Lisa Jopt will GDBA-Chefin werden
Lisa in allen Gassen
24. September 2020. Die Mitgründerin des ensemble-netzwerk, die Schauspielerin Lisa Jopt will als Präsidentin der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) kandidieren. Das schreibt das ensemble-netzwerk in einer Presseaussendung.
GDBA
Die Gewerkschaft GDBA hat die Tarifhoheit für die künstlerisch Angestellten an den deutschen, öffentlich geförderten Theatern, aber auch vieler privater Theater. Die Wahl des*der neuen Gewerkschaftspräsidenten*in wird im Mai 2021 in Weimar, stattfinden. Der derzeitige Präsident, der ehemalige Musicaldarsteller und Choreograf Jörg Löwer, wird im Mai kommenden Jahres nicht wieder zur Wahl antreten. Die GDBA feiert in Weimar ihr 150. jähriges Jubiläum. Bis jetzt saßen der Gewerkschaft nur männliche Präsidenten vor. Lisa Jopt wird, nach derzeitigem Stand, gegen die Opernsängerin und Musikpädagogin Nathalie Senf aus Zwickau antreten, die ihre Kandidatur für das höchste Amt der GDBA bereits im Juni erklärt hatte.
Lisa Jopt: "Die Theaterlandschaft befindet sich seit fünf Jahren, seit das ensemble-netzwerk die Beschäftigten auf neue Weise angesprochen und mobilisiert hat, in einem Struktur- und Klimawandel. Themen wie z.B. Geschlechtergerechtigkeit, Diversität und Inklusion rücken dabei zu Recht mehr in den Vordergrund. Aber sie haben alle eine gemeinsame Grundlage: Faire Arbeitsbedingungen, gerechte Gagen, Perspektiven für Work-Life-Balance und eine gewisse Sicherheit der Planbarkeit ihrer Anstellungsverhältnisse. Das muss, damit es rechtlich verbindlich wird, im Tarifvertrag NV Bühne verankert werden. Dafür trete ich an."
ensemble-netzwerk
Das ensemble-netzwerk begrüßt die Kandidatur seiner Mitgründerin: "Die Präsidentschaftsankündigung von Lisa Jopt sehen wir als große Chance - und als logische Weiterentwicklung der bisherigen Arbeit des ensemble-netzwerks."
Das ensemble-netzwerk ist unter der Leitung von Lisa Jopt und des 7-köpfigen Vorstands binnen fünf Jahren auf 900 Mitglieder und mehrere Netzwerke aus diversen Sparten angewachsen, hat mehrere Konferenzen ins Leben gerufen – die Bundesweiten Ensemble-Versammlungen, die Konferenz Konkret zur Rettung der Stadttheaters sowie mit Nicola Bramkamp Burning Issues – Performing Arts and Equality. Auch die Parade der Darstellende Künste rund um das Schauspielhaus Bochum geht auf ihre Initiative zurück. Jopt ist parallel weiter als Schauspielerin in Film und Theater tätig, aktiv im Theaterkollektiv Rumpel Pumpel Theater und veröffentlicht zusammen mit Schauspieler und Netzwerkvorstand Johannes Lange den Podcast Wofür es sich zu looosen lohnt.
Kulturpolitisch ist Lisa Jopt als Mitbegründerin der Aktion 40.000 Theatermitarbeiter*innen treffen ihre Abgeordneten auf Länder- und Bundesebene mit Politiker*innen verschiedener Fraktionen im Austausch. Für dieses Engagement nahm sie zusammen mit Dramaturg Harald Wolff (Dramaturgische Gesellschaft) und Gregor Sturm (Bund der Szenografen) 2018 den Perspektivpreis Der Faust des Deutschen Bühnenvereins entgegen.
Wir haben die Meldung am 25. September um 12:30 aktualisiert. Die Kandidatur von Nathalie Senf war uns bis dahin nicht bekannt.
(www.ensemble-netzwerk.de / jnm)
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Diese Wahl wäre jedenfalls ein Grund, aus der wunderbaren GDBA auszutreten. Zu einem Ensemble und ebenso zu einer Gewerkschaft gehören Teamgeist. Den vermisse ich bei Lisa Jopt durchgängig.
Bravo Lisa, meinen Support hast du auf jeden Fall! Auf dass die GDBA endlich eine aktivere Rolle einnimmt und nicht bloß eingreift wenn's schon lange brennt
Auf jeden Fall und unbedingt zu unterstützen!
