John Wayne & the Fab Five

von Elena Philipp

Berlin, 15. Januar 2020. Bleibt der bosshafte Erfolg aus? Dann ist man wohl "schlicht und einfach ein Lauch". Oder: "die niederste Form eines Mannes". Mit solchen Slogans, schlicht wie ein Faustschlag, tourt Felix Blume aka Kollegah einnahmenstark durch die Lande. Rezitiert Jonas Dassler aus des Rappers Ratgeber "Das ist Alpha. Die 10 Boss-Gebote", klingt der Gorki-Spieler so abgefuckt wie das Original: "Sex zu haben wird für dich, dank deiner Bosshaftigkeit, so alltäglich und selbstverständlich wie pissen gehen." Nicht wahr. "Das klingt jetzt erstmal alles sehr komplex und theoretisch ist aber eigentlich ganz simpel!" In der Tat. Hoch brandet das Gelächter im Gorki Theater, wenn das Gift toxischer Männlichkeit derart schäumt. Dagegen soll "In My Room" als Antidot wirken.

Von Vätern und Söhnen

Von Vätern und Söhnen erzählt die Stückentwicklung des Autors und Regisseurs Falk Richter mit dem Ensemble. Tief haben die fünf Schauspieler in ihren Biographien gegraben. Ans Licht befördern sie Verdrängtes und Verstörendes über ihre Väter. In (über-)langen Monologen und erstaunlich wenig Dialogen berichten sie von verfehlten Träumen, Traumata und raren Triumphen, von Sprachlosigkeit und (seltenen) innigen Momenten.

InMyRoom1 560 Ute Langkafel uRoll with it, Boys! Jonas Dassler an der Gitarre © Ute Langkafel / Menardi

Türkische Schneemänner – mit Schnurrbart – baute etwa Taner Şahintürk mit seinem Baba, wie er in einem temporeich wechselgesprochenen Erinnerungs-Quintett erzählt, für das sich über der Schwarz-Weiß-Bühne mit Heldensäule, traurigem Luftballonkind am Esstisch und klinisch weißem Rundvorhang eine "Remember"-Leuchtschrift aus dem Schnürboden senkt (Bühne: Wolfgang Menardi). Emre Aksizoǧlu, im rostroten, schmalen Siebziger-Suit wie sein Vater, den Fotos auf Monitoren und einem dreiflügeligen Projektionsaltar im Hintergrund zeigen (Kostüme: Andy Besuch), fuhr mit seinem Erzeuger Schlitten im Sauerland. Und Jonas Dassler geht mit seinem Vater in den Keller zum Musikmachen oder, nachdem sie seine Steuererklärung erledigt haben, Trinken bis zum Vollrausch.

Schweigen ist seine Waffe

Knut Berger findet das alles "ganz, ganz toll". Sein Vater habe dagegen ständig über seine und ausschließlich seine eigenen Gefühle geredet: "Einmal hat er meiner Schwester eine geknallt so richtig krass und dann hat er ganz furchtbar angefangen zu weinen und dann mussten wir uns zwei Stunden lang anhören dass er nicht verstehen könne wieso er das jetzt gerade gemacht hat." Andererseits hatte der Vater lange einen Liebhaber und konnte sich alternative Familienkonstellationen vorstellen. Lebbar waren sie in den damaligen bundesrepublikanischen Verhältnissen nicht, was auch diesen Vater im Schweigen versinken ließ. Das Schweigen ist ein Leitmotiv von "In My Room". Viel Leid hat sich in den hier beschworenen Vaterfiguren angesammelt, und bei nicht wenigen bricht sie sich in körperlicher Unruhe Bahn – oder in Gewalt.

InMyRoom3 560 Ute Langkafel uUnter Vaters Blicken: Das Gorki-Ensemble spielt auf einer Bühne von Wolfgang Menardi. © Ute Langkafel / Maifoto
In Falk Richters autofiktionaler Vater-Sohn-Geschichte, die Jonas Dassler stellvertretend im (wirklich viel zu langen) Eröffnungsmonolog erzählt, existiert ein Kriegsverstörter beziehungslos neben seiner Familie her. Zappt durchs Fernsehprogramm, kratzt morgens das Eis vom Auto und huldigt seinen Helden Johnny Cash und John Wayne. In Filmszenen mit Wayne werden später die Schauspieler hineingeschnitten: "Son of a bitch" dürfen sie den Westernheroen nennen, Daddy niemals, andernfalls landen sie, zusammengeschlagen, im Staub.

