Die Arche NoAfD

von Georg Kasch

Dresden, 26. Januar 2019. Einmal verlässt Schauspieler Holger Hübner das riesige Schiffsgerüst, das sich imposant in den Himmel reckt, geht an die Rampe und regt sich vorm Eisernen Vorhang so richtig auf. In den Lagern und Heimen habe es Saufereien und Raufereien gegeben, Mitarbeiterinnen seien sexuell belästigt worden! Von Lagerkoller und Depressionen ist die Rede, von Menschen, die teils direkt aus dem Gefängnis zu uns kamen, teils vor Alimentenzahlungen flohen. Steht so im SPIEGEL! Und dann kostet so ein Übersiedler auch noch 13.000 Mark im Jahr! Beim Datum des Magazins, Februar 1990, dämmert’s auch dem Letzten: Der Text polemisierte gegen die im Westen ankommenden Ossis. Trotzdem fügt Hübner leise hinzu: "Meine Freiheit will ich, und wenn ich die nicht kriege, dann gehe ich. Deshalb bin ich aufs Schiff."

Auf dem Schiff der Albträume

Das Schiff, das ist in "Das Blaue Wunder" am Staatsschauspiel Dresden ein echter metallener Rumpf, auf dem sich besorgte Bürger aufmachen in eine blühende Zukunft. Ihre Bibel: das blaue Buch mit den schönsten AfD-Zitaten. Ihr Kurs: stramm rechts. Dass man auf dem klar umrissenen Gefährt mit seinen drei Etagen anschaulich Gesellschaft im Kleinen spielen kann, nutzen die Dramatiker Thomas Freyer, Ulf Schmidt und Regisseur Volker Lösch (der auch mitgeschrieben hat) mit großer Lust an der Eskalation. Also werden die Nicht-Deutschen, die anfangs noch im Unterdeck schuften, in die Ankerkammer gesperrt, später entsorgt. Oben entstehen Verteilungskämpfe, blüht die Denunziation, werden Frauen auch gegen ihren Willen geschwängert.

BlauesWunder 2 560 SebastianHoppe uEine Seefahrt, die ist lustig: das Dresdner Ensemble im kolossalen Bühnenbild von Cary Gayler @ Sebastian Hoppe

Das ist schön drastisch, und entsprechend erzählte Die ZEIT jüngst in einem großen Dossier, das nach Probenbesuchen entstand, von einem autoritären Regisseur, zweifelnden Schauspielern, einem AfD-wählenden Techniker, der sich nicht mit Lösch zu diskutieren traut. Pressestelle und Verlag geben vorab keinen Stücktext heraus. Als bei der Premiere nach etwa zehn Minuten die Vorstellung unterbrochen wird, geht kurz einen Raunen durchs Parkett: Gehört das zur Inszenierung? Ein Nazi-Angriff gar? Nö, nur das Tonpult war abgestürzt.

Das Wagnis des politischen Theaters

Dass es in der Klassen- oder Kastengesellschaft, die auf dem Schiff entsteht, in der die einen herrschen, die anderen kuschen, nicht besonders subtil zugeht, versteht sich von selbst. Lösch forciert ein Sketch- und Typenkabarett zwischen Groteske, Satire und Agitprop, bei dem es nur selten was zu lachen gibt. Aber auch, wenn sich Publikum und Bühne im Wesentlichen einig sein dürften, dass die AfD keine normale, sondern eine rechtsradikale Partei ist, wagt das Dresdner Haus mit dieser Premiere etwas. Schließlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass die AfD nach der Landtagswahl im Spätsommer Teil der Regierung wird, vielleicht sogar stärkste Kraft im Parlament. Was dann?

Das malt "Das Blaue Wunder" grell aus, an dessen Ende ein offenbar bürgerlich-konservativer Politiker der Schiffsbesatzung freundlich die Stadt übergibt. Auf seinem Weg dahin hat das Stück fiese AfD-Zitate auf seiner Seite, aus Parteiprogrammen, Aufsätzen, Reden. Außerdem haben die Autoren die eine oder andere überraschende Perspektivenverschiebung eingebaut wie die mit dem Spiegel-Pamphlet. Dazu punktet Cary Gaylers Titanic-Bug, der mit seinem Gerüst Dresdens berühmte Hängebrücke ("Das Blaue Wunder") zitiert, mühelos im Boden verschwindet und wieder auftaucht, sich dreht und wendet und auch als Schattenriss vorm leuchtenden Rundhorizont für spektakuläre Bilder sorgt.

