Druck von innen

28. Juni 2019. Rolf Petersen wird seine Stelle als Schauspieldirektor des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters nicht antreten. Wie das Haus mitteilt, hat er die designierte Generalintendantin Ute Lemm um Aufhebung seines Vertrags gebeten. Er gehe nicht davon aus, dass eine erfolgreiche künstlerische Tätigkeit am Landestheater für ihn unter diesen Umständen möglich sei, so die Pressemitteilung.

Mit den genannten "Umständen" ist der Widerstand gegen seine Besetzung vonseiten des künstlerischen Personals gemeint. In einem Offenen Brief bezeichnete das Ensemble die Entscheidung für Petersen als "Skandal". Die Unterzeichner*innen zweifelten an seiner Kompetenz und füchteten "um die regionale und überregionale Attraktivität, die das Schauspiel am Landestheater für Publikum, Künstler*innen und Feuilleton bislang hatte".

Nicht zum ersten Mal in dieser Saison führt öffentliche Kritik zum Rückzug eines Kandidaten für eine Leitungsposition. Im Februar sagte Carl Philip von Maldeghem dem Schauspiel Köln ab, nachdem seine Ernennung zum Intendanten harsche Kritik von Presse und Kulturschaffenden ausgelöst hatte. Am Schleswig-Holsteinischen Landestheater setzt sich nun das Schauspielensemble gegen die Entscheidung der künftigen Intendantin durch. Ute Lemm bedauere und akzeptiere Petersens Rückzug, heißt es in der Pressemtteilung. Sie muss sich nun auf die Suche nach einem neuen Schauspieldirektor machen.

(Schleswig-Holsteinisches Landestheater / miwo)

Mehr zum Thema:

Meldung: Landestheater S-H: Protest gegen künftigen Schauspieldirektor (26. Juni 2019)

mehr meldungen

Kommentare  
Schauspieldirektor verhindert: beeindruckt
Ich bin beeindruckt von der souveränen Entscheidung von Herrn Rolf Petersen und dem Mut des Schauspielensembles für ihre Idee von aktuellem, engagierten Schauspiel zu kämpfen.
Schauspieldirektor verhindert: mutig
Welche souveräne Entscheidung Herrn Petersens meinen Sie, Herr Schmedemann? Der Typ ist von einem Großteil seiner künstlerischen Kollegen als "skandalös" und künstlerisch inkompetent eingestuft worden und daraufhin ist sein Vertrag aufgelöst worden. Ende der Geschichte.

Ich bin stolz auf ein Ensemble, das sich gegen Fehlentscheidungen mutig zur Wehr setzt. Das kann auch die neue Intendantin bedauern wie sie will, ihre Wahl Herr Petersens war somit auch unqualifiziert. Die beste Entscheidung war, hier nachzugeben, das muss man ihr zugestehen.

Ich hab mittlerweile nun 29 staatliche, kommunale... Theater mitwirkend von Innen gesehen und die Crux zeigt sich oft bei Intendanten: Sie sind ENTWEDER ausgezeichnet kompetente Künstlerpersönlichkeiten ODER politische Persönlichkeiten, die ein Haus repräsentieren und verteidigen können. Kaum findet sich beides in Personalunion.
Schauspieldirektor verhindert: Gottseidank
Na dann ist der legendäre überregionale Ruf ja gerettet!
Schauspieldirektor verhindert: bedauerlich
Wenn die Medien richtig informiert haben, ist Herr Petersen vom Vertrag zurückgetreten. In unserer Gesellschaft des Peter-prinzips ist dies im Allgemeinen nicht üblich. Ich finde es bedauerlich, dass Sie sich nicht namentlich zu erkennen geben.
Schauspieldirektor verhindert: unfassbar
Da müssen aber gewichtige Gründe gegen den designierten Schauspielchef vorgelegen haben, ansonsten ist das Verhalten des Ensembles eine anmaßende Frechheit und kommt dem Strafbestand des Mobbings gleich. Was hat er verbrochen, dass er so behandelt wird? Auch wird die Entscheidung und somit die Autorität der neuen Intendantin unterlaufen. Sie müsste unter diesen Umständen selbst ihren Posten zur Verfügung stellen. Ich an ihrer Stelle würde dem kompletten Ensemble im Oktober kündigen und ein neues Ensemble zusammenstellen, das meine künstlerischen Vorstellungen umsetzen will. So wie es normalerweise gehandhabt wird. So ein unsägliches Verthalten des Ensembles kann auch der Terror der mittelmäßigen Mehrheit sein. Ein unfassbarer Vorgang.
Schauspieldirektor verhindert: überholt
@2
Nicht der "Typ", sondern die Entscheidung für Rolf Petersen ist im Offenen Brief als Skandal bezeichnet worden.
@5
Die gewichtigen Gründe hat das Ensemble wohl angeführt und ist letztendlich auch damit durchgedrungen. Ich habe das Gefühl, es geht Ihnen eher um einen Ehrbegriff, der wohl sehr überholt ist. So, als müsse die Familienehre wiederhergestellt werden. Aber in dem Jahrhundert leben wir nicht mehr.
Schauspieldirektor verhindert: hochmotiviert
Dem neuen Leitungsteam, ein Nachfolger für Rolf Petersen wird ja wohl zeitnah gefunden werden, sollte klar sein, dass es mit einem hochmotivierten Ensemble zu arbeiten hat, mit Menschen, die sich Gedanken über ihr Theater machen und diese Gedanken, wenn es nicht anders geht, auch in der Öffentlichkeit diskutieren.