Gaulands Schatten

Geschädigt sind sie auf ihre Weise alle. Manchmal sind die Defizite transgenerationell: Bei einer Familienaufstellung, die der pfauenfedergekrönten Benny Claessens einfühlsam, aber bestimmt leitet, sprechen aus dem Großvater von Jonas Dassler aka Falk Richter "die Schatten der Alexander Gaulands". "War alles nicht so schlimm", quittieren die überhistorisch multiplizierten AfD-Mannen aus dem Unterbewusstsein die Kriegstraumata der eigenen Söhne, welche zerrissene Menschenleiber imaginieren und von Schuld geplagt werden, weil sie befehlsgetreu Gleichaltrigen das Leben nahmen. Parolenhaft bis agitatorisch klingen diese AfD-Passagen. Der politisch engagierte Richter macht hier das Stück zu seinem Sprachrohr.

InMyRoom2 560 Ute Langkafel uMit dabei im Monolog-Marathon: Benny Claessens © Ute Langkafel / Maifoto

Vor dem Wegsacken und allzu vielen kritischen Fragen an das Gebotene retten die Songs (Nils Ostendorf), mit denen die fünf gesangs- und instrumentenfesten Schauspieler ihre Vater-Beziehung kommentieren. Jonas Dassler widmet seinem (in der 1. Reihe sitzenden) Vater den Glam-Rock-Titelsong des Abends, Taner Şahintürks Wutrede über den als Gastarbeiter von den Deutschen klein gehaltenen Vater mündet in einen Punksong, und der endlos über sein erloschenes Sexleben jammernde Knut Berger haucht heiser eine Ballade im Stile Howard Carpendales. Zum Glück infundiert Benny Claessens dem überdeutlichen Abend ein bisschen Ambivalenz: Sein Vater, Hafenarbeiter und LkW-Fahrer, chauffierte ihn zu Ballettstunden. Falk Richters Vater hingegen knallte seinen Sohn gegen die Wand, als er von seinem ersten Freund erfuhr.

Fast zweieinhalb Stunden lang rauscht das von Falk & The Formidable Five entwickelte Material durch die Rübe, bis es im Oberstübchen unangenehm zieht. Jeglicher Gedanke hat sich verflüchtigt, denn zum Selbstdenken lässt "In My Room" keinen Raum. Alles steht im Text und 1:1 auch auf der Bühne. Klingt jetzt zwar mächtig Mutti, aber: Sorry, Jungs, der nächste männliche Monologe-Marathon ist echt nicht die Lösung. Ihr sagt’s ja eigentlich ständig selbst im Stück: Wie wär’s mit dem Dialog?

 

In My Room
ein Projekt von Falk Richter & Ensemble
Regie und Text: Falk Richter, Bühne: Wolfgang Menardi, Kostüme: Andy Besuch, Musik: Nils Ostendorf, Video: Sébastien Dupouey, Choreografie: Denis "Kooné" Kuhnert, Dramaturgie: Jens Hillje, Daniel Richter, Christopher-Fares Köhler, Licht: Marco Vitale, Ton: Hannes Zieger.
Mit: Emre Aksizoǧlu, Knut Berger, Benny Claessens, Jonas Dassler, Taner Şahintürk.
Premiere am 15. Januar 2020
Dauer: 2 Stunden 20 Minuten, keine Pause

www.gorki.de

 

Kritikenrundschau

Richter gelinge, mal wieder, eine Punktlandung, schreibt Anna Fastabend in der Süddeutschen Zeitung (16.1.2020). "Denn wo sonst hat man schon mal eine derart lebhafte, vielschichtige und emotionale Auseinandersetzung mit ganz verschiedenen Vaterfiguren erlebt wie an diesem Abend?" Ein "erschreckendes Psychogramm der Spezies Mann" zeichne Richter, arbeite sich sehr persönlich an der Krise der Männlichkeit ab. "Mit berührenden, absurden, tragikomischen, tieftraurigen und beglückenden Anekdoten" erzählten die Schauspieler von ihren Vater-Sohn-Beziehungen und ernteten am Schluss Standing Ovations.

