Opernintendant in Halle nicht verlängert
Halle bebt
22. Februar 2019. In der heutigen Aufsichtsratssitzung der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle wurde der Vertrag des Opernintendanten Florian Lutz nicht verlängert. Die Intendanten des Schauspiels, Matthias Brenner, und des Puppentheaters, Christoph Werner, hingegen haben eine Verlängerung bis zum Jahr 2026 erhalten. Das meldet die Städtische Zeitung Halle.
Die Entscheidung fiel laut Meldung der Mitteldeutschen Zeitung in geheimer Abstimmung. Laut StäZ sollen sich fünf der neun Aufsichtsräte gegen eine Verlängerung von Florian Lutz über 2021 hinaus ausgesprochen haben, drei dafür, eine Person enthielt sich bei der Abstimmung um den Vertrag des amtierenden Opernintendanten.
Mit der Nichtverlängerung von Florian Lutz reagiert die Stadt Halle auf den seit rund zwei Jahren andauernden internen Streit zwischen den Spartenintendanten und Geschäftsführer Stefan Rosinski.
Bereits im April 2017 Juni 2017 waren erste Verwerfungen über das Konzept und die Einnahmesituation der Opernsparte öffentlich geworden. Im Juni 2017 sprachen die Intendanten Matthias Brenner (Schauspiel), Florian Lutz (Oper) und der damalige Generalmusikdirektor Josep Caballé-Domenech dem Geschäftsführer Stefan Rosinski das Misstrauen aus.
Andauernde interne Konflikte
Nachdem Anfang Dezember 2018 Matthias Brenner und Florian Lutz die Verlängerung ihrer Verträge von der Personalie des Geschäftsführers Rosinski abhängig gemacht hatten, sprachen sich Anfang Februar dieses Jahres der Orchestervorstand der Bühnen Halle und der Betriebsrat der Staatskapelle Halle in einem Brief an den Aufsichtsrat gegen die Verlängerung des Intendantenvertrags von Florian Lutz aus. In einem Offenen Brief hatten sich zahlreiche Theaterschaffende zuvor noch mit der künstlerischen Leitung solidarisiert und an das Aufsichtsgremium der TOOH appelliert, diesen "außergewöhnlichen Leuchtturm der Mitteldeutschen Kulturlandschaft mit bemerkenswerter deutschlandweiter Strahlkraft" vor Schaden zu bewahren: Die Entwicklungen in Halle zeugten "von einer akuten Gefahr für das Theater und uns scheint dringender Handlungsbedarf der entsprechenden Aufsichtsgremien in Stadt und Land geboten, die künstlerische Arbeit der derzeitigen Intendanten in Halle zu schützen", so die Unterzeichnenden.
Stellungnahme der Opernleitung
Nach der heutigen Nichtverlängerung von Florian Lutz äußerte sich die Opernleitung: "Die Geschäftsordnung der TOOH ist mit zahlreichen auch öffentlich diskutierten Widersprüchen versehen", heißt es in der kurz nach der Aufsichtsratssitzung via Mail versandten Stellungnahme der künstlerischen Leitung der Oper Halle zur Entscheidung. "Wir haben den Aufsichtsrat gemeinsam mit Schauspielintendant Matthias Brenner auf Grund der anhaltenden innerbetrieblichen Konflikte zwischen den künstlerischen Leitungen und Geschäftsführer Stefan Rosinski im Dezember gebeten, hier eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen und halten es für folgerichtig, dass er dieser Bitte am heutigen Tage nachgekommen ist." Inwiefern sich die Entscheidung des Aufsichtsrates kurzfristig auf die Leitungsstrukturen an der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle auswirkt, ist derzeit noch nicht bekannt.
Stellungnahmen von Seiten des Theaters oder von Geschäftsführer Stefan Rosinski liegen bislang noch nicht vor.
Update, 23. Februar 2019: Schauspiel-Intendant Matthias Brenner hat seine Vertragsverlängerung offenbar bestätigt, wie einem Artikel der Mitteldeutschen Zeitung zu entnehmen ist: Er freue sich über die Verlängerung seines Vertrages, "für die Anerkennung der Arbeit, die damit verbunden sei, dafür, 'dass man mich alten Meckerkopf' aushält."
Laut MZ verständigte sich der Aufsichtsrat in der Sitzung darauf, persönliche Auseinandersetzungen innerhalb der TOOH "nicht zu tolerieren". Dazu sollen dienstrechtliche Verfehlungen künftig konsequent arbeitsrechtlich geahndet werden.
Im Kommentarthread zu einem Tweet von MDR Aktuell wird erwähnt, dass es eine Stellungnahme der Stadt Halle gibt, in der die Gründe für die Kündigung nachzulesen sind.
