"Dekalog" vom Schauspielhaus Zürich
5. Juli 2020. Seit die Theater coronabedingt geschlossen haben, hat nachtkritik.de nicht nur einen digitalen Spielplan zusammengestellt. Es wurden auch die vielen digitalen Hervorbringungen der Theater im deutschsprachigen Raum gesichtet. Was hier besonders auffiel, was wir wegweisend oder anderweitig bemerkenswert fanden, zeigen wir vom 3. Juli 2020 ab 18 Uhr bis 7. Juli 2020 18 Uhr noch einmal gebündelt und von Künstler*innengesprächen gerahmt in einem Netztheater Special.
Am 5. Juli 2020 ab 18 präsentierten wir drei Episoden aus der Livestream-Produktion "Dekalog" von Christopher Rüping und Ensemble frei Krzysztof Kieślowski. Christopher Rüping wird live durch den Abend führen. Nach dem Streaming gegen 21 Uhr waren der bei uns Regisseur Christopher Rüping, Dramaturgin Katinka Deecke und Schauspielerin Wiebke Mollenhauer im Künstler*innengespräch.
Zum Ablauf des Abends
Christopher Rüping moderiert live und führt durch den Abend.
Parallel zu den Aufführungen ist der Chatroom geöffnet mit Gastgeberin Esther Slevogt
Livestream-Operator des Abends / Virtuelle Interaktion: Timo Raddatz
18.00 Uhr Begrüßung
18.10 Uhr Episode 4: Du sollst Vater und Mutter ehren
19.05 Uhr Episode 8: Du sollst nicht lügen
20.00 Uhr Episode 9/10: Du sollst nicht neidisch sein
20.55 Uhr Künstler*innengespräch mit Wiebke Mollenhauer, Katinka Deecke und Christopher Rüping, moderiert von Christian Rakow
Auf der Website des Schauspielhauses Zürich heißt es über die Arbeit:
"Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." So klar steht es geschrieben im Ersten Gebot des Alten Testaments. Bei Gott gibt es keine Zweifel, er*sie ist unmissverständlich und klar. Anders als der Mensch. Beim Menschen ist nichts gegeben und nichts ist unmissverständlich. Immer gibt es ein Für und ein Wider, immer gibt es zahlreiche Möglichkeiten und Wege. Seit einigen Wochen können Politik und Bürger*innen weltweit diese existentielle Unklarheit, diese moralische Vieldeutigkeit des Lebens nicht mehr durch alltägliche Routine verdrängen. Täglich müssen sie Entscheidungen treffen über Nächstenliebe, Freiheit und Respekt, über Gemeinschaft und Liebe. Letzten Endes über Leben und Tod.
Wie es dem Vieles denkenden Menschen angesichts der Klarheit von Gottes Geboten geht, hat der polnische Filmregisseur Krzysztof Kieślowski Ende der 1980er Jahre in den zehn Episoden seines "Dekalogs" untersucht. Hausregisseur Christopher Rüping nimmt diese Filme nun als Vorlage für ein Theaterprojekt ohne Theater. In einem Moment, wo Menschen sich nicht mehr in Theatern versammeln dürfen, verlagert Christopher Rüping seine Inszenierung ins Internet – und damit die Funktion des Theaters, durch Anschauung und Spiel den moralischen Kompass zu schärfen und sich gemeinsam über Werte und Masstäbe zu verständigen. In den zehn Folgen seiner Theaterinszenierung für den digitalen Raum wird er in den nächsten drei Wochen zusammen mit dem Ensemble des Schauspielhauses Zürich fragen, was richtig und was falsch ist. Sie direkt wird er fragen. Sie, das Publikum. Und Sie werden antworten können und entscheiden. Und Sie werden sehen, welche Konsequenzen Ihre Entscheidungen haben. Wie im echten Leben. Oder eben im Internet. Aber wo ist da schon der Unterschied."
"Toller Monolog, viele technische Ruckeleien", schrie Shirin Sojitrawalla in ihrer Nachtkritik zum Start der Dekalog-Reihe. Christian Rakow entdeckt im Ganzen eine "experimentierfreudige Web-Serie" und das "Fanal eines feedbackstarken Theaters".
Dekalog
von Christopher Rüping und Ensemble
frei nach Krzysztof Kieślowski
Inszenierung: Christopher Rüping, Bühne: Natascha Leonie Simons, Ann-Kathrin Bernstetter, Kostüme: Ulf Brauner, Musik (Foyer): Felix Lübkemann, Musik (Dekalog): Matze Pröllochs, Live-Kamera: Jasmin Kruezi, Live-Stream: Noè Toldo, Virtuelle Interaktion: Timo Raddatz, Dramaturgie: Katinka Deecke, Ton: Paul Hug, Audience Development: Philine Erni, Produktionsassistenz: Sultan Coban.
Mit: Thomas Wodianka, Karin Pfammatter, Alicia Aumüller, Wiebke Mollenhauer, Matthias Neukirch, Kay Kysela, Lena Schwarz, Maja Beckmann, Josh Johnson.
In den ausgewählten Episoden spielen:
4: Wiebke Mollenhauer
8: Josh Johnson
9: Thomas Wodianka
Die Arbeit entstand nach Motiven einer Inszenierung am Schauspiel Frankfurt (2013/14) mit Unterstützung der Akademie für Theater und Digitalität Dortmund und der Initiative Digitale Dramaturgie.
Hier das ganze Programm des Netztheater Specials.
Hier das Editorial zum Netztheater Special.