Und alle müssen wir es ihr danken, dass sie sich dafür zur Verfügung stellt.
Wir würden alle davon profitieren. Auch langfristig.
Das riesige Potential von Lisa Jopt ist offensichtlich.
„Ein Kind seiner Zeit“ – das ist, mit Verlaub, himmelschreiender Blödfug mit Quark. Ohne das ensemble-netzwerk gäbe es das öffentliche, laute und konsequente Sprechen über viele Schmerzpunkte innerhalb und außerhalb der Branche nicht. Von den bereits greifenden Veränderungen ganz zu schweigen. Es gab zu Beginn und gibt nach wie vor meist patriarchal parfümierten Gegenwind zum ensemble-netzwerk – insbesondere aus den Leitungsebenen. Lies die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Thomas Schmidt zur anhaltenden Krise des Stadttheaters. Die Gründung des Netzwerks war ein überfälliger und notwendiger Reflex auf den stellenweise desolaten Zustand, in dem sich das Theatersystem befindet. Ich könnte jetzt seitenweise von E-Mails, Nachrichten, Treffen, Gesprächen, etc. berichten, wo Theaterschaffende aller Alters- und Berufsgruppen beschreiben, wie sie im ensemble-netzwerk endlich ihre eigenen Ängste, Sorgen und Themen angesprochen fanden und sich gehört fühlten. Die einzigen Menschen, die bisher in Deiner Art unfundiert gegen das Netzwerk oder gar Lisa als Person gepampt haben, waren größtenteils Leitungsmitglieder:innen mit Privilegien-Verlustängsten, saturierte Theatermacher:innen im Einzelkampf-Tunnel oder schlicht konservativ reaktionäre Arbeitgeber:innen-Vertreter:innen.
Und woher kommt die absurde Unterstellung fehlenden Team-Geists? Der gesamte organisatorische, strukturelle und inhaltliche Habitus des ensemble-netzwerks und all seiner aus ihm geborener Schwester-Netzwerke basiert auf Team- bzw. Ensemble-Geist. Du hast eindeutig keinen blassen Dunst, worum es beim ensemble-netzwerk geht. Woher die Grantligkeit? Who hurt you?
Auch Du schmeißt mit unfundierten Behauptungen um Dich. Why? Ab Minute 1 ging es beim ensemble-netzwerk um die Umarmung sämtlicher Berufsgruppen am Theater – festangestellt wie freischaffend. Es finden sich dort Tonmeister:innen, Souffleur:innen, Mitarbeiter:innen des KBB, Requisiteur:innen, und viele mehr. Bei wie vielen Treffen warst Du? Mit welchen Mitglieder:innen hast Du gesprochen? Welche Berufsgruppe (von Intendant:innen mal abgesehen) fühlt sich dort nicht repräsentiert?
„Wirbel“, „Krach“, „Parolen“ (geiler Slogan übrigens, danke dafür!)
Das ensemble-netzwerk blickt auf diverse handfeste Errungenschaften zurück – von der Abschaffung von Samstagsproben über Gagenerhöhungen bis hin zu der phantastischen und nachhaltigen Aktion 40.0000. Von den unzähligen kleinen Hilfen und Aktionen mal abgesehen. Allein durch die Gründung beispielsweise des jungen ensemble-netzwerks ist die Existenz der GDBA mittlerweile überhaupt bis an die Hochschulen durchgedrungen. In Sachen Nachwuchs-Akquise hat die Gewerkschaft bisher komplett versagt. Es gibt generell einen nachweisbaren Mitglieder:innen-Zuwachs bei der GDBA seit Gründung des Netzwerks – „Wir haben eine Gewerkschaft?“ ist immer noch die häufigste Antwort von (vor allem) Schauspieler:innen, wenn sie nach der GDBA gefragt werden.
Mitglieder:innen-Werbung, interne Struktur und generell Kommunikation werden von langjährig aktiven Mitglieder:innen selbst als fundamentale Probleme benannt.
