Da hast du dich geschnitten, Guido

von Johanna Lemke

Leipzig, 2. Oktober 2008. Von dem Vorbild ist kein Loskommen. 1966 in Frankfurt am Main uraufgeführt, war Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" in der Inszenierung von Claus Peymann eine der wichtigsten Arbeiten jener Zeit, die später mit dem Stempel "68" versehen und zum Inbegriff des Umbruchs wurde. In Videoausschnitten ist die als Skandal geborene Kult-Aufführung vom Theater am Turm auch in Sebastian Hartmanns Leipziger Inszenierung als Pate dabei. Man will nicht verbergen, dass man hier mit Geschichtsträchtigem handelt.

Aber kann ein Stück, das vor 40 Jahren den Nerv der Zeit traf, heute noch aufregen oder amüsieren? Ja. Denn Hartmann hat einen zweiten Kern darin gefunden. In Handkes Stück geht es nämlich nicht nur um die Anprangerung von Mitwissern und heimlichen Tätern des Nationalsozialismus, sondern auch um das Theater selbst. Sein erstes "Sprechstück", in dem keine Figuren gespielt und keine Dialoge geführt werden und das in Tiraden an das Publikum gipfelt, hebt den tradierten Begriff von Theater auf. "Wir sind keine Darsteller. Wir stellen nichts dar. Wir stellen nichts vor", heißt es. Und die stille Vereinbarung, die Grundlage der bürgerlichen Theatersituation, die den Zuschauer zum schweigenden Voyeur macht, wird aufgekündigt. Auf diesen Punkt konzentriert sich der Intendant des Schauspiels Leipzig, das jetzt Centraltheater heißt.

Wahrhaftigkeit in der Resignation

Da sind vier denkbar unprätentiöse Männer, die scheinbar ohne Plan die Bühne zum Nicht-Theater machen. Ihr Spiel beschränkt sich auf läppische Slapstick-Einlagen, stümperhafte Deklamationen und billiges Playback. Felix Goeser, Thomas Lawinky, Peter René Lüdicke und Guido Lambrecht befinden sich in einem Gewirr aus kleinen Katastrophen, Kabbeleien und Bauchnabelschau. Aber ihre Nummern sind permanent am Kippen. Manchmal bringen sie vor lauter Stottern und Haspeln kein verständliches Wort hervor oder deklamieren bis zur Unkenntlichkeit.

Momente der blanken Wahrhaftigkeit entstehen, wenn die Sprecher zwischen ihren peinlichen Show-Einlagen und albernen Zauberstücken in Resignation verfallen. Dann schaut Thomas Lawinky dem Pechvogel Guido Lamprecht dabei zu, wie dieser sich beim Rasieren schneidet: "Du hast dich irgendwie geschnitten, Guido, ziemlich doll. In die Halsschlagader, glaube ich." Und Lambrecht heult hysterisch, aber helfen kann ihm keiner. Was soll man auch noch sagen im Theater von heute, wenn man alle Botschaften schon zig Mal gehört hat.

Es ist dieses fortwährende Brechen der theatralen Situation, das Aufbauen einer Form, die im nächsten Moment, im vollen Angesicht des Zuschauers, zertrümmert wird. Wo sich der Zuschauer eben noch in den einlullenden Bild-Musik-Räumen verloren hat, wird er sofort wieder wachgerüttelt, weil die Musik plötzlich abbricht oder mal eben der Zuschauerraum komplett erleuchtet wird.

Und dann krabbelt Lawinky auf den Schreibblock zu...

Hartmann ist nicht der erste, der sich mit den bürgerlichen Bühnen-Konventionen auseinandersetzt. Im Grunde ist es seit jeher eine zentrale Praktik des Theaters, die eigene Hypnosewirkung auf den Zuschauer zu persiflieren. Aber Hartmann wendet diese Methode mit hartnäckiger Geschicklichkeit an und hat großartige Schauspieler zur Verfügung. Guido Lambrecht als der tragische Trottel mit dem dummdreisten Mondkalb-Blick ist so komisch wie lange nichts mehr, gerade durch die Einfachheit seiner Sketche. Er stößt sich immer wieder den Schädel und fällt in Zeitlupe auf den Misthaufen, und das Publikum quiekt.

Thomas Lawinky hingegen spielt erstaunlich weich und präzise. Wenn er sorgfältig seine Schuhe scheuert und losstapft, einen großen Spiegel zu holen, dann ist das von liebenswerter Ernsthaftigkeit. Einmal, als er durch den Zuschauerraum krabbelt, kommt der Kritikerschreck dem Schreibblock gefährlich nahe. Doch er lässt sich nur gemütlich auf einem leeren Sessel nieder und bietet seiner Sitznachbarin einen Schluck Weißwein an. Aus der Flasche natürlich.

