Grenzüberschreitungen

13. März 2021. Eine Gruppe von Frauen wirft dem Intendanten der Berliner Volksbühne Klaus Dörr vor, gegenüber Frauen übergriffig gewesen zu sein. Das berichtet heute die Berliner Tageszeitung "taz", für die die Redakteurin Viktoria Morasch umfangreich recherchiert und mit einem Teil der zehn Frauen gesprochen hat, die diese Vorwürfe erheben. Im vergangenen November hätten die zehn Mitarbeiterinnen des Theaters bei Themis, der Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt im Kulturbereich, eine Beschwerde eingereicht.

Die Vorwürfe

Die Vorwürfe lauten auf intime, körperliche Nähe und Berührungen, anzügliche Witze, sexistische Sprüche, unverhohlenes Anstarren der Brust, unangemessene SMS. Gesprochen hat die Reporterin auch mit Frauen, die mit Klaus Dörr an anderen Theatern zusammengearbeitet haben und von ähnlichen Übergriffen berichten.

Themis hat dem Bericht zufolge die Beschwerde der Frauen am 18. Januar 2021 an die Berliner Senatsverwaltung für Kultur weitergeleitet, den Arbeitgeber von Klaus Dörr. Drei Tage später habe ein vertrauliches Gespräch mit Ver­tre­te­r*in­nen der Senatsverwaltung sowie dem Kultursenator Klaus Lederer stattgefunden.

Womöglich sei Klaus Lederer bereits vorgewarnt gewesen, als er 2018 Klaus Dörr zum Intendanten ernannte. Das legt in der taz Andrea Koschwitz nahe, die bis 2010 Chefdramaturgin am Berliner Maxim-Gorki-Theater war, als Dörr dort Stellvertreter von Intendant Armin Petras war. Sie habe damals in Kontakt mit der Senatsverwaltung gestanden. Zwei Frauen, die bereit waren, von Übergriffen zu berichten und diese zu belegen, habe dann aber der Mut verlassen.

Wegen der Beschwerde soll es am 2. März eine Anhörung bei der Senatsverwaltung für Kultur gegeben haben. Eine Mail von Themis, die das bestätigt, liegt der taz eigenem Bekunden zufolge vor. "Was bei der Anhörung herausgekommen ist, wissen die Frauen nicht", heißt es im Text. Auf die Nachfrage der taz, auf die Vorwürfe zu reagieren, habe Dörr geantwortet, er werde "in keiner Weise auf die halt- und substanzlosen Anschuldigungen eingehen" und seinen Anwalt eingeschaltet.

(TAZ / sik)

* In einer ersten Fassung dieses Beitrags gab es Formulierungen eines Sachverhalts, die der gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Die Passage wurde entsprechend korrigiert.

 

Mehr:

Eine Bühne für Sexisten - Reportage von Viktoria Morasch Bühne über die Vorwürfe gegen Klaus Dörr, taz vom 13. März 2021

Die taz veröffentlicht parallel zu ihrer Reportage ein Interview mit Eva Hubert von der Beratungsstelle Themis, taz vom 13. März 2021 

 

 

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Kommentare  
#MeToo-Volksbühne: Offenheit
Sicherlich wird die Öffentlichkeit der Causa Dörr dafür sorgen, dass nun auch andere Kolleg*innen, die sich noch scheuen, von Gewalt und Missbraucht, von Vorwürfen und Beschimpfungen offen gegenüber Medien zu sprechen.
Es ist jetzt besonders wichtig, dass sich alle Kolleg*innen anderer Theater, die davon betroffen sind oder davon wissen, auch gegenüber den Medien dazu äußern, wenn sie von der Politik nicht gehört, nur vertröstet oder abgebürstet worden sind.