Ein Ziel (schlag doch bitte nochmal das Wort „Ziel“ im Duden nach) von 3.000 € Mindestgage auszurufen hat nichts mit „Augenwischerei“ zu tun. Hier wird eine Vision formuliert, eine Haltung, eine Agenda, eine Aufgabe. Das alles sind Dinge, die den meisten Theaterschaffenden im bisherigen Kontext der GDBA nicht einfallen würden. Es ist sehr leicht, wohlfeil und billig sich an der Person Lisa Jopt abzuarbeiten, die allerdings Teil eines Vorstands bzw. Kern-Teams ist, in welchem diverse Menschen, Disziplinen und Kompetenzen aktiv wirken. Oder willst Du ernsthaft jemandem Ludwig von Otting Kenntnis über „System und Statuten des NV Bühne“ absprechen?
Ich finde es nahezu absurd in welcher populistischen und substanzlosen Art und Weise hier instantan Stimmung gemacht wird, sobald zwei junge Frauen dafür antreten, dass in diesem wohlmeinenden Onkel-Verein mit seiner Apotheken-Umschau nach 150 Jahren erstmalig das Präsidialamt weiblich besetzt wird. Das zeugt für mich lediglich vom Wunsch nach dem Bestehenbleiben des Status Quo – und das kann nicht ernsthaft der Wille sein.
Schreibt doch einfach eine Mail ans ensemble-netzwerk mit Euren Fragen/Wünschen/Anregungen. Ich verspreche Euch, sie wird beantwortet werden. Ginge es Euch aufrichtig um tatkräftige Veränderung statt um anonymes Rumgetrolle, wäre das der Weg. Alles andere ist Gratis-Empörung.
Seit vielen Jahren bin ich Mitglied des BFFS - des Berufsfachverbandes aller Schauspieler*innen (Bühne, Film, Fernsehen, Sprecher). Sicher war und bin ich auch hier nicht mit allen Entscheidungen und Aktionen einverstanden, sehe aber dennoch generell, dass es die lebendigste und effektivste Arbeitnehmervertretung (=Gewerkschaft) unseres Berufsstandes ist.
Warum die Aufregung ausserhalb der Organistion in diesem Forum hier?
Wer mitbestimmen will, kann ja Mitglied werden, mitarbeiten und so die GDBA verändern...
Ein verdi-Mitglied als GdBA Präsidentin??
Und liebe Antje, wie war das mit "ohne Neiddebatten und billigem Populismus" wie Du schreibst?
Sagte nicht dieselbe Lisa Jopt im Deutschlandfunk über Regisseure und Intendanten: "Und wenn mal kein Mikro an ist, dann sagen wir öfter mal, ach geil, irgendwann sterben die alle, und wir werden noch da sein, wenn die nicht mehr sind, denn die Zukunft sind wir. Wir machen ja noch Theater, wenn die alle tot sind". (28.6.19) Gibt es etwas menschenverachtenderes, als Menschen, selbst wenn man sie als Gegner betrachtet, den Tod zu wünschen und sich darüber zu freuen?
Die GDBA ist bald 150 Jahre alt und hat nur eine Überlebenschance, wenn entscheidende Punkte im Tarifwerk von 1919(!) modernisiert werden. Am wichtigsten wäre natürlich, dass die Willkür bei Intendantenwechseln beseitigt wird (Nichtverlängerungen). Das ist ein dickes Brett.
Nein, diese Zeilen sind eben nicht wahr, wie ich weiter oben schon belegt habe. Darüberhinaus hat Lisa Jopt nirgendwo behauptet, die GDBA hätte "nichts" getan. Das sind denunziatorische Phantomkämpfe, die hier versuchsweise vom Zaun gebrochen werden.
Und es ist schön, dass Sie als Mitglied des Arbeitgeber:innen-Verbands sich "Unaufgeregtheit" in den Tarifverhandlungen wünschen. Die Gagen sind in den letzten Jahrzehnten nachweislich immer weiter gesunken und es wird flächendeckend immer wieder berichtet, wie zum Teil ausbeuterisch gerade für Anfänger:innen im Schauspiel sich dieser phantastische Beruf gestaltet. Es geht stellenweise um die bloße Existenz – und dann als Mitglied einer privilegierten Gruppe derartiges tone-policing zu betreiben führt nirgendwo hin. Sobald keine substanziellen Argumente mehr vorhanden sind mit "Das kann man aber auch leiser/freundlicher sagen." zu kommen ist nun wirklich ein überwindenswerter Anachronismus.