Mit Schimpfwörtern holt man heute niemanden mehr hinterm Ofen hervor, das ist das Eingeständnis dieser Inszenierung. Wer im Saal hätte sich auch von "Nazischweine" oder "Genickschuss-Spezialisten" angegriffen gefühlt? Und so krächzt Lambrecht im prolligen Dialekt "Ihr seid Thäma unserer Bä-schimpfung, ihr Glotzaugäään!" und ein etwa elfjähriges Mädchen kommt auf die Bühne und dient als Sprachrohr für die Pöbeleien im Playback. Die Männer schimpfen im flackernden Licht kaum verständlich in eine Kamera – aber mehr für sich selbst, als dass sie irgendjemanden damit treffen wollten. Eine Schale mit Feuer steht auf der Bühne, zusätzlich wird das Publikum buchstäblich eingenebelt. Das geht ein paar wenige Minuten so, und dann verlassen die fünf Darsteller ganz plötzlich über Seitentüren den Saal.

 

Publikumsbeschimpfung
von Peter Handke
Regie: Sebastian Hartmann. Bühnenbild und Kostüme: Sebastian Hartmann. Mit: Felix Goeser, Guido Lambrecht, Thomas Lawinky und Peter René Lüdicke sowie im Wechsel Nora Dubilier und Florentine Zimmermann.

www.schauspiel-leipzig.de


Mehr lesen über Sebastian Hartmann und seine Neuerfindung des Schauspiels Leipzig als Centraltheater? Hier geht es zur Kritik (samt Kritikenrundschau und ausgiebiger LeserInnendiskussion!) zu Sebastian Hartmanns Matthäuspassion, hier zum Bericht über Jorinde Dröses Die Schock-Strategie. Hamlet.


Kritikenrundschau

Als "grandios hintersinnige Mogelpackung" feiert Gisela Hoyer in der Leipziger Volkszeitung (4.10.2008) Sebastian Hartmanns Lesart des 1966 uraufgeführten Stücks. Außerdem gebe es "viel zu lachen". Mal "mehr oder minder böse", dann wieder "mitleidig", "schadenfroh", oder sogar "einvernehmlich". Entgegen der Ankündigung im Stücktitel jedoch bleibe der Saal eher ungeschoren. Stattdessen geht es zum Wohlgefallen der Kritikerin auf der Bühne vor allem um "Philosophie und Theater", "Raum, Zeit, Welt, Erwartung, Wirklichkeit, Kunst und die verloren gegangenen Gewissheiten."

 

 