Zudem zeigt sich, dass Themis in einer Zwickmühle steckt, einerseits für die Menschen zu handeln, die Betroffen sind und von jenen finanziert zu werden, die mglw. missbrauchen. Umso wichtiger wäre es, wenn Themis nur aus Bundes- und Ländermitteln finanziert und völlig unabhängig verwaltet wird, mit einem Board, der zur Hälfte aus Politik und zur anderen Hälfte aus unabhängigen Expert*innen besteht.
#MeToo Volksbühne: Großer Mut
Für Theater-Insider dürfte es wenig überraschend sein, dass an dieser und an vielen anderen Stellen solche Vorfälle stattfinden. Aber dass sie endlich öffentlich werden, bedarf großen Muts. Respekt für alle, die sich über die herrschenden Machtstrukturen hinwegsetzen und für Veränderungen kämpfen!
#MeToo Volksbühne: unvorstellbar
Wohlfeil klingt das alles. Ich kann mir das nicht vorstellen. Das ist doch die leichteste Art heute jemanden abzuschießen. Um welche Interessen geht es hier wirklich? Findet in der Volksbühne im Moment überhaupt Betrieb statt, wo sich solche Vorfälle überhaupt ereignen können? Is doch Corona.
#MeToo Volksbühne: Kunst als permanente Grenzüberschreitung
Zum einen geht es um den beruflichen Alltag. Da ist schnell eine Drehbuchbesprechung zwischen Regisseur und Schauspielerin abends im privaten Umfeld angesetzt, eine in anderen Arbeitsumgebungen eher irritierende Situation. Auch an Schauspielschulen herrschen oft noch genau diese alten Strukturen, die Hierarchien und missbräuchliche Relationen zwischen älteren Männern auf der Dozentenseite und jungen, unsicheren Frauen auf der Bewerber*innenseite stärken. Das Argument, dass die Kunst des Theaters eine Kunst der Intimität, der Preisgabe und Öffnung ist, die Verführungen und Gefährdungen quasi branchenbedingt seien, lässt sich kaum entkräften. Ja, Kunst muss riskanter sein dürfen als Betriebswirtschaft. Das Risiko allerdings nimmt zu in Betrieben, die so feudal hierarchisch ausgerichtet sind wie deutsche Stadt- und Staatstheater, die zu 78 Prozent von Männern geführt werden und deren Inszenierungen zu 70 Prozent von Männern stammen (aus der von Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Auftrag gegebenen Studie «Frauen in Kultur und Medien»). Es sind vor allem Männer, die entscheiden, welche der im Schnitt um 30 Prozent schlechter als ihre Kollegen bezahlten Frauen eine Chance bekommen, an ihren Häusern sichtbar zu werden. Und wer es einmal in die Komfortzone des Ensembles geschafft hat, wird sich sehr gründlich überlegen, was klaglos hingenommen werden muss, um gut besetzt zu werden und vielleicht irgendwann ans nächste, größere und wahrscheinlich wieder von einem Mann geleitete Haus zu kommen. Abhängigkeit und Anpassung sind die Kehrseiten des vielbeschworenen Ensembles.
#MeToo Volksbühne: positionieren
Wo sind die KünstlerInnen die an der Volksbühne arbeiten? Sie sollten sich nun klar positionieren!
#MeToo Volksbühne: Pseudonym
Es ist nicht ironiefrei, wenn jemand, der Respekt ausspricht für den Mut, an die Öffentlichkeit zu gehen, das unter Pseudonym tut.
#MeToo Volksbühne: Zwittersituation
hallo a.cotard: ein intendant, eine intendantin eines staatstheater (die volksbühne ist eines) werden vom bundesland eingestellt. sie befinden sich in einer ZWITTERSITUATION und sind zugleich arbeitgeber*in UND arbeitnehmer*in. hinzu kommt eine wirkliche befristung der verträge und nicht wie bei einer vielzahl der dort beschäftigten keine befristung. das land, also der arbeitgeber legt natürlich nicht alles offen worum er den/die intendant*in bittet. (Personalabbau, Entschuldung, Sanierung und vieles mehr). Von daher ist wenn z.b. Themis gleichermaßen vom Land finanziert bzw. cofinanziert ein seltsames Abhängigkeitsverhältnis gegeben, welches Auswirkungen auf die Kommunikation, die Entscheidungsfreiheit, Bewertungsmöglichkeiten und Dialogräume haben kann... wie finden denn Dialoge mit Geldgebern statt?... interessant im Artikel der taz ist schon die fahrige Praxis bis hin zur sich selbst schützenden Leugnung von Informationsabläufen um als Politiker*in oder Beamte(r) des Berliner Senats unschuldig zu erscheinen....
#MeToo Volksbühne: Interessen
Wohlfeil klingt das alles. Ich kann mir das nicht vorstellen, dass leute als argument einbringen, dass sie sich etwas nicht vorstellen können. Um welche Interessen geht es hier wirklich?
#MeToo Volksbühne: Moloch
Lieber "Theatermensch", so sehr im Theaterbetrieb scheinen Sie eher nicht verwurzelt zu sein, denn an den Theatern wird gearbeitet / geprobt als gäb's kein Morgen mehr. Trotz Corona. Und Ihre Unterstellung, irgendwer hätte an so einem Vorgang anderweitige (karrieristische) Interessen, ist doch einfach nur Verschwörungstheorie. Davon abgesehen: Bestürzend, was da wieder zutage gefördert wird und noch bestürzender, dass mir aus dem Stegreif zig männliche Kollegen einfallen würden, über die man genau das Gleiche berichten könnte und müsste und die alle noch für ihr angebliches Genie hofiert werden. Sowohl von der Presse als auch von den Theatern selbst. Man kann es nicht anders sagen, es ist vielerorts einfach ein Moloch, dieses Stadttheater.
#MeToo Volksbühne: BILD-Niveau
Warum hat die taz Einsicht in Briefe die Themis an die Senatverwaltung schreibt. Ich dachte Themis wäre eine Vertrauensstelle?

Bei Themis liegt angeblich ein Protokoll vor, in dem angeblich eine Person bezeugt, es gäbe eine Foto auf den...
Wie kommt diese Information zur TAZ? Wenn die taz noch nicht einmal mit der Quelle gesprochen hat, die das Foto vorlegte, ist das schlichtweg Hörensagen. Gleichwohl ist der Autorin bewusst, daß es sich bei dieser Hörensagen - Behauptung um den einzigen justitiablen Vorgang handelt- und wie sie einschränkt: justitiabel seit 2020.

Sorry taz. Euren Artikel, an dem sicher etwas dran sein kann, mit einer konstruierten Behauptung zu garnieren, die den gesamten Vorgang überhaupt ex post justitiabel machen soll, ist Bild Niveau.

