"Der Zauberberg" von Sebastian Hartmann

Berlin | Online, 20. November 2020."Der Zauberberg" nach Thomas Mann hat in der Regie von Sebastian Hartmann am Freitag, dem 20.11., um 19.30 Uhr Premiere. Die Aufführung wird einmalig in Echtzeit übertragen! Auf der Homepage des Deutschen Theaters Berlin und hier im nachtkritikstream. Sebastian Hartmann hat Thomas Manns Roman bereits während seiner Leipziger Intendanz für die Bühne adaptiert (hier die Nachtkritik).

20 NAC Stream Zauberberg Instagram

Auf der Website des Deutschen Theaters Berlin heißt es über die Produktion:

"Was ist die Zeit?", unter diese Leitfrage stellt Sebastian Hartmann seine Adaption des Zauberbergs von Thomas Mann. "Ein Geheimnis," schreibt dieser, "wesenlos und allmächtig. Eine Bedingung der Erscheinungswelt, eine Bewegung, verkoppelt und vermengt dem Dasein der Körper im Raum und ihrer Bewegung. Wäre aber keine Zeit, wenn keine Bewegung wäre? Keine Bewegung, wenn keine Zeit? Ist die Zeit eine Funktion des Raumes? Oder umgekehrt? Oder sind beide identisch? Die Zeit ist identisch, sie hat verbale Beschaffenheit, sie ‚zeitigt’. Was zeitigt sie denn? Veränderung! Jetzt ist nicht Damals, Hier nicht Dort, denn zwischen beiden liegt Bewegung. Da aber die Bewegung, an der man die Zeit misst, kreisläufig ist, in sich selber beschlossen, so ist das eine Bewegung und Veränderung, die man fast ebensogut als Ruhe und Stillstand bezeichnen könnte; denn das Damals wiederholt sich beständig im Jetzt, das Dort im Hier. Da ferner eine endliche Zeit und ein begrenzter Raum auch mit der verzweifeltsten Anstrengung nicht vorgestellt werden können, so hat man sich entschlossen, Zeit und Raum als ewig und unendlich zu 'denken', in der Meinung offenbar, dies gelinge, wenn nicht recht gut, so doch etwas besser. Bedeutet aber nicht die Statuierung des Ewigen und Unendlichen die logisch-rechnerische Vernichtung alles Begrenzten und Endlichen, seine verhältnismäßige Reduzierung auf Null? Ist im Ewigen ein Nacheinander möglich, im Unendlichen ein Nebeneinander?"

Regisseur Sebastian Hartmann spricht im Video des Deutschen Theaters Berlin über seine Produktion:

 

 

Der Zauberberg
nach dem Roman von Thomas Mann
Regie / Bühne: Sebastian Hartmann, Kostüme: Adriana Braga Peretzki, Musik: Samuel Wiese, Videoanimation: Tilo Baumgärtel, Licht: Lothar Baumgarte, Dramaturgie: Claus Caesar, Livestream: Bildregie Jan Speckenbach, Livestream Kamera: Marlene Blumert, Max Hohendahl, Dorian Sorg, Szenisches Video: Lennart Löttker, Head of Stream: Peter Stoltz, Sendeton: Marcel Braun, Björn Mauder, Ton: Marcel Braun, Eric Markert.
Mit: Elias Arens, Manuel Harder, Peter René Lüdicke, Markwart Müller-Elmau, Linda Pöppel, Birgit Unterweger, Cordelia Wege, Niklas Wetzel, Samuel Wiese (Live-Musik)
Premiere im Livestream am 20. November 2020

www.deutschestheater.de

 

 

Kommentare  
Zauberberg-Stream: weltweites Sanatorium
Was ist unsere Zeit? - kein Geheimnis und keinesfalls wesenlos und auch nicht allmächtig. Sie wird vorübergehen diese Corona-Zeit, oder nicht?
Es ist eine "Zauberberg-Zeit". Man könnte sagen, wir leben alle jetzt in einem weltweiten "Sanatorium", wie Hans Castorp (dieser sieben Jahre lang,
eine lange Zeit). Mit der Leben/Tod-Thematik ist der Begriff Zeit ver-
woben, ein zentrales Motiv im "Zauberberg"
Was und wie wird Sebastian Hartmann ihn bringen?
Zauberberg-Stream: me too
Thomas Mann könnte angesichts dieser „Adaption“ sagen: „Me too !“
Zauberberg-Stream: kein Livechat?
gibt es keinen livechat?