Kommentare  
Centraltheater & Skala: neues Selbstbewusstsein für Leipzig
Nachdem ich "Publikumsbeschimpfungen" gesehen habe, halte ich es für möglich, dass Leipzig durch das Cenraltheater ein neues Selbstbewußtsein gewinnt, was dieser Stadt zu wünschen wäre! Zu erwähnen ist an diesem Punkt auch mal der Nebenspielort "Skala"- das Prinzip dieses Ortes hat sich mir noch nicht ganz erschlossen, aber es gibt einen Abend (Kolonie 3plus), der mit "Kolonie Schmitt" abschließt- zunächst stellen zwei Schauspieler ihre Körper zur Schau, nach etwa 40 Minuten tritt Sarah Sandeh auf. Alleine auf der Bühne lullt die Schauspielerin die Zuschauer mit so viel Witz und Charme ein, dass erst nach ihrem Abgang klar wird, wie traurig das Gesehene war. Sarah Sandeh redet von Blockhütten, vom Frühling in Prag, vom Bau der Mauer, spricht Hölderlin oder zitiert Filme. Am Ende aber war es ein Abend über ein viel zu schönes Mädchen, das gerne mehr wäre als eben nur schön, nämlich liebenswert. Selbst ich als Frau habe mich ein wenig verliebt. Besonders- sehr besonders sogar.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: nicht unsympathisch
Habe zwar nicht viel verstanden, muß jedoch zugeben, daß mir der Style von Hartmann mittlerweile nicht mehr ganz so unsympathisch ist.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: großes Kino im Kopf
Während Donnerstagabende aktuell häufig von neuerscheinenden Filmen dominiert werden, und das zurecht, weil sie bisweilen wirklich mehr an Eindrücken und Erkenntnissen zu bieten haben als die Wiederholung der Wiederholung einer schlechten Inszenierung, die man sich besser schenkt, weil das Kopfkino beim Lesen des Stückes interessanter ist, hat Hartmanns Aufführung mir gezeigt, dass da einer wirkt, der sich mit diesem Zustand nicht abfinden will. Und wenn noch 20 ältere Damen und Herren den Saal verlassen hätten (sie haben ja zum Glück vorher bezahlt) - nur auf die gezeigte Art kann man sich ein neues Publikum er'spielen'. Wenn der Mensch nur da ganz Mensch ist, wo er eben dies tut, habe ich an diesem Donnerstag 4 Männer gesehen, die ganz bei sich waren und mir doch oder gerade deshalb etwas zu sagen hatten. Dass sie dabei von einer ganzen Menge Technik unterstützt wurden, war wichtig - wir Leben im Jahr 2008 und meine Sinne wollen so angesprochen werden! Das "große Kino" fand an diesem Donnerstag auf jeden Fall im Centraltheater statt...
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Hamburger Übernahme?
Mal ganz naiv gefragt: Ist das nicht einfach eine Übernahme von Hartmanns "Publikumsbeschimpfung" aus dem Hamburger Schauspielhaus? Wenn ja: Hätte man das nicht mal erwähnen können? Und falls ja: Zeigt das nicht - genau wie die Eröffnungspremiere, dass man den nach frischem Wind gierenden Leipzigern noch ganz gut olle Kamellen verkaufen kann, die anderswo schon als Gammelfleisch gelten?
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Warnung
Vorsicht, Embonpoint! "Wer seine Fragen an die Vergangenheit stellt, bekommt veraltete Antworten." (Felicitas Kukuck)
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: bekannt, dass Übernahme
An Embonpoint: Das war doch bekannt, dass das eine Übernahme ist. Ist übrigens auch ein ganz normaler Vorgang, wenn in in einem Haus die Intendanz wechselt. Woher sollen die sich so schnell neue Stücke aus den Rippen schneiden? Hartmann ist doch nicht Jesus... *g*
(konnte ich mir gerade nicht verkneifen)
