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Rassismus: Über 1400 protestieren gegen FAZ-Text von Bernd Stegemann

Rassistische Grenzüberschreitung

12. April 2021. Eine Erwiderung von Mehmet Ateşçi, Angela Richter, Thomas Schmidt, Laura Sundermann und Sabrina Zwach auf einen Artikel des Dramaturgen Bernd Stegemann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (9.4.2021) hat in kurzer Zeit über 1400 Unterstützer*innen gefunden, darunter Sonja Anders, Udo Samel, Amélie Niermeyer, Klaus Zehelein, Maren Kroymann, Joy Kristin Kalu und Maryam Zaree. "Wir möchten mit dieser Erwiderung Partei ergreifen für Ron Iyamu", heißt es in dem Text  unter anderem. 

In seinem FAZ-Artikel hatte Bernd Stegemann auf die Rassismusvorwürfe des Schauspielers Ron Iyamu in Bezug auf das Düsseldorfer Schauspielhaus reagiert, und sowohl das Theater in Schutz genommen, als auch Armin Petras, einen der von Iyamu im Kontext seiner Erlebnisse nicht namentlich genannten, aber durch die Schilderungen identifizierbaren Regisseure. Die von Iyamus geschilderten Vorfälle versuchte Stegemann zu entschärfen, in dem er sie als "verstörende Erfahrungen" in entgrenzten Probensituationen rekonstuierte, denen Iyamu nicht mit der nötigen Professionalität begegnet sei. Ohne Entgrenzung im "Schutzraum Probe" aber entstehe Theater, das so langweilig wie die Wirklichkeit sei, so Stegemann.

Darüber hinaus attestierte Stegemann dem 1993 geborenen Schauspieler nach Ansicht eines, von Iyamus Schauspielschule hergestellten Bewerbungsvideos, ein unsicherer junger Mann zu sein, "der im schauspielerischen Ausdruck blockiert ist". Statt sich den Mühen der Herstellung künstlerischen Ausdrucks zu unterziehen, habe er sich während seiner Düsseldorfer Zeit offenbar immer öfter "in den Selbstschutz der empörten Kränkung" begeben. 

Das Schreiben der 1400 widerspricht Stegemanns Verständnis der Probensituation: "Dort, wo Darsteller:innen frei sein können, wo sie keine Angst haben (...) entstehen die genialen künstlerischen Innovationen, die wir uns wünschen und mit denen das Theater sich weiter entwickeln kann. Darin können durchaus Momente der Entgrenzung enthalten sein. Aber diese müssen auf Verabredungen beruhen." Eine Probensituation habe ihre Grenze in dem Moment erreicht, in dem ein Regisseur einen Schwarzen Mann "Sklave" rufte. Das sei "eine rassistische Grenzüberschreitung, mit der aus Freiräumen Räume der verbalen Gewalt werden." "Wir sind die Erben einer Geschichte, und dieser Geschichte müssen sich die weißen Menschen unter uns stellen ... Und wenn Sie leugnen, dass es an unseren Theatern Rassismus gibt, dann verschließen Sie ihre Augen und Ohren," wird Stegemann direkt adressiert.

In seinem Text hatte er die Vorwürfe in das soziologische "Phänomen des 'Concept Creep'" eingeordnet. "Damit ist gemeint, dass Begriffe in der alltäglichen Verwendung immer weiter ausgedehnt werden können. Beim Vorwurf des Rassismus passiert diese Überdehnung zurzeit im Eiltempo." Inzwischen könne jedes Verhalten der weißen Mehrheitsgesellschaft als rassistisch gelten, wenn ein Mitglied einer Opfergruppe sich davon gekränkt fühle, so Stegemann. 

(sle)

Das Schreiben ist hier als pdf downloadbar.

 

Mehr zum Thema:

Presseschau: Armin Petras äußert sich zu Rassismus-Vorwürfen (16. April 2021)

Presseschau: Dramaturg Bernd Stegemann zu den Düsseldorfer Rassismusvorwürfen (9. April 2021)

Meldung: Offener Brief von Theatermacher:innen of Colour (31. März 2021)

Presseschau: Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu erhebt Rassismus-Vorwürfe gegen Düsseldorfer Schauspielhaus (22. März 2021)

 

Weiterführende externe Links:

Essay: Auf dem Blog 54 books diskutiert der Literaturwissenschaftler Johannes Franzen Stegemanns FAZ-Text als Beispiel dafür, wie eine missbrauchsbefördernde Organisationskultur, durch eine "institutionalisierte Kunstideologie stabilisiert" wird: "Diese Ideologie beruht auf der Vorstellung, dass gute Kunst nur aus Leiden entstehen kann." (5. Mai 2021)

Essay: In der ZEIT vom 6. Mai 2021nimmt Bernd Stegemann die Kritik an seinem FAZ-Beitrag als Beispiel für die in der heutigen Debattenkultur vorherrschende "asymmetrische Kommunikation": Diese beantworte missliebige Argumente mit "mo­ra­li­scher Em­pö­rung" und "pa­the­ti­schen Bil­dern". "Die asym­me­tri­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on macht aus Wi­der­sprü­chen Kämp­fe zwi­schen Fein­den. Sie hier­ar­chi­siert Aus­sa­gen und se­lek­tiert Ar­gu­men­te nach ih­ren Ur­he­bern. Sie führt ei­ne Un­gleich­heit in den zwang­lo­sen Zwang des bes­se­ren Ar­gu­ments ein, und schließ­lich lässt sie im­mer mehr Men­schen ver­stum­men." (aktuell ist der Artikel noch nicht online verfügbar)