(Anm. Redaktion. Nein, heute kein Livechat auf Nachtkritik. Im YouTube-Kanal ist ein Chat offen. Mit freundlichen Grüßen, chr / Redaktion)
Zauberberg-Stream: berauschend
Magisch! Berauschend!
Zauberberg-Stream: besser
schöne Bilder - aber Thomas Mann bringt das besser rüber - was soll der Stress - Zuschauer haben mehr verdient als nur die simple Projektion auf heute (...)
Zauberberg-Stream: Ich vermisse
Wo bleibt denn Peter-Rene Lüdecke?
Zauberberg-Stream: hin und weg
Vielen Dank. Ich bin sehr berührt, bewegt, dankbar.
Was für ein großartiger Wurf!
Zauberberg-Stream: Applaus!
Sehr gut! Kluge Auseinandersetzung mit der Corona Pandemie. Toller Stream. Schade, dass kein modereierter Livechat auf Nachtkritik.de war. Danke für den tollen Abend!
Zauberberg-Stream: wo?
war der peter krank, oder wo war der denn?
davon abgesehen: einfach zu kurz. das muss man auf mindestens drei stunden ausschlachten, sonst hat man sich ja kaum hingesetzt.
Zauberberg-Stream: WAHNSINN!
Irre...Gänsehaut! So unfassbar viel mehr, als von einem Stream zu erwarten war. Ein riesiges Dankeschön an alle, die diesen einmaligen Abend auf die Bühne gebracht haben. Ich applaudiere und hoffe sehnlichst auf einen Live-Abend.
Zauberberg-Stream: großartig
ich bin bewegt, berauscht und voller emotion, die allein daheim kaum auszuhalten ist. ich bin sehr dankbar für dieses erlebnis. Danke
Stream, Zauberberg: Applaus
Lauter Applaus.
Zauberberg-Stream: genial
einfach genial! - alles
Zauberberg-Stream: kostenlos
Kann jetzt bitte endlich eine Diskussion losgehen, wieso das komplett kostenlos sein muss? Die freien Künstler verhungern uns da draußen und die großen staatlichen Theater kooperieren alle netzgeil mit Nachtkritik, weil sie sich davon ein bisschen mehr Reichweite für ihre Streams erhoffen. Nachtkritik ist sonst immer ganz laut, wenn es um faire Bezahlung und Anprangerung von Misständen geht. Aber wenn es der eigenen Erhaltung dient unterstützt man dieses Ausbeutungssystem natürlich gern und die ganzen Theater und Companys bekommen kein Cent. Sie bekommen ein paar Tweets, dürfen sich aber um Realisation, Technik usw. schön selbst kümmern und schicken einfach rechtzeitig nen Link in die Redaktion. Sagt bitte, dass es anders ist @Nachtkritik!
Dieses System wird ganz bald implodieren und wir dürfen da nicht zuschauen!

(Anm. Redaktion: Werter Ole, wir befinden uns mit dem Lockdown seit März in einer Ausnahmesituation, in der es um die grundsätzliche öffentliche Sichtbarkeit der Theaterkunst geht. Mit den Streamings versucht nachtkritik.de hier einen Beitrag zu leisten. Fragen nach Vergütung sind wichtig und das Gespräch darüber muss intensiviert werden. Im Moment klären die Produzent*innen die jeweiligen Produktionsbelange mit den beteiligten Künstler*innen und nachtkritik.de stellt als Plattform Arbeitskraft und Reichweite zur Verfügung, damit das Gespräch über Theater in diesen Zeiten weiter stattfindet. Die Erfahrungen, die alle hier gerade sammeln, werden auch helfen, die Fragen zu klären, die daran gebunden sind. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Zauberberg-Stream: Thomas Mann, Princeton 1939
"Gentlemen,

Es ist entschieden ein außerordentlicher Fall, daß bei Ihren literarischen Studien der Autor zugegen ist und mit Ihnen sein Werk betrachtet."...

