Mesut Özil fordert Rücktritt von Theaterdirektor
Respektloses Individuum
24. Juli 2018. Der ehemalige Fußballweltmeister Mesut Özil hat den Rücktritt des Co-Geschäftsführers des Deutschen Theaters München Werner Steer gefordert. In seinem am Sonntag veröffentlichten dreiteiligen Text, in dem er seine Demission aus der deutschen Fußballnationalmannschaft erklärte und den Deutschen Fußball Bund sowie dessen Präsidenten Reinhard Grindel des Rassismus zieh, schreibt Özil: "Darüber hinaus teilte mir Werner Steer (Chef des Deutschen Theaters München) mit, ich solle mich nach 'Anatolien verpissen' - ein Gebiet der Türkei, aus dem viele Immigranten stammen … Diskriminierung als Mittel der politischen Propaganda zu verwenden, müsste unmittelbar zum Rücktritt solch respektloser Individuen führen."
Auf Twitter hatte Werner Steer den Ex-Nationalspieler für dessen Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit den Worten beschimpft: "Hallo du Idiot, du hast in der deutschen Nationalmannschaft nichts zu suchen. Verpiss dich nach Anatolien."
Meinung
Von der Süddeutschen Zeitung daraufhin zur Rede gestellt, hatte Steer die Meinungsfreiheit für sich in Anspruch genommen, schließlich habe er sich auf seinem privaten Account geäußert. Später löschte er Tweet und Account und entschuldigte sich.
Keine Konsequenzen ?
Weil das 1.500 Zuschauer*innen fassende Unterhaltungstheater, das größte in München nach der Oper, eine städtische GmbH ist, rügte ihn der Aufsichtsratchef und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) "scharf": "Hass-Mails oder -Posts von Führungskräften, die öffentliche Personen des Münchner Kulturlebens sind, sind inakzeptabel", erklärte Schmid. Weitere Konsequenzen allerdings, habe Steer laut den Münchner Zeitungen nicht zu befürchten, weil sich auch die Stadtspitze der Meinung anschloss, seine Äußerungen fielen unter die Meinungsfreiheit, da er sie auf seinem privaten Account veröffentlicht habe.
(www.abendzeitung-muenchen.de / www.sueddeutsche.de / www.spiegel.de / www.kicker.de / jnm)
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Im Übrigen halte ich die Meldung für ziemlich news-anbiedernd, man schwingt sich auf ein aktuelles Thema auf, indem man den marginalen Theaterkontext herausschnibbelt, und stellt es als "Meldung" auf die Seite. Kann man machen, gibt bestimmt viele Clicks, ich bin auch darauf reingefallen, aber warum habt ihr nicht darüber berichtet, als Herr Steer vor über zwei Monaten seinen Tweet rausgehauen hat?
(Lieber Chris,
genau. Wir waren in der Redaktion unterschiedlicher Meinung, ob wir Herrn Steers ursprüngliche Unsäglichkeiten melden oder lieber unter den Tisch fallen lassen sollten. Der Tagesdienst im Juni entschied sich für unter den Tisch. Nachdem Steers Invektiven durch Özils Antwort noch einmal stärker ins Bewusstsein gedrungen sind, entschied sich die Mehrheit der Redakteur*innen heute, die Angelegenheit in der vorliegenden Form zu melden. Das zum Hintergrund.
für die Redaktion jnm)
(Lieber Hugo Hamlet,
"scharf" gerügt ist ein Zitat aus der Abendzeitung. Was "scharf" bedeutet in diesem Zusammenhang, weiß allein die AZ oder Herr Schmid.
für die Redaktion jnm)
Zur Sache mit Steer: 100%ige Zustimmung. Wie kann dieser e... V... weiter im Amt bleiben? Deutschland 2018.