Nur von der anderen Seite. Die unterschiedlichen Frauen haben Rechte. Aber Klaus Dörr hat auch Rechte. Wenn es der Wahrheitsfindung dient gibt es Gerichte.

Ganz schwierig finde ich, daß Themis der Taz den Schriftverkehr zur Verfügung stellt.Bzw. von Protokollen raunt. Vertrauenstelle ist Vertrauensstelle - und nicht Ausquatschstelle noch unbewiesener Behauptungen.

Leider wird in den kommenden Tagen die Zeule #metoo/ VB" die Überschriften darstellen - bewiesen ist aber nichts.
"Es gilt die Unschuldsvermutung ist kein joke, taz!"

(Anm. Redaktion: Zu der eingangs aufgeworfenen Frage gibt es eine Klarstellung von Themis in Kommentar #27)
#MeToo Volksbühne: Inquisitionstribunal
Niemand, der keinen Personalwechsel wünscht, um sich in das widerständigste Berliner Theater hineinzuempo(e)ren, würde im volksentseuchten Glashaus beginnen, herumzuschreien, der Chef habe sich im Blick vergriffen, die Geste sei ihm ausgerutscht, das Wort von der korrekten Sprachleiter gestürzt. Wer nichts zu bieten hat außer genderverirrten Anstandsgebell, sollte sich von den Brettern trollen. Auch Larmoyanz wird heutzutage durch mangelnde Bildung und Ausbildung, sowie den permanenten Zuschiß mit analogen und digitalen Massenmedien ergängelt, hierfür sind pseudolinke Multiplikationsorgane wichtige Informanten, meist sprechen sie für sich, manchmal auch Bände; in diesem Fall #metoo, das politisch korrekte Inquisitionstribunal.
#MeToo Volksbühne: anonym denunzieren
Ich kann es nicht mehr lesen oder hören! Ständig werden Frauen zu Opfern gemacht, die zu schwach und zu unterdrückt sind, um für sich selbst zu sprechen und für sich selbst zu handeln. Im taz-Artikel steht doch eindeutig: „Eine andere Frau schrieb Dörr in einer Mail, dass sie solche SMS unangebracht findet, dass sie ihre Grenzen überschreiten. Dörr hat sich daraufhin entschuldigt und keine weiteren Nachrichten geschrieben“.
Warum sagen die Frauen nicht, was sie stört? „Glotz mir nicht auf die Titten!“, wäre doch ein schöner Anfang. DAS wäre mutig. Es zeugt doch nicht von Mut, anonym zu einer Beschwerdestelle zu gehen, jemanden bei der Presse anzuschwärzen und beim Senat zu denunzieren. Und bitte kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass die Frauen so schwache, unterdrückte Opfer seien, die gezwungen sind, in solchen männlichen Strukturen auszuharren. Niemand wird gezwungen, im Theater zu arbeiten: nicht in der Volksbühne, nicht in Karlsruhe, nirgendwo.
Gibt es denn gar keine Frauen mehr, die für sich selbst einstehen können und wollen?
Gibt es denn gar keine Frauen mehr, denen es vor allem um die Kunst am Theater geht und nicht um Identitäten und Opferfestivals?
#MeToo Volksbühne: überfällig
Solidarität mit den Frauen der Volksbühne! Wieviel Mut es benötigt, sich offen zu äußern, zeigt sich eben daran, dass wir uns (bisher) nicht getraut haben, zu sprechen. Weil das System auf Angst gebaut ist.
Und an alle, die im Duden mal wieder ein geiles Wort gefunden haben: Es ist nicht unüblich, dass Frauen*, die ihre Missbrauchserfahrungen zur Anzeige bringen, vorgeworfen wird, den Täter schädigen zu wollen. Die Häufigkeit solcher Fälle ist jedoch verschwindend gering im Vergleich zu den tatsächlichen Missbrauchsfällen (und deren Dunkelziffer). Bei einer Vielzahl von Frauen, die offensichtlich keiner homogenen Gruppe angehören und von Übergriffen berichten, die über Jahre hinweg (!) stattgefunden haben, sofort eine boshafte Absicht zu unterstellen ist nur eins: Sexistisch.
Denn, wenn es die "leichteste Art" sei, jemanden "abzuschießen", dann frage ich einfach nur mal: Wohin sollte man jemanden denn schießen wollen, dessen Interimsintendanz gerade sowieso endet? Der ist doch weg, wenn Pollesch kommt! Es spricht ja eher dafür, dass sich die Frauen in dem Moment, in dem sie nichts mehr zu befürchten haben, endlich trauen, zu sprechen. Also, lieber mal die Wohlpfeile im Köcher lassen und zuhören. Liebe Berliner Frauen, ihr seid stark und mutig. Ich weiß aus Erfahrung, dass Missbrauch im Theaterbetrieb (gegen Frauen UND Männer) keine Ausnahme ist. Es ist längst überfällig, dass wir darüber sprechen.
#MeToo Volksbühne: Unschuldsvermutung
Die Anschuldigungen sind schlimm. Und wenn sich die Dinge so zugetragen haben, ganz klar unentschuldbar. KEINE Frage!

