfang und es wäre sehr wichtig, wenn sich mehr Intendanten trauen würden, auch Werke von Komponistinnen auf den Spielplan zu setzen.
Werkstatistik: Wette
traurig diese statistiken! und noch etwas: wie viel prozent der männer auf den listen sind nicht "weiß" oder mitteleuropäischer abstammung? ich wette, unter 1%
Werkstatistik: gutes Symptom
Aus zuverläßiger Quelle weiß ich, dass Donald Trump ein großer Fan der deutschen Gegenwartsdramatik ist. Er trifft sich einmal im Monat mit einem Kreis aus DramaturgInnen, RegisseurInnen und IntendantInnen, und dann wird gemeinsam gelesen und diskutiert, echtes close reading, und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Texten, die gerade erschienen sind. Im ersten Moment war ich etwas überrascht, Trump ein Lesefuchs? Aber dann nach einer Weile dachte ich: vielleicht kein schlechtes Symptom für unsere Zeit, dieser monatliche Lesekreis?
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