 

 

 

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Kommentare  
Protest der 1400: Wo?
Wo kann man unterschreiben?
Protest der 1400: Dialektiker
(...) Was könnte denn Besseres passieren als das? Wenn ichs richtig verstehe, provoziert er als Dialektiker, nicht als Bernd Stegemann, und ich finde, das macht er sehr klug, füttert den progressiven Geist, weil er die von ihm Anderen herausfordert (auf dem wie gesagt sehr kleinen gesellschaftlichen Feld der Theaterschaffenden). 1400 widersprechen ihm! Hätten sich 1400 ohne seine Provokation getroffen? Glaube nicht. Endlich findet Versammlung satt! Was Besseres als das kann einem Dialektiker doch gar nicht passieren. (...)
Protest der 1400: Mobbildung
Wie furchterregend, wenn man heutzutage seine Meinung (mit der ich im Stegemann'schen Falle nicht übereinstimme) nicht mehr äussern darf, ohne gleich von 1400 Unterzeichnern niedergewalzt zu werden. Hätte nicht auch eine klug argumentierende Gegenstimme genügt? Mob-Bildung hat noch nie zu Wahrheits-Bildung, gar zu ausgewogenem Diskurs geführt.
Protest der 1400: gekaperter Diskurs
Das Problem unserer Zeit ist, dass Menschen wie Stegemann noch immer eine solche Plattform erhalten, dass Männer wie Stegemann fraglos und ungeprüft weiter unterrichten dürfen. Stegemann kapert einen aktuellen Diskurs für sich. Nicht um Ron Iyamu soll es gehen, sondern um die Vorwürfe, die einer priviligierten weissen Mehrheits(Männer)gesellschaft gemacht werden. Das darf nicht sein und schon gar nicht im vermeintlich linken Elfenbeinturm des Theaters. Stegemannn steht für die arrogante Dreistigkeit des deutschen Theaters immer recht haben zu müssen. Denn wenn das Theater nicht recht hat, ist es im deutschen Bildungskontext obsolet. Diese, seine Generation, von Theatermachern ist die, die das deutsche Stadttheatersystem dahin gebracht hat, wo es jetzt steht: ein krankhaftes System mit viel zu vielen Vorstellungen, fragwürdigen Diskursen, Rechthaberei, Belehrung, dreisten Intendantengehältern, herabgewürdigten Schauspieler*innen und Künstler"innen und einem Dramaturgieprofessor, der versucht ein strukturelles Problem in ein privates umzudeuten. Herr Stegemann: nicht manipulieren, nachsitzen!
Protest der 1400: kein Mob
@3: 1. Unterzeichner von irgendwas sind nicht unbedingt gleich ein Mob
2. Selbst wenn es ein "Mob" wäre, würden 1400 Stimmen nicht genügen, um eine veröffentlichte Meinung, so sie denn tatsächlich eine gebildete in jedem Sinne ist, niederzuwalzen.
3. Es hätte auch genügt, wenn die FAZ gleich klügere Stimmen als die Stegemanns veröffentlichte; is aber nich, muss halt prominent sein.
#2: Die 1400 haben sich nicht getroffen, sondern eine komfortable Meinungs-Unterschriftenblase gebildet. Das ist ein Unterschied.
Protest der 1400: Gesprächsangebot kein MoB
@Paisiello
Ich habe nicht unterschrieben - da ich generell zögere bei aktionen und erstmal sicher gehen will. ABER ich finde die Aktion richtig. Die von Ihnen als MOB bezeichnete Unterzeichnerinnen haben unter einem Gesprächsangebot unterzeichnet und eine Gegenstimme erhoben. Ich finde dass das kein MOB ist sondern das was wahrhaftige Demokratie bedeuten sollte, nämlich dass nicht nur eine Person eine Öffentlichkeit erhält mit seiner eigenen Meinung. Lets Discuss würde ich jetzt sagen. Und werde jetzt auch mit unterschreiben da die Liste wieder offen steht.
Herzlichst Mira
Protest der 1400: Dialog
#3: Hallo Paisiello!
Erstmal den Brief lesen und dann austeilen, gell? Der Brief enthält eine Aufforderung zum Dialog, das ist das Gegenteil von Plattwalzen. Fehlt nur noch, dass reflexhaft Sie Cancel Culture rufen, bin gespannt wann der erste damit kommt. Freie Meinungsäusserung gilt für alle!
Protest der 1400: die Regisseure
(...) Jemand der für die Menschen an seinem Haus verantwortlich ist, hätte Petras die Tür gewiesen, so einfach ist das! Da gibts keine Diskussion mehr! Das Theater ist eine Anstalt, an der ununterbrochen alle sehr viel auszuhalten haben, man muss doch nicht zusätzlich noch haltlose Regisseure und überhebliche Dramaturgen in Ihrer Machtausübung dulden oder Leute, die sich von den wirklichen Könnern falsch abgekuckt haben wie Persönlichkeiten auf der Bühne gebildet werden oder denen, denen der Spieler nicht die Spucke in ihrer Hand wert ist!
Protest der 1400: die eigenen blinden Flecken
Ich würde Bernd Stegemann in einigen Punkten widersprechen, mich der Meinung der 1.400 in vielen Punkten anschließen und vor allem Solidarität mit Ron Iyamu bekunden und mich klar gegen Rassismus in jeglicher Form aussprechen - egal ob im Rahmen von Probenarbeit oder in der Kantine.
Allerdings höre ich in meinem Alltag am Theater sehr häufig Aussagen, die ähnlich oder weit "krasser" klingen als das, was Bernd Stegemann schreibt. Natürlich muss man unterscheiden, ob jemand seine Meinung an so prominenter Stelle wie in einem FAZ-Artikel kundtut oder in internen Meetings spricht, aber ich frage mich: Wie vielen von uns kritischen Theaterschaffenden gelingt es denn im alltäglichen Miteinander genau hinzuschauen, Aussagen zu hinterfragen und Position zu beziehen? Sollten wir nicht endlich beginnen, innerhalb unserer Institutionen diese Fragen offen zu diskutieren und die entsprechenden Räume dafür zu schaffen? Gibt es nicht einige Unterzeichner*innen (in leitender Position), die vielleicht besser mal vor der eigenen Haustüre kehren sollten? Sich einer Masse von 1.400 Leuten anzuschließen, ist ja verhältnismäßig einfach (und öffentlichkeitswirksam und imagefördernd). Zu schauen, wo man selbst noch blinde Flecken hat, schon schwieriger.
Protest der 1400: Meinungsfreiheit?
Wann ist das eigentlich passiert? Seit wann gilt die Meinungsfreiheit nicht mehr?

