Presseschau vom 23. Mai 2019 – Die Berliner Presse zu den mutmaßlich letzten aussichtsreichen Kandidaten für die Neubesetzung der Volksbühnen-Intendanz

Ein Coup

Ein Coup

Berlin, 23. Mai 2019. Für Juni erwartet die Berliner Presse eine Entscheidung der Kulturpolitik über die Neubesetzung der Volksbühnen-Intendanz am Rosa-Luxemburg-Platz. Und also läuft sie sich warm beim Vorbringen (vermutlich) aussichtsreicher Kandidat*innen.

René Pollesch, Stammregisseur während der Intendanz von Frank Castorf und also mit dem Haus bestens vertraut, sei der einzige verbliebene Kandidat, vermeldet Rüdiger Schaper im Tagesspiegel (21.5.2019). "Ihm sollen Volksbühnen-Veteranen wie Sophie Rois und Martin Wuttke an die Seite gestellt werden, in einer Art erweiterter künstlerischer Leitung."

René Pollesch

Schaper kommentiert: "Pollesch sind große Abende mit kleinem Personal in dem Riesenhaus gelungen. Er bringt die Schauspieler nach vorn mit seiner Mischung aus Boulevard und Diskurs. Aber er war nie Intendant. Er hat, worauf es doch ankommt, keine Erfahrung im Management eines so großen Betriebs. Und es sieht nicht so aus, als würden sich Pollesch und der Verwaltungsprofi Dörr vertragen."

In der Süddeutschen Zeitung (22.5.2019) nennt Peter Laudenbach Pollesch den "Wunschkandidat vieler Volksbühnen-Verehrer" und dessen mögliche Ernennung einen "Coup".

Und andere

Daneben hat Laudenbach vor allem Constanza Macras auf dem Zettel ("Ihr Tanztheater bewegt sich in seiner ästhetischen Radikalität, dem Interesse an weniger vornehmen Sozialmilieus und der politischen Wachheit auf der Höhe der Castorf-Ära."). Kay Voges wird als Kandidat mit Nähe zur frühen Volksbühnen-Ästhetik von Frank Castorf und Christoph Schlingensief vorgestellt, der allerdings – wie in der Berliner Zeitung zu lesen war – nicht vom zuständigen Senator kontaktiert worden sei.

Von Armin Petras übermittelt Laudenbach ein "ein sympathisch radikales Projekt" als "Gedankenspiel". Petras wird mit folgenden Worten zitiert: "Wenn ich noch mal selber ein Haus leite, egal ob allein oder mit anderen zusammen, dann würde mich dabei das Unterschiedliche an sich interessieren. Also nicht die Kirche des Heutigen und dessen, was eben so angesagt ist, sondern extrem verschiedene Ästhetiken, aber auch Forschung, search and destroy, und Spartengrenzen einfach wegzuhauen."

(chr)

 

