Streit in Halle spitzt sich weiter zu
Nächstes Kapitel
8. April 2019. Der Streit an der Theater, Oper und Orchester GmbH (TOOH) in Halle spitzt sich weiter zu. Am vergangenen Wochenende verschickte der Betriebsrat eine Stellungnahme, in der dem Geschäftsführer der TOOH Stefan Rosinski vorgeworfen wird, einer "unübersichtlichen und unsachgemäßen Berichterstattung" Vorschub zu leisten, die den Betriebsfrieden gefährde. Heute äußerten sich auch die Ensembles des Neuen Theater und des Thalia Theater Halle in einem offenen Brief zur "Betriebsklimakatastrophe". Am Nachmittag hat auch Stefan Rosinski dazu Stellung genommen.
Hintergrund ist die Berichterstattung über eine ehemalige Mitarbeiterin der Pressestelle des Theaters, die das Haus nach drei Tagen wieder verlassen hat, weil dort ein mehrere Jahre altes Nacktfoto von ihr in Umlauf gebracht worden sei. Der Fall war von der Bild-Zeitung Sachsen-Anhalt aufgegriffen worden, die das Foto unter der Überschrift "Referentin mit Nacktfoto aus der Oper gemobbt" in ihrer Online-Ausgabe selbst groß abbildet.
Der Betriebsrat zeigt sich in seiner Stellungnahme irritiert über den Ton der Berichterstattung in der Bild-Zeitung und in einem TV-Beitrag im MDR, in dem der Geschäftsführer der TOOH Stefan Rosinski suggeriere, dass das Bild unter den Mitarbeitern weitreichend verbreitet worden sei. Was nicht stimme, so der Betriebsrat. "Der Betriebsfrieden ist durch unübersichtliche und unsachgemäße Berichterstattung massiv gefährdet. Das liegt an der befremdlichen, öffentlichen Darstellung des Geschäftsführers."
Ultimatum bis Freitag
Mit dieser Irritation auf allen Seiten spitzen sich Leitungskrise und Machtkampf am TOOH zu. Für Freitag dieser Woche (12. April) ist die nächste Aufsichtsratsitzung angekündigt. Bis dahin hat der Intendant des Neuen Theaters Matthias Brenner dem Aufsichtsrat ein Ultimatum gesetzt, Position zu beziehen und bekundet, dass er unter den gegenwärtigen Bedingungen seinen Vertrag nicht verlängern und gegebenenfalls sogar vorzeitig aussteigen will. Ende Februar hatte der Aufsichtsrat beschlossen, den Vertrag des Opernintendanten Florian Lutz nicht zu verlängern, was sich ebenfalls aus dem Konflikt mit dem Geschäftsführer ergeben hatte.
(sik / sd)
Mehr zum Streit an den Bühnen Halle:
Halle: Intendant Matthias Brenner droht Rückzug an - Meldung vom 28. März 2019
Opernintendant in Halle nicht verlängert - Meldung vom 22. Februar 2019
Zur Nichtverlängerung von Opernintendant Florian Lutz in Halle, mit Blick auf die Opernpremiere "Ariadne auf Naxos" - Kommentar vom 23. Februar 2019
Wie viel Experiment verträgt das Stadttheater? - Theaterpodcast #13
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 28. März 2024 Berliner Theatertreffen: 3sat-Preis für Jenaer Arbeit
- 28. März 2024 Berlin/Bremen: Geschäftsführer Michael Helmbold verstorben
- 28. März 2024 Neues Präsidium für Deutsche Akademie der Darstellenden Künste
- 26. März 2024 Günther-Rühle-Preise vergeben
- 26. März 2024 Mülheimer Theatertage: Preisjurys berufen
- 26. März 2024 Theatertreffen der Jugend 2024: Auswahl steht fest
- 26. März 2024 Schauspieldirektor Maik Priebe verlässt Neustrelitz
- 25. März 2024 Dramatikerpreis für Correctiv-Autor:innen L. Lax und J. Peters
neueste kommentare >
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Basel-Modell statt nur Namen
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Dreamteam
-
Biedermann & Brandstifter, Zürich Stemann pur
-
Preisjury Mülheim Zeit für Neuanfang
-
Orpheus steigt herab, Wien Unruhe
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Ostereier und gutes Doppel
-
Der große Wind der Zeit, Stuttgart Nachfrage
-
Medienschau Volksbühne Avantgarde und Klassenkampf
-
Orpheus steigt herab, Wien Kassenschlager
-
Auswahl Mülheim Strukturproblem?
Es ist beschämend für Halle, für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TOOH und für die gesamte Theaterlandschaft, dass es in Halle möglich ist aufgrund persönlicher Befindlichkeiten die komplette Außenwirkung zu prägen.
Die Herren Intendanten und der Herr Geschäftsführer sollten sich schämen, ihren persönlichen Disput, nicht ihrer Stellung entsprechend sachlich und betont höflich hinter verschlossenen Türen zu klären.
Schließlich konsultiert das Publikum der Bühnen Halle die Medien, um etwas über die neusten Inszenierungen ihres Theaters zu erfahren, und nicht ständig vom Streit drei erwachsener Männer belästigt zu werden.
Wenn diese Herren nicht in der Lage sind, ihren Streit zu beenden, sollte sich der Aufsichtsrat der fatalen Wirkung dieses Bühnenstreits für das Theater und die Stadt bewusst sein.
Sollte nach intensiven Gesprächen mit allen Parteien (die Intendanten, der Geschäftsführer, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie allen Ensembles) keine einvernehmliche und für die Zukunft belastbare Lösung gefunden werden, sollte sich die Stadt zum Wohle ihres Theaters und ihres eigenen Rufs als Kulturhauptstadt von den Streithähnen unverzüglich trennen.
Wie heißt es so schön, lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Denn nach allen Berichten liegt die Befürchtung nah, keiner der drei Herren, ist ein Teil der Lösung, denn sie scheinen alle Teil des Problems zu sein.