Vergiftet oder gereinigt von toxischer Männlichkeit? Nein, gut unterhalten und weichgespült – "eher gerührt denn geschüttelt" – fühlt sich nach dem Abend Tobi Müller von Deutschlandfunk Kultur (15.1.2020). "In My Room" sei "eine Art Krypta der Erinnerung dieser Familien", von der die fünf Männer erzählten. "Das ist immer wieder sehr rührend, sehr gefühlig." Der Bezug auf Aktuelles hingegen bleibe eher schlicht, etwa wenn es um Rechtspopulismus gehe. Die Inszenierung drehe sich um die Väter und es kämen auch "Klassiker des Mannseins" zur Sprache – das Nicht-Sprechen über Gefühle oder über die eigene Bisexualität. Vermisst hat Müller das Thema biographisches Erbe: "Also, was heißt das eigentlich für einen selbst? Inwiefern ist man selbst verstrickt als heutiger, schwuler oder heterosexueller oder wie auch immer fluider Mann? Wie gibt man die erlebte Struktur weiter?"

Ist's ein "einfühlsamer Nachruf auf all die Väter, die zurückgesteckt haben", oder ist’s eine "eine ziemlich laue, nur individualfamiliäre Söhne-Bekenntnis-Session"? Für Doris Meierheinrich von der Berliner Zeitung (16.1.2020) schlingert der Abend ziellos zwischen der performativen Souveränität, mit fiktiven Identitäten zu jonglieren, und der schauspielerischen Darstellung solcher Identitäten. Die formale Unentschlossenheit zeige an, dass Regisseur und Ensemble "nie wirklich an den Punkt kommen, wo sie wissen, wem oder was genau sie 'In My Room' eigentlich auf der Spur sind: ihren eigenen Vätern mit all den persönlichen Ängsten und Sprachlosigkeiten oder den strukturellen Zwängen, die sie zu den gefühlsarmen Autoritäten werden ließen, die sie wohl sind". Blitzschnell wende sich die Inszenierung "weg von jeder Reflexion auf die Seite des Gefühls". Die Erzählungen blieben folgenlos "in einer nur klagenden Rückwärtsgewandtheit gefangen".

"Von der Besetzung, der Offenheit der Schauspieler und der Unterschiedlichkeit ihrer Geschichten" lebe diese Inszenierung, schreibt Katrin Bettina Müller in der taz (17.1.2020). "Fast alle leiden unter dem unerfüllten Leben ihrer Väter, unter deren Unglück, unter deren Lebenslügen." Selbst wenn Benny Claessens erzähle, wie er sich für den alten Mann, der sein Vater geworden war, geschämt habe, fühle man mit ihm. Und doch: Das Stück halte "etwas von der steigenden Betriebstemperatur in einem Workshop am Leben". Von einer Analyse wie der des Autor Didier Eribon, den der Programmzettel nenne, "von einer solchen Verknüpfung des Biografischen mit einem größeren Bild, ist der Abend trotz der gelegentlich spürbaren Absicht weit entfernt".

Schonungsfrei und persönlich, aber nicht privat, seien die Vater-Sohn-Geschichten und fast alles "ein My intensiver" als üblicherweise, bemerkt Christine Wahl im Tagesspiegel (17.1.2020): "die Temperatur höher, die Schauspieler noch einen Tick durchlässiger, das Publikum, das später minutenlang stehend applaudiert, konzentrierter und angefasster". "In My Room" fordere das Aushalten von Ambivalenzen ab. Aus den einzelnen Perspektiven  kristallisierten sich Muster heraus, die sich "zu Gesellschafts- und Generationenbildern zusammenpuzzeln" ließen. "Was diese fünf Schauspieler da pausenlose 130 Minuten veranstalten, ist Liebeserklärung und Anklage, Party und Requiem, Tragikomödie und Rockkonzert", so Wahl. "Zumindest in Berlin hat man – von den jüngsten Pollesch-Abenden im Friedrichstadt-Palast und dem DT abgesehen – lange nichts gesehen, das so aus jeder Pore atmet."