Die "Einführung in den Zauberberg" von Thomas Mann vor Studenten der Universität Princeton 1939 gehalten, eröffnet seinen Roman. Nur zu:

https://www.academia.edu/7466090/Mann_Thomas_Der_Zauberberg
Zauberberg-Stream: Danke
starkes Stück - starkes Schauspiel, von allen. Bin sehr beeindruckt. Danke für das Theater-Erlebnis.
Zauberberg-Stream: begeistert
War auch total begeistert...
Zauberberg-Stream: plattgemacht
Hier werden Begriffe, Gedanken, Themen, Weltanschauungen eines Jahrhundertwerkes aus dem Zusammenhang gerissen. Effekthascherei versinkt in Kitsch und Geschmacklosigkeit. Die Chance verpaßt, großes Theater zu machen...
Zauberberg-Stream: wo?
Auf Facebook steht: "Der Stream ist kostenlos und im Anschluss an die Premiere bis Samstag, den 21. November 19.30 Uhr auf der DT-Webseite verfügbar." Weiß jemand, wo die Aufzeichnung jetzt zu finden ist?


(Liebe Ally, das ist offenbar ein Missverständis. Der Abend wurde nur live gestreamt. Es gibt keine abrufbare Aufzeichnung. Grüsse aus der Redaktion).
Zauberberg-Stream: die Seele rettend
Wie verstörend wahr und am Abgrund aufschreiend die Seele rettend
Zauberberg-Stream: neue Form
2000 Zuschauer bis zum Schluss. Theater hat gezeigt was es als Stream kann. Stream ist kein Ersatz, Stream ist eine neue Form des Theaters. Theater ist mehr als analog. Die digitale Zeit des Theaters hat begonnen. Hartmanns Zauberberg ist ein Super Stream.
Zauberberg-Stream: gründlich misslungen
Glauben Sie denn allen Ernstes, Herr Regisseur, Sie müßten dem grandiosen Schlußkapitel im Zauberberg, der Schilderung des Schlachtfeldes in Flandern, zu Ausdruck verhelfen, indem sie den Schauspielern hysterisches Gestammel befehlen? Glauben
Sie allen Ernstes, irgendjemand hätte Bedarf an der gröhlenden Ausbeutung der Traumgesichte des Hans Castorp, die ihn bei seinem allzu gewagten Gang in die eisigen Höhen erschienen? Seines Bekenntnisses zum Leben, der Abkehr von den belehrenden Manie-
rismen eines Settembrini, von den triebkranken Eingebungen, den terroristischen Predigten des Leo Naphta? Zum zappelig geheimnistuerischen Bühnenbild kommt eine Musik, in der sich New-Age-Kitsch und Kirmesgrusel verbinden.
Nein, wenn nur atemlos rezitiert wird, wenn es nur tüchtig keucht und stammelt, wenn spastisches Gekreisch durch den Saal gellt – dann MUSS es doch bedeutsam sein.
Zauberberg Stream: Krankheit übernatürlich-unnatürlich
. . . trifft der junge Hans Castorp auf weltentrückte Figuren, die ihn
mit Politik, Philosophie, aber auch Liebe, Krankheit und Tod kon- frontieren....
Beim Mittagessen trifft er auf vor Atemnot röchelnde oder Blut hustende
Patienten . . .
Sebastian Hartmann bringt in einem kurzen Stück fettleibige Figuren
(in grandioser Übergewichtigkeit) auf die Bühne, die, so könnte man sagen, in Krankheit übernatürlich-unnatürlich sind, die unglaublich-
traumhaft in langdauernder Agonie, also Qual, Kampf befindlich sind.
Spuk-Gestalten von weißer (gereinigter?) überspannter Adipositas-Fett-
Leiblichkeit von einer unvorstellbaren Bühnenwirklichkeit, wie sie vor-
her wohl nur selten geschaut worden ist auf den Schaubühnen dieser Welt..
War, ist diese Menschwelt (ein Ort der Verdammten?) nicht immer schon
eine gleichsam kranke, das Leben eine lange oder kurze Krankheit zum Tode? . . . .
Und nun, in Hinblick auf die Pandemie . . .
Zauberisch angekränkelt vom Tod sind diese Kranken am Zauberberg . . .
Thomas Mann: "Was Hans Castorp begreifen lernt, ist, dass alle höhere
Gesundheit durch die tiefen Erfahrungen von Krankheit und Tod hindurch-
gegangen sein muss . . ."
Ich verstehe zu wenig von "höherer Gesundheit", ich verstehe nur etwas
von Gesundheit schlechthin - meine Vorfahren waren Ärzte. Oder meint
Thomas Mann mit höherer Gesundheit, eine geistige Gesundheit, die über
den Tod hinausgeht?
Zauberberg-Stream: in Hartmannscher Weise
herr vorwerk, das ist es auch, bedeutsam in hartmannscher weise -
obwohl sie mit ihrer kritik nicht unrecht haben . . .
Zauberberg-Stream: Kosten
Wie teuer war das gestern Abend?
Kann sich jedes Theater das leisten?

