"Medea" inszeniert von Rieke Süßkow

5. April 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Mitschnitten von Inszenierungen zusammen: Vom 5. April 18 Uhr bis 6. April 18 Uhr zeigen wir "Medea" nach Motiven von Hanns Henny Jahnn, eine Produktion des Hallimasch Komplex. Premiere der Inszenierung von Rieke Süßkow, Abschlussarbeit der Regisseurin an der Theaterakademie Hamburg, war am 1. März 2019 auf Kampnagel Hamburg. Die Produktion wurde beim festival internationalnog alternativnog teatra (FIAT) in Podgorica, Montenegro mit dem Preis für die "Beste Regie" und für das "Beste Schauspiel" ausgezeichnet. Außerdem war "Medea" zum Fast Forward Festival 2019 im Staatsschauspiel Dresden eingeladen. Rieke Süßkows "Medea" kommt weitestgehend ohne Sprache aus.

20 NAC Stream Medea FBevent

Rieke Süßkow zum Stück:

"Ein Wunder, dass ein Bild wie ich sprechen kann. [...] Man muss mit dem Kopf schöne Bewegungen machen und diese Bewegungen dann zu einem Foto zusammenschnüren. Fesseln. [...] Man muss von sich selber gefangen sein, dann wird manauch die anderen einfangen können. Man muss still sein, aber in der Stille am lautesten." Die Inszenierung setzt sich mit dem vielfach erzählten Mythos der Medeafigur auseinander und bezieht sich dabei auf zentrale Themen der selten gespielten Fassung von Hans Henny Jahnn aus dem Jahr 1926. Davon ausgehend hinterfragt das Ensemble das westliche Konzept von Liebe und Glück als Ideologie. Es verlagert die antike Geschichte in die 1950er Jahre, in denen die beschleunigte Entwicklung des Kapitalismus auch die Familienstruktur vereinnahmte. Medea ist hier nicht die fremde, unterdrückte "Wilde", sondern als Figur der westlichen Moderne sind ihr deren Unterdrückungsmechanismen selbst eingeschrieben. Die hier gezeigte Medea spiegelt Amerikas weibliche Ikone Jackie Kennedy wider. Nur brutale Selbstbeherrschung ermöglicht ihr die strahlende Perfektion, mit der das Familienidyll jeden Tag aufs Neue gefeiert und konserviert wird. Mit Fokus auf dem Unausgesprochenen werden die Zuschauenden zu Co-Autor*innen und zugleich treten die zwischenmenschlichen Gewaltmechanismen umso deutlicher hervor.

 

Medea
nachMotiven von Hans Henny Jahnn
Regie: Rieke Süßkow, Bühne: Lukas Fries, Kostüm: Marlen Duken, Musik und Sound: Lydia Sarges, Live- Sounddesign: Jacopo Asam, Dramaturgie: Katharina Fröhlich, Regieassistenz: Jacopo Asam, Lisa Haucke, Bühnenassistenz: Lea Harberts, Jana Mehner, Kostümassistenz: Denise Agyei-Manu, Coline Jud.
Mit: Aleksandra Corovic (Medea), Max Kurth (Jason), Stephan Eberhard (der jüngere Knabe), Richard Zapf (der ältere Knabe), Rebecca Junghans/ Julia Carina Wachsmann (Kreusa) und Sarah Zelt (Bote).
Premiere am 1.3.2019 auf Kampnagel Hamburg
(Die Abschlussarbeiten 2019 der Theaterakademie Hamburg, Hochschule für Musik und Theater, in Kooperation mit Kampnagel Hamburg wurden gefördert durch: Dr. Margitta und Dietmar Lambert Fonds – Stiftungsfonds unter dem Dach der Hamburgischen Kulturstiftung, die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., die Rudolf Augstein Stiftung und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.)
Dauer: 1 Stunde, keine Pause

www.kampnagel.de

 

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