Die Theaterblase diskutiert fröhlich und regt sich sehr gern auf. Ich beobachte aber voller Besorgnis, dass sich viele scheinbar radikalisieren. Es wird ja hier nicht nur die Meinung von Herrn Stegemann kritisiert, sondern teilweise auch die Tatsache, dass er sie äußern durfte. Und das ist hier ja wieder nur ein Beispiel von vielen. Natürlich muss er mit Gegenwind rechnen, aber dass es einige gibt, die ihm den Mund verbieten wollen, halte ich für sehr bedenklich. Wir brauchen Diskurs, Austausch, Diskussion - aber auch Zuhören, Respekt und Verstehen wollen.
Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und Demokratie müssen hochgehalten werden! Sonst zerstört sich die Theaterblase immer weiter gegenseitig und wird für diejenigen Außenstehenden, für die wir alle eigentlich unsere Job machen, mit der Zeit immer unattraktiver.
Wir müssen reden, aber doch bitte miteinander. Jede*r darf deine Meinung sagen, aber doch bitte respektvoll und im besten Fall sogar noch produktiv.
Protest der 1400: Illoyalität + Doppelmoral
@4: Der „Arbeiter“ spricht vom gekaperten Diskurs. Welcher Diskurs? Im Fall von Iyamu findet kein Diskurs, sondern eine meist unwidersprochene einseitige Anklage statt, die als alleinige Wahrheit auch in diesem Portal Tag um Tag weiter ausgewalzt wird. Schlecht recherchiert in Bild-Zeitungsniveau. Nach wie vor steht eine wirklich recherchierte Betrachtung verschiedener Blickwinkel aus. Wahres Komödienpotential hat dagegen die Unterschriftenliste. (...) Ich freue mich schon auf die nächste Plakataktion mit Unterschriftenliste an allen deutschen Schauspielhäusern zu diesem Thema…
Protest der 1400: Dialog?
Ein woker Mob aus 1400 Theaterschaffenden macht ein Dialogangebot:

"Wir bieten Ihnen an, mit Ihnen öffentlich über diese Frage zu diskutieren."

Man bietet Stegemann die Möglichkeit zur Selbstkritik.

"Vielleicht kommen wir gemeinsam dann zu einer Sicht auf die Situation, in der Sie selbst sehen, dass das ewige Argument der Freiheit der Kunst verbraucht ist..."

Er soll Einsicht zeigen und Besserung geloben.

Eine Liste der Schande.
Protest der 1400: erst lesen, dann schreiben
Hier wird ein MOB beschrieben und ein Plattwalzen vom armen Herrn Stegemann und ich frage mich, ob der offene Brief denn gelesen wurde. Im Gegensatz zu diesen Meldungen, haben sich dort Autoren mit Klarnamen genannt und einen Dialog angeboten und sich schützend vor einen jungen Schauspieler gestellt, der aus dem Feuilleton der FAZ eine zweite Demütigung erfährt, nämlich dass er unreif und schauspielerisch nicht gut sei. Bitte erst lesen, dann denken, dann schreiben.
Protest der 1400: ratzfatz
Ich denke, dass die Unterschreibenden mit diesem geschärften Analyse-Instrumentarium (toxische Institution, struktureller Rassismus in verlausten Ecken, doppeltes Opfer)das Problem ratzfatz lösen werden, da bin ich optimistisch!
Protest der 1400: geschichtslos
Es gibt viele offenkundige Denkfehler und erstaunlich blöde Schlüsse im Artikel von Bernd Stegemann und gegen einige argumentiert der Brief sehr nachvollziehbar. Bis die Verfasser ernsthaft auf die Opfer von Kolonialismus und von Nationalsozialismus verweisen, um die schiere Selbstverständlichkeit zu begründen, dass eine Probe kein Freibrief für menschenverachtende oder rassistische Grenzüberschreitungen sein darf. Da sind auf eine so ungeheuerliche Weise die Maßstäbe falsch. Und zu glauben, wie sie schreiben, man stelle sich als Weiße:r so dem Erbe von Kolonialismus und Nationalsozialismus - mir fehlen die Worte dafür. Das suggeriert auch, wer Rassismus auf einer Probe nicht mit dem Holocaust zusammendenkt, stelle sich diesem Erbe nicht. Opfer von Menschheitsverbrechen zu instrumentalisieren, um sich selbst moralisch höher zu stellen in einem solchen Konflikt scheint mir obszön und geschichtslos. So wird das Gespräch nicht entstehen.
Protest der 1400: Meinungsfreiheit
@10 @besorgt
Das mit der Meinungsfreiheit ist so eine Sache: sie spricht eben niemandem das Recht zu, auf seine Meinung keine Gegenrede oder Kritik zu bekommen. Sie beinhaltet ebenfalls nicht das Versprechen dass andere Menschen von der freien Meinungsäußerung nicht verletzt, verärgert oder wütend werden.
Ich empfehle zum Thema diesen Post von Tupoka Ogette: https://m.facebook.com/tupokaogette/photos/a.307639946010360/3824468060994180/?type=3