Aber: haben wir in D. nicht eine ordentliche Gerichtsbarkeit, vor die solche Themen gebracht werden sollten? In jedem Gerichtsprozess gilt die Unschuldsvermutung. Opfer und Täter werden üblicherweise nicht mit Klarnamen genannt. In der Beweisaufnahme werden beide Seiten gehört. Das Gericht fällt ein Urteil.

Hier ist das aber Urteil schon vorab gefallen.
#MeToo Volksbühne: vorstellen
Theatermensch! Bist du ein interner Theatermensch? Ich kann es mir kaum vorstellen. Falls doch, würde ich sehr gerne jemanden kennenlernen, der IN einem Theater DRIN arbeitet, und es sich "nicht vorstellen kann". Vielleicht schafft nachtkritik.de es ja, uns zusammen zu bringen.
Und falls du Theatermensch im Sinne von Theatergänger*in bist: du hast keine Ahnung, Theatermensch. Und nebst, daß du keine Ahnung hast und deswegen ein Äußern deinerseits schlicht überflüssig ist (aber mach ruhig..), glaubst du wirklich, daß so viele Frauen, die offensichtlich an den größten Theatern Deutschlands arbeiten, es nötig hätten?
(Ich finde Kommentare fruchtbar und dies ist der erste meines Lebens, also, wenn du das Gespräch privat fortsetzen möchtest, nachtkritik.de wird sicher eine Möglichkeit finden, uns zusammenzubringen. Mir wäre daran gelegen.)
#MeToo Volksbühne: Nicht nur Männer
Es sind nicht nur Männer in gehobenen Anstellungen, die zu sexuellen Übergriffen, Machtausübungen und sogar Drogenmissbrauch übergehen! Das darf man nicht vergessen! Es gibt auch Frauen, die sich Rechte rausnehmen, die ihnen gar nicht zustehen. Man muss in Berlin nicht lange danach suchen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles und vorallem alle entlarvt werden. Hut ab, vor den Betroffenen, die sich trauen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Danke für soviel Mut! Die Wahrheit wird siegen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Das hier wird nicht die einzige Enthüllung sein!
#MeToo Volksbühne: Fluch
Ich halte mir die Ohren und die Augen zu. Der nächste Volksbühnenskandal. Seit Castorfs großem Abgang scheint ein Fluch über dem Luxemburgplatz zu liegen...
#MeToo Volksbühne: Rosa
hey monet! es heisst ROSA-Luxemburg-Platz ! ROSA!
#MeToo Volksbühne: aus dem Herzen gesprochen
Auch ich bin eine Frau und kann #12 nur aus ganzem Herzen zustimmen.
Selbstbewußte Frauen machen den Mund auf und sprechen mit den Männern auf Augenhöhe. Und zwar genau dann, wenn ein vermeintlicher Übergriff erfolgt.
Außerdem: Was soll diese Kampagne - was ist das für eine Journalistin, die sich in Andeutungen ergeht und zu einem Tribunal bläst, das keinerlei Objektivität zulässt? Nichts als Behauptungen, fast nur anonyme Quellen und einseitige Parteinahme. Wohin soll all das führen? Im Jounrnalismus, in der Kunst, der Emanzipation?
#MeToo Volksbühne: kein belastbarer Fakt
@15 Seltsame Einlassung, lieber Franz. Sie mutmaßen und raunen unterschwellig, ihr Post strotzt vor Unterstellungen. Genau die Logik des Taz-Artikels, der nach dem Motto operiert: irgendetwas wird schon hängenbleiben, aber keinen einzigen belastbaren Fakt präsentiert. Ist außerdem Frau Koschwitz wirklich eine belastbare "Zeugin". Sie gehörte als Chefdramaturgin zur Urmannschaft von Petras/Dörr und ging 2010 nicht im Frieden, wie man weiß. Das meinte ich, als ich nach den wirklichen Interessen hinter diesem "Skandal" fragte.
#MeToo Volksbühne: Konjunktiv
Diese sogenannte Recherche der taz ist voller Konjunktive, nichts belegt, alles Hörensagen. Das hat mit seriösem Journalismus nichts zu tun. Die taz begibt sich auf das Niveau der Boulevard-Presse. Die AnklägerInnen bleiben in der Deckung, gleichwohl plaudert die sogenannte Vertrauensstelle mit der Zeitung. Es geht um keine strafbaren Handlungen. In dem einzigen Fall, in dem eine der Anschuldigenden dem Angeschuldigten gesagt hat, sein Verhalten gehe ihr zu weit, hat er sich entschuldigt und seine als übergriffig empfundenen SMS eingestellt. So gehen erwachsene, selbstbestimmte Menschen vernünftigerweise damit um. Ein Gericht kann und wird sich niemals damit befassen. Wenn die Vorwürfe nicht belegt werden können und es bei konjunktiven Vorwürfen bleibt, ist aber eine Anklage und Verhandlung wegen Rufmord und übler Nachrede wünschenswert. Das nämlich ist strafbar.
#MeToo Volksbühne: kalte Haltung
Hui ist das wieder grobschlächtig hier in der Kommentarspalte. Wenn Frauen wie Autos wären: da steht vielleicht mein Auto vor meinem Haus auf der Straße, es darf da stehen, und ich benötige es für meinen Job. Auf der Straße stehen auch andere Autos von anderen Anwohnern. Dann wird nur mein Auto täglich verkratzt, eine Beule geschlagen, das Licht kaputt gemacht, der Spiegel regelmässig abgerissen. Und alle anderen aus der Straße zucken nur mit den Schultern, sind froh, daß es nicht ihr Auto ist. Vielleicht sagt jemand: "Sie sind ja nicht gezwungen hier zu parken". Oder "Sie sind ja nicht gezwungen ein Auto zu haben. Fahren Sie doch Tram". Oder: "Sie müssen ja nicht hier wohnen". Über diese kalten Haltungen wurde schon manch' Theaterstück geschrieben.
#MeToo Volksbühne: das Bild
(....) Was für ein veraltetes Rollenbild, Theaterbild, Gesellschaftsbild.

