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Neue Leitungsstruktur am Theater Basel

Flachere Hierarchien

Basel, 6. Mai 2021. Das Theater Basel erhält eine neue "teamorientierte" Leitungsstruktur, wie der Verwaltungsrat der Theatergenossenschaft Basel beschlossen hat.

Anstelle einer Direktion, die bisher aus Intendant*in und kaufmännischer Direktor*in bestand, wird das Theater ab dem 1. Juni 2021 operativ von einer Theaterleitung geführt, in der "alle wichtigen Funktionen auf der höchsten Entscheidungsebene vertreten sind", heißt es in der Presseaussendung des Theaters. Diese Theaterleitung umfasst Intendanz (Vorsitz), Oper, Schauspiel, Ballett, Theater Public, Künstlerische Betriebsdirektion, Technische Direktion, Finanzen & Verwaltung, Personalwesen sowie Kommunikation & Sales.

Eine Geschäftsleitung aus den Reihen der Theaterleitung wird "für Strategieentwicklung, Umsetzung der Strategie und kaufmännische Leitung des Theaters sowie für die mittel- und langfristige Planung verantwortlich" sein. Dieser Geschäftsleitung gehören ab dem 1. Juni 2021 Benedikt von Peter (Intendant / Vorsitz), Anja Dirks (Stellvertretende Intendanz in künstlerischen Fragen), Christoph Adam (Personalwesen), Susanne Benedek (Kommunikation & Sales) sowie Alexander Kraus (Finanzen & Verwaltung) an.

"Die sehr hierarchische Leitungsstruktur des Theaters ist nicht mehr zeitgemäss. Eine teamorientierte und breiter abgestützte Leitung wird eine Betriebskultur schaffen, in der Zusammenarbeit und das gemeinsame Tragen von Verantwortung gefördert wird", zitiert die Presseaussendung den Präsidenten des Verwaltungsrates der Theatergenossenschaft Basel Michael Willi. "Wir sind überzeugt, dass dadurch auch innovativere Ideen entwickelt und schneller umgesetzt werden, um das Erlebnis für unser Publikum laufend zu verbessern."

(Theater Basel / chr)

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Kommentare  
Leitung Basel: feiern und hauen
Interessant zu sehen, dass bei einer solchen interessanten, innovativen und voraussichtlich konstruktiv Neuerung sämtliche Kommentierende fernbleiben. Warum wird sowas nicht mit demselben Eifer gefeiert, wie gerade aufeinander eingehauen wird?
Es scheint, als würde sich die kommentierende Masse lieber auf die gegenseitige Dekonstruktion stürzen, anstatt mit Neugier die tatsächlich im Wandel befindlichen Arbeitsprozesse zu verfolgen. Schön zu sehen, dass dies am Theater Basel hoffentlich der Fall sein könnte!
Leitung Basel: Zeitgeist-Wettrennen
Das ist meiner Meinung nach dasselbe wie die bisherigen Leitungsrunden, hier waren die gleichen Abteilungsleiter vertreten, und ein halbwegs kluger Intendant hat die dort gefällten Beschlüsse nach außen und innen vertreten.
Dieses Zeitgeist-Wettrennen der Theater ist im Grunde billige PR, und die Medien und und vor allem die Politiker fallen darauf rein.
Leitung Basel: abwarten
Klingt super. Aber ob aus der veränderten Leitungsstruktur wirklich eine veränderte Betriebskultur und daraus auch wirklich spannendere Erlebnisse fürs Publikum entstehen werden, bleibt abzuwarten. Viel Glück, Euch Baslern!
Leitung Basel: neue Kleider
Diese Konstruktion gibt es genau so an den meisten Theatern. Der Rest ist Begriffsmarketing.
Ebenso im Schauspiel: der Schauspieler als Teil der Leitung steht mit Kollegen auf der Bühne, befindet aber in der Hierarchie über deren Einsatz. Das Theater hat kein Ensemble, sondern ist eine „compagnie“, Dh mit Menschen, die sich komplett gebunden haben und mit zahllosen Gästen mit Flyer in Flyer our- gern aus berlin.
In Zürich anders und zugleich ähnlich: angeblich ist das eine Bande von 8 regiekräften, die sich mit dem Theater fest verbunden und ihren Wohnsitz dorthin verlagert haben. Da könnte man mal recherchieren...
Des Kaisers neue Kleider.
Leitung Basel: Stärkung der Intendanz
Was bedeutet diese neue Konstellation für die Schauspielleitung? Eigentlich sollen alle vier gleichberechtigte LeiterInnen sein. Jetzt ist eine der vier stellvertretende Intendantin und Mitglied der Geschäftsleitung und für die Strategie mitverantwortlich, die anderen sind es nicht. Damit ist aufmSchauspielebene keine Gleichberechtigung mehr gegeben.
Die Frage ist natürlich, ob das Basler Modell im Schauspiel je als Beispiel fur eine Teamleitung getaugt hat, denn sie war schon immer dem Einzelintendanten und der Geschäftsleitung klar unterstellt. Es war keine Teamleitung, sondern eine Team-Abteilungsleitung. Und man muss sich die Frage stellen, ob ein Team auf der zweiten Leitungsebene nicht eher die Machtposition der Einzelperson an der Spitze stärkt. Aber das ist nun hinfällig.
Ob in dieser Geschäftsleitung wirklich die Macht gleichmäßig verteilt ist, hängt von der Geschäftsordnung und den Verträgen ab. Dass der Intendant allein den Vorsitz hat lässt aufhorchen und den Verdacht aufkommen, dass öffentlichkeitswirksam von einer Doppelspitze mit Intendanz und Geschäftsführung mit gleicher Macht zu einer vorgeblich breiteren Machtverteilung gewechselt wird, die in Wahrheit nur eine Stärkung der Machtposition der Intendanz ist.
Leitung Basel: Liefer-Service
Liebe Dramaturgin, das scheint eine zutreffende Wahrnehmung zu sein. Die Intendanz wird gestärkt, die Schauspieler*innen geschwächt, die Schauspielleitung geschwächt, das bestehenden Machtgefälle steiler gemacht. Interessant ist auch folgendes Zitat: "Wir sind überzeugt, dass dadurch auch innovativere Ideen entwickelt und schneller umgesetzt werden, um das Erlebnis für unser Publikum laufend zu verbessern." Der wahre King, die wahren Königin, ist das Publikum und seine Erwartungen. Das Theater wird zum Lieferanten und ist geprägt von einem "Service"-Gedanken. Das muss natürlich nicht schlecht sein. Aber was wegfällt ist die Emanzipation von "uneffizientem" künstlerischen Ausdruck. Sehr oft war dieser "uneffiziente" künstlerische Ausdruck natürlich auch geprägt von ich-bezogener Subjektivität der Künstler*in, wie auch einer totalitären oder auch chauvinistischen Haltung: Kunst darf sich selber genügen. Es ist richtig und zeitgemäss, dass das relativiert wird durch eine stärkere Einbindung des "Erlebnisses" für die Zuschauer. Muss aber trotzdem dieser Service am Publikum so extrem herausgestrichen werden und ist dieser Service am Publikum auch die massgebliche Komponente an der Stärkung des CEO's = Intendanten = Vorsitz? Erfordert die Selbstdefinition als "Erlebnis"-Anbieter (a la Disney) eine straffere Hierarchie, die mit einer gleichzeitigen Camouflage einhergeht, die diese steilere Hierarchie tarnt als "Team"-Leitung?
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