BlauesWunder 3 560 SebastianHoppe uAgitprop-Eisberg voraus! Matthias Reichwald, Nadja Stübiger, Holger Hübner, Karina Plachetka, Yassin Trabelsi, Oliver Simon, Daniel Séjourné, Hannah Jaitner im Schiffsbug @ Sebastian Hoppe

Damit man sich trotz der vielen Rollen- und Szenenwechsel zurechtfindet, hat Carola Reuther je nach Klasse strahlend blaue Uniformen für die Kapitänsebene, Lodenjacken für die bessere Gesellschaft und Matrosenanzug für die Malocher entworfen. Schließlich bebildern die Szenen oft eher eine These, als dass sie eine Entwicklung zeigen. Entsprechend überschaubar sind die Gestaltungsmöglichkeiten für die zehn Schauspieler, die auf genaues Text-Stakkato, chorischen Druck, satirische Zuspitzungen setzen.

Der Chor der Bürgerinitiativen

Der eigentliche Clou sind die Vertreter der Initiativen, die gegen Nazis kämpfen und gegen Ende hin immer öfter die Szenenfolge mit ihren Statements unterbrechen. Nach drögem Einstieg wird ihr Ton authentischer, mischen sich kämpferische Parolen mit der Utopie eines Dresdens, eines Sachsens, das für alle da ist. Zum Schluss treten sie als Chor auf, rufen: "Mischt euch ein!"

Ist das Kunst? Soziale Plastik? Agitation? Auf jeden Fall ist es ein entschiedener, vielleicht ein wenig hilfloser, aber empathischer Versuch, der politischen Entwicklung etwas entgegenzusetzen, zu mehr sichtbarem Widerstand gegen eine menschenverachtende Partei auch außerhalb des Theaters aufzurufen. Damit Dresden kein blaues Wunder erlebt.



Das Blaue Wunder
von Thomas Freyer, Ulf Schmidt
Regie: Volker Lösch, Bühne: Cary Gayler, Kostüme: Carola Reuther, Licht: Andreas Barkleit, Dramaturgie: Kerstin Behrens.
Mit: Ursula Hobmair, Holger Hübner, Hannah Jaitner, Karina Plachetka, Matthias Reichwald, Daniel Séjourné, Oliver Simon, Nadja Stübiger, Yassin Trabelsi, Paul Wilms sowie mit den Initiativen Mission Lifeline e. V., Tolerave e. V., Bündnis gegen Rassismus. Für ein gerechtes und menschenwürdiges Sachsen., Herz statt Hetze, Dresdner Antifaschist*innen, Straßengezwitscher e. V., Banda Internationale, Dresden kippt!, Nationalismus raus aus den Köpfen.
Premiere am 26. Januar 2019
Dauer: 2 Stunden 15 Minuten, keine Pause

www.staatsschauspiel-dresden.de

 

Mehr dazu: Zwei Minuten heute-journal im ZDF zum Blauen Wunder in Dresden, hier bitte.

 

Kritikenrundschau

Theater oder Propaganda? Ein Missbrauch der Bühne, von öffentlichen Geldern? "Diese Fragen sind der politische Zündstoff, der dieser Inszenierung innewohnt", so Stefan Petraschewsky auf MDR Kultur (28.1.2019). Tatsächlich greife hier die übliche Kritik nicht mehr. "Denn das hier ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein politischer Appell. Eine Grenze." Petraschweskys Fazit: "Hingehen und sich selbst ein Bild machen. Das Format Theater, jenseits aller wertenden Maßstäbe, was eine Bühne darf oder nicht, ist groß genug. Auch für diesen Abend, der schauspielerisch, inszenatorisch, bühnen- und kostümbildnerisch, lichttechnisch, aber auch ton- und bühnentechnisch – wie hier das Schiff sich dreht und wendet, auf- und abtaucht – auf einem exzellenten Niveau stattfindet."

"Kenntlichkeit und Eindeutigkeit sind bei Lösch oberstes Gebot und werden mit dem richtig fetten Gummihammer hergestellt", schreibt Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (28.1.2019) "Die Schauspieler wedeln mit den Armen, reißen Augen auf, um sie zu rollen, stampfen auf, lachen irre und brüllen den Ansagetext (von Höcke, Gauland, Poggenburg und Konsorten) mit möglichst dumpfer und penetranter Beflissenheit." Die Aktivisten-Statements seien da ein sehr wohltuendes Kontrastprogramm zum debilen Dauergetröte der Blauschiffer. "Nicht nur weil einem in Erinnerung gerufen wird, dass Menschen statt zu brüllen einfach sprechen können, sondern auch, weil man in all der geistigen Schifffahrtsflaute von vernünftiger, mutiger, leidenschaftlicher und auch mühevoller politischer Arbeit hört".