Gibt es zum gestern vom Deutschen Theater Berlin kostenlos zu Verfügung gestellten Live-Stream des "Zauberberg" von Thomas Mann, verlegt beim S.Fischer Verlag Frankfurt, verlässliche Zahlen über die dadurch dem Theater entstandenen Kosten?
1. Aufführungsrechte/Tantiemen
2. Weiterleitung/ Nutzungsrechte
3. Technik für Live-Stream/ Herstellungskosten
4. Filmteam
Zauberberg-Stream: schwere Arbeit
Was für ein Ereignis: Fast ein realer Theaterabend. Count down bis zum Beginn. Eine großartige technisch brillante Vorführung. Ein Spiegel unserer Zeit. Der Regisseur mag den Roman „verstanden“ haben. Nun kam seine Erkenntnis auf die Bühne dieses traditionsreichen Theaters. Er nahm den Schauspielern ihre Mimik, die Stimme, ihre Körper und die Dialoge. Der Effekt bestimmt die Aufführung. Mit diesem wunderbaren Ensemble wäre eine wunderbare Theaterwelt möglich gewesen. Ich fand viel Akrobatik und schwere Arbeit von Menschen vor.
Zauberberg-Stream: stutzig
Soviel positive Kommentare unter einem Nachtkritik Artikel sollten immer stutzig machen
Zauberberg-Stream: komprimiert
Wahrscheinlich hätten (und würden im Dezember realiter haben) alle Zuschauer mehr vom Hartmann'schen Phantasmagorie-Spektakel, wenn er seine Leipziger 5-Std.-Inszenierung auf zwei Berliner Stunden komprimiert hätte... aber das wäre ja dann wohl kein 'zeitgemäßes Theater' mehr .. "Durch Heftigkeit (u.a. auch Lautstärke) ersetzt der Irrende, war ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt." ... steht bei Schiller, dem Theater ja nicht ganz gleichgültig war...
Ehrlich gesagt bedauere ich alle, die für diese 'Trampel-Show' ab Dezember (oder später) im Deutschen Theater Geld bezahlen sollen. Und das habe ich noch zurückhaltend formuliert ...
Zauberberg-Stream: Wo ist der Stream?
Warum wird seit Tagen und bis zur Stunde noch in der nachtkritik-Übersicht darauf hingewiesen, dass die "Zauberberg"-Inszenierung "24 Stunden online" zu sehen ist, und nun ist sie es doch nicht?? Oder liegt es an mir, dass ich sie nicht finde?