Die Kritik daran dass (oder in welcher Form, welchem Rahmen) Herr Stegemann seine Meinung äußern darf sehe ich eher der FAZ gegenüber, dem vorgeworfen werden kann alleinstehend eine Meinung zu publizieren anstatt eine ausgewogene Recherche oder einen tatsächlichen Diskurs anzugehen.
@2 das Problem mit der Dialektik ist hier, dass diese „Übung“ auf dem Rücken einer Person passiert, die über ihre Erlebnisse berichtet. Es ist eben keine Dialektik sondern Lebensrealität vieler. Wieso fühlt sich ein in keiner Weise betroffener Mensch berufen seine Meinung dazu in einer überregionalen Zeitung zu veröffentlichen?
Protest der 1400: Fragwürdiger Aufruf
Hier steht eine gründliche Analyse: https://www.ruhrbarone.de/rassismusvorwuerfe-die-forderung-ein-eigenes-theater-finanziert-zu-bekommen-ist-zweifach-krude/198125.
Der Text des offenen Briefs an Stegemann ist tatsächlich schon von der Entstehung her fragwürdig. Wer am Vorabend der Publikation online die Textarbeit in dem zeitweise öffentlich zugänglichen Google-Dokument verfolgt hat, konnte live dabei zusehen, mit wie heißer Nadel dieser als Gesprächsangebot getarnte Angriff zusammengestrickt wurde. Kurzzeitig war z.B. von Antisemitismus am Düsseldorfer Schauspielhaus die Rede, dann fiel das wieder weg, dann stand da Sexismus, dann fiel das auch wieder weg, erst standen da die Namen zweier Kronzeuginnen für all das, von denen einer dann wegfiel, und am Ende hieß es nur noch pauschal "toxische Atmosphäre“ am Haus – was alles mögliche sein kann und zugleich den Vorwurf ins Uferlose ausweitet. Wer also um 21h den Aufruf unterschrieb, dessen Name stand um 24h unter einem deutlich veränderten Text. Das ist schon vom Vorgehen her unseriös. Ich verstehe wirklich nicht, dass teilweise sogar Theaterleitungen unter diesen Bedingungen so etwas unterschreiben. Erklärlich sind derartige Vorgänge nur durch die jakobinisch anmutende Eskalation der Antirassismusdebatte, in der Maßstäbe intellektueller Redlichkeit verloren gehen und bei vielen nur noch die Angst regiert, jetzt bloß nicht auf der vermeintlich falschen Seite zu stehen.
Mich erfüllt das mit Sorge.
Protest der 1400: unkonventionell
Lieber Lothar Kittstein,

ich verstehe Ihre bedenken zur Genese des Textes, jedoch plädiere ich bei der Darstellung auf Vollständigkeit. Es wurde kommuniziert bis wann der Text verändert wird und damit jedem/jeder Unterzeichner*in die Möglichkeit geboten sich entsprechend zu den Änderungen mit der eigenen Unterschrift zu verhalten. Es ging hier tatsächlich um eine möglichst schnelle Reaktion, dass hat zugeben zu unkonventionellen Parallelität mancher Vorgängen geführt. Aber wie sich richtig Anmerken: Es wurden bestimmte Passagen verändert und gerade Ihr Beispiel beweist, dass dies im positiven Sinne geschehen ist.
Protest der 1400: beim Namen nennen
Ich hab unterschrieben, weil Stegemanns Artikel ein Angriff auf mich als Theaterschaffende, die nicht weiß ist. Wenn ich Rassismus erfahre, soll ich schön still bleiben und das wegen der Kunstfreiheit aushalten. Niemals! Und dagegen hab ich mich mit meiner Unterschrift gewährt. Ich billige ihm seine Meinungsfreiheit, aber dann billigen Sie alle gefälligst auch meine/unsere Freiheit, das was rassisitischer Schwachsinn ist so beim Namen zu nennen. Das die beiden Redebeiträge existieren dürfen sollte klar sein. Das wir mit unseren Namen jetzt alle (Stegemann und die 1400) für das, was da jeweils drin steht, einstehen sollte auch klar sein. Anstatt, das man glaubt, dass es Rassismus wirklich in der Form gibt, wie es ihn gibt, glaubt man lieber die jungen BIPoCs sind unsicher und aufmerksamkeitshungrig. So eine bescheuerte Täter-Opfer-Umkehr, kann nur von Ignoranz und Borniertheit zeugen. Hinter Worten stehen Gedanken, was für Gedanken sind das: wenn man Sklave auf der Probe gerufen wird? Was für Menschen haben solche Gedanken? (Ich wurde im Theater schon oft Quoten-N*-Wort von unterschiedlichsten Menschen gerufen) Und letzte Frage: Welche Menschen verteidigen Menschen, die sowas rufen?
Protest der 1400: Lieber Stegemann
Lieber Stegemann - sie haben es auf den Punkt gebracht- komme was wolle! Bleiben sie stark! Was ist das alles für ein Unsinn - die Kunst sollte immer im Mittelpunkt stehen - die Begabung soll siegen kann es zur Abwechslung mal wieder um Inhalte gehen?
Protest der 1400: Hör-Tipp
Ganz interessant die Aussagen Stegemanns in dieser Diskussion im Radio (rbb Kultur):

