Wühlmäuse im Haus

von Michael Wolf

Berlin, 16. August 2019. Nach etwa einer Stunde gebe ich auf. Es ist nicht meine Schuld, beruhige ich mich. Statt mich weiter selbst zu hinterfragen, denke ich über die Gründe nach, warum mir so unklar bleibt, was das da auf der Bühne darstellen soll oder will. Was mag schief gegangen sein? Was ist geschehen? Ich komme auf vier Mutmaßungen.

Fischige Machart

1. Der Regisseur Alexander Eisenach ist ein ausgewiesener Thomas Mann-Experte (wofür spricht, dass er letztes Jahr bereits in Graz den "Zauberberg" inszenierte), was leider dazu führt, dass er sein Publikum überschätzt. Diesem mag der Roman bekannt sein, doch spätestens bei der zum Verständnis wohl nicht unwichtigen Sekundärliteratur, dem ebenfalls verwendeten Essay "Betrachtungen eines Unpolitischen" oder eben Alexander Eisenachs spezifischer Deutung des Stoffs tun sich gewisse Wissenslücken auf. So wie bei mir, der zwar in der zerhackten und mit Improvisationen geflickten Fassung hin und wieder eine bekannte Stelle entdeckte, dem aber der Bezug zu Fabel und Thematik immer wieder entglitt wie ein Karpfen im Großraumbüro (oder eben dieser Vergleich).

Krull1 560 JR Berliner Ensemble uMeister der "Als ob"-Darbietung: Felix Krull (Marc Oliver Schulze) macht auf Geiger. Im Vordergrund: Martin Rentzsch als Impressario © JR Berliner Ensemble

2. Der Regisseur hat weniger Interesse an Thomas Mann und seinem Fragment gebliebenen Roman, als an einer bestimmten Art von Schauspiel, geprägt an der Volksbühne vor Chris Dercons Intendanz. Zwar lässt Eisenach – der sich in früheren Inszenierungen unverhohlen als Castorf-Jünger zu erkennen gab – diesmal die Handkamera stecken, seine Regie nimmt aber doch Anleihen bei René Pollesch (rasantes Wegschaffen von Text; angeklebte Bärte; Insider-Witze übers Theater; überironisches Sprechen; französischer Akzent inklusive). Nur eben ohne die völlige Ablösung vom realistischen Spiel, Pollesch ohne Pollesch also. Statt sich ganz dem Thema der Darstellung oder Repräsentation zu widmen (was ja beim Hochstapler Krull denkbar gewesen wäre) hastet das Ensemble haltlos von Einfall zu Einfall, um bloß keinem konzentrierten Gedanken anheimzufallen.

Witz, komm raus!

3. Sie wollten alles richtig machen. Alexander Eisenach und sein Ensemble haben die Köpfe zusammengesteckt und hart an einer Adaption gearbeitet, die das Werk des Nobelpreisträgers zu den soziokulturellen, politischen, ästhetischen und technologischen Verhältnissen unserer Zeit in Bezug setzt. Aber dann – man kennt das! – hat unversehens einer etwas Witziges gemacht. Und dann hat der nächste was Witziges gemacht und schon ergoss sich hehre Albernheit über die Bühne. Ein großes Hallo! Und so ist dann ein Abend voller Mätzchen entstanden. Ein paar sind sogar ganz gut: Zum Beispiel, wenn Sina Martens allein Squash spielt, die Bälle ins Publikum schlägt, und sie vergeblich darauf wartet, dass einer zurückprallt. Blöd wird's dann, wenn Marc Oliver Schulze sie drauf aufmerksam macht, dass da ja gar keine Wand sei und Martens – Achtung! – in Brechts Berliner Ensemble tatsächlich feststellen muss, dass da keine (Vierte) Wand an der Rampe ist.