(Anm. Redaktion: Werter Mann-Fan, dieser Stream war ein Livestream, in Echtzeit von der Premiere ohne Publikum im DT Berlin abgefilmt und versendet und entsprechend nach dem Ende der Vorstellung nicht mehr abrufbar. Einen 24 Stunden-Hinweis gab es mithin für diesen "nachtkritikstream" nicht. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Zauberberg-Stream: Grandios
Grandioses Theater, gewachsen in Zeiten der Pandemie, gebracht in die Herzen der Leute. Hier wird die Strahlkraft des Theaters deutlich: Über physische Grenzen und Distanzen hinweg. Danke an das Team, danke an den Stream!

Kann jemand aufklären, ob Peter-René Lüdicke nun mitgespielt hat oder nicht?
Zauberberg-Stream: Theater im Flachland
Ich mag es nicht zurückhaltender ausdrücken: Herrn Hartmanns Geisterbahngedöns verdient keinen Beifall, aber einen anderen Titel: "Wie Klein-Fritzchen sich den Zauberberg vorstellt". Ja, ja, gewiß doch, in dem großen Roman ist öfters die Rede von einem großen,
großen Thema, von der Zeit, ein ganzes Kapitel, der "Strandspaziergang", ist eine essayistische wie tiefgründige Meditation über sie.
Und gewiß erfuhr Hans Castorp eine extreme Verlangsamung der Zeit kraft der Entfernung vom Flachland und dessen Prosaica, kraft Liegekur und gutem Russentisch.
Und in der Tat wurde er von Traumgesichten heimgesucht, als er im Schneesturm vor Erschöpfung ohnmächtig wurde. Es waren das eine hellenisierende Idylle, Weltmorgen, wohlgestaltete junge Menschen am Strand, und es waren da grausige Arrangements, böse alte Weiber mit faltigen Brüsten und fingerlangen Zitzen, Hexen, die ein Knäblein schächten und seine Knöchlein knuspern. Dolle Sache das, gewaltige
Szenerien, keine Frage.

(...)

Übrigens: Fettleibigkeit als Bühnenkostüm hatte die bedeutende Choreographin Maguy Marin schon vor gut dreißig Jahren hinbekommen, und das unvergleichlich besser. Als sie nämlich per Kostüm stark verfettete Mitwirkende zu zierlichem Tanz, Trippelschritt, zu Zehen-
spitzen und höfischer Feinstmotorik anhielt, was sehr gekonnt und obendrein auch puppenlustig aussah.

Nix von alledem in Berlin. Geschrei, Gestöhn, Gestammel, käsebleiche Gesichter, entsetzensstarr oder auch ekstatisch verzerrt, dazu gibts agitierte Logorrhoe. Schon recht: Wie Klein-Fritzchen sich den Zauberberg halt so vorstellt.

(...)

