Wir sind böse!

von Matthias Schmidt

Leipzig, 30. Oktober 2008. Kaum hatte Uschi die Bühne betreten, da musste sie mal und pinkelte direkt vor den Eisernen Vorhang. Auf dem steht merkwürdigerweise seit der "Matthäuspassion" der Koppelspruch der deutschen Soldaten (bis 1945) "Gott mit uns". Die Polizei trug die Dinger noch bis 1970, doch das nur am Rande. Jedenfalls war Uschis Auftritt der erste große Lacher des Abends.

Uschi ist nämlich ein schwarzer Mops, weshalb ihr Pinkeln noch lustiger war als das Kacken von Macbeth. Der macht in einen Eimer, dessen Inhalt dann auf diverse Mitspieler verteilt wird. Schokopudding im Gesicht, das war nicht lustig, sondern eklig und böse. Überhaupt war vieles betont lustig und vieles betont eklig und böse an Sebastian Hartmanns "Macbeth". Auf der Rückseite des Programmzettels stand in Riesenlettern: Wir sind böse. Wer dabei dachte, das kann ja heiter werden, behielt schließlich aber auch recht.

Die wollen nur spielen

Der erste Auftritt gehört in Leipzig Macduff, den Guido Lambrecht als edlen Wilden gibt, mit freiem Ober- und bald auch freiem Unterkörper. Blutbeschmiert erkundet er Zuschauerraum und Bühne. Kein Hexenzauber, keine Kriegerromantik – Hartmann fokussiert von Anfang an auf das Gewaltpotential dieser brutalen Tragödie. Vornehmlich laut, gerne nackt (im weiteren Verlauf: Duncan, Lady Macbeth und Rosse) und immer blutig ist die Gewalt präsent. Und weil ohnehin fast jeder weiß, dass am Ende von Shakespeares Tragödien alle Beteiligten tot sein werden, spielt man das von Anfang an mit.

Duncan hat das Messer schon in der Brust, als er noch unangefochten König von Schottland ist. Eine Idee, die frühzeitig klärt, dass alles nur ein Spiel ist, wenn auch ein böses. Sicher gibt es so ein "Messer in der Brust" auch als Faschingskostüm.Die Zeichen dafür, dass hier "nur gespielt" wird, verdichten sich, als Uschi auftritt, der Mops. Uschi spielt die Hexen von Birnam, was an sich jeder Logik entbehrt. Wenn dann das große Morden beginnt, wenn Macbeth zu Holger Bieges Gut-Menschenlied "Reichtum der Welt" (was macht eigentlich Holger Biege?) immer größere Waffen in Duncan bohrt und dieser sterbend durch den Bühnensand tanzt, gibt es keine Zweifel mehr. Die sind nicht böse, die wollen nur spielen.

Das Prinzip Thomas Lawinky

Wir sehen eine Schauspieltruppe, die böse Jungs spielt: herumbrüllende, simpel gestrickte Militärs, eine Handvoll abgestumpfter Dummköpfe unter Waffen. Soll es geben! Wir sehen eine Schauspieltruppe, die nach improvisierten Gags sucht, so, wie es dem Volkstheater der Shakespeare-Zeit nachgesagt wird. Wir sehen eine Inszenierung, die keinen Effekt scheut. Ob Stroboskop-Licht, Nebel, Musik oder Video: hier wird mit großem Besteck großes Bilder-Theater gemacht.

Die Schauspieler fühlen sich sichtlich wohl in diesem Spiel, trotz ihrer vom vielen Brüllen heiseren Stimmen. Das "Prinzip Thomas Lawinky" (Macbeth) funktioniert großartig, und Peter René Lüdecke als Banquo steht ihm in nichts nach. Souverän fallen sie aus den Rollen und versuchen sich in Situationskomik, der nichts zu albern scheint – als Banquo Macbeth einen Ratschlag gibt, rollt beispielsweise ein Rad auf die Bühne. Ein Rad-Schlag, na ja, manches geht auch in die Hose. Eine solche Spielfreude aber gab es im Leipziger Theater seit Jahren nicht zu besichtigen. In Anspielung auf den ernsten Kontext der Tragödie: es wird gespielt ohne Rücksicht auf Verluste.

