Jahreshauptversammlung 2019 des Deutschen Bühnenvereins
"Kulturwandel gestalten" - Wenig Konkretes
Nürnberg, 15. Juni 2019. Bei der Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins in Nürnberg am 14. und 15. Juni 2019 tagten im Staatstheater Nürnberg fast 300 Intendant*innen, Kulturpolitiker*innen und Verwaltungsdirektor*innen. Im Mittelpunkt standen die Themen Geschlechtergerechtigkeit und Frauen in Führungspositionen, der Umgang mit sexueller Belästigung und Machtmissbrauch sowie die Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Strömungen.
Enorme Veränderungen in der Gesellschaft
"Die Herausforderungen in allen genannten Bereichen zeugen von einer enormen Veränderung in der Gesellschaft", sagte Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins. Eine Lösung sei nur "über einen Kulturwandel" möglich, "den wir selbst gestalten wollen und müssen". Eine zentrale Gelingensbedingung dafür sei die Weiterbildung "in fachlicher und sozialer Hinsicht auf allen Ebenen.“ Schon die Erkenntnis, dass es ohne diese Weiterbildungen nicht gehe, sei schon ein Kulturwandel.
Auseinandersetzung mit Rechts
In der Auseinandersetzung mit "rechtspopulistischen Strömungen, die für sich die Deutungshoheit über die Wahrheit in Anspruch nehmen", stünden die Theater dafür, "die Komplexität der Wirklichkeit als Reichtum abzubilden und emotional erfahrbar zu machen", schreibt der Bühnenverein. Konkrete Inhalte und Ergebnisse der Diskussion teilt er nicht mit.
Verhaltenskodex
Der auf der letzten Jahreshauptversammlung verabschiedete Verhaltenskodex sei in die Theater und Orchester kommuniziert; jedes Haus wähle "einen anderen Weg, ihn umzusetzen und zu leben". "Besonders wichtig" sei, "dass der Kodex Teil der Kommunikation in den Theatern geworden ist und alle dazu anregt, den respektvollen Umgang miteinander auszuhandeln". Auch die Beratungsstelle THEMIS, die unabhängige Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt, die im Oktober 2018 ihre Arbeit aufgenommen hat, sei in den Theatern und Orchestern mittlerweile sehr bekannt und werde "von Betroffenen angenommen".
Präsidium
Auf der Jahreshauptversammlung wählte der Bühnenverein auch das das Präsidium des Verbands. Dem neu gewählten Gremium gehören an:
Präsident: Ulrich Khuon (Intendant Deutsches Theater Berlin)
Staatstheatergruppe: Vorsitzende Barbara Esser (Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur Berlin), Stellvertretender Vorsitzender Hans Heinrich Bethge (Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg)
Stadttheatergruppe: Vorsitzender Gabriel Engert (Kulturreferent Stadt Ingolstadt), Stellvertretende Vorsitzende Skadi Jennicke (Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur der Stadt Leipzig).
Landesbühnengruppe: Vorsitzender Thorsten Weckherlin (Intendant Landestheater Tübingen Reutlingen), Stellvertretende Vorsitzende Claudia Hampe (Verwaltungsdirektorin Theater für Niedersachsen Hildesheim).
Privattheatergruppe: Vorsitzender René Heinersdorff (Direktor Theater an der Kö Düsseldorf), Stellvertretende Vorsitzende Gundula Reinig (Stellvertretende Intendantin Renaissance Theater Berlin).
Intendantengruppe: Vorsitzender Hasko Weber (Generalintendant Deutsches Nationaltheater & Staatskapelle Weimar), Stellvertretende Vorsitzende Kathrin Mädler (Intendantin Landestheater Schwaben).
Außerordentliche Mitglieder: Vorsitzende Charlotte Sieben (Kaufmännische Geschäftsführerin Berliner Festspiele), Stellvertretender Vorsitzender Bernward Tuchmann (Geschäftsführer INTHEGA Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen e.V)
Der Bühnenverein schreibt dazu: "Den Beschluss des Vorjahres, in den nächsten zwei Wahlperioden eine geschlechterparitätische Besetzung der Gremien anzustreben, konnte weitgehend umgesetzt werden."
(Deutscher Bühnenverein / jnm)
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ihr Didi
1. könnte stimmen.
2. schlechter geht's doch kaum.