Ergebnis ist so eine Art Herrenreiterhusten, wie er den eben auf dem Berghof eingetroffenen Hans Castorp zu erschrecktem wie prononciertem Kommentar veranlaßte. Wörtlich entfuhr es dem einfachen, dabei ansprechenden jungen Menschen: Alles ein Matsch und Schlamm.
Zauberberg-Stream: tragische Lächerlichkeit
ihr kommentar 31 herr vorwerk ist schon sehr lustig-beflügelt und ich muss lachen dabei.
also hart-mann und klein-fritzchen, eine überdimensionale teil-zauberberg-vorstellung. vielleicht auch eine verstellung.
da ich solch perfektes geschrei, gestöhn, gestammel usw. in dieser art
noch nie gesehen habe, muss ich sagen - es hat mir gefallen, ich war merkwürdig beeindruckt und ich wurde
krankhaft berauscht dabei und war fasziniert von der perfektion dieser hart-mannschen schau und der bühnen-arbeit aller.
jaja geisterbahngedöns vielleicht wahrscheinlich auch g e g e n die bildungsbürgerschreibkunst von Th.M.s roman.
es war eine dolle sache diese kurze hartmannsche sache und gewaltig-
gewaltsamen szenerien! wie verschieden das aufgefasst und geschaut wurde, kann mann an den kommentaren erkennen. - das ganze
sanatorium-specktakel ist
durchaus grauenhaft passend in diese zeit.
sterben kann verschieden dargestellt und erlebt werden - grotesk-unheimlich-komisch
bis zur tragischen lächerlichkeit . . .
Zauberberg-Stream: Widerspruch
#32 Das is das Problem: Sterben kann vielleicht grotesk-lächerlich dargestellt werden - aber es IST für Sterbende garantiert nicht lächerlich. Fettleibigkeit oder auch Magerkeit mögen tragisch dargestellt werden, doch Adipöse und Magersüchtige sind und empfinden sich meistens auch nicht tragisch. Wirklich tragisch ist, wie die Umwelt auf sie reagiert: Durch Reduktion auf ihre äußere Erscheinung bei gleichzeitiger Ausblendung oder Überblendung der konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie leben.

Thomas Mann durfte einer bildungsbürgerlichen Sicht bis in sein Schreiben hinein huldigen, denn er gehörte dem Bürgertum an und war gebildet. Das ist ja nicht immer zwangsläufig zusammentreffend. Weder beim Bürgertum noch bei den überdurchschnittlich gebildeten Menschen einer Generation. Wenn man etwas dagegen hat und sich deutlichst dagegen positionieren will, solltem man HEUTE entweder einer anderen Schicht als Thomas Mann damals angehören oder zumindest gebildeter sein als weiland Thomas Mann und sich zumindest auf dessen Feld - also dem Roman - mit ihm messen.
Eine der interessantesten Metaphern die Mann hergestellt hat in diesem Roman - die seine metaphysischen literarischen Ausflüge auch legitimiert hat - war die Tatsache, dass ernstlich Lungeenkranke in der Tat häufiger in immer länger andauernde Phasen des Diliriums kommen, in denen Phantasmen und "Traumgesichte" sich häufen. Das geht den TbK-Patienten aus dem proletarischen und bäuerlichen Milieu ebenso wie denen aus dem Klein- und Großbürgertum so. Zu Manns Zeiten, als die TbK durch die zunehmende Verstädterung und Industrialisierung wirklich eine Geißel geworden war, konnten auch sehr fantasiebegabte Menschen, die gern ausschweifend von ihren Gesichten sprachen oder mit ihnen beschäftigt waren, mit TbK-Patienten verwechselt werden. Manche Bürgerliche ließen sich gern verwechseln, weil es ihrem Leben eine Bedeutung durch Tragik gab. Proletarier ließen sich überhaupt nicht gern verwechseln, eher vertuschten sie ihre reale Erkrankung, sobald sie erste Anzeichen bemerkten. Weil das ihre Erwerbschancen, um die sich die Bürgerlichen sehr oft nicht einmal kümmern brauchten, gegen Null bringen konnte. -
Thomas Mann hat gemacht mit seinem Roman, dass man das erkennen und denken konnte. Wenn man HEUTE was dagegen hat, muss man ihn nicht zur Inszenierungsgrundlage machen.
Zauberberg-Stream: tragische Lächerlichkeit II
Ich habe mich nicht ganz klar ausgedrückt: Auf der Bühne, im Film sieht
man das Sterben oft in Lächerlichkeit. In der Wirklichkeit sieht es vielleicht nie so aus, ich kann es nicht sagen, denn ich habe noch nie
einen Menschen sterben gesehen.
Zauberberg-Stream: zwei Wege
Zum Leben, sagt einmal Hans Castorp zu Madame Chauchat, zum Leben gibt es zwei Wege: der eine ist der gewöhnliche, direkte und brave. Der andere ist schlimm, er führt über den Tod, und das ist der geniale Weg. Diese Auffassung von Krankheit und Tod, als eines notwendigen Durchganges zum Wissen, zur Gesundheit und zum Leben, macht den Zauberberg zu einem Initiationsroman.

