"Europäische Republik" ausgerufen
Die Nationalstaaten sind gescheitert
12. November 2018. Als Zeichen gegen den wachsenden Nationalismus haben am Samstag in ganz Europa an mehr als hundert Orten Künstler*innen und Aktivist*innen die "Republik Europa" ausgerufen. Laut der Wiener Tageszeitung Der Standard beteiligten sich 200 Kulturinstitutionen und Bürgergruppen sowie 30.000 Bürger*innen in mehr als 25 Ländern an den unterschiedlichen Aktionen.
Anlass des European Balcony Project waren das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und die fast gleichzeitige Ausrufung von Republiken in verschiedenen europäischen Staaten. Zum Vorbild nahmen sich die Aktionen die Ausrufung der Deutschen Republik durch den SPD-Politiker Philipp Scheidemann am 9. November 1918 vom Westbalkon des damaligen Berliner Schlosses.
Manifest
In einem an allen teilnehmenden Orten verlesenen Manifest erklärten die Politologin Ulrike Guérot und der Autor Robert Menasse das "Europa der Nationalstaaten" für gescheitert und forderten stattdessen die "Souveränität der Bürger" sowie grundlegende demokratische Reformen der EU.
"(...) Das Europa der Nationalstaaten ist gescheitert. Die Idee des europäischen Einigungsprojektes wurde verraten. (...) An die Stelle der Souveränität der Staaten tritt hiermit die Souveränität der Bürgerinnen und Bürger. Wir begründen die Europäische Republik auf dem Grundsatz der allgemeinen politischen Gleichheit jenseits von Nationalität und Herkunft. Die konstitutionellen Träger der europäischen Republik sind die Städte und Regionen. (...)"
Auf Deutschlandfunk erläutert Ulrike Guérot: "Die Gurke ist in der EU-Rechtsgemeinschaft gleich vor dem Recht, die Währung ist es jetzt auch. (...) Die einzigen, die noch nicht gleich sind vor dem Recht, sind im Grunde die europäischen Bürgerinnen und Bürger."
Anziehungskraft
Sehr unterschiedlich fiel die Beteiligung in den einzelnen Staaten aus. Während laut Deutschlandfunk Kultur in Ungarn so gut wie niemand von den Aktionen Kenntnis nahm, und in England die Presse die Ausrufung der Europäischen Republik ignorierte, kamen laut dem Standard vor dem Burgtheater in Wien, wo der Schauspieler Peter Simonischek das Europäische Manifest vom Direktionsbalkon verlas, 200 Menschen und vor dem Volkstheater 50 Menschen zusammen.
Das European Balcony Project ist ein Projekt des European Democracy Lab, das durch Spenden im Rahmen einer Crowdfunding-Aktion ermöglicht wurde.
(Berliner Zeitung / Deutschlandfunk / Deutschlandfunk Kultur / Süddeutsche Zeitung / standars.at / www.europeanbalconyproject.eu / jnm)
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In die Jubiläumsvorstellung am 10. November 2018 schwebten Alicia Aumüller und Oda Thormeyer in schicken Abendkleidern herein. Unmittelbar vor dem Beginn des Stücks riefen sie vom Thalia-Balkon die „Europäische Republik“ aus und verlasen das Manifest von Ulrike Guérot und Robert Menasse – wie an vielen anderen deutschsprachigen Theatern. Als Running-gag baut Frau Schmeide diese angesichts des realen Zustands der EU utopisch anmutenden Projekts ein und wird von Schwester Angelika dafür milde belächelt.
https://daskulturblog.com/2018/11/11/thalia-vista-social-club-thalia-theater-kritik/