Macbeth – der Comic

Dass dabei ein guter Teil des Stückes (und auch der ambitionierten Dramaturgenprosa, mit der das Haus für die Inszenierung wirbt) auf der Strecke bleibt, ist angesichts dieser guten Nachricht zu verschmerzen. Zu blass die Lady Macbeth (Cordelia Wege), ein zwar triebhaftes, aber nie mächtiges Weib. Ihr Einfluss auf Macbeth und ihr späterer Wahnsinn sind nicht einmal ansatzweise glaubhaft. Die Söhne Duncans sind kaum mehr als ulkige Vögel, und warum der schottische Than Rosse (Emma Rönnebeck) als nackte Frau stirbt - sei's drum! Sebastian Hartmann hat den "Macbeth" auf Comic-Niveau gestutzt, und das ist in diesem Falle gut so.

Vielleicht wird das Shakespeare sogar mehr gerecht als eine neuerlich nuancierte Suche nach DER moralischen Botschaft, die wir ohnehin schon kennen. Buhrufe und Jubel dafür hielten sich die Waage. Im Theateralltag fehlt die johlende Hartmann-Premieren-Fangemeinde; die "Matthäuspassion" wird sehr schlecht besucht. Mit dem "Macbeth" ist das Centraltheater endgültig an die Freunde des rabiaten Theaters übergeben. Dennoch ist es gut so, wie es ist, denn vorher war das Haus bekanntlich auch nicht voller. Nur waren da eben die drin, die jetzt draußen bleiben. Es soll ja Stadttheater geben, die dafür eine Lösung finden…

(PS.: Ein Stück Rindfleisch hat auch noch mitgespielt, als Opfer, war aber billig: 2,57 Euro)

 

Macbeth
von William Shakespeare
Inszenierung: Sebastian Hartmann, Bühne: Sebastian Hartmann, Kostüm: Hildegard Altmeyer. Licht: Rainer Casper.
Mit: Maximilian Brauer, Andreas Keller, Jörg Kleemann, Guido Lambrecht, Thomas Lawinky, Peter René Lüdicke, Emma Rönnebeck, Henrike von Kuick, Cordelia Wege.

www.centraltheater.de

Mehr zu Sebastian Hartmann im nachtkritik-Archiv: Seine Leipziger Intendanz trat er im September mit der Matthäuspassion an. Anfang Oktober legte er dort seine Hamburger Inszenierung von Peter Handkes Publikumsbeschimpfung wieder auf.

 

Kommentare  
Hartmanns Macbeth: noch krasser
Schön, den guten alten Macbeth wiederzusehen! Wem das Hartmann-Stück schon in Magdeburg gefiel, der hat auch Gefallen an der Leipziger Version. Die ist zwar noch krasser (dadurch nicht unbedingt besser), aber legt den Irrsinn von Mord und Krieg genauso frei wie das Original in der Elbestadt. Die schlussendliche Auflösung in der Liebe: auch hier absolut gelungen. Ganz großes Theater - die bislang beste Hartmann-Inszenierung in LPZ!
Hartmanns Macbeth: endlich wieder posten
Und ich hab mich schon gefragt, wann die paar Hartmann-Feinde und die paar Hartmann-Fans endlich wieder zu posten anfangen :-)
Hartmanns Macbeth: schade, immer dasselbe
Hm, Spielfreude kann man das natürlich auch nennen. Es wäre aber schön, wenn der geneigte Besucher auch etwas davon hätte; das allerdings bleibt zumindest mir irgendwie verwehrt. Ist es wirklich Spielfreude, ständig dasselbe sehen zu müssen? Ständig denselben Lawinky, ständig denselben Lüdicke und ständig dieselbe van Kuick? Irgendwie scheinen die sich ja alle auch einig zu sein: Wir provozieren mal. Provozieren. Das wollte ich mit sechszehn auch. Gerade Nietzsche oder was weiß ich denn gelesen, und dann der Welt zeigen, wo der Hammer hängt. Aber spätestens mit 18 hätte ich es dann auch langweilig gefunden. Dieses Theater ohne Figuren. Ohne Strukturen. Ohne Humor. Ohne Entwicklung. Ohne Schauspiel. Ohne Schock.
Ich weiß einfach nicht, wo das hinführen soll.
Immerhin: die Bühne sah schön aus, ein Fortschritt gegenüber der Matthäus-Passion. Die ein oder andere Szene hat eine schöne Idee angedeutet... doch solche auszuarbeiten fällt dem billigen Effekt anheim.