Führt über den Tod, und das ist der geniale Weg. . . das wäre jetzt der
Corona-Weg, der Weg des Todes, und der wäre dann der geniale Weg, als ein notwendiger Durchgang zum Wissen, zur Gesundheit und zum (neuen) Leben, und wir wären somit in einer großen Initiation.
Zauberberg-Stream: Antworten des DT Berlin
Im Zuge des Zauberberg-Streams erreichten uns einige Fragen. Wir haben sie an das Deutsche Theater weitergegeben. Hier sind die Fragen + die Antworten des Deutschen Theaters:


1. Der Stream wurde plötzlich mit einer Altersbeschränkung belegt. Wie kam es dazu?

> Die Altersbeschränkung wurde nach ca. 15 Minuten nach Beginn des Streams von YouTube auferlegt. Das hat sich leider völlig unserem Einfluss entzogen. Wir können nur mutmaßen, woran es gelegen haben könnte und vermuten, dass die Algorithmen von YouTube die im Stück verwendeten Bodysuits nicht als Kostüme erkannt, sondern als "echte" Nacktheit deklariert hat. YouTube schreibt dazu: "Unser Team hat deine Inhalte überprüft und festgestellt, dass sie nicht unseren Richtlinien entsprechen. Wenn wir der Meinung sind, dass etwas nicht für jüngere Zuschauer geeignet ist, legen wir eine Altersbeschränkung für diese Inhalte fest. Nutzer, die unter 18 Jahre alt oder nicht angemeldet sind, können diese Inhalte dann nicht sehen. Außerdem sind die Inhalte im eingeschränkten Modus nicht verfügbar."

1: In den Kommentaren wurde nachtkritik.de gefragt:
Gibt es zum vom Deutschen Theater Berlin kostenlos zu Verfügung gestellten Live-Stream des "Zauberberg" von Thomas Mann, verlegt beim S.Fischer Verlag Frankfurt, verlässliche Zahlen über die dadurch dem Theater entstandenen Kosten?

a. Aufführungsrechte/Tantiemen

> Die Tantiemen an den Verlag wurden gemäß der zwischen den Verlagen und dem Bühnenverein vereinbarten Regelsammlung gezahlt.

b. Weiterleitung/ Nutzungsrechte

> Um den Stream auch auf nachtkritik.de zur Verfügung stellen zu können, wurden theaterübliche und angemessene Gebühren vereinbart.

c. Technik für Live-Stream/ Herstellungskosten d. Filmteam

> Bis auf den Bildregisseur waren ausschließlich Mitarbeiter _innen des Hauses mitsamt ihres Know-Hows an der Umsetzung der Livestream-Premiere beteiligt. Ebenso war auch die eingesetzte Technik die des Deutschen Theaters. Es handelt sich um eine "in-house Produktion".

Der Stream hatte etwa 10.000 Zuschauer*innen.

Herzliche Grüsse aus der Redaktion, sle
Zauberberg-Stream: Kein Anschluss...
... unter dieser Nummer

Verehrte Redaktion von nachtkritik.de:
Vielen Dank für Ihre Recherche.

Die einzige Zahl bezüglich der Kosten ist die Zuschauerzahl???
Etwa 10.000 ist enorm. Glückwunsch.