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Frage war an nachtkritik
@mtr
Der Vorgang ist in der Tat nicht empörend. Die Frage, ob man das nicht erwähnen müsste, war eher an Nachtkritik gerichtet, zumal die Redakteure ja in der Kritikenrundschau noch ausdrücklich anmerken, von der überregionalen Kritik sei niemand dagewesen. Ja, warum wohl?
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: zur Wiedervereinigung?
Die Premiere am Vorabend des Einheitstags war wohl kein zeitlicher Zufall – zumal sich die ehemalige Hamburger, jetzt Leipziger Inszenierung hier durchaus als Kommentar zur Wiedervereinigung lesen lässt: das "Vor-und-Hinter-dem-Zaun", das "Durch-den-Zaun", das "Sie sind wir" und "wir sind Sie" als Kontrast und Fortsetzung des "Wir sind ein Volk" gleichermaßen. Hartmann hat nicht umsonst die "Publikumsbeschimpfung" nach Leipzig geholt. - Eine große Inszenierung, die den Spagat zwischen komischstem Slapstick und tiefster Bewusstmachung bravourös meistert und eine Flut an eindrucksvollen Bildern desorbiert, die das Handke-Zitat vom Bildverlust als schmerzlichstem Verlust, als Weltverlust, auffängt. Und zeigt, dass es noch Bilder gibt, wieder Bilder gibt. Nicht nur auf dem Theater, sondern vor allem in uns. Großartig! Immer wieder angucken!
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Hirnverlust?
Zwei Fragen an "generation_@web.de":
1.Wie spricht man "desorbiert" aus? de-sorbiert oder des-orbiert?
2. Gibt es neben dem Bildverlust und dem Weltverlust auch einen Gehirnverlust?
Vielen Dank für sachdienliche Hinweise!
Heribert_Faßbender@Verblödungs.de
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Reihen leer
war wirklich schön gestern abend, großartige schauspieler und eine konzentrierte inszenierung, die weiß, was sie will. was, das wurde mir nicht immer ganz deutlich, muß aber auch nicht, will ich manchmal gar nicht so genau wissen.
erholsam, im vergleich zum "kolonie"abend vorher ging es mal nicht nur darum, mich zu provogäääähnzieren.
trotzdem, wir waren zu ca. hundertst, an einem samstag, am zweiten aufführungstag am beginn einer neuen intendanz. bitter. leipzig will halt oper, will gewandhaus, will muko, will dinnertheater und maximal noch kleinkunst mit lokalmatadoren, aber theater? das hatte eben doch nix mit engel zu tun, daß die reihen leer waren. das ist einfach leipzig momentan, da muß ein schauspieler erstmal "richtig berühmt" werden, also tv machen, dann kommt das volk. wie damals, 97 an der kasse, als der herr vor mir sagte, es sei ihm egal, welches stück, hauptsache die schicke blondine ausm fernsehen spiele mit. lisa tittenrausfürsschauspielhaus martinek. das waren noch zeiten.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: fands auch gaaaanz toll
ich hab auch nichts verstanden, fand's aber gaaaaaanz toll - super, daß wir in leipzig jetzt endlich so richtig modernes theater haben - der sebastian schafft es einfach, daß in meinem kopf irgendwie so bilder desorbieren - das sagen meine freunde von der theaterwissenschaft auch - und deswegen kommen wir jetzt gaaaaaaanz oft
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: de-sor-bie-ren
wann hört eigentlich dieser ganze oberzickenkindergartenclownzirkus hier endlich mal auf? es ist zum kotzen! meinung stößt auf meinung, und es kommt nichts dabei rum als präpubertäres nachgeäffe und sinnlose beleidigungen und angriffe. man könnte wirklich meinen, man sitzt hier in der krabbelgruppe. wann werdet ihr erwachsen?