Schade, irgendwie. Ich stelle mich schon auf das nächste gleiche Stück ein.
Hartmanns Macbeth: ein Penis schon nach zehn Minuten
Nach den ersten zehn Minuten gab es einen Penis, gellende Schreie, multimediale Untermalungen und einen Hund. Das zog sich dann munter durch das ganze Stück.
Es bleibt die Vermutung, keine Pause eingefügt zu haben, weil man Angst hatte die Besucher würden flüchten.
Schade, ich hatte mich schon so auf den neuen Wind gefreut.
Hartmanns Macbeth: bitte mehr von diesen witzigen Kritiken
Nach Lektüre der Kritik weiß ich, dass das nicht meine Form von Theater ist und ich mir den Besuch sparen kann. Trotzdem bin ich dankbar, dass Hartmann den Macbeth inszeniert hat, denn er hat diese Kritik ermöglicht - und die ist so witzig, so gut geschrieben, dass ich mehrfach laut herausgelacht habe. Mehr davon, ihr Nachtkritikaster!
Hartmanns Macbeth: Nachtkritiken von Wiederaufnahmen?
seit wann werden bei nachtkritik eigentlich wiederaufnahmen aus den jahre schnee rezensiert ?
Hartmanns Macbeth: das Nieveau der hiesigen Rezensionen
"Vornehmlich laut, gerne nackt "