Überall sonst ist man der Überzeugung, dass die Täter, in dem Fall der Intendant namens Klaus Dörr, schuld ist, an sexuellen Übergriffen. Nicht die Opfer, also die Mitarbeiterinnen, oder deren Kleidung, deren Alter oder Selbstbewusstsein.

Hier muss mal zeitgemäß moderiert werden, es ist nicht auszuhalten, was hier für ein Gesellschaftliches Bild hochgehalten wird.
#MeToo Volksbühne: Moderation?
„Hier muss moderiert werden?“ - was ist denn das für ein Verständnis einer Diskussion? Wenn Sie nicht aushalten, dass andere Menschen andere Meinungen haben, ist Ihr Verständnis von Demokratie vielleicht eher moderationswürdig.
#MeToo Volksbühne: Solidarität
Vielen Dank für die letzten beiden Einlassungen. Die Frauen um die es geht, sind zummst sehr jung und in einer vulnerablen Position - was im Artikel ja reflektiert wird. Es ist bewundernswert, wenn einige bereits das Selbstbewusstsein haben, ihrem 20-30 Jahre älteren Chef zu sagen "starr mir nicht auf die Titten!" - wie weiter oben vorgeschlagen wird. Wir wissen hoffentlich alle, dass das aber die Ausnahme ist und nicht das normale Standing einer 25 jährigen Berufsanfängerin in einem krassen Abhängigkeitsverhältnis. Ihr das vorzuhalten und zu ihr andere Wege, sich zu wehren abzusprechen ist schon abgehoben. Ich arbeite seit fast 2 Jahrzehnten am deutschen Stadttheater, habe persönlich und als Zeugin unzählige Grenzüberschreitenden fieser Art erlebt, die meisten weggelacht um nicht als "schwierig" abgestempelt zu werden. Ich kann nur sagen: Ich bin sehr, sehr froh, dass wir anfangen offen darüber zu sprechen. Wir brauchen viel mehr Offenheit - und Solidarität.
#MeToo Volksbühne: mit Faust gesprochen
"Drum frisch! Laß alles Sinnen sein,
Und grad' mit in die Welt hinein!
Ich sag' es dir: ein Kerl, der spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt." Faust
#MeToo Volksbühne: Statement von Themis
Klarstellung der Themis Vertrauensstelle: in den Kommentaren wurde mehrmals unterstellt, dass die Themis Vertrauensstelle mit der taz über den Fall an der Volksbühne gesprochen und sogar Unterlagen weitergegeben hat. Dies war selbstverständlich NICHT der Fall. Alle Beschwerden, mit denen die Beraterinnen von Themis zu tun haben, werden streng vertraulich behandelt. Nur wenn es eine oder ein Betroffene*r es wünscht, kann in deren Namen eine Beschwerde an den Arbeitgeber / die Arbeitgeberin verfasst werden. All dies ist immer streng vertraulich. Wenn sich Betroffene an die Presse wenden und ihre Unterlagen Journalist*innen zur Verfügung stellen, liegt dies nicht im Verantwortungsbereich der Themis Vertrauensstelle.
Eva Hubert, Vorstand Themis Vertrauensstelle
#MeToo Volksbühne: Prozedere
Die Schilderungen der Frauen hören sich völlig glaubwürdig an. Vorgänge, wie sich m. E. an deutschen Stadttheatern jeden Tag abspielen, auch wenn sich die Sitten etwas gebessert haben seit den Tagen, als der Intendant der neuen Assistentin vor der Pressekonferenz aufmunternd den Hintern tätscheln konnte, dass anwesenden Journalisten ein beifälliges Glucksen entfuhr.

Falsch finde ich jedoch das Prozedere. Worin besteht der Sinn dieser Veröffentlichung vor dem klärenden Gespräch zwischen Dörr, seinem Arbeitgeber (Berliner Senat) und den Vertretern der Beschwerde führenden Parteien?
Das Ergebnis dieser klärenden Bestandsaufnahme hätte dann als Folge einen solchen Artikel zeitigen können, vor allem

a) als Erklärung dafür, warum Dörr gegebenenfalls suspendiert/freigestellt wird,
oder
b) wenn über die Beschwerden der Frauen - wie es leider immer wieder vorkommt - einfach hinweg gegangen wird, sie nicht Ernst genommen werden.