https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendungen/der_zweite_gedanke/archiv/20210311_1900.html
Protest der 1400: Mehr sowohl-als-auch!
Alle eint der Widerstand gegen Diskriminierung jedweder Couleur. Ich will auch dabei sein, weiß aber, dass meine Beurteilungs- und Bewertungsinstrumente in mir, mir schon manche diskriminierenden Argumentationen geliefert haben. Gelegentlich gelingt es mir mit meinen bescheidenen Mitteln, durch differenzierte Analyse der Vorgänge, diese Argumente in mir zu widerlegen. Aber dann rutscht mir doch wieder eine dieser verteufelten Beleidigungen raus. Schon wieder muss ich mich dafür verantworten und entschuldigen. Ich will mich weiter bemühen, ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu sein.

Von den Theatermenschen wünsche ich mir, dass sich der geforderte Widerstand gegen die Verletzung der Menschenwürde in ihren Projekten widersprüchlich, mich bewegend, analytisch genau, mit aller künstlerischen Vehemenz spiegelt. Die Erfindungen mögen pandemisch wirken. Keine Belehrungen bitte. Ich möchte mich in mir teilen können mit den in mir existierenden Antagonismen.

Welche Produktionsformen unterstützen die Stärke der darstellenden Künste? Von wem können wir lernen? Von https://www.ardmediathek.de/video/doku-reportage/homeschooling-2-0-eine-schule-zeigt-wie-es-geht/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xMjkwODU/?

Hilft eine ja/nein Debatte? Gehört das unreine Sowohlalsauch dazu? Die Sehnsucht nach einer solidarischen Gesellschaft ist nicht tot, das offenbart diese Debatte. Super.
Protest der 1400: Petras' Brief
Das April Editoral des Theaters Bremen von Michael Börgerding ist erhellend, zumal es Auszüge eines Briefes von Armin Petras enthält: https://theaterbremen.de/de_DE/das-april-editorial-2021
Protest der 1400: Fiktionen
Ich kenne Armin Petras seit 1992, länger als der Kollege Börgerding, Khuon oder wer auch immer. Ich darf reklamieren, dass wenn einer, ich ihn für das bürgerliche Theater entdeckt habe. Wir waren in einer Stadt in der die Neonazis gegenüber in der Kneipe saßen und gelegentlich unsere Schaukästen einschlugen. Beim letzten Mal gingen wir in die Kneipe und sagten: wir hauen jedem Rassisten auf die Nuß, wenn ... Das fanden die eher amüsant, denn wie Boxer sahen wir beide nicht aus.Es mag sein, dass wir alle latente Rassisten sind, aber dann wird irgendwann der Begriff und die Sache unscharf... Aber Armin zum Rassisten zu machen, ist eine große Schweinerei... Als er schon mal Danton in Nordhausen machte rief er Sebastian Hartmann zu:" los, der Sadist ist dran, er meinte Robespierre und den Mörder darf man auf der Bühnen Mörder nennen und den König König und den Sklaven Sklaven und den Dicken? Wenn er nur dick ist, aber keine dicke Rolle spielt? Möglichst nicht den Dicken, denn Dicke werden traurig. Meine afrikanischen Freundinnen in Togo und Malawi (Theater in Afrika), auch in Burundi schütteln den Kopf: die Rassisten sind die anderen sagen sie, die nicht erkennen, wer Kind der Kolonialisten und wer es eben nicht ist. Es ist eine miese Debatte, die Menschen vernichtet, statt selbst den politischen Kampf zu führen, wo er gefährlich ist, Petras ist es nicht der Rassist, das Theater ist es nicht: es sind Fiktionen und woanders sterben die Leut'. Sorry Armin ich hätte mich längst melden müssen, aber wo?
Protest der 1400: miteinander reden
Zuhören - miteinander reden - das wäre doch der beste Weg.
Weniger Aggressivität!

hier noch ein interessantes Interview
https://www1.wdr.de/kultur/kulturnachrichten/stegemann-fordert-kuenstlerische-auseinandersetzung-100.html
Protest der 1400: Tarnname
@lothar kittstein (ich nehme an, sie sind der Autor der für das Düsseldorfer Schauspielhaus schreibt, richtig?) Können sie vielleicht noch etwas genauer erklären, was sie an der verlinkten Analyse des Ruhrbaron-Gast-Autoren Ioannis Dimopulos "gründlich" finden? Der Namen "Ioannis Dimopulos" führt (bei mir zumindest) bei einer Recherche im Netz ins Leere. Ausser einem Burschenschaftsgedicht findet man von einem Autoren mit diesem Namen nichts im weiten Netz. Es scheint ein Tarnname zu sein.
Protest der 1400: O-Ton Petras
Armin Petras:

"Der Rollenname lautet ‚Toussaint Louverture, ein ehemaliger Sklave‘. Diesen Begriff fahrlässig bei aller Umtriebigkeit und Probenaufregung so zu verkürzen und damit in sein Gegenteil umzukehren, ist gerade mein Hauptfehler gewesen..., ein Fehler, der nichts mit angeblich behaupteter Provokation oder Übergriffigkeit zu tun hat, sondern mit Dummheit, Nachlässigkeit, Ignoranz...“ Und weiter: „Im großen Ganzen geht meine Bitte dahin, meine Fehler deutlicher herauszuarbeiten und plastischer zu machen. Gleichzeitig aber auch zu zeigen, dass niemand vor Rassismen gewappnet ist, also jeder a priori ein Rassist ist, dass unsere Arbeit an sich ein Ort für den Kampf gegen Rassismus/Lüge/Machtsysteme ist, aber auch ein Ort des gemeinsamen Lernens sein sollte/sein kann...“

(Anmerkung der Redaktion: die Zitate stammen aus einem Text von Michael Börgerding auf der Webseite des vom ihm geleiteten Theaters Bremen: https://www.theaterbremen.de/de_DE/das-april-editorial-2021#)
Protest der 1400: der eigentliche Skandal
Der eigentliche Skandal wird übersehen, nämlich die Selbstverständlichkeit, mit der behauptet wird, die Wirklichkeit sei langweilig. Nicht nur, weil dies die Anmaßung beinhaltet, Theater sei automatisch spannender (stimmt ja bestenfalls hinter der Bühne), sondern vor allem, weil dies die Abkehr von und Ignoranz der Realität rechtfertigt und fordert. Man löst keine realen Probleme, indem man sie ignoriert. Man löst sie auch nicht, indem man sie als langweilig deklariert. Entweder macht Theater die Beschäftigung mit der Wirklichkeit spannend, oder es gehört abgeschafft.
Protest der 1400: Fiktionen?!
@Nix, bitte nicht nur ablenken. Es geht auch um Petras, es geht auch um Stegemann. Vor Allem geht es aber um das Düsseldorfer Schauspielhaus und wie Hr. Schulz mit den Vorkommnissen umgeht und umgegangen ist.
(...)
Protest der 1400: Dogma
#28
Iih. Igitt. Uff. Da muss ich mich erst einmal sammeln... Mensch kann ja eine Meinung haben, sie vertreten und auch eigenständig fördern. Aber etwas abschaffen wollen, wenn es der eigenen Vorstellung oder der eigenen Agenda nicht entspricht, ist das Paradebeispiel für Totalitarismus, für ein System, das Grundrechte wie Kunstfreiheit mit den Füßen tritt. Gruselig. Und nein, ich sage nicht, dass die Kunstfreiheit im Arbeitszusammenhang alles erlaubt, aber doch bitte, bitte nicht das Spiel mit Realität, Fantasie, Traum Utopie, Dystopie aus diesem Begriff nehmen!! Wie dogmatisch und totalitär sollen denn die Argumente hier noch werden bitte?
Protest der 1400: Vorschrift
Kunst muss eben nicht den Anspruch haben, Probleme zu lösen. KANN sie kann mensch ihr aber nicht vorschreiben. Aber das ist eigentlich schon das 1×1 der Kulturwissenschaft....
Protest der 1400: übel
@ Prof. Dr. Nix

Wissen Sie, Herr Prof. Dr. Nix, wenn Sie sich die ersten zwei Sätze Ihres Kommentares gespart hätten, dann hätte ich mich auf Ihre Überlegungen einlassen können... so bleibt der üble Geschmack, dass es eigentlich doch nur um Positionierungen und Name Dropping geht und um den Wunsch, selber auch noch gehört zu werden. Egal ob man etwas Neues zur Debatte beitragen kann oder nicht. Sie haben also Armin Petras für das bürgerliche Theater entdeckt. Und das bewahrt ihn für alle Zeit davor Fehler in seiner Berufsausübung zu machen?

"Ich kenne Armin Petras seit 1992, länger als der Kollege Börgerding, Khuon oder wer auch immer. Ich darf reklamieren, dass wenn einer, ich ihn für das bürgerliche Theater entdeckt habe."

Entschuldigen Sie bitte. Aber so beginnt kein ernsthafter Beitrag zu dieser Debatte.
Protest der 1400: führt zu nichts
Diese Diskussion/dieses Diskussionsangebot führt zu nichts, wir können uns nicht darauf einigen "gegen Rassismus" zu sein. Das ist zu wenig. Das muss genauer werden.

Und alle, die unter dem Deckmäntelchen des Rechtschaffenden ihre eigenen Zweifel oder Schwächen oder Neid verstecken, mögen das bitte mit sich selber ausmachen, oder in ihrem direkten Umfeld und es nicht unzulässig als strukturelles Problem ausweiten. Dafür ist letzteres zu wichtig.