wenn dass das nieveau der hiesigen rezensionen ist und bleibt, kauf ich mir lieber noch ein lvz-abo. auf dem dumm-dreisten klugmacher-boulevard-niveau möchte ich hier eigentlich keine rezensionen lesen.
90er jahre-ironie-ironisch-finder sind doch irgendwie auch von vorgestern. och nö
Hartmanns Macbeth: Darum Nachtkritik von Wiederaufnahmen
Seit sie (die Wiederaufnahmen) von Interesse sind!
P.S.: Plural=Jahren
Hartmanns Macbeth: keine reine Wiederaufnahme
"Macbeth" ist auch keine Wiederaufnahme im klassischen Sinne - wie bspw. die "Publikumsbeschimpfung" eine ist, in der neben wenigen Neuerungen alle vier Schauspieler des Hamburger Originals mitwirken. Der Leipzig-"Macbeth" hat bis auf Lawinky und Lüdicke komplett neue Darsteller und setzt diverse neue Akzente (in MD war nicht der ganze Bühnenboden mit Sand bedeckt, in MD gab's andere Kostüme, keine komplett Nackten etc.).
Hartmannns Macbeth: Schadenfreude?
Ich würde Herrn Schmidt gerne fragen, wie er seine Kritik angelegt hat. Ich lese da in keiner Weise einen Verriss heraus, ebenso wenig wie eine Hymne. Sollte sein Ziel gewesen sein, das Stück zu deklassieren, dann hat er dieses verfehlt. Seine Rezension liest sich wie ein Anreiz, sich Macbeth in Leipzig anzugucken (von Berlin auch nur eine gute Bahnstunde, wenn die denn fährt...). Aufklärung täte Not, Herr Schmidt! Und wieso dieses Beharren auf "schlechte Auslastungen"? Welches Theater, zumal Stadttheater, hat damit nicht zu kämpfen? Ich verstehe nicht, warum das hier immer in einer Weise betont wird, als wären die Stadttheater in anderen mittelgroßen deutschen Städten nach sechs, sieben, acht Vorstellungen immer noch rappelvoll. Spielt da Schadenfreude eine Rolle? Dann sind Sie kein geeigneter Rezensent.
Hartmannns Macbeth: Was ist das Problem mit Nacktszenen?
Wieso gelingt es uns, den Zuschauern des Fernseh- und Medienzirkuszeitalter eigentlich noch immer nicht, Nacktszenen im Theater als das zu sehen, was sie sind: Nacktszenen, nicht mehr, nicht weniger. Das leichte Raunen oder die lauen Bekundungen von Langeweile im Moment des Auftritts eines nackten sind an sich schon wieder langweilig. Nichts anderes wäre es, als würde sich ein Kinobesucher darüber beschweren, dass nach 100 Jahren Westernfilm die Cowboys noch immer schießen. Was soll dieses Grummeln also? Wo leben solche Zuschauer mit ihren Stoppuhren?
Hartmanns Macbeth: verbindliche Kriterien fürs Ausziehen?
Nacktheit = schießende Cowboys...? Naja, bei MIR rufen diese Schlüsselreize unterschiedliche Empfindungen hervor.
Das Problem der Nacktheit auf unseren Bühnen liegt m.E. darin, daß es immer die falschen sind, die sich ausziehen. Entweder unansehnliche, dicke, ungepflegte Männer oder Frauen, die die besten Jahren schon hinter sich haben. Oder umgekehrt. Oder beides.
Vielleicht sollte man verbindliche, ästhetische Kriterien für das Blankziehen einführen. Ideen?
Hartmanns Macbeth: Hilfreiche Habil
Sehr verehrter Herr Faßbender, ich meine, daß ihr Bewältigungsversuch rund die inflationäre Nacktheit im deutschen Schund- und Mülltheater (von Gosch bis Hartmann) am eigentlichen Problem vorbeischießt [insofern tatsächlich wieder das Westernbild). Auch wenn es mir schwer fällt, ich darf Sie auf meine Habilitation zum Thema "Handfeuerwaffen als Phallussymbol im deutschen Western des späten 19. Jahrhundert" hinweisen, in dem ich die Gleichung "Pistole = Penis" logisch und - ich scheue mich nicht, es zu sagen - geradezu visionär auf das deutsche Theater des späten 20. Jahrhunderts zu übertragen wußte. Mit freudigen Grüßen, St.
Hartmanns Macbeth: rundum gelungen
Mir gefiel Macbeth heute insgesamt richtig gut. Großes Lob an die Darsteller. Tolle Bilder, Musik und Ton ebenfalls klasse, Bühnenbild gefiel mir auch sehr gut - rundum gelungen würde ich sagen. Kleiner Kritikpunkt: Vielleicht wäre es an manchen Stellen etwas vorteilhafter, wenn die Darsteller nicht ganz so laut (stattdessen lieber etwas verständlicher) schreien würden. Ansonsten fand ich es auch sehr amüsant, wie der Hauptdarsteller zwischendurch mit dem Publikum geredet und wie er jene, die schon früher gehen wollten, verabschiedet hat - das war cool :-)
Hartmanns Macbeth: schöne Nacktheit
Also die Nackten am Centraltheater in Leipzig sind sehr schön anzuschauen :-)
Hartmanns Macbeth: so muss Zeitgemäßes sein
Da muss ich dem Burgum zustimmen: die waren alle hübsch, die Nackten in Leipzig - eher wäre einzuwenden, dass hässliche Nackte völlig unterrepräsentiert waren.
Wir sind als Touristen kurzfristig ins Theater gegangen und nach dem Anfangsgeschrei zunehmend angetan gewesen: so muss zeitgemäßes Theater sein.
Ich denke auch, dass man damit auch eine gute Chance hat, das Theater mit jüngerem Publikum zu füllen...
Kleine Einwendung: wenn der Text verstanden werden soll, dann müsste ein Schauspieler in der Lage sein, deutlich zu sprechen... aber bei so schönen Bildern brauchts das ja nich immer.
Hartmanns Macbeth: too much!
Ich hatte eher das Gefühl man versucht dem Publikum alles "entgegen zu schleudern" was irgendwie auf der Bühne machbar ist... too much!

Ein mutiger Versuch alte Fesseln zu sprengen, aber ich weiß nicht ob das in diesem Extrem Sinn macht - Menschen die noch nie McBeth gelesen haben, werden keine der Andeutungen verstehen, geschweige denn die Geschichte nachvollziehen können.