Gerichtsreporterinnen wie Gisela Friedrichsen oder Sabine Rückert haben eindrücklich beschrieben, welche heiklen Auswirkungen mediale Positionierungen oder gar Vorverurteilungen auf Prozesse haben können, als bekanntestes Beispiel der Fall Kachelmann.
Schaut man sich die heutigen Medien an, ob Tageszeitung oder Twitter, muss man feststellen: Sie haben überhaupt nichts daraus gelernt - im Gegenteil.
#MeToo Volksbühne: aus eigener Erfahrung
Mir, einem Mann, ist es einmal passiert dass ich von einem Dramaturgen zunehmend sexualisierte Nachrichten bekommen habe. Eingebettet in einem Gesprächsverlauf der eigentlich ein mögliches gemeinsames Arbeiten zum Thema hatte. Ich bin normalerweise keineswegs jemand der sich nicht traut den Mund aufzumachen oder sich zu wehren. Aber in diesem konkretem Fall habe ich wirklich lange gebraucht um mir einzugestehen dass mein Gefühl das etwas nicht stimmt, richtig ist und ich mir das nicht nur einbilde/übertreibe und ich die Kommunikation beendet habe. Und obwohl das, was konkret passiert ist, im Vergleich zu dem, was Frauen ständig erleben, noch "milde" war, habe ich mich wahnsinnig beschämt gefühlt. Mein konkretes emotionales Erleben deckte sich in keinster Weise mit meiner scheinbar aufgeklärten Haltung dazu. Mein Verstand wußte dass das nicht richtig ist, was mein Gegenüber macht und dass ich ihm auch keinerlei Anlass dafür gegeben habe. Trotz dieses Wissens habe ich mich einfach nur klein gefühlt und wie meiner Waffen beraubt. Darum finde ich alle Kommentare hier die abzielen auf "Hätten die Frauen doch nur..." sehr kurzsichtig. Außerdem. Sie haben ja. Sie haben sich zusammen getan. Sie haben sich gewehrt.
#MeToo Volksbühne: Themis
@#27: Die taz schreibt: "Am 2. März 2021 hatte Klaus Dörr wegen der Beschwerde der zehn Frauen eine Anhörung bei der Senatsverwaltung für Kultur. Eine Mail von Themis, die das bestätigt, liegt der taz vor."
Das heißt, Themis hat mit der taz über den Fall gesprochen und Informationen an die taz weitergegeben. Oder die taz-Reporterin sagt die Unwahrheit.

