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Pläne zur Reform der Theaterstruktur in Mecklenburg-Vorpommern

Kahlschlag Nordost

27. August 2008. Wie der Theaterkanal mitteilt, hat die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gestern ein Eckpunktepapier "zur langfristigen Neuordnung der Bühnenlandschaft im Land" beschlossen. Wie der Theaterkanal berichtet, sollen nach dem Stufenplan bis 2020 die neun Theater zu zwei Mehrspartenhäusern fusionieren, aus den vier Orchestern sollen zwei hervorgehen.

Kultusminister Henry Tesch (CDU) will demnach bereits ab 2010 die Landesgelder "ausschließlich auf die Mehrspartenstandorte" konzentrieren, um eine Zusammenarbeit und Fusion der Theater zu beleben. Die Höhe der Fördersumme des Landes solle bei "unverhandelbaren" 38,5 Millionen Euro im Jahr liegen.

Laut dem Eckpunktepapier sollen in einer ersten Stufe bis 2012 die regionalen Theater an vier Standorten zusammengefasst werden. Das vorwiegend als Kinder- und Jugendtheater agierende Landestheater Parchim würde als eigenständiges Haus aufgegeben und künftig vom Schweriner Ensemble bespielt. Die Vorpommersche Landesbühne Anklam solle mit dem Theater Vorpommern von Stralsund und Greifswald fusionieren, die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz mit der Tanzkompanie Neustrelitz verschmelzen. Das Rostocker Volkstheater bliebe zunächst unberührt. Die Bespieltheater Güstrow und Wismar, die keine eigenen Ensembles besitzen, sollen laut dem Bericht der SVZ von Neubrandenburg, Rostock oder Schwerin bespielt werden.

In einer zweiten Stufe bis 2020 sollen nach den Plänen des Kultusministeriums zwei "Kulturkooperationsräume" entstehen. Einer solle das Staatstheater Schwerin, das  Volkstheater Rostock sowie Parchim und Wismar umfassen, ein zweiter das Theater Vorpommern und die Theater und Orchester von Neubrandenburg und Neustrelitz. Die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin und die Norddeutsche Philharmonie Rostock fusionierten zu einem A-Orchester mit 99 Stellen, das Orchester Vorpommern mit der Philharmonie Neubrandenburg zu einem B-Orchester mit mindestens 66 Stellen.

Trotz dieser Sparvariante müssen die Kommunen dem Bericht nach künftig tiefer in die Tasche greifen. Das Konzept fordere eine Mindestfinanzierung durch die Kommunen von 50 Prozent. Die Finanzzusage sei zudem an eine Lösung mit den großen Theaterkommunen bis Ende 2008 gebunden.

Hintergrund der seit mindestens 15 Jahren anhaltenden Diskussion sind die Strukturprobleme des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Weil die Menschen aus dem wenig industrialisierten Land abwandern, sinken die Steuereinnahmen. Denn obwohl Schwerin nur rund 36 Millionen Euro im Jahr für den größten Brocken im Kulturhaushalt, die Theater und Orchester ausgibt, zählen die Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur im nordöstlichen Bundesland zu den höchsten in ganz Deutschland.

Zugleich verlieren auch die Städte als formelle Träger der Theater Einwohner an ihr Umland. Das führt dazu, dass die Gemeinden ihren gesetzlich vorgeschriebenen Anteil an der Finanzierung der Theater und Ensembles nicht mehr bezahlen können und stärkere Hilfe vom ebenfalls nicht auf Rosen gebetteten Land fordern. Außerdem ist es bis heute in Mecklenburg-Vorpommern – anders als in Sachsen mit seinem Kulturraumgesetz – nicht gelungen, die Landkreise in angemessener Weise an der Finanzierung der Theater, die auch von den Bewohnern der Landkreise in den Oberzentren besucht werden, zu beteiligen.

So werden seit Mitte der neunziger Jahre von den wechselnden Landesregierungen immer wieder neue Pläne gewälzt, um die im Land verbliebenen Theater und Ensembles zu stärkerer Kooperation, am besten zur Fusion zu bewegen. Dass die jetzt für 2020 geplante Orchesterzusammenlegung zwischen den beiden großen, mehr als 100 Kilometer voneinander entfernten Standorten Schwerin und Rostock kaum sinnvolle Ergebnisse erbringen kann, war schon immer deutlich, wurde aber genauso beständig großzügig übersehen. Allerdings sind alle bisherige Vorstöße in diese Richtung am Widerstand von Kommunen, Theaterbesuchern und Ensembles gescheitert.

(jnm)

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