Auch was die Nacktheit angeht - irgendwann hab ich mich gefragt: "Was? Der jetzt auch? Aber warum das denn?"... ich habe einfach versucht es als Symbol für Verletzlichkeit u.ä. zu interpretieren....

Dennoch: tolle Bilder, darstellerisch auch sehr schön - meiner persönlichen Meinung nach das nächste Mal vielleicht: "Weniger ist mehr"...
Hartmanns Macbeth: wieder mal schade
Ach, das war doch schon mal großartig. Fast kaum langweilig, nur da wo es wirklich mal um Theater ging, nämlich mal Dialoge machen ... Die großen Nebel-Bilder mit Krachmusik haben Spaß gemacht, alles andere dazwischen war doch nicht mal Schultheaterniveau ... Wieder mal schade, Herr Hartmann.
Hartmanns Macbeth: das schlechteste Stück das ich je sah
was soll ich sagen. Ich glaube, dass war das schlechteste Stück, dass ich in meiner ganzen theaterkarriere je gesehen habe... . Ist geschmackssache, aber es muss doch auffallend, wie runterrasselnd die Schauspieler ihrer rollen wahrnehmen und dass man diese inszenierung auch eigentlich hätte "hartmann" nennen können. nichts gegen einen eigenen stil, aber das ist einfach nur effekttascherei. genauso wenig etwas gegen nacktheit auf der bühne, aber das war einfach nur wahllose ausstellung von nackten körper.
auffällig wie unreflektiert Schmidts eigener artikel ist. Der 2. Teil macht es deutlich, nämlich wie wiedereinmal frauenfiguren in hartmann vorstellungen vorkommen. wie kann man eine lady macbeth nur in so eine figur verwandeln?! "warum der schottische Than Rosse (Emma Rönnebeck) als nackte Frau stirbt - sei's drum!" sei es drum? ich bitte darum, dass ist echt totaler schwachsinn. es sollte sich nur einfach ma wieder jmd ausziehen...das ist doch langweilig, deswegen geh ich nicht ins theater!
Hartmanns Macbeth: Das Stück ist ...
Die Schlechteste Inzenierung - vielleicht?
Das Stück ist großartig.
Hartmanns Macbeth: Party für die Family
Genau da liegt der Hase im Pfeffer.
Wäre das STÜCK MACBETH nicht so großartig, hätte ich Hartmanns Inszenierung wahrscheinlich gut finden können. Unter anderem Titel und somit anderen Vorzeichen eben... Schon ein simples “nach” Shakespeare hätte wohl geholfen – dem Zuschauer, im Endeffekt auch dem Theater/ den Schauspielern.
Als “Macbeth” war das für mich ein in sich nicht stimmiges, erschreckend oberflächliches, teilweise bedauernswert albern-lächerliches Ärgernis, das Unmengen Selbstverliebtheit und Arroganz über die Rampe schickte. Ein Inszenierungsteam feiert Party mit sich selbst (“Teeniegeburtstag”nannte es ein junger Mensch in der Reihe vor mir ) und wundert sich, wenn im Publikum die Aufmerksamkeit nach und nach respektloser (hier resignierter, da belustigter) Unruhe weicht. Die Qualität mancher Schauspieler findet wenig Raum, wo es doch eigentlich Wahnsinns-Rollen sind...hätten sein können...sollen...
Es gab starke Momente, starke Bilder en masse, teilweise starke Figuren... nur schade, daß die Charaktere und Handlungsfäden des Shakespeare-Stückes, in das man vermeintlich geht, allenfalls angedeutet, oft platt verkaspert, kaum mal jedenfalls “entwickelt”(geschweige denn für Nicht-Stoff-Kenner begreifbar vermittelt) wurden - “Comic”, wie der Herr Nachtkritiker es nannte, trifft es recht gut. Es war streckenweise großartig anzusehen, aber es ergriff mich nicht. Fast gar nicht. Was die “Hartmann-Family” über Krieg, Macht, die psychischen Deformierungen usw. denkt, ist nach ungefähr zwölfeinhalb Minuten hinlänglich mitgeteilt und trifft sich mit z.B. meinen Ansichten ziemlich gut. Aber warum braucht’s dafür das Etikett “Macbeth”?