3. durchatmen nicht vergessen.
ja, Paritätin hat sehr energisch-polemisch geschrieben gegen eine aktuell ziemlich einseitige, zahlenfixierte und eindimensionale beurteilung von fortschritt, die hier im forum schon wirklich enorm viele stilblüten und kurze gedanken hervorgebracht hat.
die meisten theaterschaffenden begrüßen eine diversifizierung der theaterwelt und die quoten im theaterbetrieb sind definitiv nicht gut und gehören natürlich verbessert.
aber "schlechter geht's doch kaum." ist so was von billig und stimmt nicht. definitv nicht, was die produkte angeht. guckt euch doch nur mal im europäischen ausland in der fläche und breite um und kommt dann nochmal mit dieser peinlichen, generalisierenden aburteilung zurück. und jemanden, der anderer meinung ist, abzusprechen er oder sie wäre erwachsen... ne, leute echt, da geht mehr. auch und gerade im dienste des feminismus. argumente, bitte.
abwertung und verächtlichmachung, die präferierten instrumente passiv-aggressiver regime (ja, die gibt's!), sind auch einfach nur beschissene formen von unterdrückung. und denen sollte auch aus hehren motiven sicher nicht das wort geredet werden, oder?
Bemühungen allein reichen nicht - und kommen viel zu spät! Es wird Zeit, dass die zuständigen Verbände (und dazu zählen auch GDBA und DTHG) ihre Hausaufgaben machen. Bekanntermaßen leiden die Theater seit Jahren unter einem eklatanten Fachkräftemangel (und ich erlebe es in meiner täglichen Arbeit im technischen Bereich, obwohl ich das Privileg habe, an einem sehr attraktiven Haus zu arbeiten) und es sei die Frage gestattet, welche Instrumente den Theatern an die Hand gegeben werden, den Arbeitsplatz Theater wieder interessant zu machen. Wenn es denn Aktivitäten in diese Richtung gibt: Signale empfangen wir keine.
Interessanterweise steht in der Original-Pressemeldung auch folgender Satz: "Weitere Schwerpunkte waren der Fachkräftemangel im technischen und administrativen Bereich sowie die Situation der Orchester".
Na bitte, es wurde darüber gesprochen, aber das war´s dann wohl auch, denn in der weiteren Erklärung kein Wort mehr darüber.
Gesellschaftliche Themen sind richtig und wichtig, aber es drängt sich das Gefühl auf, dass die Entscheidungsträger die Basics aus dem Blick verlieren. Was nützt die gesellschaftlich relevante Produktion auf der Bühne, wenn sie nicht zur Aufführung kommt, weil der technische MeisterIn fehlt, ohne den/ die es nun mal nicht geht?
Es gibt viel zu tun - und es muss sehr entschlossen und ohne Verzug angepackt werden.
Aber der Fairness halber ein positiver Aspekt aus dem Programm der Tagung: das Thema "respektvoller Umgang miteinander" wird mittlerweile an manchen Häusern bereits gelebt, hier hat (noch nicht in allen Köpfen) ein Umdenken eingesetzt. Und das kann auch ein Signal für gute Fachkräfte sein: neben guter Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen können der nicht nur postulierte oder verordnete, sondern gelebte respektvolle Umgang miteinander und die gegenseitige Wertschätzung wichtige Faktoren für ein Theater-Gütesiegel sein und damit das Theater auch attraktiv machen. Vielleicht sollten wir daran mal etwas mehr arbeiten, bei uns trägt es erste zarte Knospen...
Eine andere Möglichkeit wäre, in diesem Punkt die Satzung zu ändern undoder die Funktion in dem Fall zu "entgendern". Man könnte z.B. von "Vorsitz" und "Stellvertretung" sprechen undoder vom praktizierten "Rotationsprinzip in der Doppelspitze". Dafür könnte man gewiss eine wasserdichte juristische Lösung finden, was die Umsetzung der Beschlüsse zu Geschlechterprarität aus meiner Sicht erleichtern würde. Es ist Juristen nicht verboten, kreativ zu sein und Texte an die durchgesetzte Institutions-Praxis anzupassen. - Danke, dass Sie sich hier zu Wort gemeldet haben!
Umso schöner wäre es gewesen - zumal die Zuschreibungen laut Ihnen ja nur noch eine Formalie sind und als Doppelspitze gelebt werden - clever genug zu sein sämtlichen Frauen den Vorsitz zu geben und die Herren dementsprechend in die Vertretung zu setzen. Oder eine 50:50 Variante zu wählen.
Es stand ja damit wohl frei zur Wahl.
Schade und irritierend, dass selbst im angeblich fiktiven Szenario von Vorsitz und Stellvertretung der Bühnenverein sämtlichen (!!) Frauen lediglich die Stellvertretung zuschreibt.