Presseschau vom 27. August 2018 – In der Süddeutschen Zeitung beklagt Dorion Weickmann Geschlechterungerechtigkeit im Tanzbetrieb
Es braucht Gärtnerinnen
Es braucht Gärtnerinnen
27. August 2018. Mit Blick auf Führungswechsel (weiblich --> männlich) in Wuppertal und Trier stellt Dorion Weickmann in der Süddeutschen Zeitung fest, dass im Tanzbetrieb auf der Leitungsebene eine grobe Geschlechterungerechtigkeit herrscht. Im Tanz hätten immer noch traditionell die Herren das Sagen, "getreu der Devise, die der Choreograf George Balanchine vor Jahrzehnten ausgab: 'Das Ballett ist eine rein weibliche Angelegenheit', nämlich 'ein Garten voller schöner Blumen, und der Mann ist der Gärtner'", so Weickmann.
An deutschen Theatern befinde sich derzeit nur ein Fünftel der insgesamt knapp sechzig Tanzensembles in weiblicher Obhut. "Tendenz: fallend." Daran sei eine "patriarchale Schieflage" mit "intakten Netzwerken" schuld. Weibliche Erfolgsgeschichten änderten daran wenig, so schlagend sie seien: "Es war Konstanze Vernon, die das Bayerische Staatsballett aus der Taufe hob – und ihre Dramaturgin Bettina Wagner-Bergelt, die einen Betriebskindergarten miterkämpfte. Es war die scheidende Heidelberger Spartenleiterin Nanine Linning, die ein verglastes Studio einführte, um Alltagsbrücken zur Stadtgesellschaft zu schlagen. Es war Silvana Schröder, Chefin des Thüringer Staatsballetts, die das Nachwuchsprogramm hälftig von Choreografinnen und Choreografen bestücken ließ."
Wie lange also könne und wolle sich der Tanz hierzulande noch leisten, "hochbegabte Frauen links liegen zu lassen? Choreografinnen wie die in Frankfurt beheimatete Kanadierin Crystal Pite, die niemand in Deutschland hielt, obwohl ihre künstlerische Exzellenz sich frühzeitig abzeichnete?" An talentierten Köpfen herrsche kein Mangel. "Frauen wie die Stuttgarter Ex-Ballerina Katarzyna Kozielska oder ihre Berliner Kollegin Nadja Saidakova: eigenwillige, durchsetzungsfähige Künstlerinnen, die das Zeug zur Ansage haben", so Weickmann, und setzt Hoffnung darauf, dass sich Sasha Waltz ab 2019 als Co-Intendantin des Berliner Staatsballetts bewährt, es wäre "ein Aufbruchssignal. Ein Wegweiser für dann hoffentlich auch paritätisch besetzte Findungskommissionen."
(sd)
In unserer Diagramm-Serie ist das Thema Geschlechterungerechtigkeit im Theaterbetrieb infografisch aufbereitet.
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