Krull2 560 JR Berliner Ensemble uMit Sturzhelm durch die Vierte Wand des Brecht-Theaters: Marc Oliver Schulze und Sina Martens © JR Berliner Ensemble

Noch flacher sind die unvermittelten Imitationen von Youtubern samt Diagnose: "Er hat Influencer!" Vielleicht hätte der Abend besser ins Haus der "Wühlmäuse" gepasst, wofür auch spricht, dass sie hier nach Herzenslust berlinern, getreu der alten Kabarett-Weisheit: Wenn das Material nichts taugt, machen wir's halt im Dialekt. Weitere Gags aus der Klamottenkiste: Wenn sich Schulze und Constanze Becker – keine Ahnung wieso – als Krull und dessen Hotel-Liebschaft Diane Philibert unvermittelt miteinander raufen, spielt die Tonregie Bud-Spencer-Gedächtnis-Faustschläge ein. Und: Eine klassische Gesangspartie auf der Schauspielbühne im Playback zu imitieren, war vermutlich zur gleichen Zeit originell, als noch Louis de Funés-Imitationen ("Nein! Doch! Oh!") verfingen. Manchmal muss man – wie es heißt – dabei gewesen sein, um zu verstehen, warum etwas lustig war. An diesem Abend hülfe eher das Gegenteil.

4. Die Hauptfigur dieses in Freud getauchten Romans ist ein Narzisst. Der Hochstapler hält sich für etwas Besseres, steht über den anderen Menschen und spielt mit ihnen. Er ist verliebt in sich selbst, so wie sich alle Welt in ihn verliebt. Der Abend könnte sich der Kunstwerdung eben dieses Gefühls verschrieben haben. Die Schauspieler wollten sich dann "nur selbst genießen" (schon wieder Pollesch). Die Inszenierung zieht ihr ästhetisches Vermögen einzig aus dem Umstand, dass es sie gibt; sie genügt sich allein. Es wäre daher nur ebenso konsequent wie nicht unwahrscheinlich, fände sie bald vor leerem Saal statt.

 

Felix Krull – Stunde der Hochstapler
nach Thomas Mann
Regie: Alexander Eisenach, Bühne: Daniel Wollenzin, Kostüme: Lena Schmid, Dramaturgie: Sibylle Baschung.
Mit: Constanze Becker, Jonathan Kempf, Sina Martens, Martin Rentzsch, Marc Oliver Schulze.
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause
Premiere am 16. August 2019

www.berliner-ensemble.de



Kritikenrundschau

Für André Mumot in "Fazit" auf Deutschlandfunk Kultur (16.8.2019) beginnt der Abend "angenehm bescheiden", weil dort einzelne Momente des Romans angesteuert würden. Im weiteren Verlauf wolle Eisenach aber "rustikalere Töne anschlagen" und "das Ganze wird dann doch sehr laut in der Komik" und die Inszenierung entgleite immer mehr "in eine planlose, klamaukige Orientierungslosigkeit". Marc Oliver Schulze zeige "sein komödiantisches Talent", biete einen charmanten Krull, aber es sei doch "keine Gestalt, die uns sehr zum Nachdenken bringt".

Als "Fingerübung" gilt diese Inszenierung Fabian Wallmeier auf rrb 24 (17.8.2019); "gekonnt gespielte Sketch-Miniaturen hat der Abend reichlich zu bieten, eine durchgängige Idee eher nicht", heißt es in der Kritik. "Die Tonlagen wechseln so schnell, dass bei aller Virtuosität am Ende alles einerlei bleibt. Meta-Theater-Gags, Andromache, Klempnerhandwerk, Goethe, Brecht, Louis de Funès ('Nein!' – 'Doch!' – 'Oooh!') – hier hat alles seinen Platz, aber wenig viel Sinn. Spaß macht 'Felix Krull' dennoch allemal."

Nach einem mitreißenden Einstieg mit Teufelsgeiger-Parodie "verrutscht" der Abend "mehr und mehr ins Klamaukige, die Grundsituation des Romans dient zunehmend allenfalls als Schmiermittel für die immer heißer laufende Gagmaschinerie", berichtet Katrin Pauly in der Berliner Morgenpost (18.8.2019). Ein paar darstellerische Highlights und viele maue Gags plus "viele Insider-Theater-Witzchen" vermerkt die Kritikerin.

"Hier werden neunzig Minuten lang Bälle geworfen, Kabarett-Späßchen versendet und philosophisch klingende Gedankensplitter hin und her gewendet, um im Nichts zu versacken", vermerkt Christine Wahl im Tagesspiegel (18.8.2019). Der Abend biete "Theater-Jokes, die nach der Ästhetik von Frank Castorf schielen, den Sound von René Pollesch anpeilen, hinter beidem zurückbleibend und ihren Gegenstand substanzarm verquirlen."