Wer das nicht versteht und stets alle Fäden in der Hand halten möchte, der ist an einem Marionetten-Theater möglicherweise besser aufgehoben.

Franz Kratochwil
von 1989 - 2004 Schauspieler am Landestheater
Schauspieldirektor verhindert: oh Mann!
Ich finde es grundsätzlich ganz wunderbar, dass Ensembles Rückgrat beweisen! Und sich öffentlich positionieren.
ABER: Wie intolerant muss man sein, über die Arbeit einer Person zu entscheiden, BEVOR sie begonnen hat? Das erinnert mich in der Tat an einen Leitungswechsel, bei dem das Ensemble ausgetauscht wird, ohne dass man mal miteinander gearbeitet hat. Das ist eine Intoleranz, bei der ich mich für Kollegen schäme!! Auf der Bühne wird dann etwa ein kluger NATHAN gespielt, es wird Toleranz angemahnt - und das Ensemble macht sich für solch eine Botschaft unglaubwürdig...dass Herr Petersen vom niederdeutschen Theater kommt kann ihn doch nicht disqualifizieren, nur,dass er evtl.schlechte Arbeit leistet...und damit hatte er ja noch gar nicht begonnenen..
Das ist ein Provinzensemble,dass sich für den Nabel der Welt hält...oh Mann..
Schauspieldirektor verhindert: fundierter Zweifel
Nach nochmaliger gründlicher Lektüre des Briefes: Dieses Ensemble entscheidet oder verurteilt nicht, sondern zieht die Eignung des Mannes für genau diesen Job in Zweifel. Und das tut es ziemlich fundiert, mit einem genaueren Begriff von Theater als Intendantin und der nun zurückgezogenen Schauspieldirektor ihn haben (oder beschreiben können).
Die künstlerische Belegschaft hat außerordentlich couragiert und übrigens nahezu geschlossen (alle Abteilungen!) offengelegt, was bei den Neuen für ein Theater, das sich nicht selbst der Provinzialität verschreiben möchte, fehlt.
Wer Verantwortung für eine große Gruppe von Menschen übernehmen möchte, muss aushalten, dass seine Entscheidungen oder seine Eignung dafür kritisch betrachtet werden. Und sich damit ernsthaft auseinandersetzen, nicht herrisch auf dem eigenen Standpunkt verharren.
Auseinandersetzung ist doch der Boden für gelungene Zusammenarbeit, insbesondere für die künstlerische.
Schauspieldirektor verhindert: ohne Rücksicht
Jedem dieser SchasupielrInnen möge Ähnliches begegnen.
Wie würden sie darüber denken, wenn sie das Theater wechseln würden und es würde gegen dieses Engagement vom neuen Ensemble ein öffentlicher Brief geschrieben, der der betreffenden Person die künstlerische Eignung für das neue Engagement abspricht. Solch ein Vorgang ist schädigend weit über den einen Moment hinaus.

Wie schon einmal gesagt. Es wird viel zu viel über Machtmissbrauch von Regieseite gesprochen. SchauspielerInnen sind in keinster Weise weniger manipulativ oder egozentrisch. Nutzen jede Möglichkeit ihre Interessen durchzusetzen, ohne Rücksicht auf Andere.
Schauspieldirektor verhindert: Fragen ausweichen
#9 beantwortet #10: Es geht ja um jemanden, der die beruflichen Geschicke einer Gruppe leiten soll. Wenn (und ich meine: berechtigte) Zweifel daran bestehen, dass dies möglich ist, täte die Führungsriege gut daran, darauf einzugehen. Das ist aber nicht geschehen oder nicht gelungen. Stattdessen wird die Form angemahnt, die doch für die Theaterangestellten die einzige Möglichkeit darstellt, gehört zu werden. Der Vorgang beweist es traurigerweise.
Sich als künftiger Chef (oder künftige Chefin) nun auf die Opferposition zurückzuziehen ist leicht und weicht den eigentlichen Fragen aus.
Schauspieldirektor verhindert: Unhöflichkeiten
Lieber Reiner Schmedemann,
mein Name geht Sie gar nix an.

Lieber Jens (#8), die Arbeit von Rolf Petersen konnte bereits im Vorfeld begutachtet werden, da er für Schwerin die Niederdeutsche Bühne geleitet hat. Würden Sie auch die AfD mal erstmal ihre "Arbeit" beginnen lassen, um sich dann ein Urteil darüber bilden zu können?