Herr Steckel, bitte übernehmen Sie!
Protest der 1400: nichts entschuldigt
stimmt dumm gelaufen, ärgert mich über mich selbst, war anders gemeint. wollt sagen, wenn man mit einem so gestritten hat über bürgerlich und anti-bürgerlich und einen so lange beruflich kennt (30 Jahre) und schätzt, dann darf man sagen: man tut ihm unrecht an, wenn man ihm zum rassisten macht. das ist alles: nichts wird abgelenkt, nichts entschuldigt, kein Fehler, kein Alltagsrassismus, aber beistehen wollt ich. ob's nun hilft oder nicht. hören und lesen tun mich andere genug: freiwillig hoff ich. Sorry, erst denken, dann schreiben.
Protest der 1400: Völlig okay
#34
... in diesem Fall geht's um den Inhalt. Der ist wichtig und auch sympathisch. "Erst denken, dann schreiben." Tja. Kann auch mal in die Hose gehen. Aber Nix hat da recht!
Protest der 1400: bereit zu verzeihen
Liebe Kollegen,

was ich in dieser Diskussion bisher sehe ist Folgendes:

- Ein Armin Petras, der sich sehr ungut auf der Probe verhalten hat, der rassistisch war und es (anscheinend) noch nicht mal selber gemerkt hat.
- Ein Bernd Stegemann, der von Berlin aus via FAZ ungefragt seine sehr kontroverse persönliche Meinung dazu abgibt.
- Ein Willfried Schulz, der sich irgendwie nicht so richtig zu dem Vorfall an seinem Theater verhalten will (korrigiert mich bitte, falls doch!).

Ich würde mich gerne aussprechen für eine Diskussionskultur in der wir es Menschen, die heftig daneben lagen ermöglichen sich zu bessern und sich öffentlich zu entschuldigen. Bei Petras wäre das meiner Meinung nach der Fall. Er scheint eingesehen zu haben, was er falsch gemacht hat und sich entschuldigt. Auch in einer Form, die einen zumindest hoffen macht, dass er in Zukunft mit mehr Awareness probt.

Es gab vor ein paar Monaten eine Aktion auf Instagram, in der viele Männer ein Schild hochgehalten haben auf dem sie alle Fälle von Sexismus ihrerseits gestanden haben, verbunden mit einer Entschuldigung.
Mir würden auf der Stelle 30 Regisseure einfallen, die sich gerne mal wie Petras für ihren alltäglichen Rassismus, Sexismus und Machtmissbrauch entschuldigen könnten. Und zwar nicht, damit wir hier zufrieden sind, sondern damit sie selbst und die Kollegen die sich das nicht trauen vielleicht etwas dazulernen und anfangen anders und gerechter zu proben. Ich jedenfalls wäre bereit ihnen zu verzeihen, ich möchte gerne dass wir ein Miteinander haben in dem das möglich ist.

Was allerdings Herrn Stegemann betrifft (mein eigentlicher Punkt - hehe), ist ja alleine an den Inhalten seiner Publikationen ersichtlich wie sich hier der anfangs einfach nur sehr konservative Dramaturgie-Dozent mehr und mehr radikalisiert. Und diese Richtung ist nicht besonders links! Etwas das der FSJler in der FAZ-Redaktion mit 20 Minuten googeln rausgefunden hätte - sehr peinlich meiner Meinung nach.

Dass S. sich erdreistet und in einer Debatte um Rassismus-Vorwürfe (dummes Wort - besser: Rassismus) noch nachtritt und dem jungen Spieler unvermögen attestiert ist nicht nur sehr falsch, sondern vor Allem total klein. Und übrigens: selbst wenn hier einige die Meinungsfreiheit beschränkt sehen, müssen sie doch aber faktisch erkennen, dass sich das einfach nicht gehört: jemandem den ich nicht kenne und der halb so alt ist wie ich in einer Zeitung Unvermögen zuzuschreiben. Das ist Stegemanns Meinung da haben sie Recht, aber diese Gemeinheiten sollte man nicht drucken, da ist die Meinungsfreiheit-Debatte leider völlig fehl am Platze.

Das ist außerdem auch so ein (selbst erlebtes) Busch-Unding, dass "unsicher" automatisch ein Indiktator für schlechtes Spiel sei. Ich habe Jahre gebraucht um zu kapieren, dass ich nicht alles "mit mehr Eiern als ich habe" (so war die didaktische Bezeichnung damals) spielen muss. Schwitzende, schreiende, nicht nach rechts und links guckende Kollegen gibt es doch schon genug an jedem Haus, müssen wir doch nicht noch ständig welche nachliefern. (sorry ich bin etwas abgedriftet, meine entf-taste klemmt)

Sollte nun also Petras eingesehen haben, was er noch zu lernen hat, aber trotzdem weiterarbeiten dürfen; die FAZ (und alle anderen, außer der Anthaios-Verlag) gelernt haben, dass man so einen Text nicht drucken sollte; und wir alle ein weiteres Mal mitbekommen haben, das die Sphären in die Bernd Stegemann abdriftet ungut sind; - ja dann waren diese 1400 Unterschriften doch eigentlich ganz gut oder?

Ach ja: @2: Lieber Janek, da liegst Du sehr falsch, lies bitte mal Stegemanns Twitter.

