Sex und Macht

17. Februar 2020. Piotr Pawlenski sitzt seit Samstag Nachmittag in Paris in Untersuchungshaft. Wie unter anderem Der Spiegel und Le Figaro berichten, hatte der russische Aktionskünstler am Mittwoch ein Video veröffentlicht, das den französischen Politiker Benjamin Griveaux beim Mastubieren zeigt und das Foto einer Frau schickte, die offensichtlich nicht seine Ehefrau ist. Am Freitag zog Griveaux daraufhin seine Kandidatur für den Pariser Bürgermeister-Posten zurück.

Im Wahlkampf hatte sich Griveaux mit schwangerer Ehefrau und Kindern familiär positioniert. Das Video und sein Rückzug haben in Frankreich in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen, weil Griveaux von Emmanuel Macron unterstützt wird. Über Nacht musste “La République en Marche" einen neuen Kandidaten aus dem Hut zaubern: die derzeitige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn wird nun für die Wahl am 15. März einspringen und kandidieren.

Viele Fragen offen

Samstag Nachmittag wurde Pawlenski in Paris festgenommen, allerdings wegen des Vorwurfs der Körperverletzung in der Silvesternacht. Seine Lebensgefährtin wurde am gleichen Abend festgenommen. In der französischen Presse heißt es, dass sie mit dem veröffentlichten Video eng in Verbindung stehe. Theoretisch müssten beide nach 48 Stunden, also am heutigen Abend, wieder freigelassen werden. Ingesamt bleiben viele Fragen offen. Unklar ist, woher das Video stammt. Zuletzt hieß es, dass auf dem Video das Gesicht nur unklar zu erkennen sei.

Pawlenski lebt seit 2017 im Asyl in Paris. Die Video-Veröffentlichung ähnelt allerdings kaum seinen bisherigen Kunstaktionen. Im Oktober 2017 setzte er in einer Aktion die französische Nationalbank am Platz der Bastille in Brand, um an Frankreichs revolutionäre Geschichte zu erinnern, 2015 die Tür des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, weshalb er in die Psychiatrie eingeliefert, später entlassen wurde und in Frankreich Asyl beantragte. 2013 nagelte er sich am Hodensack auf den Moskauer Roten Platz als Zeichen gegen die Korruption. 2012 nähte er sich aus Protest gegen die Inhaftierung der Künstlerinnen von Pussy Riot in Russland en Mund zu.

Seine Strafe wegen des Brands der französischen Nationalbank war auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt.

(spiegel.de / lefigaro.fr / sik)

18. Februar 2020, 9:45 Uhr. Eine Formulierung zum Inhalt des Videos im ersten Absatz wurde nachträglich präzisiert.

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Kommentare  
Piotr Pawlenski: Riesen-Geschichte
Könnt ihr kein Französisch? nee, ne? Also, wenn ihr schon reißerische Artikel reinstreut, dann recherchiert wenigstens sorgfältig. Das ist ja zum Davonlaufen hier. Die Fakten: Benjamin Grivaux, Kandidat der Macron-Partei zur Bürgermeisterwahl in Paris dreht ein Video über sich beim Wichsen. Also er wichst und filmt sich dabei. Dann schickt der Amateurfilmer das Ganze einer Frau. ungefragt. Diese Frau ist nicht seine Frau stimmt- sondern, die Freundin des Aktionskünstlers Piotr Pawlenski. Die kriegt einfach mal eben so ein Video des Wichsers. Ohne den zu kennen oder sonst irgendwas. Piotr stellt das Video ins Internt. Warum tat er das? Um die krasse Doppelmoral des Kandidaten zu zeigen, der sich als liebender Familienvater ablichten lässt. Jetzt? Gut, wie ging es weiter. Grivaux tritt zurück. Und Kandidat für die Macron-Partei für Paris ist jetzt die verhasste Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, verheiratet mit einem Pharmakonzernberater, die Neugeborene mit 14 Impfungen quälen wollte. Derweil Piotr von der Polizei nicht als Held gefeiert wird, sondern, à la Assange, wegen atteinte à la vie privée, das heißt Verletzung der Privatsphäre, in Untersuchungshaft sitzt, was umso unfassbarer ist, da sein Anwalt nicht als sein Anwalt anerkannt wird, obwohl gegen diesen absolut nichts vorliegt. DARÜBER solltet ihr schreiben!

(Und an anderer Stelle hieß es, dass Griveaux mal Mitarbeiter von Dominique Strauss-Kahn war. Wahrheit oder Gerücht? Was hier Skandal, Intrige, Politiktheater ist, lässt sich von außen derzeit doch kaum beurteilen. Allein die klare, einfache Frage, ob Pawlenski heute aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, ist nirgends beantwortet.
Mit besten Grüßen, nachtkritik-Redaktion / sik)
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