Ich laß mich gern von neuen Sichten auf alte Stoffe überraschen, mich im Theater “umhauen” sowieso – emotionale Wucht in wirklich JEGLICHER Ausprägung: her damit! Klasse-Optik und Mörder-Sound scheinen mir kaum mehr als kleine Schritte auf dem Weg dorthin.
Hartmanns Macbeth: widersprüchliche Werktreue
Ich finde die unausweichliche Widersprüchlichkeit in den Pamphleten der Werk- und Wertreuen immer wieder wunderbar: Sie schreiben sich die Shakespeares, die Büchners, die Schillers, die Lenze, die Goethes, die Wen-sonst-noch auf Ihre Heizdecken, ohne zu bedenken, dass jeder der Genannten zu seiner Zeit selbst geächtet, wenn nicht sogar (politisch) verfolgt wurde. Wie hätten die heutigen Werk- und Wertbewahrer gegen diese "Schmierfinken" gehetzt, hätten sie zu deren Lebzeiten im Theater gesessen...? Die Werk- und Werttreuen im Theater sind kleine, engstirnige Couch Potatos, die das Theater der ständigen Wiederholung wünschen, damit ihre einwandfreie Weltsicht nicht einmal für die Länge eines Theaterabends "aus DEN Fugen" gerät, die Shakespeare seinerseits angeprangert hat - und das im Verhältnis zur Theatersprache seiner Zeit rüpelhaft, maßlos, werk- und wertuntreu. Aber es wäre schade, auf diese brandstiftenden Biedermannzuschauer zu verzichten, diese Leitkulturellen, die sich am eigenen Leiden mästen.
Hartmanns Macbeth: an Schüttelbier
Genau das ist die Haltung, die auch von der Bühne kam: Ihr findet uns nicht großartig? Dann zeigen wir euch mal, wie dämlich das ist, was ihr von uns wollt: Da zelebrierte dann das Macbeth-Paar zehn Minuten lang "klassisches Deklamieren", damit "die Leute nicht rausrennen" - als ob es zwischen dem Hartmann-Theater und pathetischem Armeschwenken zu steifem Getöne weiter nichts gäbe.
Herr Schüttelbier, hätten Sie meine Zeilen aufmerksam gelesen, wäre Ihnen womöglich aufgefallen, daß ich es NICHT werktreu brauche. Aber konsequent hätt ich’s gern. So wie z.B. Kruses “Don Juan”. Oder, in ganz anderer Weise, die “Publikumsbeschimpfung”. Ich fühle mich zwar von Ihren markig-hämischen Schmähungen der Werk- und Werttreuen nicht im geringsten getroffen, weil mich im Theater tatsächlich was völlig anderes interessiert, verstehe aber angesichts solcher Haudraufreaktionen immer besser diejenigen meiner Bekannten, die früher begeistert in Petras-, Lauterbach- oder ähnliche Inszenierungen (es ist halt ein weites Feld ... und, Achtung: Text-/Werktreue bei jenen eher mäßig!) mitgekommen sind und mir mittlerweile einen Vogel zeigen, weil ich mir jede Centraltheater-Inszenierung ansehe. Mästen Sie sich gern weiter am Leiden über die kritischen Dummköpfe – ich selber lass mir davon meinen Spaß an leidenschaftlichem Theater und meine Hoffnung auf wirklich Neues, das mich umhaut, nicht nehmen.
Hartmanns Macbeth: wer kennt die Lieder?
Kann mir jemand die Lieder nennen, die im Stück vorkommen? Die sind echt geil!
Hartmanns Macbeth: lieber 'nen Premieren-Decoder
@ erwartungsvollgewesen: Du klingst wirklich wahnsinnig entspannt, Alter. Nicht gerade so, als ob du in deinem Theater inzwischen `ne Tüte rauchst, aber ansonsten: wahnsinnig entspannt. Auf solche Zwischenweltler hat das Theater gerade noch gewartet. Kauf´ dir lieber nen Premiere-Decoder, kannste gucken waste willst, wann du willst. Gemeinsam mit dir teile ich den Wunsch, daß dich bald mal was umhaut! Der Rest ist Schwätzen.