übrigens: de-sor-bie-ren. ist gar nicht so schwer, wie man meint.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: die coolen Coolen
die coolen wissen, daß sie cool sind, und die uncoolen wissen, daß sie uncool sind. heribert... es ist ganz einfach. das wird nix mit dir. nich in diesem leben.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Formel für alles
@@heribert: ein interessanter Gedanke! Im Sinne der elementaren Aussagelogik ergibt sich folgender Schluß: Wenn alle coolen(x) wissen, daß sie cool(p) sind und alle uncoolen(y) wissen, daß sie uncool(q) sind, dann verfügt Heribert(H) über Wissen(W).
Oder die entsprechende materiale Implikation:-xp&yq=>HW
(xp) und (yq) sind somit hinreichende Bedingungen für Heriberts Wissen! Es ist, in der Tat, ganz einfach.
Nabend allerseits!
Hartmanns Publikumsbeschimpfung; Froschke
Also ich fand Herrn Froschke am geilsten. :-)
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: in 4 Tagen umgesetzt
Man sollte mal sehen, das dieses Stück innerhalb von vier Tagen in Leipzig umgesetzt wurde von der technischen Einrichtung bis zur Premiere. Respect an alle!!! Und ich kann nur sagen seit 11 Jahren an diesem Haus, hatte ich Tränen in den Augen vor lachen das man den Verfolger kaum still halten kann.
let`s Rock......
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: sehenswert
Es war wirklich sehenswert
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Hammelherde, Hö, Hö
Habe gerade auf dem Klo nochmal diesen Thread überflogen. Dabei fällt mir doch Herr "Butterbrot" mit seinem Beitrag #10 ins Auge. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit immer die vermeintliche Ignoranz und Dummheit des Publikums für schlecht verkaufte Vorstellungen herhalten muß. Dieses Argument ist seit jeher die Apologie der Dünnbrettbohrer und Dilettanten. "Der Pöbel kapiert unsere Kunst halt nicht. Selber Schuld."
Oder frei nach B.B.: "Da sich herausgestellt hat, daß unser Publikum eine dumme Hammelherde ist, empfehlen wir der Theaterleitung, sich ein anderes zu wählen." Hö Hö!
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: von Mario Barth bedröhen
hab ich gar nix von dummheit oder ignoranz gesagt. ich meine das ist offenbar der zuschauergeschmack. erklären sie mir die leeren reihen in lofft, lindenfels, centraltheater und skala anders und ich bin glücklich, herr fassbender. dann könnte man etwas dagegen tun. weil vor sieben gleichgesinnten kulturwissenschaftsstudentinnen spielen ist auch nicht befriedigend. auch wenn man die vielleicht für klug befindet. lieber sind auch uns dünnbrettbohrern ausverkaufte säle. gern auch voll mit pöbel. der hat theater nötiger als die kulturwissenschaftlerinnen, nur weiß er das nicht und läßt sich lieber - nach einem ach so anstrengenden arbeitstag - von mario barth bedröhnen und für dumm verkaufen.
und @herrn schau: warum liest dus denn? das ist das forum für meinungen, nein? und sicherheiten und endgültigkeiten und so ist es und nicht anders gibt es halt nicht bei theaterrezeption.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Was singt Peter René?
Krasse Inszenierung! Weiß jemand, wie das musikalische Motiv heißt und von wem das ist? Das, was Peter René immer im Playback gesungen hat. LG
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Das singt Peter René
joanna newsom peach,plum,pear
lg
Kommentare: um die Wette diffamieren und angreifen
wertes butterbrot, dass das hier ein diskussionsforum zum meinungsaustausch ist, war mir auch bereits klar. das ist vermutlich auch der hauptgrund, WIESO ich hier eben gerade mitlese.
um die diskussion geht's mir doch gar nicht, die begrüße ich sogar. was viel peinlicher und entstellender daherkommt, ist die art und wiese, wie diese "diskussion" hier stellenweise geführt wird, denn das hat mit mario barth mehr zu tun als letztlich mit "theaterrezeption". kaum eine meinung wird hier ernst genommen, hier wird um die wette diffamiert und angegriffen, dass einem schwindlig wird.
diskussion: ja! aber sein hirn sollte man deshalb trotzdem nicht gleich auf den kompost schleudern.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung Thesentheater
Warum sollte denn in Leipig auf einmal ein Text wie Publikumsbeschimpfung zuschauertechnisch durch die Decke gehen - sowas hat hier noch nie funktioniert. In Leipzig hat sogar Ibsen ein Akzeptanzproblem.
Die selbstgerechte Art der neuen "Schauhäusler" auf Werbung oder Fotos in den schönen Fenstern zur Straße zu verzichten - oder wenigstens anderweitig auf die (leicht verschlafenen) Leipziger zuzugehen wird keine Zuschauer bringen.
Das Thesentheater von Hartmann wirkt auf mich nicht spielerisch und durchgearbeitet und entwickelt in seiner Ruppigkeit keinen Sog (ich fand die Schauspieler auch nicht "unprätentiös" sondern im Gegenteil unerträglich eitel) - das köchelt in seinem Insidersaft vor sich hin und interessiert sich null für DIE Zuschauer, die weder vom Feuilleton noch vom Fach sind. Der inflationäre Einsatz von Volksbühnenmitteln wie Endloswiederholungen, Körperkonfussionen, Sprachfehlern oder in-den-Eimer-scheißen (das kommt bald bei Macbeth - übrigens genauso wie Publikumsbeschiftung eine Übernahme, die vom Centraltheater gegenüber der Öffentlichkeit als neue Inszenierung angekündigt wird) erreicht doch eh nur die Auskenner, die allerdings rar sind Leipzig.
Dazu kommt: Die Dramaturgietexte (ups entschuldigung! DENKEN-UND-HANDELN-Texte) auf der Website und das Wenige, das über Print verbreitet wird, sind so unerträglich verschwurbelt, daß es fast an REALSATIRE grenzt.
Für 12 Millionen Subventionen im Jahr muß man schon ein Mindestmaß an Qualität bieten und nicht nur groben Formalismus und "Energie", sonst überlebt das Projekt Centraltheater keine zwei Spielzeiten.
Denn: die Leipziger Kulturpolitik ist verpeilt (siehe Hartmanns Einstellung) und gemein (siehe Opern-Maiers Rausschmiß).