 

Kommentare  
In My Room, Berlin: ausfransend, aber sehr persönlich
Nach dem sehr langen Eröffnungs-Monolog von Jonas Dassler, der sich mit den Kriegstraumata, eingepanzerten Gefühlen und dem Versagen der Konservativen beschäftigt, wird "In my Room" zur Musical-Revue: Die Schauspieler werfen sich in Metal-, Punk- und Rock-Soli, Dassler hat auch einen kurzen Dragqueen-Auftritt im Fummel. Das Vater-Sohn-Thema wird mal in ernsthaften Erinnerungssequenzen, mal in einer von Claessens angeleiteten schamanistischen Familienaufstellungs-Parodie bearbeitet, bei der das „Kriegstrauma“, das zwischen Vater und Sohn steht, symbolisch ausgetrieben wird.

Assoziativ und stark mäandernd schwankt der „In my Room“-Abend zwischen berührenden Szenen, Comedy und Slapstick. Bevor es auf die Zielgerade geht, verhandeln Berger und Dassler die Sex- und Beziehungsprobleme eines schwulen Paares, die Berger als Steilvorlage für eine Abrechnung mit der AfD nutzt: ihr Hass auf Fremde sei – frei nach den „Ärzten“ – ein stummer Schrei nach Liebe und Resultat ihres verkorksten Sexlebens.

Relativ unvermittelt schlägt der Abend nach deutlich mehr als zwei Stunden den Bogen zurück zum Ausgangspunkt. Benny Claessens steigert sich im Hintergrund in verzweifelte Appelle und Erinnerungssplitter an seinen sterbenden Vater hinein, während sich im Vordergrund ein Pfleger um den auf drei Spieler aufgeteilten, dahinsiechenden Vater kümmert. Das Herz steht still, alles zerfällt, „keine Antwort“: so düster endet diese Erkundung einer komplizierten Vater-Sohn-Beziehung.

„In my Room“ ist ein Abend, der oft ausfranst und sich zu verzetteln droht, sich dabei aber immer darum bemüht, seine ernsten Themen mit viel Komik anzugehen und das wohl bisher persönlichste Theater-Projekt von Falk Richter ist.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2020/01/16/in-my-room-gorki-theater-kritik/
In My Room, Berlin: die Skripte der Väter
Schnell ist der Abend bei toxischer Männlichkeit, aber nicht als abstraktes Konzept, sondern in individueller und sehr unterschiedlicher Ausführung. Die Idee, der Mann müsse ein „Boss“, ein „Alpha“ sein, wie Dassler in einer gelungenen Parodie des Gangster-Rappers Kollegah ausführt, ist in der Väter-Generation omnipräsent. Ein Konzept, das Rollen zementiert, die heteronormativer Natur sind, wie Richter in einer Szenenfolge klarmacht, in der Berger und Dassler als schwules Paar über der eigenen Beziehung verzweifeln, weil sie Erwartungen an Rollenzuweisungen, Nähe und Dominanz spiegelt, die in der Idee von Ehe und Beziehung auch dort wirken, wo sie eigentlich überwunden sein müssten. „Es gibt keine anderen Skripte für uns als diese heteronormative Scheiße!“, platzt es irgendwann aus Berger heraus. Die Väter wirken, über Generationen, auch in der amüsanten Familienaufstellung mit Kriegstraumata und den „Schatten der Alexander Gaulands“. Alles – Gesellschaft und Individuum, patriarchaler Rahmen und konkrete Vaterrolle – greifen ineinander, können sich auseinander nicht befreien, lassen die Jungen, die Emanzipierten nicht los.

Auch weil das Schweigen so stark ist, „das Unaussprechliche“ selbst zur Figur wird. Dagegen spricht und schreit und singt der Abend an, erfüllt die schwarzweiße Bühne Wolfgang Menardis, eine Mischung aus antiseptischem Krankenhauszimmer, kühler Wohlstandshöhle und Sportplatz, bevölkert von stereotypischen, gesichtslosen Familienrollenskulpturen in schwarz, darunter einem Vater auf einer Säule thronend, mit mal stiller, mal wütender Musik, wühlt sich hinein in die Stille, stellt sich ihr entgegen, mit immer neuen Verarbeitungskontellationen, rennt an, im Sprechen, im Spiel, in albtraumhaften Bildern voller Geschlechterverwirrung, in viel, sehr viel Komik, er lacht sich frei, frei von Rollenmustern, Gewaltvererbung, den Barrieren, welche die Väter nicht an die Kinder lassen und die nur in der Erinnerung zu durchbrechen sind. Gegen Ende gerät er etwas zu albtraumhaft, auch ist das Motiv des Kriegstraumas zu übermächtig, zu einfach als Erklärung und zugleich für die jüngeren Generationen zu irrelevant.