@thybaldt
Herzlichen Glückwunsch, Du hast soeben die berichterstattungsfreie Gesellschaft erdacht. Warum die Aufregung in deutschen Medien über die US-Präsidentschaftswahl? Noch wird der Präsident der USA von den US-Bürger:innen gewählt …
Und schließlich … @Fritz
Auch hier Glückwunsch: Es hat kaum 4 Tage gedauert, bis die Debatte bereits ihren intellektuellen Tiefpunkt erreicht hat. Aber weil es irgendwer machen muss, damit solche Grütze nicht unwidersprochen im einzigen Forum stehenbleibt, das unsere Branche hat:
Lisa hat niemandem den "Tod gewünscht" oder sich "darüber gefreut" sondern in einer überspitzten Art und Weise herausgestellt, wie sehr sich die ältere (männliche, weiße) Generation mitunter an ihre Privilegien, Posten und Deutungshoheiten klammert. Gegen Intendanten-Karussell, Himpathy, Bromance, Sexismus, Rassismus und all die Issues anzufechten, die derzeit das Theatersystem verkleben, erscheint zuweilen aussichtslos. Aber irgendwann wird diese Generation eben nicht mehr da sein (der Tod ist unausweichlich, kannste nachschlagen) – und dann entsteht im besten Fall von ganz alleine Platz für Umdenken, Fortschritt, Zukunft. Das mehr oder weniger satirisch zu adressieren, ist der völlig offensichtliche Kontext dieser Aussage. Alles andere ist bösartiges Framing.
#12 1. Natürlich ist Lisa Jopt GDBA-Mitglied. 2. Präsidentin ist halt der Titel, das erfährt man, wenn man die Satzung liest. Wie Sie das finden, ist irrelevant. Die "selbst- und machtbewussten Männern" werden Frau Jopt jedenfalls keine Probleme machen, wenn sie inhaltlich ähnlich kompetent sind. Paternalismus und Selbstüberschätzung enttarnen sich schnell von allein, wenn ihnen auf den Zahn gefühlt wird.
Ich habe nichts gegen Berichterstattung und Information! Mich nervt nur diese echauffierte Diskussion hier und der beleidigte und beleidigende Ton hier... Ach so, lieber Herr Weckherlin, eine Antwort ist nicht nötig : ich gehöre zur Generation der ältern, weissen Männer - ein Problem, das sich ja biologisch von selbst löst...pfff
Einer verd.i würde es auch besser zu Gesicht stehen, vor allem an Verhandlungstischen mit Arbeitgebern, wenn ihre verhandelnden GewerkschafterInnen nicht nur JuristInnen oder allenfalls JournalistInnen oder ähnliches sein würden, sondern halt aus Berufen kämen, deren soziale Sicherung im Gesellschaftssystem Verhandlungsthema ist.
Ich fühle mich seit Jahren echt verarscht, wenn ich von der verd.i-Bürokratie als "Liebe KollegIn" angeschrieben werde. Als Schriftstellerin und VS-Mitglied von Leuten, die keine Ahnung haben, was dieser Beruf hier und heute bedeutet und die mirals SelbstzahlerIn allenfalls verd.i-organisierte Weiterbildungen im Selbstmanagement anbieten bei Leuten, die ihnen als selbstgemanagtes Unternehmen bekannt sind...
Es wäre doch sinnvoll, wenn GDBA und ensemble-Netzwerk sowie alle anderen ähnlich motivierten Vereinigungen wie auch BFFS sich in der jetzigen Situation schnellstmöglich zusammenfinden zu einem Zusammenschluss zu einer echten, größeren Berufsgewerkschaft - und zwar BEVOR ein neues Präsidium hier oder da gewählt wird.
Und das sollte keinesfalls bei ver.di geschehen. Diese Gewerkschaft soll sich um die KrankenpflegerInnen, um die VerkäuferInnen, um die DruckerInnen, um die technischen MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst usw. kümmern - da gibt es mehr als nur genug zu tun, wie wir aktuell gerade besser sehen als je zuvor.
Und natürlich bräuchten wir JETZT dringend eine AutorInnen-Gewerkschaft, die nicht der P.E.N sein kann, weil man da hinein-berufen wird und das ein elitäres Verfahren ist, was für Gewerkschaftsarbeit abzulehnen ist.
Und die kann auch nicht in einer GBDA aufgehen, weil beinahe alle BühnenautorInnen auch andere Arbeitsgebiete beackern und andererseits nicht alle AutorInnen auch für die Bühne schreiben...