Weshalb aber gibt das DT Berlin nicht die tatsächlichen Zahlen der Produktionskosten in € preis?
Es handelt sich hier doch um sogenanntes "geschenktes Geld", also unser aller Steuergeld ...
Zauberberg-Stream: was sagt eine Zahl?
Lieber Stephan Ullrich,

ohne für das DT sprechen zu könnnen, kann man doch allgemein sagen, dass es in der Regel nicht sinnvoll ist, nach den Kosten einer einzelnen Produktion zu frgaen. Der Löwenanteil der Kosten wird ja dadurch aufgefangen, dass die festen Kräfte des Hauses am Werk sind. Diese sind bezahlt, und es wäre wiederum zu fragen, wie teuer es eigentlich wäre, sie NICHT arbeiten zu lassen. Auch die Bühne ist natürlich etatmäßig schon abgedeckt. Im Zweifelsfall ist nur der Mehraufwand zu beziffern, den z.B. der Bildregisseur gekostet hat. Andere Kosten sind aber sicherlich weggefallen, wenn kein Publikumsverkehr im Haus war. Was also genau würde eine Zahl hier wirklich aussagen? Im Grunde nichts!
Zauberber-Stream: wirkliche Kosten
Lieber Kein DTler,

1.Wieso nicht sinnvoll?
Fragen nach den wirklichen Kosten dienen der Orientierung.
Theater, mit weitaus kleinerem Budget, fragen sich gerade, ob ein solches Format des Live-Streamings einer Premiere, finanziell/personell zu stemmen wäre.

2.Der Mehraufwand: Da steht zu Buche nicht nur der Bildregisseur, sondern auch sogenannte Weiterleitungs-und Nutzungsrechte der Streamingdienste, sowie die Tantiemen und Urheberrechte, die beim Fischer Verlag Frankfurt liegen.
Und, pardon, bei 10.000 Zuschauern kommt schon ein nettes steuerfreies Sümmchen zusammen, für Thomas Manns' Erben.

3. Hat man denn beim DT Berlin mit allen beteiligten Künstlern auch entsprechende Mitwirkungsverträge für dieses neue Format ausgehandelt?

Rolf Bolwin hat zur juristischen Grauzone des Streamings der Theater Aufschlussreiches erörtert:

https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=18025:streaming-und-video-on-demand-im-internet-und-das-urheberrecht&catid=101&Itemid=84
Zauberberg-Stream: Trotzdem
Mein Punkt, lieber Stephan Ullrich, war ja, dass man die wirklichen Kosten nicht so ohne weiteres beziffern kann. ABER: Die Frage nach den konkreten Kosten, die die Nutzungsrechte betreffen, ist tatsächlich interessant, weil die Sachen daran durchaus scheitern können - da haben Sie Recht. Trotzdem bleibt die Frage, was passiert, wenn man nicht streamt. Dann sitzen da einfach hunderte von Arbeitnehmern in jedem Theater, die Geld kosten, ohne dass irgendetwas passiert. Das erscheint mir einfach auch sehr teuer …
Zauberberg-Stream: Steuergelder
Ich finde, Werke, die mit Steuergeldern produziert werden, gehören der Allgemeinheit und können nicht als Privatbesitz irgendwo vermodern!
Zauberberg-Stream: Evaluation
Wir eröffnen Ihnen, als Idee, Luise:

Ein Zentrales Theaterarchiv:"TheaterstückeOnline/ KulturGedächtnis."

Voilà.
Zauberberg-Stream: Streamarchiv Russland
@42 Im Theaterbrief aus Russland kann man heute lesen, daß besonders die Streams der Schaubühne der Frühzeit (Peter Stein, Klaus-Michael Grüber) für Furore in Russland gesorgt haben. Grüber wurde sogar dort jetzt erst wirklich entdeckt. Wie kurzsichtig also, sich aufzuregen! Was Sie da so ironisch vorschlagen, ein zentrales Theaterarchiv, das gibt es in Russland und Polen schon (siehe Theaterbrief Russland) und wäre eine Utopie auch hierzulande, die bisher u.a. am Kleingeist der Rechteinhaber scheitert.
Zauberberg-Stream: Castorf-Dostojewski
@43
Für Furore welcher Größe würden da erst die Streams der sechsstündigen Castorf-Dostojewski-Auseinandersetungen sorgen?! Aber ich höre auf zu träumen
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