Viel Spaß noch an der Pleiße ...

Ps: Die Auslastung in der Skala hat sich von am Anfang 50 Leuten auf jetzt durchschnittlich 15 stabilisiert und der "reaktive" Abend über den Zusammenbruch des Kapitalismus seht auch noch aus (ich meine natürlich nicht irgendwelche abgelutschten, altlinken Verschwörungstheorien von Naomi Klein, sondern neue Gedanken).
Theater ist halt nicht so einfach - manchmal muß man sogar 2 Wochen überlegen und danach 4 Wochen üben.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Danke!
Danke! @musikliebhaber
Hartmann in Leipzig: versucht was Neues
ich verstehe nicht warum alle so böse sind auf einmal.

sebastian versucht was neues und offensichtlich funktioniert es nicht. aber vielleicht werden wir bald eine überraschung erleben.

ich glaube an das theater und an die menschen die es machen.

ich lass mich von euch nicht fertigmachen!
Hartmann in Leipzig: nächste Chancen
Natürlich ist noch nicht aller Tage Abend. Aber blöd ist es schon, wenn die Central-Hausregisseurin Dröse ihr erstes Leipzig-Desaster offensichtlich noch nicht richtig überwunden hat. Zur Erinnerung: Engel hatte die Dröse am Anfang ihrer Karriere für eine Regie im Horch und Guck (heißt jetzt Pilot und ist nur noch eine Kneipe) nach Leipzig engagiert, um das extrem schwache Stück "A ist eine Andere" zu inszenieren. Der entstandene Abend war nicht besonders gut - dies lag womöglich auch daran, daß Dröse, die oft mit Adjektiven wie "nett" oder "harmlos" charakterisiert wird, von einigen Schauspielern des Ensembles gemobbt wurde. Womöglich hat ihr diese traumatische Erfahrung die Arbeit am Hamlet erschwert. Vielleicht löst sich da ja bei der nächsten Arbeit schon ein Knoten ...
Kruse kommt ja auch noch, und der kann ja nu wirklich tolle Abende machen ...
Dann noch die Eitner-Acheampong fürs Märchen (sie hat die dicke Erika in der TV-Serie Stromberg gespielt - großartig !!!), die vor Jahren schonmal das Weihnachtsmärchen im Schauspiel Leipzig besorgt hat (war nich so doll, hat aber wenigstens funktioniert). Der Sebastian hat bei diesem Engagement allerdings wirklich keine große Orginalität bewiesen ... oder war Engel am Ende doch ein Avangardist?
Dann hätten wir noch den "Sufjan Stevens des Ostens" Reinald Grebe, der über einen großen Rückhalt in der hiesigen Bevölkerung verfügt und der, wenn er sich nicht durch diesen rohen, hingeworfenen, pseudogenialen "Centraltheater-Stil" korumpieren läßt, sondern einfach seriös arbeitet, sicherlich in der Lage ist einen erfolgreichen Abend auf die Bühne zu bringen. Auf mich wirkt die Atmosphäre im ehemaligen Schauspiel Leipzig z.Z. jedoch ziemlich popfeindlich (zuviel Artaud, zuwenig Beach Boys) - einfach wird das nicht.
Tja, so siehts aus - die dummen, oberflächlichen Leipziger Rentner sind schon nach 4 Wochen vertrieben und abgesehen von einigen hysterisierten Schauspiel- und Theaterwissenschaftsstudenten tut man sich noch schwer an den akademischen Nachwuchs ranzukommen.

@mitarbeiter
Niemand will irgendjemand fertigmachen, aber wer im Vorfeld so unqualifiziert und gemein die Fresse aufreißt, und sich dermaßen als künstlerischer Heilsbringer inszeniert wie Hartmann das getan hat muß jetzt auch ein bißchen Feedback bekommen.

@sebastian hartmann
Hey Sebo - verblüff mich mal !!!
Achja: und ersetz den Ober-Schwurbler Poali doch einfach durch einen GUTEN Dramaturgen.
Dann klappts vielleicht auch mit dem Centraltheater.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: die über 40jährigen
Ich war heut bei "Publikumsbeschimpfung" und bin einfach froh über den frischen Wind der durchs Theater weht... Was mich jedoch überrascht hat, war der geringe Anteil an Menschen über 40- wo sind die denn alle hin? Gehen die nicht ins Theater wenn etwas Neues dort geschieht?
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: abschaffen
Schafft das Theater & die Hartmanns endlich ab!
An Wahl: du bist nicht Uli
@ uli wahl