Ein anderes Motiv wirkt da eher: der Film. Zu Beginn fragt Dassler sich, ob er nicht einen Film spiele, ob das Vatermuster nicht zu sehr Skript, Rolle, aufgestülpte Figur sei. Später werden die Darsteller in Filmszenen von John Wayne hineinprojiziert, jenen Helden von Richters Vater, das Urbild des harten, dominanten, schweigsamen Mannes, rau, ohne Wärme, keinen Widerspruch duldend. Eine alt Flügelalter mischt diese Bilder mit Familienfotos der Darsteller-Väter, freundlichen Gesichter, ein wenig unsicher, aber keine Gewaltautomaten, eher Gefangene in einer Welt, die ihnen sagte, sie müssten John Wayne sein oder Charles Bronson. Ihnen stellt In My Room seinen eigenen Film entgegen, einen wilden, eklektischen, patchworkhaften, ironisierenden, einen der untergräbt, neue Bilder schafft, die alten persifliert und zurechtstutzt. Der keine Antworten hat, aber die Fragen zur Tür macht, um hinauszugehen, auf einen Weg, der andere Skripte liefern mag, neue Sichtweisen, der die alten Narrative verwirft. Ein weg, der nach diesen intensiven und lustvollen zweieinhalb Stunden möglich scheint. Der Vater ist exorziert, was kommt jetzt?

Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2020/01/16/jenseits-von-john-wayne/
In My Room, Berlin: gackernd einverstanden
liebe nk,
danke für die kritik. war gestern auch drin und verblüfft wie einverstanden alle miteinander sind. endloses monologisches zutexten trifft auf nickendes, gackerndes publikum and friends, die ihr vermutetes gemeinsames andersein zelebrieren. dazwischen wohlfeiles afd bashing - geht immer, auch völlig erkenntnisfrei oder ein lied. was die kollegen halt so drauf haben. mutige lösungen & verstörende momente fehlanzeige, papa ist schuld.
In My Room, Berlin: Impuls empfangen
Dieser Väter und Söhne Abend ist - dem Entstehungscharakter entsprechend - nicht nachspielbar, vom Prinzip her Yonen und She She Pop Produktionen ähnlich, auf jeden Fall wütender, vielleicht um ein paar Szenen zu lang. Kein Grund zu „stehenden“ Ovationen, aber auch nicht langweilig. In dieser Bühnenversion sind die Väter (bis auf Dasslers) irgendwie nur Vergangenheit, eher eine traurige. Ich bin auch mal abgeschweift in die eigene Erinnerung ... aber ich wüsste nicht, was jemand mit dem Stück anfangen könnte, ohne diesen Impuls zu empfangen (siehe die Kritikerin oben).
In My Room, Berlin: von Frauen erfunden
Nunja, nun haben sich Männer angeeignet, was Frauen erfunden haben: Eine Ästhetik wie die von beispielsweise She ShePop, die weiblich ist und weibliche Themen und weibliche Identitäten und weibliche Körper thematisiert wird hier dann männlich am Stadttheater mit mehr WUMMS nachgespielt. Es bleibt aber doch ein Monolog, oder mehrere Monologe, der/die im Selbstmitleid und der Selbstinszenierung und dem ICH bleibt/en und der nichts wagt außer das Ich ganz groß zu machen. Welcome in the 2000er Jahre.
In My Room, Berlin: Energie nicht gleich Körper
#5 Wie böse wie böse!!
Schon mal was davon gehört das weibliche Energie nicht gleich weiblicher Körper bedeutet und dass man in den 2020er Jahren nicht mehr an ihrem Punkt steht, also dem der 2000er Jahre, heute sollten wir anfangen männliche und weibliche Energien unabhängig vom Geschlecht zu betrachten und uns freuen über jede weibliche Energie die sich spreadet über die Welt.
Ich mochte es!
In My Room, Berlin: Dialog mit den Zuschauern
Ich habe da keine Monologe erlebt, sondern Dialoge mit den Zuschauern, sehr intim, sehr persönlich. Wir erleben Menschen, die sich sehr ehrlich und uneitel mit sich und ihren Vätern und erlernten Männerbildern auseinandersetzen - daran ist nichts selbstmitleidig. Ja, She She Pop haben mal ein Stück über ihre Väter gemacht. Aber daraus nun zu schließen, dass niemand mehr nach ihnen sich mit Väterfiguren und Männerbildern auseinandersetzen dürfte, ist schon ziemlich blöde. Dass die Kritikerin so eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hat tut mir sehr leid für sie. ich habe sehr gerne zugehört, ich hatte nie das Gefühl, ein Text sei "zu lang" oder "viel zu lang". Ich habe aber auch schon mal Abende gesehen, an denen ein Schauspieler oder eine Schauspielerin eine Stunde durchredet und ich hab dann nicht "bitte kurz fassen, ich kann das alles nicht aufnehmen" gedacht. Vielleicht dann eher der Tip an die Rezensentin, sich mit anderen Medien zu beschäftigen: Tweets von Donald Trump sind da doch ganz gut: Kurz und knackig und meist mit Punch Line nach 10 Sekunden.
In My Room, Berlin: Aufmerksamkeitsspanne
#8: Wat haben die denn gesagt zu den Schauspielern persönlich, Freddy, die Zuschauer?

