Von dem erzählen, was trennt und verbindet

28. Februar 2020. Die Autor*innen Rabiah Hussain sowie Jan Sobrie und Raven Ruëll werden für ihre Theatertexte "Absprung" bzw. "Wutschweiger" mit dem Jugendtheaterpreis Baden-Württemberg 2020 ausgezeichnet. Das teilte heute der Arbeitskreis Junges Theater Baden-Württemberg in einer Presseaussendung mit.

Von Freundschaft und Terror

In "Absprung" erzählt Rabiah Hussain die Geschichte zweier britisch-pakistanischer Freundinnen aus dem Londoner Osten, vor dem Hintergrund der Terroranschläge und politischer wie sozialer Ereignisse der Jahre 2005 und 2006. "Absprung" sei "auch ein Stück über die Disparität einer Großstadt in Europa, die verschiedene Milieus voneinander trennt", so der Arbeitskreis Junges Theater Baden-Württemberg, und hatte im Juli 2018 am Arcola Theatre London Premiere.

Während Safa, die eine der beiden Protagonistinnen, zur elitären Geschäftswelt dazugehören möchte, entwickelt Aisha Stolz auf ihre islamische Herkunft. Laut Pressemitteilung sei es der Autorin Rabiah Hussain ein Anliegen gewesen, "das Leben britisch-muslimischer Frauen auf eine andere Art und Weise zu beschreiben, ohne all die bisher gezeigten Extreme und Stereotypen". Vielmehr wolle sie das Augenmerk darauf lenken, "wie sich extreme Handlungen auf diejenigen auswirken, die mit diesen nichts zu tun haben", was ihr der Jury zufolge "sehr gut gelungen" sei.

Über Armut, aber ohne Moralin

Auch "Wutschweiger" von Jan Sobrie und Raven Ruëll verhandelt die Unvereinbarkeit verschiedener Milieus, konkret wachsende Armut in Familien und wie diese das Leben zweier Kinder beeinflusst. Die beiden Protagonist*innen, Sammy und Ebenezer, verbünden sich, gewinnen Selbstvertrauen, formulieren sich, lehnen sich auf.

Laut Pressemitteilung hat die Jury überzeugt, "dass die beiden Autoren ein so ernstes Thema mit viel Humor und Absurdität erzählen", ein Thema, "über das gesprochen werden sollte, das sich aber häufig zu moralisierend auf den Bühnen wiederfindet".

Zum Mythos deutscher Wald

Das – wie die beiden 1. Preise mit 5.000 Euro dotierte – Projektstipendium des Jugendtheaterpreises Baden-Württemberg geht an Christina Kettering, die Dramatik und Prosa am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studiert und für ihre Stücke u.a. für den Mülheimer KinderStückePreis nominiert war sowie 2018 den Kinder- und Jugendtheaterpreis "Kaas & Kappes" und 2019 den Hauptpreis des Heilbronner Science & Theatre-Preises gewann.

Am Jungen Theater Baden-Baden wird Christina Kettering ihre Stückentwicklung für Kinder ab 12 Jahren mit dem Arbeitstitel "Im Wald" erarbeiten – über den Mythos Wald, die deutsche Romantik und ihre eigene "Verortung in einer Gesellschaft zwischen Natursehnsucht, Nachhaltigkeit und rasender Technisierung".

Biennale Auszeichnung

Der Jugendtheaterpreis Baden-Württemberg, vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg gestiftet, wird alle zwei Jahre vom Arbeitskreis der Kinder- und Jugendtheater Baden-Württemberg ausgeschrieben und ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert. Ausgezeichnet werden neue Stücke für das professionelle deutschsprachige Kinder- und Jugendtheater, die nicht älter als zwei Jahre und zum Zeitpunkt der Einsendung noch nicht zur Uraufführung bzw. zur deutschsprachigen Erstaufführung angenommen worden sind. 

In der diesjährigen Auswahl-Jury saßen neben Vertreter*innen der Kinder- und Jugendtheater Baden-Württembergs die Autorin Lena Gorelik, die Lektorin Judith Weißenborn vom Verlag Felix Bloch Erben und die Städtevertreterin Sybille Hirzel vom Kulturamt Ludwigsburg. Verliehen wird der Preis am 25. Juni 2020 beim Internationalen Kinder- und Jugendtheaterfestivals am Jungen Ensemble Stuttgart (JES).

(Arbeitskreis Junges Theater Baden-Württemberg / eph)

 

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