Auf der einen Seite geben, auf der anderen nehmen

27. Juni 2019. In Niedersachsen rührt sich Protest gegen die Pläne des Landes, Tarifsteigerungen für kommunale Theater entgegen der Koalitionsvereinbarung nicht weiter zu übernehmen. Für die Finanzierung der Theater in Osnabrück, Göttingen, Wilhelmshaven, Hildesheim, Lüneburg und Celle wäre das der Super-GAU, schreibt das Aktionsbündnis #rettedeintheater in einer Pressemitteilung. In der vergangenen Woche haben die Kommunen in Niedersachsen die neuen Zielvereinbarungen zugeschickt bekommen, die zwischen den Theatern, den Kommunen und dem Land geschlossen werden. Entgegen der Koalitionsvereinbarung und den Vereinbarungen der vergangenen zehn Jahre sei darin nicht mehr enthalten, dass das Land die Tarifsteigerungen übernimmt, sagt die Geschäftsführerin des DT Göttingen, Sandra Hinz, auf Nachfrage. Diese Nicht-Übernahme komme überraschend und sei ein kompletter Richtungswechsel, so Hinz.

Die Vereinbarung soll offiziell bis 30. Juni 2019 unterschrieben werden. Am 1. Juli findet dann die Klausurtagung des Landesregierung statt, die vor der Sommerpause den Entwurf für den neuen Haushalt aufsetzt.  

Regisseurin Antje Thoms, die #rettedeintheater mitinitiiert hat, vermutet, dass die Entscheidung mit den 3 Millionen Euro Mehrbewilligungen über die sogenannte "Politische Liste" im Zusammenhang steht. Ursprünglich hatte die Landesregierung im vergangenen Jahr aus Haushaltüberschüssen 6 Millionen zugesagt, diese im Schlingerkurs auf Null reduziert und dann nach Protesten auf 3 Millionen festgesetzt. Diese Erhöhung werde spätestens in drei Jahren aber durch die Tarifsteigerungen aufgefressen. Im Januar steht die nächste Tarifverhandlung fürs laufende Jahr 2020 an, von der Hinz glaubt, dass sie zwischen 2 und 4 Prozent ausfallen wird.

Das Aktionsbündnis ruft dazu auf, per Mail bei Finanzminister Reinhold Hilber zu protestieren. Das ensemble-netzwerk hat sich den Protesten angeschlossen, und auch vom ver.di Landesbezirk Niedersachsen-Bremen heißt es, man habe gegenüber dem Minister und dem Ministerpräsidenten protestiert.  Ver.di Landesfachbereichsleiter sagt, "dass die Landesregierung versprochen hat, die Theaterlandschaft zu stärken und nun passiert genau das Gegenteil."

(sik)

Mehr dazu: 

Niedersachsens Kulturminister weist Kritik der Theater zurück - Meldung vom 24. Oktober 2018

Kundgebung #rettedeintheater in Niedersachsen - Meldung vom 17./27. Oktober 2018

Die Allgemeine Zeitung sieht das Theater Lüneburg in seiner Existenz bedroht von Sparmaßnahmen des Landes - Presseschau vom 27. September 2018

 

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Kommentare  
#rettedeintheater, Niedersachsen: Links zur Email-Protest-Aktion
In diesem Falle ist mehr wirklich mehr. Hier die Links zur Email-Protest-Aktion: www.facebook.com/events/682683765503424/, https://www.dropbox.com/s/tl9st2h64aqs5w5/Email-Protest-Aktion%20%23rettedeintheater.pdf?dl=0
#rettedeintheater, Niedersachsen: Kulturland Niedersachsen
Zu Zeiten der Ministerin Schuchardt und ihrer unvergessenen Leiterin der Kulturabteilung Barbara Kisseler gab es einen Zuwendungsvertrag der den Theatern die Tarifsteigerungen mit einjähriger Verzögerung erstattete. Das war echte Planungssicherheit. Nun, Frau Kiesseler ging nach Berlin und unter dem schönen Wort "Zielvereinbarung" wurden ab2006 die Etats gedeckelt. Wer auf die simpelstein Gesetzmäßigkeiten der Betriebswirtschaft verwies, wurde unter Absingung des damaligen neoliberalen Vokabulars als Ewiggestriger abgestempelt und in die Ecke gestellt. (Mir selber wurde Nachhilfe bei einem sehr kurzfistigen Manager-Intendanten des Bremer Theaters angeboten! ) immer wieder holen nun die Fakten die Ideologie ein. Wenn es allzusehr schmerzt, gelangt alles gelegentlich an die Öffentlichkeit. Warum tun sich die Regierungen jeglicher Couleur an, periodisch als Kulturfeinde dazustehen? Herr Minister Tümmler legen Sie doch einfach den Zuwendungsvertrag von Ministerin Schuchardt auf den Kopierer. Dann können die Intendanten ihre Arbeit machen statt in der Kulturabteilung zu antichanbrieren. Jeder Finanzminister wird begreifen, dass man mit den eingesparten Künstlertarifen keinen Etat saniert. Und jeder MP wird sich freuen an dieser Front Ruhe zu haben. Viel Glück!
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