Wie gründen wir so eine eigenständige Gewerkschaft, sehr geehrte mitlesende KollegInnen?
Ludwig, alter Heldendarsteller, Wirtschaftswissenschaftler!
1. Deine ganze Rhetorik zeugt von einem überholten weil ziemlich autoritären Verständnis von Leitungsstrukturen. Die GDBA-Präsidentin ist kein „Boss“ sondern zunächst ein Mitglied des Hauptvorstands neben den Vorsitzenden der Landesverbände + Berufsgruppen. Deine implizierte Sorge, die Präsidentin könnte (quasi in Trump-Manier) den Verein im Alleingang zu Grunde richten, offenbart die tiefe Unkenntnis (oder Unverständnis? oder Unwillen?) demokratischer bzw. paritätischer Gremien.
2. Ein weiterer Waggon Deines Zuges der krassen Fehleinschätzungen ist die Behauptung, die GDBA sei „unternehmensgleich“. Das mag 1871 ja noch anders gewesen sein, aber meines Wissens nach ist das erklärte Hauptziel eines Unternehmens die Gewinnmaximierung. Ganz sicher, Ludwig, dass das ebenfalls das Hauptziel einer Gewerkschaft ist bzw. sein sollte?
Der sukzessive Einzug dieser ganzen BWL-Sprache und -denke in die Theaterbranche hat uns doch unter anderem erst in die menschen- und kunstverächtliche Situation gebracht, in der wir stecken.
Und nein, es wäre keineswegs „vernünftig“ einen Geschäftsführer (sic!) „von außen“ reinzuholen. Es ist vernünftig die Leitungsebenen der GDBA mit Menschen zu besetzen, die von der Basis kommen, die das Vertrauen der Theaterschaffenden haben, die wissen, wovon sie künstlerisch und arbeitsrechtlich sprechen, und die mit Herzblut bei der Sache sind.
BONUS-Challenge für Dich, Ludwig: Liste mir doch bitte die bisherigen GDBA-Präsidenten auf (all die Opernsänger, Schauspieler & Musical-Darsteller), die neben ihrer Karriere schnell noch ein kaufmännisches Studium absolviert und sich vor ihrer Präsidentschaft die nötige Experience in einem aufstrebenden Start Up erworben haben, bevor’s nach dem Exit dann als Controller in den Mittelstand ging! Was macht eigentlich Deine LinkedIn-Seite, Ludwig? Hallo, Ludwig? Die Liberalalas hat angerufen und wollen ihren Fußsoldaten zurück!
(BTW, how dare you using Ludwigs Namen für Deinen Schmarren?)
3. All dessen ungeachtet mach wenigstens Deine Hausaufgaben und bilde Dich dahingehend, dass Lisa Jopt de facto nicht alleine kandidiert. Neben, vor und hinter ihr steht u.a. der Vorstand des ensemble-netzwerks mit z.B. Ludwig von Otting & Prof. Dr. Thomas Schmidt. Zur Erinnerung: Ersterer war über Jahrzehnte Kaufmännischer Geschäftsführer des Thalia Theater, letzterer leitet den Masterstudiengang Theater- und Orchestermanagement in Frankfurt. Und diese Menschen verwalten seit 5 Jahren den Verein ensemble-netzwerk sowie mittlerweile diverse Tochter-Netzwerke. Dazu kommen Mitglieder:innen und Assoziierte aus allen möglichen Bereichen. Mehr geballte Kompetenz gibt es aktuell nirgends. Aber diese krampfige Fokussierung und das Abarbeiten an der Person Lisa Jopt ist selbstredend viel bequemer als sich mit dem gesamten Komplex differenziert auseinanderzusetzen.
Apropos Abarbeiten:
Der eklige Seitenhieb auf die Bingo-Bongo-Bude disqualifiziert im Prinzip ohnehin alles, was Du zuvor geschrieben hast. Ich mag nicht glauben, das Menschen wie Du tatsächlich in der GDBA sind. Oder Theater machen.
Ernsthaft? Dass Lisa an den Häusern, an denen sie gearbeitet hat, einen Ort ins Leben rief, wo nach der Premiere gemeinsam gefeiert werden konnte und der später zu einem erfolgreichen Talk-Format erweitert wurde – diese Tatsache versuchst Du herablassend gegen sie ins Feld zu führen? Das fände bei keinem männlichen Kandidaten statt. Never ever. Wenn das der gestrige Geist ist, der aktuell durch die GDBA weht, dann ist es mehr als allerhöchste Eisenbahn, dass das ensemble-netzwerk diesen Laden einer Frischekur unterzieht und zwar auf allen Ebenen.
