Vor dem Dom

Salzburg, 14. November 2018. Valery Tscheplanowa übernimmt die Rolle der Buhlschaft im "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen. Das meldet u.a. der Wiener Standard. Die deutsche Schauspielerin wird ab Sommer 2019 an der Seite von Hauptdarsteller Tobias Moretti vor dem Salzburger Dom zu sehen sein. Sie folgt damit auf Stefanie Reinsperger, die seit 2017 für die Buhlschaft engagiert war.

Valery Tscheplanowa wurde 1980 in Kasan (ehemalige Sowjetunion) geboren und wuchs in Kiel und Lübeck auf. Sie studierte an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und gehörte danach dem Ensemble des Deutschen Theaters Berlin an. In der Intendanz Oliver Reeses war Tscheplanowa am Schauspiel Frankfurt engagiert. 2017 wurde sie in der Kritikerumfrage des Fachblatts "Theater heute" für ihre Rollen in Frank Castorfs Faust an der Berliner Volksbühne zur Schauspielerin des Jahres gewählt.

(Standard / miwo)

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Neue Buhlschaft: Boulevard
Bei der Besetzungspolitik für die Buhlschaft im Salzburger "Jedermann" scheint als Kriterium zu gelten: Welche Schauspielerin zwischen 25 und 40 figuriert auf den obersten Rängen von aktuellen Umfragen und ist hinreichend hübsch, um von der Boulevardpresse umworben zu werden. Was sonst verbände Valery Tscheplanowa mit Stefanie Reinsperger, Miriam Fussenegger, Brigitte Hobmeier, Birgit Minichmayr, Sophie von Kessel, Marie Bäumer oder Nina Hoss? Die Gesichter auf den Titelblättern und in den Klatschspalten ändern sich, die Aufführungen auf dem Domplatz oder im Großen Festspielhaus bleiben sich gleich. Umgekehrt wär's ersprießlicher.
Neue Buhlschaft: Tourismus Testimonial
Wird auch sie mit einem Dirndl zwangsbeglückt? Man sah schon die Vorgängerin (etwas gequält) bei diversen Einkaufs- und Wirtshausterminen aus den Bunten Blättern lächeln. Würde mich interessieren ob die Zusatz-Aufgaben - die jede Buhlschaft als Tourismus Testimonial ableistet, auch vertraglich geregelt sind, oder ob man als Buhlschaft der Liebe der Salzburger einfach nicht entkommen kann.
Neue Buhlschaft: Gute Wahl
Valery Tscheplanowa ist klug und ungewöhnlich, wiewohl nicht der Ungewöhnlichkeit wegen. Sie wird eine Marke hinterlassen. Wird nicht die x-te in der Reihe der Buhlschaften. Ich bin zuversichtlich, dass sie das Beste aus dem Stoff und der Rolle macht.
Neue Buhlschaft: Doofe Rolle
Mich wundert ehrlich gesagt, dass hier noch nicht angemerkt wurde, was für eine bescheidene, frauenunfreundliche und blöde Rolle Hofmannsthals Buhlschaft ist. Hofmannsthal selbst ist halb entschuldigt, ihm war bewusst, dass das Projekt nie ganz gelungen war. Im Zirkus Schumann in Berlin fiel das Ganze bei der Uraufführung durch. Neun Jahre später kam die Salzburger Aufführung und wurde ein Riesenhit. Und jedes neue Regieteam erzählt die Mär, dass es die Buhlschaft neu erfinden wolle, was noch jedes Mal am Holzschnitt der Knittelverse, dem chargenhaft schlechten Charakter der Buhlschaft und der zu geringen Textmenge gescheitert ist.
Neue Buhlschaft: What?
Das Beste aus der Rolle? Und was wäre das?
Neue Buhlschaft: Bond-Girl Judith Butler
Nur um es mal kurz zusammenzufassen: Der Jedermann ist ein reicher Sack im besten Alter. Seine Mutter sucht ihn auf und mahnt ihn, dass er heiraten soll. Immer nur so Rumgemache mit jüngeren Frauen ist doch nix. Das geht dem Jedermann beim einen Ohr hinein und beim anderen wieder raus. Dann kommt die Buhlschaft und sagt, dass sie ältere Männer eh gut findet, die lassen auch einmal was springen. Dann klopft der Tod beim Jedermann an und wer haut von allen falschen Freunden als die Erste ab? Die Buhlschaft. Dagegen ist jedes Bond-Girl Judith Butler.
Neue Buhlschaft: Frage?
Ist also eine frauenfeindliche Rolle in Ihren Augen nicht gut spielbar. Die Buhlschaft hat mit Annahme der Rolle verloren?
Neue Buhlschaft: Holzschnitt
Lieber Yesteryear

mit der Annahme mancher Rollen hat man tatsächlich verloren. Die Buhlschaft ist irgendwie frauenfeindlich konstruiert. Und wie ein Kollege weiter oben sagt: gegen den holzschnittartigen Stücktext kommt auch Schauspielkunst nicht so leicht an.
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