Zwar gebe es "starke und schockierende Momente", gibt Thilo Körting im Deutschlandfunk (27.1.2019) zu Protokoll. Aber es gebe keine Handlung, keine Steigerung, die Interesse erzeugen würde: "Eigentlich ist schon am Anfang klar, wie das Stück enden wird." Weil der Regisseur diesmal nur Meinungen reproduziere, die ohnehin täglich verhandelt würden, werde das Theater "zu einer Echokammer, in der sich die Kulturinteressierten bestätigt fühlen". Außerdem langweile der Abend nach einer halben Stunde.

"Ausgerechnet da, wo es anfängt, spannend zu werden, endet die Show", findet Andreas Herrmann in den Dresdner Neuesten Nachrichten (28.1.2019). Den Skandal werde Lösch wohl bekommen, "weil hier in den jüngsten 85 Jahren keine legale Landtagspartei derart einseitig vorgeführt wurde, obwohl deren amtierende Abgeordnete kaum Stoff dazu liefern dürfen". Außerdem erfahre man nichts über die Ursachen und Wirkungen der aktuellen sächsischen Politmalaise. 

Der Abend sei "weder eine perfekte Theatercollage noch eine subtile Andeutung von Missständen", so Sebastian Thiele in der Sächsischen Zeitung (28.1.2019). "Aber die politische Relevanz ist großartig." Respekteinflößend sei der zweistündige Aufrüttelungsversuch. "Und wenn er dann auch noch Hoffnung ausstrahlt, reißt er mit."

Diese Premiere sei "ein Teil jener Vorwärtsverteidigung, mit der deutsche Theatermacher versuchen, die eigene Angst zu bannen", formuliert es Daniel Haas in der Neuen Zürcher Zeitung (online 28.1.2019). Eine Brüllorgie der Deutschtümelei sei jedoch wenig hilfreich und bereits nach einer halben Stunde ermüdend. "Theatralisch viel wirksamer, weil informativ und präzise, waren die Auftritte junger Dresdner Aktivisten, die sich gegen rechte Gewalt engagieren. Blogger, Musiker, Pädagogen, die in kurzen Zwischenspielen von ihrem Engagement erzählten. Ihre Auftritte verfolgte man gebannt, der Rest war nerviges Beiwerk."

Stefan Locke schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (4.3.2019): Die "ei­gent­lich schö­ne Idee", das Stück über das Land unter Afd-Herrschaft "ins Gro­tes­ke zu stei­gern", ver­fange nicht, statt­des­sen es­ka­liere "al­les vor­her­seh­bar und lang­wei­lig", wor­an auch das "ex­zel­len­te Schau­spiel-En­sem­ble" und das "groß­ar­ti­ge Büh­nen­bild" nichts än­derten. Die Ver­tre­ter der Dresd­ner Zi­vil­ge­sell­schaft seien "gut ge­wählt", nur ent­wi­ckele sich das Stück mit ihren Auftritten "im­mer mehr zu plum­per Pro­pa­gan­da", är­ger­lich sei: "Wählt nicht AfD!, wird an die Zu­schau­er nicht nur ap­pel­liert, son­dern ih­nen dröh­nend ein­ge­häm­mert, so als sei­en sie – noch da­zu als Thea­ter­gän­ger – zu blöd, das zu be­grei­fen". Das sei "pein­lich und be­leh­rend". Wie an­ders wä­re das, wür­de man "dem Trei­ben der Par­tei" mit "Witz" be­geg­nen, "sie der Lä­cher­lich­keit preis­ge­ben". Denn nichts fürch­teten "sie in der AfD" so "wie Hu­mor", weil sie "ih­re Mis­si­on und vor al­lem sich selbst" ver­bis­sen und bier­ernst näh­men.