du bist nicht uli wahl.
Paoli in Leipzig
ich heiße paoli! nicht poali.
Die Leipziger haben ja viel erwartet...
ohgottohgott, herr paoli! wäre schön, wenn sie ihre arbeit machten und die leeren sitze im SCHAUSPIELHAUS und der NEUEN SZENE füllen! 4 wochen nach eröffnung ist es so leer wie nie im SCHAUSPIEL LEIPZIG! danke! und dafür gabs von der hochverschuldeten stadt leipzig 2 millionen extra drauf. wir leipziger haben ja viel erwartet - aber so ein desaster dann doch nicht...
Publikumsbeschimpfung: Fremde Federn
diese unart, sich ständig mit fremden federn schmücken und in andere rollen schlüpfen zu müssen, hat inzwischen doch auch endgültig jeglichen reiz verloren. provokant, geschweige denn besonders helle ist das langsam doch nicht mehr.
Publikumsbeschimpfung: Wer macht sich hier Luft?
Die Einträge der Herren (Damen?) unter den Pseudonymen (oder Psychonymen?) "act up!" und - jetzt neu im Angebot - "hansi" zeugen von einer Insiderkenntnis, dass man eher den Eindruck hat, als mache sich hier ein Intimfreund von Wolfgang Engel (und der ultra spießigen Leipziger Kulturpolitik!) nach Jahren künstlerischen Frustes noch einmal richtig Luft. Kommt aber nur als laues Lüftchen rüber: Rumreiten auf Auslastungszahlen, Diffamierung Hartmanns, Kenntnisse über Subventionszahlen. Beim nächsten Versuch vielleicht nicht ganz so offensichtlich, arme Heckenschützchen! Dann klappts vielleicht auch mit der Sabotage.
Publikumsbeschimpfung: über Vorurteile
Daß unter den Kommentatoren hier ganz sicher sowohl Ex- wie auch Neumitarbeiter ihren Dampf ablassen, dürfte doch nun niemanden ernsthaft verblüffen, oder? Aber, mal ehrlich: Fakten benennen (wie Auslastungszahlen o.ä.) ist nicht gleich "Rumreiten", und vieles von dem "Insiderwissen" ließ sich mühelos aus den Medien beziehen. Die Vorurteile auf beiden Seiten waren / sind offensichtlich groß, mich erschreckt und überrascht aber manche Plattheit auf seiten der "NEU-Verteidiger" viel mehr als das Schmollen der anderen, denn ersteres hätte ich anders erwartet.
"Gehen die nicht ins Theater wenn etwas Neues dort geschieht?" schreibt z.B. hier oben jemand vermutlich Junges. Na klar, so ist das - wer kritisiert oder nicht kommt, kann ja nur konservativ, geistig träge bis völlig verblödet, früherer Engel-Angestellter oder was ähnlich Bemitleidenswertes (gern auch alles zusammen) sein. Eine besonders niveauvolle Art der Publikumsbeschimpfung.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Nörgeln reichlich dumm
Lieber 'über 40', daß Sie die negativen Kritiken in diesem Forum als gehaltvoller empfinden, ist sicherlich mit selektiver, mit sehr selektiver Wahrnehmung verbunden. Schließlich scheinen auch Sie kein Freund der neuen Intendanz zu sein. Das sei Ihnen aber auch gelassen! Trotzdem ist das Ausbleiben älterer Zuschauerschichten nicht per se der Qualität eines neuen Repertoires anzukreiden.
Dabei geht es gar nicht um 'Publikumsbeschimpfung', sondern darum, daß man nicht jeden Regisseur oder Künstler [ich weiß, ich weiß, in einer evtl. Reaktion auf meinen Kommentar wird man in Abrede stellen, daß Hartmann überhaupt Regisseur oder Künstler ist, schon gut, schon gut...] wie Schlachtvieh über den Markt treiben kann, nur weil man selbst Vegetarier ist. Daß man Auslastungszahlen oder Diffamierungen aus [seriösen] Medien 'mühelos' beziehen kann, stimmt so mit Sicherheit nicht.
Vom Theater wird gerade seitens älterer Zuschauerschichten immer wieder gerne Ausgewogenheit verlangt, die seitens der Zuschauerschichten aber allzu oft ausbleibt, wenn ihre 'Theaterbedürfnisse' nicht adäquat befriedigt werden. Über eine Intendanz, die ein in 13 Jahren festgefahrenes Haus übernimmt, nach nicht einmal vier Wochen zu nörgeln wie Kinder, die ihren Willen nicht kriegen, ist schon reichlich dumm.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Repräsentationstheater
auch wenn der soli abgeschafft und die transferleistungen endlich gekürzt werden, besteht noch lange keine aussicht, dass die theater, denen hartmann und maravic vorstehen, geschlossen werden. warum? der westen leistet sich neben den repräsentationstheatern in den landeshauptstädten immer noch teuere spielstätten in leipzig, weimar etc. ...
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: durchschaubarer jammern
@finanzgenie
Könnten Sie vielleicht etwas artikulierter und durchschaubarer jammern?
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: lancierte Kommentare
Was ist hier eigentlich los? Alle, aber wirklich alle Kommentare sind derart tendenziös und durchsichtig lanciert, daß es nicht zum aushalten ist. Worum gehts hier? Lauter Menschen mit Egoproblemen, hüben wie drüben. Hallo! !! Theater!!! Darum gehts. und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Hat die Welt keine größeren Probleme als Herrn Hartmann? Dann wären wir ja gut dran.
Immer ruhig Blut, liebe Leute.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: tendenziöser Einblick
Einen kleinen tendenziösen Einblick in Leipziger Zuschauerreaktionen gibt auch dieser Artikel http://tinyurl.com/4oq5oz (Ein kleiner Ausschnitt: "Girardet könnte sich jedoch vorstellen, dass diese Inszenierung junge Menschen anspricht. In der Leipziger Oper sei das Gros der Zuschauer allerdings 55 Jahre oder älter." HAHA!).
Die Koinzidenzen in der Art der hier stattfindenden Diskussion und der Samstag stattgefundenen Premiere sind schon auffällig.
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Danke fürs Überlisten!
Also ich fand's überhaupt nicht toll!
Ich habe gar nicht verstanden, warum da plötzlich ein grab ausgehoben wurde, warum Guido Lambrecht ständig gegen Wände stößt oder warum es verdammt noch mal so lange dauert, bis Lawinky seine Mehltüte holt und dann DOCH mit einem Spiegel zurückkehrt.

