Im Dienste des Dichters

15. Oktober 2020. Der Shakespeare-Übersetzer Frank Günther ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Das gibt sein Verlag Hartmann & Stauffacher bekannt.

Frank Günther, 1947 in Freiburg geboren, studierte Anglistik, Germanistik und Theatergeschichte. Er arbeitete zunächst als Theaterregisseur, um sich ab den Siebzigerjahren der Übertragung der Werke Shakespeares ins Deutsche zu widmen. Darüber hinaus übersetzte er auch Stücke anderer Klassiker, darunter Ibsen, Molière oder Goldoni. Als Herausgeber und Kommentator leistete er zudem Beiträge zur Shakespeare-Forschung. Zum 450. Geburtstag des Dramatikers legte er erstmals als Autor ein umfangreiches Werk unter dem Titel Unser Shakespeare (2014, dtv) vor.

Günther war Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Für seine Arbeit erhielt er den Christoph-Martin-Wieland-Preis und den Übersetzerpreis der Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Stiftung. 2007/08 hatte er die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der FU Berlin inne. Im Jahr 2011 verlieh ihm die deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung.

Zur Begründung hieß es: "Das über Jahrzehnte gehaltene Niveau seiner Übertragungen aus den unterschiedlichen Gattungen und Schaffensphasen des Dramatikers ist ebenso bewundernswert wie sein sprachlicher Einfallsreichtum. Günthers Übertragungen sind eine lustvolle Polyphonie der Stile, die sich immer als lebendige Neuentdeckung Shakespeares für unsere Zeit verstehen. Was Günther vor allem auszeichnet, ist die seltene Verbindung von philologischer, theaterpraktischer und kritischer Kompetenz." Frank Günther wurde zuletzt vom Hartmann & Stauffacher Theaterverlag vertreten, seine Shakespeare-Übersetzungen gab in den Siebzigerjahren der Theaterverlag Ute Nyssen & J. Bansemer in Auftrag.

Günther verstarb am 15. Oktober 2020 im Alter von 73 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Ulm.

(miwo)

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Kommentare  
Frank Günther: Sprachwitz und Genie
Eine sehr traurige Nachricht! Frank Günthers Kenntnisse und Fähigkeiten als Übersetzer waren phänomenal! Jede Gattung, jede Form, jede Nuance, jede feinste Regung, die Shakespeare vorgab, fand ihre Entsprechung in seinen Übertragungen. In einer Zeit des Theaters, in der schnell und unbedacht Pseudo-Modetöne allzu oft die Bühnen erobern, sollte die Lektüre seines Werks Pflicht für junge Dramaturg*innen und Regisseur*innen sein, denen die analytische Hingabe, die Günther mit kreativem Geist verband, seine ebenso kritische wie emotionale Sprachintelligenz und sein Humor und Witz gut zu Gesichte stehen würden!
Frank Günther: Ergänzung
#2 ähm - auch für Dramatik schreibende AutorInnen übrigens...
Frank Günther: der Unverwechselbare
Danke, Senior Dramaturg für die sehr guten Worte über Frank Günther.
Ich habe intensiv mit Frank Günther zu tun gehabt. Viele Inszenierungen gespielt---viele Übersetzungen uraufgeführt... nie aus den Augen verloren all die Jahre.
Für mich ist Frank Günther der Unverwechselbare!
Seniorschauspielerin im Unruhestand.
Frank Günther: Not for an age, ...
Im Duett mit Will pfiff Keiner schöner, als Frank, der wilde Wortverwöhner!
Frank Günther: Sprach-Firnis
Die Fremdheit der Sprache Shakespeares mit einem heutigen oder schon
gestrigen Firnis zu umgeben . . .
Der heutige zeitgemäße Sprach-Firnis bei Shakespeare in der Übersetzung
ist mir, obzwar schon lange an den Theatern im Gebrauch - doch
immer ziemlich zuwider und ärgerlich.
Shakespeare gilt als einer der bedeutendsten Dichter der Weltliteratur.
Dem entsprechend sollten seine Übersetzungen sein.
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