(Anm. Redaktion. In #27 heißt es: "Wenn sich Betroffene an die Presse wenden und ihre Unterlagen Journalist*innen zur Verfügung stellen, liegt dies nicht im Verantwortungsbereich der Themis Vertrauensstelle." Das dürfte so zu deuten sein, dass die Korrespondenz zwischen Themis und den Betroffenen von letzteren an die taz gelangte. / chr)
#MeToo Volksbühne: Respekt
Heroisierende Kommentatoren auf Portalen wie diesem hier sind ebenso Teil des Problems wie die uralt-Strukturen am Stadttheater – ich hab's von innen gesehen und wurde ebenso Opfer der toxischen Stimmung wie viele Kolleg*innen. Dass hier einige immer noch glauben, dass Machthaber*innen für Kunst nötig sind, zeigt einmal mehr: Steinzeit. Schade. Und Respekt für alle, die den Mund aufmachen.
#MeToo Volksbühne: Wie kann das sein?????
Wie kann es sein, dass das Fehlverhalten eines Mannes aufgezeigt wird und in den Kommentarspalten stürzen sich Menschen auf a) die Betroffenen b) die Journalistin und c) die Vetrauensstelle? (Alle oben genannten Positionen sind im übrigen weiblich besetzt.) Keine Frau sollte ihren Chef sagen müssen, dass er ihr nicht auf die Brüste starren soll, weder die Selbstbewussten, noch die Fragilen. Und welchen Vorteil sollen die Frauen da bitte herausschlagen können? Anscheinend hat die Journalistin mit vielen Frauen gesprochen und auch Dokumente gesichtet, die manche Aussagen bestätigen. Dass es in solchen Fällen manchmal keine handfesten Beweise gibt, liegt in der Natur der Sache. Und glaubt hier wirklich irgendjemand, dass Themis, eine Institution, die eingerichtet wurde um Opfer zu schützen, einfach so gedankenlos Daten preisgibt? Ich verstehe nicht warum aus den bisherigen Fällen nicht gelernt wurde. Wir müssen aufhören die Täter zu schützen und die Opfer anzugreifen. Wenn so etwas über Jahre hinweg passieren konnte, dann ist im System Theater etwas faul und das müssen sich alle eingestehen.
#MeToo-Volksbühne: Defensive
FYI eine Frage, tatsächlich rhetorisch: ist es ein Zeichen von (vollzogener) Emanzipation einem Mann zu sagen er solle nicht "auf die Titten schauen"? Oder befinde ich mich nicht tatsächlich in der Defensive? Ist es meine Aufgabe (ständig) darauf hinzuweisen mich nicht als sexualisiertes Wesen statt Arbeitnehmerin zu sehen?
#MeToo Volksbühne: objektiv bleiben
Wow. Diese Kommentarspalte allein ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass wir in der Theaterbranche ein Macht-/Missbrauchsproblem haben. Unverhohlenes Victim-Blaming, das Betroffenen die Verantwortung für Gegenwehr überschreibt, wenn sie Opfer eines Übergriffs werden; Frauen, die Frauen in den Rücken fallen, weil sie zu einer Zeit geboren wurden, in der sie sich allein durchboxen mussten und es der heutigen Generation nicht zu gönnen scheinen, dass es Anlaufstellen und psychologische und juristische Unterstützung gibt, die es bereits damals hätte geben müssen.
Eine Vorverurteilung sollte ebenso wenig stattfinden, wie der Versuch, Menschen, die in einer Abhängigkeitsspirale ganz unten stehen, mundtot zu machen und zu diffamieren. Alle, die am Theater arbeiten, wissen, was dort "üblich" ist - jahrelang gedeckelt von Theaterfolklore und sorgsam gepflegten Abhängigkeitsverhältnissen. Die energische Gegenwehr gegen dieses Aufbegehren zeigt, dass es etliche (!) Menschen in unserem Theatersystem gibt, die sich nun mit der Frage auseinander setzen müssen, was man über sie erzählen könnte. Und das macht Angst. Und Angst macht aggressiv. Trotzdem - durchatmen und versuchen, objektiv zu bleiben. Das hilft allen.
#MeToo Volksbühne: Machtlos
Ich kann hier nur meine persönliche Erfahrung teilen. Es gibt zwei Welten. In der einen warnen sich Frauen vor Männern. Und in der anderen arbeiten redliche Männer mit Machtmissbrauchern zusammen, ohne etwas zu merken. Danke dem Mann, der mal erzählt hat, wie es eine(m/r) dabei geht. Diese Vertrauensstelle ist ein Witz. Sie kann überhaupt nichts machen. Und wir dachten zwei Jahre lang das ist die Lösung? Sicher nicht. Wir hielten still. Die Statistik spricht für sich. Wenn am Ende nur 3 % das Problem angehen, dann kann man diese Stelle auch zu machen. Wirklich wäre doch: alle Männer 55+ ziehen sich mal für drei Jahre aus der Theaterleitung zurück. Mal schauen was passiert.
#MeToo Volksbühne: Ockhams Rasiermesser
1. Übrigens dürfen und sollen auch Männer was sagen, wenn sie Fehlverhalten von anderen Männern bemerken, das müssen nicht alleine die Frauen übernehmen.
2. Es ist doch gut, wenn Menschen zu Themis gehen und aussagen. Und sich dann auch was bewegt, dieser ganze Vorgang ist doch ein Zeichen dafür (...), dass sich was tut. Zeit wird's
3. Für alle Verschwörungsheinis da draußen, eine gute erste Einschätzung liefert häufig das Prinzip "Ockhams Rasiermesser" (https://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser). Was ist wahrscheinlicher: dass sich neben 10 Frauen aus der aktuellen Belegschaft der Volksbühne noch zahlreiche weitere Frauen aus ehemaligen Einsatzorten finden, die sich aus reiner Bösartigkeit und unter Verfolgung sinistrer aber noch unklarer Motive zusammentun. Oder das ggfs. vielleicht doch ein Mann sich Scheiße gegenüber Frauen verhalten hat?

Aber in der Tat, keine Vorverurteilung, sondern sorgfältige Aufarbeitung, bitte.
#MeToo Volksbühne: Victimshaming
Vielleicht sollte die Nachtkritik-Redaktion Kommentare, die Vicitimshaming und Victimblaming implizieren, nicht zulassen? Sie sind in der Verantwortung, wenn Sie eine solche Platform betreiben. Die ohnehin traumatisierten Opfer sollten sich nicht auf der wichtigsten Platform für Theater im deutschsprachigem Raum soetwas durchlesen müssen. Sexismus und Rassismus ist Alltag an deutschsprachigen Bühnen und das wissen alle, die dort gearbeitet haben.
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Sehr geehrte:r Anonym:a/us,
Ihre Kritik wird von uns absolut ernst genommen. Wir versuchen zwischen den Ansprüchen eines moderierten offenen Forums und der Chronistenpflicht den angemessenen Weg einzuschlagen.
Wir versuchen uns dabei an drei Maximen zu halten:
1. Vortrag der Beschuldigungen mit Angabe der Quellen auf der einen Seite.
2. Keine Vorverurteilung des Beschuldigten ohne öffentlich festgestellten Nachweis des Vergehens auf der anderen Seite.
3. Meinungsstreit über mögliche Verhaltensweisen der einen wie der anderen Seite in einem offenen Gespräch.

Wenn wir diese Regeln Ihrer Meinung nach durch die Veröffentlichung einzelner Kommentare verletzen, bitten wir um Hinweis, dann prüfen wir unser Vorgehen erneut.
jnm für die Redaktion
#MeToo Volksbühne: Rufmord?
Wie kann es sein, dass so ein Artikel , bevor überhaupt alle Dinge geklärt sind , juristisch , publik gemacht werden darf. Das ist Rufmord.
Und warum wird so etwas nicht innerhalb miteinander und untereinander geklärt ?!
Ich habe im Übrigen ein ganz anderes Bild von und über Herrn Dörr.
#MeToo Volksbühne: Feudales Stadttheater
https://www.welt.de/kultur/article228262099/Volksbuehne-Fall-Doerr-zeigt-wie-sehr-das-Theater-eine-Reform-braucht.html