 

 

Kommentare  
Das blaue Wunder, Dresden: linke Selbstvergewisserung
Über weite Strecken werden Versatzstücke aus diversen Wahlprogrammen der AfD aneinandergereiht. Dramaturgisch klappert das Gerüst dieses Theaterabends gewaltig. Lösch und sein Team zeichnen mit groben Strichen das Bild sich schnell radikalisierender Fanatiker, die sich in Säuberungsaktionen gegenseitig liquidieren und in einer finale Volte mit Islamisten verbünden. Der von Georg Kasch eingangs zitierte Irritationsmoment mit den Zitaten aus einem SPIEGEL-Artikel von 1990 über Ost-West-Flucht ist eine der raren, subtileren Szenen. Frauen werden zu Gebärmaschinen degradiert, Migranten werden in „Ankerkammern“ abgedrängt. Die Arbeitslosen und prekär Beschäftigten, die auf mehr soziale Gerechtigkeit hofften, werden im Maschinenraum des Stahlskeletts ausgebeutet. Der holzschnittartige, zur Groteske überzeichnete Abend macht es der AfD leicht, ihn achselzuckend abzutun und predigt vor allem zu den ohnehin Bekehrten, die die AfD niemals wählen würden.

Bemerkenswert ist dieser künstlerisch und ästhetisch enttäuschende Abend vor allem als große Selbstvergewisserung der linken Initiativen in Dresden. In der zweiten Hälfte dieses nur zwei Stunden kurzen, pausenlosen Aufführung senkt sich der Eiserne Vorhang in immer kürzeren Abständen. Der Plot wird durch Statements von zahlreichen, im Programmheft aufgeführten lokalen Aktivist*innen unterbrochen, die über ihre Aktionen gegen AfD und Pegida berichten und die eine große Sorge eint: Was passiert, wenn es nach der Landtagswahl 2019 zu einer schwarz-blauen Regierung kommt? Die meisten treten mit vollem Namen auf, manche anonym, mit dem Rücken zum Publikum oder ganz im Dunkeln, aus Angst vor Übergriffen, falls sie erkannt werden.

Der Dresdner Bürgergesellschaft Mut zu machen und die Vielfalt der lokalen Initativen vorzuführen, ist das zweite zentrale Anliegen von Volker Löschs Inszenierung im Staatsschauspiel Dresden, die bereits vorab viel Staub aufwirbelte. In der Schlusszene kommt der Bürger*innenchor auf die Bühne und skandiert gemeinsam: „Engagiert Euch! Gemeinsam können wir es schaffen, dass Sachsen richtig geil wird!“ Mit stehenden Ovationen werden sie für dieses Statement gefeiert