Ich mache seit fast 10 Jahren durchgängig an verschiedenen Häusern in unterschiedlichen Sparten und verschiedensten Konstellationen Theater – hauptsächlich als Regisseur. Ich habe an jedem dieser Häuser immer wieder mit den Schauspieler:innen, Dramaturg:innen und anderen Mitarbeiter:innen über ihre Situation am jeweiligen Haus gesprochen und natürlich selbst zahlreiche Dinge erlebt.
Seit Jahren schreibe und spreche ich für ein Umdenken im Theaterbetrieb vor allem zum Wohle der Ensembles. Mit der Gründung des ensemble-netzwerks und seiner Schwester-Netzwerke ist eine spürbar andere Energie durch unsere Branche geweht, die sich (wie oben mehrfach beschrieben) auch bereits in handfesten Veränderungen manifestiert hat.
Warum es Institutionen wie der GDBA bisher nicht gelungen ist, diese Energie herzustellen, sei dahingestellt.
Jetzt gibt es die reelle Chance von einer ganz konkreten, politischen Warte aus Veränderungsprozesse sichtbar in Gang zu bringen und einen Großteil der Theaterschaffenden abzuholen und mitzunehmen.
Ich bin seit Anbeginn im ensemble-netzwerk sowie im regie-netzwerk und seit einer Woche nun GDBA-Mitglied. Ich werde Lisa und ihr Team unterstützen wie ich nur kann und wo es geht, denn ich bin davon überzeugt, dass das deutsche Theater dringend der Veränderung bedarf – und dass das ensemble-netzwerk diese Veränderung voranbringen kann.
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Und zum Thema 150 Jahre GDBA-Geschichte kann ich nur Jean Jaurès zitieren:
"C'est nous qui sommes les vrais héritiers du foyer des aïeux; nous en avons pris la flamme, vous n'en avez gardé que la cendre."
Ensemble Netzwerk ist Aktivismus. GdBA ist Gewerkschaft. Beides ist wichtig. Sind aber zwei verschiedene paar Schuhe. Aus der aktivistischen Position kann und muss alles gefordert werden und auf den Tisch kommen. Auf die Tarifparteien (repräsentiert durch DBV und GdBA) wird Druck ausgeübt.
Dass da ein anderer "Wind" weht ist klar.
Respekt für Lisa Jopt einen solchen Rollenwechsel anzustreben. Gut von Tim Tonndorf nun selbst in die GdBA einzutreten - die Gewerkschaften sind so stark wie ihre Mitglieder. Gewerkschaftsarbeit ist 99 % Graubrot. Welcome to Tarifkommission.
Grad mal auf Eurer Website bei den Mitgliedern geschaut: 1 Opernsängerin, keine Chorsänger*in und 4 Tänzer*innen, allerdings wohl (teilweise) nicht unbedingt als solche aktiv
Wie kommt man bloß drauf, dass es sich hier eher um ein Schauspieler*innen-Netzwerk handelt?
auf der letzten bundesweiten Ensembleversammlung 2019 in der Berliner Volksbühne wurde glücklicherweise deutlich, wie sehr das Ensemble Netzwerk an der Vernetzung aller künstlerischen Sparten interessiert ist und sich leidenschaftlich bemüht, Ansprechpartner und Sprachrohr gleichermaßen zu sein. So gab's zB auch eine Diskussionsrunde mit Dancersconnect, einem Partnerverein der Tänzer*innen, und dem Wunsch, sich gegenseitig zu unterstützen und zu fördern (das beinhaltet z.B.auch das ausdrückliche Ziel, den NV Solo und die GDBA in diversen Sprachen öffentlich zur Verfügung zu stellen, damit insbesondere internationale Künstler*innen flotten Zugang zu ihren Rechten haben)
Ebenfalls vielversprechen: die Jubiläumsversammlung der bundesweiten Ensembles soll sich anscheinend auch speziell den Sparten Oper und Tanz widmen.
Es dürfen sich also alle herzlich eingeladen fühlen. Tragt es in die Bühnenwelt!