Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen
Und dann kam Mirna
Nach uns das All – Das innere Team kennt keine Pause

10. Juni 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Mitschnitten von Inszenierungen zusammen: Ab 10. Juni, 18 Uhr, zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem Maxim Gorki Theater für 24 Stunden drei Stücke von Sibylle Berg über "die Anti-Heldin des 21. Jahrhunderts", jeweils in Inszenierungen von Sebastian Nübling: Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen (Premiere am 23. November 2013), Und dan kam Mirna (Premiere am 24. September 2015) und Nach uns das All – Das innere Team kennt keine Pause (Premiere am 24. September 2017).

 

Über "Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen" auf der Website des Maxim Gorki Theater:

"Abends, eine junge Frau allein in ihrer Wohnung. Freundinnen kontaktieren sie per Skype und per Chat, Kurznachrichten treffen ein, die Mutter ruft an. Einige Stockwerke tiefer im Keller: ein gefesselter und geknebelter Mann…

Sibylle Berg hat eine Textfläche für die Choreographin Tabea Martin, den Regisseur Sebastian Nübling und vier Schauspielerinnen des Maxim Gorki Theaters geschrieben. Von den Medien und der Werbeindustrie produzierte Frauenbilder, der Imperativ eines erfolgreichen Lebensentwurfs und eigene Ängste und Sehnsüchte schlagen sich in den Leben der jungen Frauen nieder: nächtliche Prügeltouren durch die Stadt, Körperkult und Fitnesswahn, Shoppingexzesse zwischen den BWL-Vorlesungen und der Vertrieb von selbstsynthetisierten Drogen über das Internet. Daneben stehen Fragen danach, wie die Frauen leben wollen und wo sie die Ursachen für ihre Orientierungslosigkeit suchen. Es entsteht die wütende, beißend-komische Bestandsaufnahme einer jungen Frau, die sich selbst und andere Frauen in ihren Reaktionen auf die Welt befragt."

Nachtkritik-Redakteur Christian Rakow war 2013 von der Uraufführung begeistert:

"Voll Skurrilität funkeln die Berg'schen Rachephantasien der Frau! Die Protagonistin, so hört man, hat mit zwei Gefährtinnen eine WG gegründet, "meine selbst zusammengestellte Familie", und sagt locker an, was sie alles auf dem Kerbholz haben (oder vielleicht auch nur gern hätten). Check it out: Nächtliche Prügelattacken auf wehrlose, durchaus auch kleinere Männer, bis das Blut fließt, Drogenhandel im Internet, daneben Marketingstudium. Respect! Das ist der Beat der Gosse remixed mit theoriegesättigter Intellektualität. Und zu all dem muss man jetzt wirklich mal einen Blick auf das Foto werfen: auf die Akteurinnen, die trotz Fat-Suite unter den Kleidern doch eher geistig als boxringmäßig schlagkräftig wirken. Es ist in seiner zelebrierten Widersprüchlichkeit auch ein schreiend komischer Abend."

 

Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen
von Sibylle Berg
Uraufführung
Regie: Sebastian Nübling, Choreographie: Tabea Martin, Raum: Magda Willi, Kostüme: Ursula Leuenberger, Mitarbeit Raum/Kostüme: Moïra Gilliéron, Licht: Jan Langebartels, Dramaturgie: Katja Hagedorn.
Mit: Nora Abdel-Maksoud, Suna Gürler, Rahel Jankowski, Cynthia Micas.
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten, keine Pause

www.gorki.de

 

 

 

Über "Und dann kam Mirna" auf der Website des Maxim Gorki Theater:

"Eine halb ausgeräumte Wohnung, Koffer und Kartons: Eine Frau Mitte Dreißig wartet gemeinsam mit ihrer zehnjährigen Tochter Mirna auf den Umzugswagen, der sie in ihr neues Leben bringen soll.
Beim Packen werden Frauenbilder und Beziehungskonzepte des 21. Jahrhunderts ebenso bissig kommentiert wie das Scheitern an den eigenen Erwartungen und die diffuse Sehnsucht nach einem Neuanfang, der nie Wirklichkeit werden wird. All dies in Gesellschaft von Tochter Mirna, die zum Befremden der Mutter zwar die eigene Scharfzüngigkeit geerbt hat, aber ansonsten ganz anders geraten zu sein scheint als die Mutter selbst…

Nach 'Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen', welches von der Zeitschrift Theater heute zum Theaterstück des Jahres 2014 gewählt wurde, hat Sibylle Berg eine Fortsetzung geschrieben, in der die Geschichte weitererzählt wird. Gemeinsam mit den Schauspielerinnen aus 'Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen' (neu dabei: Çiğdem Teke) und vier Kindern erzählen Sebastian Nübling und Tabea Martin, wo die rebellischen jungen Frauen zehn Jahre später mit Mitte Dreißig stehen: Sie haben Kinder bekommen, Trennungen hinter sich und schlagen sich mit der schmerzhaften Einsicht herum, dass sie »nur ein kleines mittelmäßiges Leben« haben werden – und mit ihren Töchtern, die ihre Mütter ebenso kritisch hinterfragen, wie diese die Generation vor ihnen."