PS:
Gemessen und wissenschaftlich erwiesen, is Aufmerksamkeitsspanne heute nur noch 7sec. (Stand 2017) - Da kommt man selbst beim kurzen Trump in andern Medien nich mehr hinterher mit die Rübe, dafür is die Punchline im Gewohnheits-Twitterkopf wohl schon zu fest verankert...
In My Room, Berlin: kein Anstand
Da schreibt einer etwas über seinen gerade verstorbenen Vater und die Kritik hat nichts besseres zu tun, als festzustellen, dass ist zu lang! Und schon kommt der nächste Mensch vorbei und bemerkt, es handle sich irgendwie auch um toxische Männlichkeit dabei.

Ich fasse es nicht. Da draußen muss es irgendeine Ideologie geben, in der man das Wort Anstand gestrichen hat.
In My Room, Berlin: Gedankenräume
"Wie wär's mit Dialog?"

Können Sie, liebe Autorin, in etwa 90% aller Theaterstücke auf jeder möglichen Bühne in Deutschland sehen. Die Form bietet sich an, gerade weil den Spielern und ihren jeweiligen, sehr unterschiedlichen Geschichten damit genügend Raum gelassen wird. Abgesehen davon gibt es diverse Szenen, großartige Bandperformances, in denen das Ensemble ständig interagiert. Die Quintessenz der Kritik am Ende damit vollkommen obsolet. Wenn der Abend eins schafft, dann beim Großteil des Publikums Gedankenräume zu öffnen bezüglich der eigenen Vatergeschichte. Seien die einzelnen Geschichten noch so konkret erzählt/gespielt, bleibt die Inszenierung doch klugerweise assoziativ, metaphorisch, schwer und leicht gleichermaßen. Dickes Ausrufezeichen direkt am Anfang des Jahres!
In My Room, Berlin: Anmoderation
Eure Anmoderation für den Pressespiegel ist einfach falsch. Tagesspiegel und Süddeutsche sind extrem gute Kritiken, taz ebenfalls gut - ja, Ihr habt eine schlechte Kritik geschrieben, aber deshalb solltet Ihr dennoch fair berichten, auch, wenn Euch der Abend nicht gefällt.

"Mit einer bemerkenswerten Ausnahme" stimmt nicht - es sind schon mindestens zwei bemerkenswerte Ausnahmen. Es wäre nett, wenn Ihr das korrigieren würdet.

(Anm. Redaktion: Liebe Tanja, das ist völlig richtig. Da war offenbar eine Anmoderation vom Vortag stehen geblieben. Sie ist jetzt aktualisiert. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
In My Room, Berlin: Hassposts
Was redet Anna O da bitte für einen Unsinn. (...). Wieso werden reine diffamierende inhaltsfreie Hassposts hier auf Nachtkritik überhaupt veröffentlicht?