Ich habe bereits während des Applauses den Gedanken gehabt, dass ich womöglich niemandem gezielt empfehlen würde, extra nach Leipzig zu reisen, um Publikumsbeschimpfung zu sehen.

Und dann habe ich eine Nacht drüber geschlafen und mich besonnen! Verdammt! Wie gut dieser Hartmann mich immer wieder austrickst! Da denke ich doch, ich hätte alles schon gesehen, wenn auch nur auf Video (Claus Peymanns Premiere 1966). Damals konnte noch allein durch Handkes Text provoziert werden. Heute fällt das schon schwerer. Wie kann man Theater hinterfragen, auseinandernehmen, dekonstruieren, ohne zu kopieren (was 66 schon war)? Wie kann ich dem Namen alle Ehre machen, ohne das Publikum verbal anzugreifen? Wie kann ich verstören, verwirren, beschimpfen?

Plötzlich fällt mir ein, dass es Hartmann eben DOCH geglückt ist, meine Erwartungen zu killen. Ich habe tatsächlich "nichts von dem (ge)sehen, was (ich) hier immer gesehen (habe)". Und ja: natürlich: Ich habe mir "vielleicht etwas anderes erwartet". Die Atmosphäre, die Handlung, die Welt, die ich mir erwartet habe, bekomme ich eben nicht zu sehen/hören.

Ich danke Hartmann und seinem Ensemble für diese gelungene und vor allem intelligente Übersetzung, die auch über 40 Jahre später noch provoziert. Danke, dass ihr mich überlistet habt. Danke für einen durchaus gelungenen Theaterabend, der auch über die zwei Aufführungsstunden hinaus reicht. Danke, dass ihr einen interessierten, intelligenten Zuschauer voraussetzt!
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: Heiliger Sebastian?
liebe caro aus hildesheim -

erst scheiße gefunden, dann eine nacht "drüber" geschlafen, dann toll gefunden ...

da ist dir wohl im traum der heilige sebastian erschienen?
Hartmanns Publikumsbeschimpfung: mit reichlich Schaumwein
Eine phänomenale „Publikumsbeschimpfung“. Die Vierte Wand ist gefallen, denn Leipzigs Theaterpublikum lässt sich offenbar mehr und mehr auf den neuen Intendanten Sebastian Hartmann ein – und wagt sich mittlerweile sogar schon auf die Bühne. Ein neuer Höhepunkt: Peter René Lüdicke dehnte einen Monolog auf eine Stunde (!) aus, worauf sein Kollege Thomas Lawinky zum Kellner mutierte, zwischen Theaterkantine und Saal pendelte und das Publikum mit reichlich Schaumwein versorgte. Als Lüdicke nach etwa 45 Minuten zunehmend verstummte, flogen erste Gegenstände. Allerdings eher liebevoll, vermutlich als eine Art Aufweckversuch. „Uns wird langweilig.“

Dann trat der erste Besucher nach vorn, zur Bühne hin, wo symbolisch eine Schaufel stand. Die griff er sich und gab sie Lüdicke. „Wir lassen uns nicht auf die Schippe nehmen.“ Nutzte nichts. Der nächste Gast wagte sich deshalb weiter vor, versuchte das Ensemble auf der Hinterbühne zum Eingreifen zu bewegen. Vergebens. Dann noch zwei tatkräftige Zuschauer, ein Mann und eine Frau. Souverän gingen sie nach vorn, griffen sich Peter René Lüdicke samt Stuhl – und entsorgten ihn im Bühnenhintergrund auf einem Haufen Dreck. Sagenhaft!

Centraltheater-Intendant Hartmann will den aktiven Zuschauer: Der nicht nur konsumierend in seinem Sessel klebt und sich in eine andere Welt entführen lässt, sondern der eine eigene Meinung hat und diese auch vertritt. Die Leipziger „Publikumsbeschimpfung“ lädt dazu ein, die vielfach zitierte Vierte Wand zu überwinden – ohne dabei bloß billiges Mittmachtheater zu sein. Gestern Abend fiel diese Wand. Nach fast dreieinhalb Stunden statt der geplanten zweieinhalb, und am Ende gab es Standing Ovations. Sebastian Hartmann scheint in seiner Geburtsstadt jeden Tag ein Stückchen mehr anzukommen. Er bietet spektakuläres und anregendes Theater. Das sehen nicht alle Leute vor Ort so, klar. Doch immer mehr sind neugierig auf das Neue und genießen den frischen Wind.
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