Kommentare  
Presseschau Volksbühne: aus dem Lostopf
Also das Dilemma lässt sich doch ganz einfach lösen. Wir losen. Als kompetente Los-Fee schlägt Ulrich Khuon zwei Lostöpfe vor. Wegen zweifacher Nennung sind Kay Voges und René Pollesch (zusätzlich als Kandidat der Herzen) gesetzt. Aus dem anderen Topf wird nun zur gewünschten Doppelspitze ein Kandidat bzw. eine Kandidatin zugelost. Vorschläge sind bis Ende Mai beim Ziehungsleiter einzureichen, der über ihre Eignung befindet. Die Ziehung findet nach der Langen Nach der Autorinnen im DT statt, damit da alle auch bei der Stange bleiben. Fairer und transparenter geht`s nicht.
Presseschau Volksbühne: Grusel
Hat sich René Pollesch je für andere Theaterschaffende interessiert, fand er je was gut außer seine eigenen Sachen? Danke für Hinweise. Und Macras, die Laudenbach und seine Partnerin Schlagenwerth seit Jahren hochschreiben: Fand jemand die letzte Arbeit wirklich überzeugend? Im Ernst? Dass es einen Backlash geben würde an der VB, war klar. Dass er so radikal ausfällt, ist selbst für Berlin erstaunlich. Tim Renner hat eine zu einsame, zu schlecht organisierte und seltsamerweise, entgegen seinem Naturell, autoritäre Entscheidung getroffen, Lederer scheint das in der Tat anders anzugehen, er trifft eine Entscheidung, die vor allem seiner Wählerschaft gefällt, die ihn unter anderem gewählt hat, um Dercon zu stürzen. Wäre Lederer nicht in der Linken, würde man nun das richtige Wort dafür benutzen: Populismus. Applaus aus dem Berliner Provinzfeuilleton. Grusel.
Presseschau Volksbühne: seltsame Logik
Als Lederer gewählt wurde, konnte keiner wissen, dass er das Kultur-Ressort übernehmen würde. Deshalb kann ihn seine Linke-Wählerschaft auch nicht gewählt haben, damit er Dercon stürze. - Das gehört vielleicht nicht hierher, aber eine gruselig seltsame Logik und Auffassung von freier Wahl für Wähler ist das allemal... und der Kommentar steht ja nun einmal hier-
Presseschau Volksbühne: Prater
Ob und was Pollesch gut findet außer seinen eigenen Stücken? Von 2001 bis 2007 hätte Pollesch die Leitung des Prater. Da liefen nicht nur Pollesch-Stücke.
Presseschau Volksbühne: Wer, wenn nicht...
Lieber Grusel, René Pollesch ist nun wirklich der zeitgenössische Meister des Theaters. Dass er sehr viel produziert lässt Manchen manchmal vergessen, was für Meisterwerke er Berlin geschenkt hat, zusammen mit Fabian Hinrichs beispielsweise. Das ist Avantgarde, das ist die Kraft des Theaters, das ist immer die Suche nach dem "Neuen", nicht nach der Mode. Wer wenn nicht er? Wen finden Sie denn passender? Bin gespannt!
Presseschau Volksbühne: alte Hasen
Es ist merkwürdig zu beobachten, wie die genannten Theaterkritiker
hier eher ihre persönlichen Favouriten ins Spiel bringen.
Es schummert das so vage Gefühl rüber, die konnten für ein Interview einfach gut reden, und sicher auch mal ein Bier oder Wein trinken gehen.

Meine Verehrung für Pollesch und seine stetigen Wagnisse
im Egomanischen die Weltfragen zu suchen und an die Oberfläche zu spülen. Aber wäre er wirklich ein Erneuerer der Volksbühne?
Würde er nicht einfach nur weitermachen wie bisher?

Und darf man Petras glauben, der politiklike
allen alles wunderbare unerforscht Neue verspricht,
das aber an Radikalem seine inzwischen sehr begrenzte Radikalität
doch bitte nicht übersteigen möge.

Von einer Neuauflage des Teams Dörr/Petras sollte man/frau sich mehr fürchten, als vor jenen, die ausserhalb Berlins schon Gigantisches inszeniert haben. Darum bitte die alten männlichen Hasen außen vor lassen.
Presseschau Volksbühne: alte Äußerungen
Armin Petras, René Pollesch?

"… Was ihn nicht reizt, und Petras' blaue Augen blitzen unterm Käppi, wenn er das sagt: die Berliner Volksbühne zu übernehmen. … "Ich würde niemals Frank Castorf beerben wollen, auch nicht in zehn Jahren", beteuert Petras, der wie viele aus seiner Generation an Castorfs Volksbühne seine theatrale Sozialisation erfuhr." Das wäre, als kehrte man auf seinen Spielplatz zurück." SZ, 31.5.2018
https://www.sueddeutsche.de/kultur/theater-ein-heiteres-servus-auf-der-metaebene-des-diskurses-1.3996983

"René Pollesch will nicht Intendant der Volksbühne werden … er habe die Erfahrung gemacht, dass einige seiner Kollegen später als Intendanten bei ihren Schauspielern nicht mehr so beliebt gewesen seien. "Ich glaube, in dem Beruf taucht dann etwas auf, was ich nicht in meinem Leben haben will", sagte Pollesch." rbb, 5.9.2018
https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2018/09/rene-pollesch-will-nicht-intendant-volksbuehne-werden.htm
Presseschau Volksbühne: weiterer Kandidat
Durchaus reiz- wie kraftvoll wär sebastian hartmann.
Damals in Leipzig wurde viel auf die spur gebracht was nun endlich weiterleben könnte
Presseschau Volksbühne: Featuring
Ach SCHADE, dass hier nun die Leute gefeatured werden, die sonst nie in Erwägung gezogen würden. Hartmann, really? Der Castorf Adept schlechthin, soll jetzt Castorf Erbe werden? Absurd!
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