Ihre herablassenden Unhöflichkeiten gegen dem Ensemble in Rendsburg können Sie sich auch mal sparen, Jens (#8), Richard (#5) und Ebenso (#10): Hier haben sich Kollegen für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt, während Sie spotten oder zu unmündiger Dienstleisterschaft aufrufen. Nun, mit letzterer kann man schon weit kommen in unserem Beruf, aber was das wert ist, steht auf einem anderen Blatt.

Nun wird ja alles gut: Herr Petersen konnte seine Kündigung in Schwerin zurücknehmen und wird dort fleißig weiter leiten können.
Schauspieldirektor verhindert: Skandal
Wss würde dieses Ensemble sagen, wenn es ans Thalia Theater wechseln sollte - und Teile der dort arbeitenden Menschen diesen Wechsel als Skandal und Abstieg ins Provinzielle bezeichnen würde? Dieser offene Brief bleibt ein Skandal, der an Rufmord grenzt..
Schauspieldirektor verhindert: falsches Signal
@#12
Für Ihren Vergleich mit der AfD sollten Sie sich schämen. Hier macht ein Mann bald 20 Jahre erfolgreich Theater, mit den Mitteln und für das Publikum der niederdeutschen Bühne in Schwerin. Heißt das, dass er automatisch nichts anderes kann? So viel Begrenztheit in der Vorstellung finde ich für Künstler peinlich. Man könnte es auch intolerant nennen. Soll heißen: ungewöhnliche Personalie: ja...aber falsch? Wer weiß? Wofür ich plädiere ist Offenheit,die steht Künstlern meist ganz gut zu Gesicht.

Und das Ensemble hat mit dieser Aktion in meinen Augen vor allem ein unbedingt falsches Signal an künftige Leitungskräfte aller Orten gesendet: dass sie gut daran tun, das Team auszuwechseln...
Schauspieldirektor verhindert: kein Opfer
#13: Da lässt sich nur wiederholen: Es wurde die Eignung eines Mannes in Frage gestellt, der für einen Leitungsposten vorgesehen war, und zwar für einen, dessen Arbeit ohnehin öffentlich diskutiert werden wird.
Dass Herrn Petersens "Ruf" von ihm und von der Generalintendantin nicht positiv wahrnehmbar gemacht und die Inhalte des Briefes nicht widerlegt werden konnten, spricht für sich und außerdem dafür, dass das Ensemble (Dramaturgie und Theaterpädagogik inklusive!) recht gründliche Vorarbeit geleistet hat.
Nachdem er sich der Debatte nicht weiter gestellt hat und zurückgetreten ist, kann er weiter seine Arbeit in Schwerin und Flensburg tun. Ihn als Opfer darzustellen, ist nicht nur schwierig, sondern verkehrt.
Schauspieldirektor verhindert: längst nicht gut
# 12

Lieber Lear, das klingt sehr zuversichtlich: Nun wird alles gut ! Daß die Causa Herrn Petersen wirklich nachhaltig hindern muß, wie bisher zu wirken, sehe ich auch nicht; seine Reputation hängt vermutlich nicht davon ab, ob man ihn in Rendsburg, Itzehoe, Flensburg, Marne oder Schleswig, Neumünster, Elmshorn als Schauspielchef gewollt haben wird oder eben nicht, es ist konsequent seinerseits, nicht lange Federlesens zu machen, wenn man so (!) nicht gewollt wird, denke ich, aber das damit alles gut sein soll, sehe ich auch nicht.Man wird nun recht zügig dazu übergehen müssen, eine neue Besetzung für die Stelle zu finden, oder sollte sie gestrichen werden ? Und es kommt jetzt doch wohl darauf an, daß das Ensemble und Frau Lemm gemeinsam das Beste aus diesem schief anlaufenden Start machen. Sie scheinen erfahren: Wie wird jetzt hier alles gut ?? Sollte das Ensemble gar noch "konsequenter" sein und -analog zu "Skandal"- den Rücktritt Frau Lemms als nächsten Schritt anstreben ? Was würden Sie an der Stelle Frau Lemms tun ?? Geht es nicht in immer mehr Fällen darum, daß Besetzungsfragen transparenter, demokratischer, nachvollziehbarer werden sollen; wie aber ist dergleichen zu erreichen: 70 Bewerber laden und den 71. nehmen ??? Puh, die Üblichkeiten und Gewohnheiten so hinter sich zu lassen, das muß man doch selbst bei gutwilligen Ansätzen in die vermeintlich richtige Richtung anmerken, scheint extrem schwierig zu sein, und, siehe Köln !, auch in Rostock hätte ich mir einen Neuanfang gewünscht, der ua. ebenso die für Latchinians Deinstallierung und für teure (verlorene) Prozesse verantwortlichen PolitikerInnenköpfe betroffen hätte, anstatt ein mediokres Kompromisslertum an den Tag zu legen , ich finde: desmeist ist doch dann längst nicht alles wirklich gut, oder ?!.
Kommentar schreiben