entschuldigung für die Roman-länge,
C.
Protest der 1400: sozialer Status
Eigentlich verstehe ich die Ganze Debatte nicht so ganz, denn der Begriff „Sklave“ ist nicht rassistisch. Er beschreibt einen sozialen Status, nämlich das ein Mensch entrechtet ist oder wurde und nicht über sich selbst bestimmen darf. Das kann allen Menschen widerfahren unabhängig von ihrer Herkunft und Hautfarbe. Und tatsächlich gab es in der Geschichte jede Art von Sklaven, weiße, schwarze oder auch ganz andere Gruppen. Der Begriff ist einfach keine rassistische Kategorie.
Protest der 1400: Extreme ausprobieren
Man kann auch mal einen Stuhl nach Petras werfen und ihn beschimpfen. Das hält er aus. Zurückbrüllen, wenn er energetischeres Spiel verlangt. „Schneller ihr Penner“, „ich schlafe gleich ein“. Man kann über alles mit Ihm reden, alles ausdiskutieren. Manchmal schreit er: „Jetzt nicht, erst mal weitermachen“. Petras ist ein spannender Künstler, ein guter Kollege, ein kluger und ein gerechter Regiesseur. Man kann mit ihm alles klären, aber nicht Jahre später über öffentliche Medien. Das geht so nicht. Probenarbeit im Theater braucht den „Geschützten Raum“. Wir Schauspieler brauchen den „Geschützten Raum“. Sonst können wir Theater vergessen.
Theaterarbeit muss überhöhen, muss Extreme ausprobieren. Ich will als Schauspieler an meine Grenzen gehen können, überfordert werden und aufgefordert werden zur Überforderung, dabei meinen Impulsen folgen ohne nachzudenken: ist das jetzt politisch korrekt, darf ich das jetzt sagen, darf ich das jetzt so spielen. Das macht manchmal auch Angst, überfordert zu sein. Es ist aber auch unsere Professionalität, damit umzugehen und die Überforderung auszuhalten. Ich mache den Beruf seit vierzig Jahren und empfinde das immer noch als ein Privileg. Aber es ist ein Weg, ein Weg voller Reibungen und Widerspruch. Vom Widerspruch aber lebt alle Kunst, von der Reibung. Von der Reibung und den Widersprüchen lebt und entwickelt sich eine Gesellschaft.
Danke, Armin Petras. Ich freue mich auf die nächste spannende Zusammenarbeit.
Protest der 1400: ungefragt?
Ich bin mir nicht so sicher, ob der Promi-Dramaturg zu dem Thema wirklich ungefragt für die FAZ geliefert hat...
Ich habe genug an seinen Büchern auszusetzen, da muss ich nicht auch noch FAZ-Artikel von ihm lesen, sowas wird ja in der Zeitung mit naturgemäß weniger Schreib- und Nachdenk-Zeit nicht besser, bloß weil es sich an extern gelieferten Beispielen exemplifiziert.
Protest der 1400: Speisekarte
In seiner KRUSO -Inszenierung bestand Armin bei der Aufzählung der Speisen die Gerichte: (Z-Wort für Sinti & Roma)* -steak / (...)-Geschnetzeltes unbedingt zu streichen. Das tat ich.
Zu #39. Bravo Mike, ich hätts nicht besser sagen können.

*Anmerkung der Redaktion
Protest der 1400: Schäm Dich!
Claus schreibt:
"Ich würde mich gerne aussprechen für eine Diskussionskultur in der wir es Menschen, die heftig daneben lagen ermöglichen sich zu bessern und sich öffentlich zu entschuldigen....
Es gab vor ein paar Monaten eine Aktion auf Instagram, in der viele Männer ein Schild hochgehalten haben auf dem sie alle Fälle von Sexismus ihrerseits gestanden haben, verbunden mit einer Entschuldigung."
Ich empfehle fürs erste und aktuell: Judith Sevinc Basad: Schäm Dich!
Westnend Verlag. Öffentliche Entschuldigungen! Schilder hochhalten (oder besser um den Hals mit gesenktem Kopf?)!! Geständnisse und Selbstkritik. Ansonsten zum Thema zu empfehlen Bücher über stalinistische Schauprozesse, katholische Inquisition...Und vielleicht entstehen Stücke?
Protest der 1400: Lothar Kittsteins Text im nd
Lieber Lothar Kittstein,vielen Dank für die kluge Analyse hier und auch im nd (www.neues-deutschland.de/artikel/1150956.rassismus-an-deutschen-buehnen-kein-richtiges-theater-im-falschen.html)
Sehr wichtig der Satz zu dem erschreckenden Empörungsfuror des Briefes: "Wo Denken sich kritisch gibt, auf analytische Schärfe aber pfeift, produziert es Ideologie." Ich teile Ihre Besorgnis und bin froh, dass es Ihre Stimme gibt.
Protest der 1400: irre Schicksalauspendler
Auch wenn an dem Artikel von Kittstein viel Wahres dran ist: "Ganzheitlichkeit" ist keine "Esoterik-Vokabel". Es ist ein Begriff, der im Verlaufe von Jahrzehnten als Bezeichnung einer komplexen Betrachtungsweise dient, auf deren Grundlage Analyse auf Zeithöhe erfolgen kann: der Betrachtung ökologischer Systeme, medizinischer Problemstellungen, bio-psycho-sozialer Gesellschaftszusammenhänge in Etat-Grenzen usw. Den Begriff als "Esoterik-Vokabel" zu bezeichnen, ist m.E. ein elegant verbrämter Versuch, Kritiker der augenblicklichen politischen Machtausübung zu diffamieren als vage irre Schicksalsauspendler unterm Sternenzelt und diese unterschwellige Diffamierung als unantastbar linke Gesinnung zu verkaufen-
Protest der 1400: Mithu Sanyal
Mithu Sanyal hat einen sehr konstruktiven Beitrag in der FAZ dazu verfasst:

https://m.faz.net/aktuell/feuilleton/eine-replik-auf-bernd-stegemann-zum-rassismusvorwurf-17299672.html
Protest der 1400: Erwiderung von Bernd Stegemann
Wenn Tugend durch den Schrecken herrscht: sehr lesenswertes Interview mit Bernd Stegemann
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/theater/bernd-stegemann-li.154437
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