Für Doris Meierhenrich von der Berliner Zeitung (18.8.2019) verkörpert das Kirmes-Kabarett dieser Inszenierung "in seiner alles um-, aber nichts wirklich angreifenden Fischigkeit" nur das, was Thomas Mann vor gut hundert Jahren "in seinem 'Vorzugskind des Himmels', dem Hochstapler Felix Krull, als Künstlerparodie seiner Selbst konzipierte". Aus ihrer Sicht finden die Patchwork-Figuren "aus ihrer papierenen Gestaltlosigkeit in kein Spiel", bleibt der Abend "im Ganzen zu hölzern, unvirtuos." Damit zeigt er für die Kritikerin auch das, wofür das BE im dritten Jahr der Intendanz von Oliver Reese steht: Mit Aplomb versucht es immer wieder Gegenwart zu seinem Programm zu machen und bleibt doch allzu oft im Konzept dieses Willens stecken."

Der Hochstapler sei hier nicht wie bei Thomas Mann der anrüchige Verwandte des Künstlers, "sondern der Vorläufer heutiger Karrieristen und Influencer, die den Narzissmus zum Beruf und ihr Selbstdarsteller-Ich zum Label machen", beschreibt Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (21.9.2019) den Abend. Das werde manchmal zum Haudrauf-Kabarett. Dann aber beschleunige Eisenach das Spiel: "Wenn ohnehin alles Bluff und im Grunde egal ist, geht es im (Bühnen-)Leben zwar um nichts mehr, das aber mit Karacho." Spätestens wenn Krull-Darsteller Schulze mit Goldhelm und goldenem Lendenschurz posiere und sich mit blauer Farbe bewerfen lasse, "ist die Aufführung bei den Freuden eines Kindergeburtstags angekommen".

Kommentare  
Felix Krull, Berlin: Quatsch Comedy Club
Michael Wolfs Enttäuschung kann ich gut nachvollziehen. Die Nummernrevue kippt zu oft ins Alberne und Klamaukige.

Ich fühlte mich aber nicht an das klassische politische Kabarett der Wühlmäuse, sondern an den Quatsch Comedy Club erinnert. Dorthin würde folgende Nummer wunderbar passen: Marc Oliver Schulze, der die Hauptrolle des Felix Krull spielt, kommt plötzlich als polternder Berliner Klempner auf die Bühne. Über die Kloschüssel gebeugt verwechselt er ständig „Normen“ mit dem „Norman“ von Elektro Funke.

In dieser BE-Eröffnungspremiere zeigt sich eine Schwäche des Regisseurs, die Falk Schreiber in der Nachtkritik zur letzten Inszenierung in Hannover so beschrieb: „Natürlich müsste ein Regisseur nicht jeden Probeneinfall am Ende ins Stück integrieren.“

Trotz der berechtigten Enttäuschung zwei positive Punkte:

1. ) Das ist interessant gedacht: Von Thomas Manns protoytpischem, narzisstischem Hochstapler „Felix Krull“ schlägt Regisseur Alexander Eisenach im Programmheft-Interview mit der Dramaturgin Sibylle Baschung einen Bogen zu aktuellen Modeerscheinungen. In einem lesenswerten, durch viele Beispiele anschaulichen Gespräch analysieren die beiden den Zwang zur Selbstvermarktung auf Instagram, die frisierten Lebensläufe und Profile in Bewerbungsverfahren und das Phänomen der Influencer.

Aus dem unvollendeten Roman, an dem Thomas Mann während mehrerer Lebensphasen immer wieder arbeitete, griffen sie sich bewusst nicht die berühmtesten Szenen wie die Tricks bei der Musterung heraus, sondern die langen, essayistischen, abschweifenden Passagen. Im typischen Thomas Mann-Stil ausufernder Satzungetüme mit feiner Ironie teilen sich die fünf Spieler*innen die Reflexionen über Kunst, Lüge, Schein und die „Allsympathie“, über die Professor Kuckuck bei Thomas Mann schwadroniert.

In den 90 Minuten findet der Abend jedoch keine klare Form: der O-Ton von Thomas Mann aus dem „Felix Krull“ und den „Beobachtungen eines Unpolitischen“ kippt - wie beschrieben - zu oft unvermittelt ins Alberne.

