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Abraham-Geiger-Preis 2020 für Christian Stückl

Oberammergau ohne christlichen Antijudaismus

15. Januar 2020. Der Regisseur Christian Stückl, Spielleiter der Passionsspiele in Oberammergau und Intendant des Münchner Volkstheaters, erhält den Abraham-Geiger-Preis 2020. Der Preis wird vom Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam verliehen, dem ersten Rabbinerseminar in Deutschland nach dem Holocaust. Sein Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und würdigt "Persönlichkeiten, die sich um den Pluralismus verdient gemacht haben und sich für Offenheit, Mut, Toleranz und Gedankenfreiheit einsetzen", wie es in der Presseaussendung des Abraham Geiger Kollegs heißt.

Stueckl Christian 280 Muenchner Volkstheater Christian Stückl © Volkstheater MünchenChristian Stückl habe die "Oberammergauer Passionsspiele erneuert: weg von christlichem Judenhass hin zu einer ausgewogenen Darstellung innerjüdischer Konflikte", heißt es in der Preisbegründung der Jury unter Vorsitz des Herausgebers der Wochenzeitung DIE ZEIT Dr. Josef Joffe. Mit den Worten "Stückl verdanken wir Oberammergauer Passionsspiele ohne christlichen Antijudaismus" wird der Rabbiner Walter Homolka in der Presseaussendung zitiert.

Die Preisverleihung findet am 13. Mai 2020 statt (wurde wegen der Corona-Pandemie auf dem 26. Juli verschoben). Das Preisgeld soll für die Arbeit an interreligiöser Begegnung mit Studierenden des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks in Oberammergau verwendet werden.

Zu den Preisträger*innen des Abraham-Geiger-Preises zählen der israelische Schriftsteller Amos Oz, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, S.K.H. Prinz Hassan bin Talal von Jordanien, Hans Küng, Karl Kardinal Lehmann, Annette Schavan, Alfred Grosser sowie Emil Fackenheim und Susannah Heschel.

(Abraham-Geiger-Kolleg / chr)

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Abraham-Geiger-Preis: Unentschuldbar
Nicht nur 1930 hatte Hitler die Passionsspiele in Oberammergau besucht, sondern auch 1934, als die Sonderfestspiele zum 300. Jahrestag stattfanden und war laut „Völkischem Beobachter“ ergriffen. Der britische Talmudphilologe Hyam Maccoby beschreibt in seinem Werk „Judas Ischariot und der Mythos vom Jüdischen Übel“, das dieses Jahr endlich auch in der Bundesrepublik erscheint (Hentrich & Hentrich), welchen gravierenden Beitrag alle Passionsspiele zur Entstehung des Antisemitismus und der Shoa geleistet haben, mit ihrer Geschichtslüge, dass die Juden für den Tod Jesu die Verantwortung trügen. Sein Tod war auch keineswegs die Folge eines „innerjüdischen Konfliktes“, sondern die Hinrichtung eines jüdischen Widerstandskämpfers gegen Rom und durch die Römer. Im Mittelalter fanden nach solchen Aufführungen regelmäßig Pogrome statt, so dass Maccoby ein Verbot der Oberammergauer Passionsspiele vorschlägt. Noch besser wäre es allerdings, stattdessen sein in den USA sehr erfolgreiches Theaterstück „Die Disputation“ aufzuführen, am besten als Parallelveranstaltung. Die mittelalterlichen Disputationen, auf denen es beruht, hatten die Aufgabe, Juden zur Konversion zu bewegen. Da die Rabbis den katholischen Priestern argumentativ aber immer haushoch überlegen waren, scheiterte dieses Vorhaben regelmäßig. Dass der Abraham-Geiger-Preis ausgerechnet für diese Passionsspiele verliehen wird, ein Preis für „Mut, Toleranz und Gedankenfreiheit“, ist ein unentschuldbares Armutszeugnis, das mit nichts zu rechtfertigen ist.

Dr. Peter Gorenflos
Bochum
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