Wie lange es noch dauert, bis an deutschsprachigen Stadttheatern das Problem der Machtstrukturen erkannt und gelöst wird?
#MeToo Volksbühne: Mär
@35
Die Mär von Alt gegen Jung kann ich absolut nicht unterschreiben. Denn es geht es um Kompetenz und Ernsthaftigkeit. Die Unernsten, die Inkompetenten, die Hinaufgehievten sind das Problem. Die, für die jemand, der/die träumt, ein Objekt der Begierde ist und nicht ein gleichwertige/r KunstpartnerIn. ich kennen in Berlin unter den Jungen nicht eine/n einzige/, der/die das Zeug zu dieser Qualität hätte, aber seeeeeeehr viele, die genau das von sich glauben. Das Publikum gähnt und findet es "interessant".
#MeToo Volksbühne: Dieser Geist
@37 "ohnehin traumatisierte Opfer"? Eine Nummer kleiner wär es nicht gegangenen? Im Geifer der Kommentarspalten lässt es sicher schön baden, aber man wird wohl durchatmen und abwarten müssen.
Ja, Sexismus und Rassismus sind Probleme der deutschen Kultur. Antisemitismus im übrigen auch. Haben nicht jüngst nicht wenige ihr Beinchen an Israel gehoben?
Nur ist das eben noch nicht alles. Die Verlockung, nach unten zu treten, anstatt für sich selber einzustehen ist für viele-Frauen wie Männer-zu groß, die Gelegenheit zu günstig. Immer ist wer in der Nähe, der noch mehr am Arsch ist, als man selbst. Ganz wie im echten Leben. Dieser Geist verschwindet nicht einfach mit dem letzten alten weißen Mann.
Vor allem finde ich erstmal gut, wenn Frauen sich wehren. Was genau vorgefallen ist, wissen nur die Beteiligten. Vielleicht war es nicht richtig, jetzt an die Presse zu gehen. Es gibt einfach Situationen, in denen nichts mehr richtig zu machen ist. Jetzt ist es eben raus, und es könnte hilfreich sein, über niemanden herzufallen.
#MeToo Volksbühne: Alle Jahre wieder
Es ist nicht der erste und wird leider auch nicht der letzte Fall dieser Art gewesen sein - und trotzdem hat frau* den Eindruck, dass viele hier wieder "aus allen Wolken fallen" und sich im Zweifel erstmal vor den Täter stellen. Von so einem Schwachsinn wie "als selbstbewusste Frau muss ich auf Augenhöhe kommunizieren" mal abgesehen - was hat das bitte mit sexuellen Übergriffen zu tun?? Finden die vielleicht auf Augenhöhe statt? Das alles zeigt mal wieder, wie stark die "patriarchale Matrix" und (ja, der folgende Begriff ist angemessen) die "rape culture" in unseren Köpfen, in unserer Kultur, ob innerhalb oder außerhalb der Theater, verankert ist. Auch sowas Lustiges - dass alle immer schreien: die Theater haben ein Problem! Ja - mit ihrer Selbstwahrnehmung. Dass sie immer noch denken (und propagieren), sie seien freiere, aufgeklärtere Orte als "der Rest der Gesellschaft" (was für ein elitäres Denken). Dabei arbeiten am Theater eben auch nur Menschen und drinnen ist wie draussen. Und draussen ist Sexismus, Rassismus, alle möglichen Formen von Diskriminierung. Und "da draussen" sind Menschen, die dagegen aktivistisch, wissenschaftlich, journalistisch, politisch etwas tun. Also: was könnte wohl unser Auftrag sein, "innen" in unseren Kultureinrichtungen? Ich glaube eher nicht, sich jetzt über juristische Verfahrensweisen oder Berichterstattung etc. auszulassen. Wir sollten uns fragen, was wir in den Theatern verändern müssen, damit wir Kolleg*innen aller Genders vor Übergriffen schützen. Aus gegebenem Anlass möchte ich an die vor vier Jahren geführte Debatte über Sexismus an Schreibschulen erinnern (nachzulesen hier: https://www.merkur-zeitschrift.de/2017/07/06/sexismus-an-schreibschulen-hildesheim/), die aus meiner Perspektive ein sehr umfassendes und differenziertes Bild erzeugt hat, um was es bei #metoo geht. Vier Jahre her - und was hat sich seitdem getan?
#MeToo Volksbühne: Lotterie
So kommt man zu Shakespeare, und wenn dieser es sagt, oder es sagen
lässt, kann es nicht vollständig die Unwahrheit sein:

Wollte Gott nur alle Jahre so viel tun, so hätte ich über die Weiber-
zehnten nicht zu klagen, wenn ich der Pfarrer wäre. Eine unter zehnen?
Das will ich meinen! Wenn nur jeder Komet eine gute Frau brächte -
nur eine - oder jedes Erdbeben, so stände es schon ein gut Teil besser
um die Lotterie; jetzt kann sich einer das Herz aus dem Leibe reißen,
ehe er eine trifft.

Diese Rede hält einer in "Ende gut, alles gut".
Wenn aber am Lebensende nicht alles gut ist,
wenn Mann und Frau sich gründlich nicht
verständigen können, dann wird das Sterben
von beiden nur unglücklich
genannt werden können.
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