--
Um Missverständnisse zu vermeiden: Christian Stückls Vertrag wurde durchaus verlängert. "hä?" spielt hier darauf an, dass CSU-Bürgermeister Josef Schmid der Unterzeichnung des Vertrags fernblieb, weil das Volkstheater zusammen mit den Münchner Kammerspielen und mehr als 130 weiteren Organisationen zu einer Demonstration gegen Rechtsruck und Ausländerhass aufgerufen hat. Wir berichteten: https://bit.ly/2LHfR6J
Viele Grüße aus der Redaktion
„Ich bin ein großer Özil-Fan. Nachdem er jahrelang seine Knochen hingehalten hat, hätte er einen schöneren Abschied verdient.“
http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/mesut-oezil-schweigt-bei-arsenal-training-ueber-dfb-ruecktritt-15708859.html
Dass Werner Steer noch im Amt ist, ist ein weiterer Skandal dieses Falles und zeigt sehr deutlich, dass Özil mit seiner Kritik richtig liegt.
Es ist auch bezeichnend, dass unsere Medien monatelang das Erdogan-Foto skandalisiert haben, aber kaum über solch' rassistische Anfeindungen aus der Elite der deutschen Gesellschaft berichtet haben. Gar nicht auszumalen, was sich Özil dann erst von den "pöbelnden Fans" anhören musste.
Wieso ließ die Redaktion eigentlich damals die Meldung unter den Tisch fallen? Wenn ein Theaterintendant so etwas Unsägliches äußert, ist es doch Aufgabe der Medien, das "ins Bewusstsein dringen" zu lassen, wie Sie's so schön ausdrücken, und nicht die Aufgabe des Betroffenen, in diesem Falle als Özils. Warum haben Sie sich entschieden, den Intendanten zu schützen, anstatt ihn mit seiner eigenen Sch*** zu konfrontieren?
(Werter Ästhet,
da ich hier heute an Bord bin, versuche ich einmal, Ihre Frage zu beantworten. Rechte Provokateur*innen kalkulieren ja das mediale Echo samt seiner Empörungswellen auf ihre Unsäglichkeiten durchaus mit ein - als Resonanzverstärker und Verbreitungshilfe. Das ist sozusagen eine Dialektik der Aufklärung: wenn man darüber berichtet, wird nicht nur darüber aufgeklärt, was hier jemand gesagt hat. Gleichzeitig schafft man für das Gesagte eine mediale Bühne. Als Medium steht auch nachtkritik.de in Fällen wie diesem vor dem Dilemma: machen wir da mit oder verbuchen wir solche menschenverachtenden Äußerungen unter "nicht satisfaktionsfähig" und lassen sie als nicht veröffentlichbare Stammtischmeinung im Nirwana der Unaufmerksamkeit verschwinden. In diesem Fall war das sicher ein Fehler, denn dass ein Mann mit solchen Ansichten, die er auch noch öffentlich verbreitet, ein Theater leitet, ist ein Skandal. Herzliche Grüße aus der Redaktion, Esther Slevogt)
vielen Dank für die ehrliche und aufschlussreiche Antwort. Und für das schöne neue Wort Verreitungshilfe ;)
Ihr Ästhet
(Merci... ist korrigiert... Herzlich, ES)
Frau Slevogt begeht leider einen gravierenden Denkfehler in ihrer Antwort.
JEDE Provokation dient als Resonanzverstärker - nicht nur die von rechts.
Nachtkritik sollte bei rassistischen Äußerungen sich nicht im "Dilemma" verstehen und damit den Anschein erwecken, dass rassistische - gegenüber sexistischen Äußerungen zu vernachlässigen sind - jede Prioritätensetzung von Provokationen ist das Dilemma selbst, wenn nicht die provokanten Angriffe auf die Würde des Menschen - ganz egal in welchem Kontext - aufgeklärt und benannt werden. Da gibt es noch viel zu tun für alle Medien, solange sie "Partei" ergreifen und ihren Lesern damit die Unfähigkeit zur eigenen Meinungsbildung absprechen, werden sie immer weiter in das Dilemma versinken - durch Selbstüberschätzung , die immer ein "Fehler" ist.
(Werte Leserin,
nachtkritik.de vernachlässigt rassistische Äußerungen nicht gegenüber sexistischen Äußerungen. Wir sprechen auch niemandem die Fähigkeit zur Meinungsbildung ab. Freundliche Grüße aus der Redaktion, Esther Slevogt)
Und wohin soll sich Herr Matthäus nach seinem Foto mit Herrn Putin verp....? Ach nee, der hat ja nen reinrassigen deutschen Pass. Der ist einer von uns. Der darf sowas!
Es ist eine Schande!