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2019/01/26/das-blaue-wunder-volker-losch-staatsschauspiel-dresden-theater-kritik/
Das blaue Wunder, Dresden: Agitprop in Reinkultur
Eins vorab. Es braucht heutzutage Symbole und den Willen, sich gegen einen Rechtsruck zu stemmen. Dem wird dieser Theaterabend gerecht. Das Dresdner Schauspiel setzt mit de Stück zweifellos ein Zeichen. das ist mutig und aller Ehren wert.Worüber man nun allerdings trefflich streiten kann, das ist die Frage, wie vermittle ich meine Botschaft am sinnvollsten. Bei mir hinterließ der gestrige Abend leider einen wenig überzeugenden Eindruck. Was habe ich eigentlich gesehen? Eine Satire, eine Groteske, politisches Kabarett, eine Wahlkampfveranstaltung? An wen richtet sich eigentlich das Geschehen auf der Bühne? An die im Saal anwesenden Zuschauer offensichtlich nicht, denn die dürften das hier Präsentierte zur Genüge kennen, für die ist es eher eine eine geistige Unterforderung. Keine Handlung, nichts Unbekanntes, keine subtile Vorgehensweise - für mich war es Agitprop in Reinkultur, sehr viel Schwarz-Weiß und das hatte ich am allerwenigsten erwartet. Wer ist eigentlich als Zielgruppe anvisiert? Die Vorabberichterstattung ließ etwas Spannenderes vermuten. das gab es leider nicht.So gesehen war ich eher enttäuscht.Für alle die Vertreter von Bürgerinitiativen, die hier einmal die ganz große Bühne bekamen, dürfte es aber wohl eher eine Ermutigung gewesen sein und das ist ja auch ein Ergebnis. Ob man damit auch nur einen AfD-Wähler in Dresden zum Umdenken bzw. ins Theater bewegen kann, wage ich doch zu bezweifeln.
Das blaue Wunder, Dresden: Agitprop
Ich war vom intellektuellen Anspruch dieses Agitprop-Stücks enttäuscht und kann mir nicht vorstellen, dass auf diese Art jemand zum "Um- oder Nachdenken" bewogen werden kann - Vorwürfe an die Rechten wurden zum Teil mit der eigenen Argumentationsart konterkariert. Eine Grenzüberschreitung war für mich (ich war in der Generalprobe) der mehrfache Auftritt von "Aktivisten" vor dem eisernen Vorhang im Habitus des "schwarzen Blocks".
Blaues Wunder, Dresden: platt
Agitprop, allerdings nicht vom Feinsten. Volker Lösch ist eben kein Demokrat, sondern er hat eine Haltung und er ist ein Machtmensch. Und so kommt was kommen muss, der geneigte Zuschauer bekommt diese Haltung ziemlich platt um die Ohren gehauen. Allerdings dürften diejenigen,die im Saal sitzen ohnehin Afd-Gegner sein. Bleibt die Frage: Wen gedenkt Herr Lösch denn zu erreichen? Der Auftritt der Experten von der Antifa sorgt für eine gehörige Schieflage, ebenso der Schlusschor mit seiner in den Saal gebrüllten Handlungsanweisung wie man sich gefälligst zu verhalten hätte, zur Wahl. Das alles wirft kein gutes Bild, nicht auf das Theater, welches seinen Status als "Moralische Anstalt" zugunsten krakelender Parteilichkeit verspielt und mal wieder mit Belehrungstheater aufwartet, und schon garnicht auf Herrn Lösch, dessen Ambitionen zwar erkennbar, aber sehr platt umgesetzt sind.
Das blaue Wunder, Dresden: laut und platt.....
...kommt es daher, das blaue Wunder. Nach bereits 10 Minuten bin ich schwerst genervt und das bessert sich im Verlauf des Abends nicht. Mit dem Holzhammer drischt man auf diejenigen ein, die im Saal sitzen und wohl sowieso keine AfD wählen. Stellenweise fühlte ich mich an schlechtes Laientheater und Agitprop der DDR aus den 80er Jahren erinnert. Leider musste ich ausharren, da ich mittendrin saß und es keine Pause gab. Dramaturgie und subtiles Entlarven sucht man vergebens, eigens das Bühnenbild wird dem künstlerischen Anspruch gerecht. Dass Menschen für ihr engagiertes Auftreten gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gesehen und geehrt werden, ist erstrebenswert, Sympathien erreichen jedoch die wenigstens von ihnen mit ihren mühsam auswendig gelernten, hölzern vorgetragenen Texten über ihr Wirken.
Ein enttäuschender Abend, hatte ich mich doch auf eine intellektuelle, nicht polemisch geführte Auseinandersetzung mit der AfD gefreut. Diese kann sich grinsend und kein bisschen aus der Ruhe gebracht zurücklehnen.
Das blaue Wunder, Dresden: erstaunliches Unverständnis
Eine Groteske, als die das Stück offeriert wurde, hat Freiheiten, es ist eine Fiktion, nicht mehr und nicht weniger. Aber niemand sollte das als Spinnerei abtun, die zitierten Aussagen sind so gefallen, und Ironie ist sicher das Letzte, was man mit der AfD in Verbindung bringen würde.
Doch auch, wenn man sich beim Zuschauen an AgitProp-Theater erinnert wähnt: Man kann und man muss das so zuspitzen. Denn vor der Tür steht hier nicht irgendein etwas schärferer Law&Order-Folklorismus der CDU, sondern eine Partei, die die Demokratie verachtet und bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Staat ein Stück mehr in Richtung Totalitarismus verschieben wird.
Die Waffe der Kunst ist die Kunst, eine andere hat sie nicht. Schon deswegen ist das für mich ein geglückter Abend. Die spitzmündigen Kommentare hier, die mangelnde Unparteilichkeit des Stücks und fehlende Finesse der theatralen Mittel beklagen, zielen wohl eher darauf, daß ein Theater sich nicht so direkt einzumischen habe in die Wahlentscheidungen der Bevölkerung. Doch warum eigentlich nicht?
Doch zugegeben, eine überregionale Relevanz erlangt das Stück erst durch die Entscheidung, den (doch erstaunlich vielen) Dresdner Initiativen gegen Rechts eine Bühne zu geben, die kommen ausführlich zu Wort und können sich nach ihren Statements den verdienten Beifall abholen.
Die Stars des Abends sind am Ende ganz klar die Initiativen mit ihren klaren Ansagen. Das Theatrale bleibt da zweitrangig - aber ein Theater, das seine künstlerische Qualität wohl kaum mehr nachweisen muss (die jüngsten Theatertreffen-Einladungen mögen als Belege genügen), kann und soll und muss sich einen solchen eindeutig Haltung zeigenden Abend leisten.

Noch etwas mehr dazu hier:
https://teichelmauke.me/2019/01/27/schiff-der-voelkischen-traeume/
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