(Städtische Zeitung / Mitteldeutsche Zeitung / eph)
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Dass Brenner unter dieser Voraussetzung sich verlängern lassen hat, irritiert, nun muss er beweisen, dass das kein Verrat an Lutz und seinen eigenen Statements ist ...
Wie kann eine designierte GMD vor ihrem Antritt - quasi nur durch den Telefonhörer - schon zu solchen Vor-Ort-Urteilen kommen? Warum schlägt sie sich schon so auf eine Seite? Seit wann können sich GMDs einen Regisseur "wünschen" - ist das nicht eher die Sache des Intendanten? Könnte es sein, daß Lutz, um der neuen GMD einen guten Start zu ermöglichen, sich mit ihr über die Besetzung besonders intensiv ausgetauscht hat, und es eigentlich umgekehrt war: das nämlich die GMD hier die Verzögerung hineingebracht hat? Bis wann hat sie mit Lutz über die Besetzung beraten und die Entscheidung damit offen gehalten? Wie ist in den Intendanten- und GMD-Verträgen die Frage der Besetzungshoheit im Musiktheater geregelt?
Auch, weil der Brief einen Tag vor der Aufsichtsratssitzung erscheint, liegt doch der Schluß nahe, daß die Sache hier wieder einmal ein abgekartetes Spiel ist. Es läge auch eine gewisse Kontinuität darin: Überall da, wo Geschäftsführer Rosinski auftaucht, gibt es Probleme und schlechtes Betriebsklima.
Frustrierend ist, daß sich hier offenbar ein Aufsichtsrat so am Ring durch die Arena führen, und die Stadt Halle absehbar jedes Jahr 23 Mill Euro Steuergelder für das Theater so suboptimal verwalten lässt.
(Werter "Alexander", Sie schreiben von einem Brief, doch fehlt der Beleg. Ob Sie diesen ergänzen könnten? Oder senden Sie uns besagtes Schreiben (zB als Hintergrundinformation)? Danke und besten Gruß, d. Red.)
https://www.mz-web.de/kultur/schluss-mit-lutz-vertrag-mit-halles-opern-intendanten-wird-nicht-verlaengert-32087128
Ich habe den Brief vom 21.2. als Kopie ausgedruckt vorliegen.
(Falls Scannen möglich ist: redaktion@nachtkritik.de. Danke sehr!)
Theater sind offensichtlich die letzten Enklaven der Wahnsinnigen. Es enttäuscht mich, dass so ein Rosinski tatsächlich Macht hat. Es enttäuscht mich, wie wenig auf die klugen Kommentare zu diesem Leitungsdesaster gehört wird, es enttäuscht enorm, wir provinziell diese Entscheidung ist und letztendlich enttäuscht mich Matthias Brenner, der nun nicht (...) die Intendanz abgibt. Was soll schon passieren? Es sollte erwas passieren!
Das ist eine bedauerliche Entscheidung gegen die Kunst. Wenn ein Oberbürgermeister davon spricht, man wolle die Anpassungsfähigkeit des Opern-Teams prüfen, heisst das nichts anderes, als dass sich Politik und Rosinski zusammengetan haben, um die Kunst zu bändigen und zu unterjochen.
Und der Aufsichtsrat lässt ihn schalten und walten und ein Rosinski-Kombinat aus den Hallenser Theatern machen. Seine eigenen künstlerischen Ambitionen spielen dabei eine große Rolle.
(,,.) Wenn die Theater, und zuallererst Halle, nicht ihre Strukturen ändern, werden sie weiter Opfer narzisstischer Strategien. Bedauerlich, dass sich Brenner hat abtrennen und verlängern lassen. Er ist die unglücklichste Figur in dieser politischen Farce. Was möchte man einem Regisseur noch abnehmen, der dazu fähig ist?
Und wer - wie ich - möchte, dass sich das Genre Oper vorteilhaft weiterentwickelt, sollte es MIT der Oper tun, und nicht GEGEN sie. Das oft gepriesene Bühnenbild zur Eröffnung der Intendanz von Herrn Lutz machte jegliches ernstzunehmendes Musizieren unmöglich. Das mochte ja schön anzusehen sein, wenn man einen der wenigen guten Plätze ergattert hatte, aber es grauenhaft anzuhören. Das war leider ein Beispiel von einem Versuch GEGEN die Oper. Für solch eigentlich löbliches Experimentierbedürfnis sollte man Herrn Lutz durchaus ein Feld bieten, aber man wird akzeptieren müssen, dass sich ein Intendant IN der Oper nicht GEGEN die Oper stellen sollte. Auch wenn man sich zum Beispiel gegen gewisses Repertoire stellen könnte, oder gegen sonst so manchen Ungeist.