2.) Der Abend hat starke Schauspieler*innen und zwei vielversprechende Neuzugänge: Eine Entdeckung für Berlin ist Marc Oliver Schulze. Er war zu Oliver Reeses Frankfurter Zeit eine der Stützen des Ensembles, spielte den Jason in der hervorragenden „Medea“-Inszenierung und kommt nun nach zwei Jahren freier Arbeiten ans Berliner Ensemble nach. Sein komödiantisches Talent und seine Quirligkeit sorgen für einige schöne Szenen. Seine Stärken kann er aber erst dann ausspielen, wenn es ein tragfähiges Regiekonzept gibt, das ihn nicht verhungern lässt.

Eine positive Überraschung ist auch Jonathan Kempf, der frisch von der Ernsrt Busch sein erstes Engagement am BE antritt und schlecht gelaunt vom Balkon nölend gute Kontrapunkte zum Hauptdarsteller setzt.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2019/08/17/felix-krull-stunde-der-hochstapler-berliner-ensemble-kritik/
Felix Krull, Berlin: Blendwerk
Eisenach benutzt Manns Hochstapler-Mär als Steinbruch, um sein Gewitter aus metatheatralen Einfallsfetzen und meist eher lauen Gags zu befeuern. Ja, die Spieler*innen sind toll: Marc Oliver Schulze so slapstickhaft wandelbar, dass man ihn sofort Herbert Fritsch anbieten will, Neuzugang Jonathan Kempf berlinert sich durch seinen Skeptiker-Part, dass es eine Lust ist, Constanze Becker wird am BE langsam zur Komödiantin und Sina Martens kombiniert Schulz`Chamäleonhaftigkeit mit einer gehörigen Prise Verletzlichkeit. Doch das hilft alles nicht. Eisenach verbindet den Mann-Roman mit dessen „Bekenntnissen eines Unpolitischen“ und reichlich Sekundärliteratur, nur interessiert das inhaltlich wenig. Viel mehr dient es den ständigen Registerwechseln: zwischen Spiel und Reflexion, Klamauk und Ernst, Repräsentation und V-Effekt. Es geht eigentlich nur ums Theater, seine Mechanismen, den Widerspruch wischen Illusion und Wahrheitsanspruch, der so lange wiederholt wird, bis es auch der Letzte begriffen hat. „Sind sie gekommen, um die Wirklichkeit zu sehen?“, fragt Schulze ins Publikum, und Martens erschrickt, dass sie in den Rahmen passe, statt aus ihm zu fallen, dass die Wirklichkeit die Illusion besiege.

Warum das schlimm ist oder auch nur relevant, verrät uns der Abend leider nicht, stattdessen nutzt er solche Betrachtungen als Spielmaterial, um sich durch die Theatermechanik zu pflügen. Das wird gegen Ende reichlich undurchschaubar, wenn man sich an Manns „Allsympathie“ ergötzt, die Liebe aus der Lüge ableitet und mit reichlich gespenstischen Theaterdonner in den Horrorzirkus „hereinspaziert“. Das ist dann nur noch Effekt und prätenziöses Geschwurbel, zu sagen hat der Abend da schon lange nichts mehr. Weshalb auch Rentzsch ein wenig untergeht, der als Reaktionär eine politische Ebene einzuziehen sucht, welche die Inszenierung nie aufnimmt. Wie sie sich überhaupt nie für irgendwelches thematisches Potenzial interessiert, sondern einzig an ihrer Reise durch theatrale Ausdrucksmodi festhält. Was zumindest diesen Rezensenten irgendwann verliert. Auch in Gedanken, was man mit diesem Stoff, diesen Spieler*innen und dieser Prämisse alles machen könnte. Alexander Eisenach entscheidet sich für 90 Minuten Blendwerk. Das ist zuweilen höchst amüsant, aber letztlich auch erschreckend leer.

Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2019/08/17/so-ein-theater-2/
Felix Krull, Berlin: unterhaltsam, witzig, klug
Warum muss man sich immer wieder über Kritiken ärgern? Diese von Herrn Wolf ist besonders ärgerlich, weil sie nichts beschreibt, sondern den eigenen Ego in den Mittelpunkt seines Schreibens setzt. Klar hat dann etwas mit Felix Krull zu tun, das Schreiben eines Hochstablers.
Ich habe mir den guten Theaterabend heute angeschaut. Großartige Schaupieler*innen und auch den Krull habe ich immer wieder in dieser gelungenen modernen Adaption, die mitunter sehr an Pollesch erinnert.
Es war unterhaltsam, witzig und klug gemacht. Bei 90 Minuten, klar bleibt es eine Nummernrevue, aber das muss man erst einmal hinkriegen.
Ich wünsche mir eine Kritik, die erklärt, hinterfragt und Seltsames zu deuten weiß. Nicht der Abend ist ärgerlich, die Kritik ist es!
Felix Krull, Berlin: total unterfordert
Also ich muss der Kritik Recht geben. Ich fand es fad, albern und dümmlich. Keine Abend für eine Saison-Eröffnung. Auch wenn sicherlich die schauspielereische Leistung nicht zu verachten war; die Inszenierung ans sich hat keine tiefgehenden oder beieindruckenden Momente. Als Zuschauer_in ist man total unterfordert. Kein Anreiz, kein Denkanstoß, alles blosse Blödelei.
Felix Krull, Berlin: ärgerlich...
Ich empfinde es als höchst eitle und auch dem Publikum gegenüber arrogante Haltung, sich in Kantinenwitzchen und abgehalfterten Slapstickepisoden. Dieses Vorgehen ermüdet mich: Es bringt nichts zutage, es übertüncht das Eigentliche, es ist ganz schön alt und wenig innovativ und .... es langweilt. Ich kann Kassandra nur zustimmen: Da passiert nicht viel und ich empfinde die zahlreichen Diskurse und Einbettungen unterschiedlicher Kontexte eigentlich nur als Zeichen von Hilflosigkeit dem Werk gegenüber. Es bleibt gähnend leer ...
Felix Krull, Berlin: perfekte Provokation
gesellschaftskritisch, lustig, gewitzt, provokativ, so in etwa könnte man das Stück "Felix Krull" beschreiben. Hier ist es Eisenach gelungen eine modernisierte und abstrahierte Darstellung des Stückes auf die Bühne zu bringen. Durch diverse Seitenhiebe auf die heutige Denk- und Lebensweise unserer Gesellschaft wird man sehr wohl zum Denken angeregt, außer man weiß nicht mehr wie Denken funktioniert. Leider scheint dies immer häufiger der Fall zu sein, denn die meisten bleiben nur an der äußerst provokativen Seite des Stückes hängen.
Felix Krull, Berlin: erholsam
hallo,

wie erholsam, dass ich lachen durfte. wie erholsam, dass ich mitspielen durfte.
wie erholsam überhaupt an einer veranstaltung teilnehmen zu können.

ich fand den oder den anderen "zeitgeist" sehr gut eingefangen und die einbettung der figuren in die fragmente befreiend.
viel zu schnell waren die worte, ich hätte gern zurückgespult oder das stück nachgelesen: aber einseitige kommunikation ist eben auch zeitgeist.

und ja der mag einen auch langweilen, denn wir sehen und reflektieren, diskutiren sketchartig auf allen metaebenen und alle kultur-, politik- und sozialthemen ab, wir being thomas mann, wir sind sehr schnell aus dem und im internet und absolut gebildet und eloquent. dafür oder dagegen. veganer oder nicht, geblendet oder blender.

kann mal jemand bitte ein witz machen, sich einen joke erlauben?

danke, es war lustig und schön.
Felix Krull, Berlin: Ausgehalten
Vielleicht mögen einige der Besucher den Abend als klug und unterhaltsam aufgenommen haben. Ich gehöre nicht dazu. Für mich hat Michael Wolf in allen Punkten recht. Ärgerlich ist für mich also nicht die Kritik, sondern ärgerlich war die Aufführung. Und es kommt für mich noch hinzu, dass es Phasen gab, in denen ich es ohne ein weißes Blatt vor dem Gesicht - zum Glück hatte ich zufälligerweise eins dabei - nicht ertragen hätte. Die gleißend helle und sich unaufhörlich drehende Lichtspirale hätte Schwindel verursacht. Warum muss Theater zu immer mehr technischen Spielereien greifen? Am Ende konnte ich noch froh sein, dass ich von ohrenbetäubender, körperlich fühlbarer Bühnenmusik verschont geblieben war.
Ich habe also alles in allem genommen, den Theaterabend mehr ausgehalten als genossen.
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