Aus unserer Nachtkritik von Anne Peter:

"Im gesellschaftlichen Echoraum schwingen Debatten wie Gleichberechtigung, Frauenquote und Vereinbarkeit mit. Wichtig ist dieser Abend vor allem als Gegengift gegen süßlich idealisierte Mütterbilder, wie sie immer noch die Frauenzeitschriften- und Werbebranche dominieren sowie gegen den Hochleistungsfeminismus, der uns das You-can-have-it-all vorgaukelt. Scheitern vorprogrammiert. Auf dass die Erwartungen zertanzt und die Messlatten zertrampeln werden!"

 

Und dann kam Mirna
von Sibylle Berg
Regie: Sebastian Nübling, Choreographie: Tabea Martin, Bühne: Moïra Gilliéron, Magda Willi, Kostüme: Ursula Leuenberger, Licht: Jan Langebartels, Dramaturgie: Katja Hagedorn.
Mit: Suna Gürler, Rahel Jankowski, Cynthia Micas, Çiğdem Teke, Aydanur Gürkan / Sarah Böcker, Fée Mühlemann / Nilu Kellner, Zoé Rügen / Amba Peduto, Annika Weitzendorf / Marie Carlota Schmidt.
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten, keine Pause 

www.gorki.de

 

 

Über "Nach uns das All – Das Innere Team kennt keine Pause" auf der Website des Maxim Gorki Theater:

"Europa, irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft: Auf einem von politischen Spannungen und kriegsähnlichen Unruhen gezeichneten Kontinent haben sich Nationalismus und Faschismus endgültig durchgesetzt. Eine Frau in den Dreißigern bereitet sich auf den Ausstieg vor, indem sie sich für eine Reality-Show bewirbt, deren Teilnehmer*innen auf den Mars fliegen, um dort eine neue Gesellschaft aufzubauen. Was angesichts der zunehmenden Verrohung als letzter Ausweg erscheint, wird jedoch nur unter bestimmten Bedingungen gewährt: Die Rakete kann nur gemeinsam mit einem Mann als Zweierteam bestiegen werden, damit die Fortpflanzung auf dem fremden Planeten gesichert ist ... Nach ES SAGT MIR NICHTS, DAS SOGENANNTE DRAUSSEN (Stück des Jahres 2014) und UND DANN KAM MIRNA (Mülheimer Theatertage 2016) inszenieren Regisseur Sebastian Nübling und Choreografin Tabea Martin eine neue Folge der Geschichte um Sibylle Bergs Anti-Heldin des 21. Jahrhundert, die sich in Teil drei mit der Vorbereitung ihres intergalaktischen Ausstiegs beschäftigt und sich dafür mehr oder weniger überzeugt auf Partnersuche begibt."

 

Michael Wolf feierte in seiner Nachtkritik vor allem das Ensemble:

"In orangenen Overalls rumpeln sie synchron über die leere Bühne. Tabea Martins Choreographien mahnen an Scharmützel im Krieg der Geschlechter: hastig, ungestüm, gewaltsam. Die Frauen rammen die Männer mehr als einmal gegen die Bühnenwand. Später surfen sie auf ihren Rücken durch das verrohte Internet. Das ist gut gearbeitet und macht über Strecken richtig Spaß. Vor allem, weil das Ensemble nicht im Kollektiv verschwindet, obwohl die Spieler große Teile des Textes chorisch sprechen. Svenja Liesau hat mehr exakt gesetzte Grimassen im Repertoire als manch komplettes Ensemble. Jonas Dassler gibt seinen Casting-Kandidaten als netten, herrlich blöden Trottel. Auch Nora Abdel-Maksoud beweist einmal mehr ihr humoristisches Talent. Plump wie ein Pinguin tapst sie über die Bühne, und lauert doch wie ein Raubvogel auf den nächsten Lacher."

 

Nach uns das All – Das innere Team kennt keine Pause
von Sibylle Berg
Regie: Sebastian Nübling, Choreografie: Tabea Martin, Dramaturgie: Katja Hagedorn, Bühne: Magda Willi, Kostüme: Ursula Leuenberger, Licht: Jan Langebartels.
Mit: Nora Abdel-Maksoud, Knut Berger, Jonas Dassler, Suna Gürler, Svenja Liesau, Abak Safaei-Rad, Aram Tafreshian, Mehmet Yilmaz.
Dauer: 1 Stunde 10 Minuten, keine Pause 

www.gorki.de

 

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