(Anm. Redaktion: Das stimmt. Bei erneuter Begutachtung entspricht der besagte Leser*innenbeitrag nicht unseren Kommentarregeln. Er wurde nachträglich gelöscht. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
In My Room, Berlin: beglückend
Was für ein unfassbar guter Abend. Auf eigentlich jeder Ebene. So beglückend...Danke!
In My Room, Berlin: Kritik nicht nachvollziehbar
Es ist wirklich spannend zu sehen, wie sich viele Kritiker*innen in unserem Land oft bemühen, nichts - aber auch gar nichts - an Kunst gut zu finden bzw. konstant nach dem Haar in der Kunstsuppe suchen, damit sie a) beweisen können, dass Kritik von kritisieren, also in jedem Fall von schlecht-finden kommt und b) dass sie immer ein Stückchen intellektueller als die Kunstschaffenden selbst sind. Das ist irgendwie nur in Deutschland so ... andere Länder sind da nach meiner Beobachtung ganz anders unterwegs. Liebe Nachtkritik, Ich kann Eure Kritik nicht nachvollziehen. Und zwar null. Ich war gestern Abend in der Vorstellung und ich bin danach traurig, verstört, nachdenklich und sehr emotional wieder Heim gefahren. Ich habe über meinen Vater, über den Vater meines Vaters und über meine Rolle als Vater nachgedacht. Dieser Abend war eine typische 50-stündige Therapie-Session im Schnelldurchlauf. Dieser Abend bringt jeden einzelnen Zuschauer auf die Couch und irgendwie unser auch unsere Gesellschaft und vor allem unsere Demokratie. Das, was hier verhandelt wird, ist so persönlich, teilweise so erschütternd, dass der Kommentar Eurer Kritikerin, dass der Anfangsmonolog "zu lang" sei - einfach nur empathielos ist. Habe mich im Nachhinein für Euren Kommentar fremdgeschämt. Gestern Abend stand am Ende der komplette Saal und jubelte über mehrere Minuten hinweg. Habe vorhin auf der Seite des Gorki geschaut und alle Termine bis Ende März scheinen bereits ausverkauft zu sein. Liebe Nachtkritik, wie gesagt, ich kann Eure Kritik nicht nachvollziehen. Vielleicht sollte die Autorin beim nächsten Mal etwas offener, durchlässiger für Gefühlvolles sein - und definitiv bevor sie sich an ihre Kritik ransetzt, noch einmal drüber schlafen...!
In My Room, Berlin: Subjektivitätsfrage
Jeder Künstler weiß um die Zweischneidigkeit, wenn Biografisches in eine Arbeit einfließt. Denn es wird Material, muß bearbeitet und letztlich losgelassen werden wenn es des Weg zum Publikum findet. Zum Beispiel die viel kritisierte „Iphigenie“ von Mohammad Al Attar und Omar Abusaada. Wie Christian Rakow in seiner nachtkritik zu diesem Abend korrekt bemerkte: „Dennoch sind kunstkritische Fragen natürlich zu stellen.“ Und auch: „Die radikale Subjektivität des "So geht es mir" entzieht sich der Kritik.“
Bei „In My Room“: allein die Tatsache, daß Monologe als „zu lang“ beschrieben werden bescheinigt der Autorin fehlenden Anstand, Empathielosigkeit und generelles Unverständnis. Ist jetzt Kritik verwerflich, weil es um die eigene Subjektivität geht (statt die der anderen)?
In My Room, Berlin: Andere Maßstäbe
Überlang, wirklich lang, fast zweieinhalb Stunden lang - mir bleibt der Eindruck, dass Länge der wesentliche kunstkritische Maßstab der Rezensentin ist, und das ist vielleicht doch ein bisschen wenig ... Klar, man hat solche Abende, zu denen man keinen Zugang findet und die Langeweile als stärkste Empfindung zurückbleibt. Aber von einer Rezension erwarte ich persönlich mir doch etwas objektivere Maßstäbe.
In My Room, Berlin: Durchgerauscht
Nachtrag: Schade, dass es der Kritikerin der Monolog bzw. Dialog mit dem abwesenden Vater von Şahintürk einfach durch die Rübe gerauscht ist. Das ist ja gerade sein Thema. Ach Mutter Deutschland.
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