Hartmanns Macbeth: peinliche Dramaturgie
Wann hört die Leipziger Dramaturgie endlich mit dem Werbe- Geschreibsel in diesem Forum auf ? Das ist doch peinlich.
Hartmanns Macbeth: grausam pubertär
Leider, leider, leider...
kam nach Engel auch nichts gutes. Hartmanns Inszenierungen sind platt, meist durchgehend schlecht gesprochen, von unglaublich idiotischem und schlechtem Humor durchsetzt, pubertär fäkaldurchweicht, ohne neuen Ansatz, oder Rafinesse. Das schönste das Anfangsbild mit viel grüner Petersilie auf rotem Blut. Danach nur noch idiotisch langweilig inkonsistent, versatzstückartig. Grausam!
Hartmanns Macbeth: keine Langeweile, keine Buh-Rufe
ich war gestern zur macbeth-aufführung und war begeistert. alles stimmig. die figuren glaubhaft (lady macbeth hätte ich mir nicht besser vorstellen können), die brüche zeitgemäß (in jeglicher hinsicht), die bilder erwartungsgemäß großartig, die musik mal grotesk, mal aufwühlend gesetzt. das "comic"-hafte hat auch mich zum schmunzeln bewegt (ermordung duncans) bevor mir am ende das lachen im halse stecken blieb (lady mcduff "ihr findet das lustig, nicht wahr!?"). das lachen wurde zum glucksen der verzweiflung...
wenn ich eines zu bemängeln hätte, dann die zwischenzeitliche (inszenierte? improvisierte?) unsicherheit lawinkys, der uns theaterbesuchern vor dem letzten akt anbot, den saal zu verlassen. warum? denn von langeweile oder buh-rufen war weder was zu spüren noch zu hören im saal. so radikal und anstößig wars doch gar nicht. ich will das verdammt nochmal zu ende sehen! und so wie es scheint auch die anderen theatergäste (für einen dienstagabend fand ich es alles andere als "leer").
nacktheit? - ich seh da nur einen körper. den körper des schauspielers. na huch!
geschriene dialoge? - kamen am dienstag nicht vor. und selbst wenn. die musik darf doch auch gern laut sein.
kein text im sinne shakespeares? - vielleicht sollte man sich zunächst statt des reclam-heftchens die übersetzung von thomas brasch zur lektüre nehmen.
geschichte nicht nachvollziehbar? - meine begleitung hatte macbeth noch nie gelesen und konnte der dargestellten handlung durchaus folgen.
schauspieler, die "ihre rollen runterrasselnd wahrnehmen"? - war ich in einem anderen stück? in einem anderen theater? selten habe ich schauspieler bei so viel spielwut und mit so viel überzeugungskraft erleben dürfen.
ein hund als hexen? - wem sonst schreibt man denn heutzutage eine höhere sinnessensibilität (á la: "meine katze hat das schon viel früher gemerkt, dass gleich jemand stirbt") zu, als unseren haustieren?
aber gut, über geschmack lässt sich streiten. das ist ja auch das spannende daran. ich bin nicht vom fach, aber mir ist es eine herzensangelegenheit dem negativen meinungsüberfluss ein quentchen gegengewicht zu geben. leute, geht mehr ins theater! das sind keine "idioten, die märchen erzählen", sondern engagierte schauspieler und regisseure im dunstkreis unserer zeit und gesellschaft.
Hartmanns Macbeth: Recht auf schönes, schönes Theater?
An erwartungsvollgewesen: Sie haben Recht, ich habe Ihr wolhtemperiertes "So und so muß Theater sein"-Zeilen nicht aufmerksam gelesen - weil es mich abgrundtief langweilt. Es fehlt nur noch ein Halbsatz zu Ihrem Recht auf schönes, schönes, schönes Theater als Steuerzahler, dann wäre mein Bild von Ihnen vollständig. Könnten Sie das nicht noch nachliefern, bitte? Ich zahle auch!
Hartmanns Macbeth: Performance und Persiflage
Was ich sah: Shakespeare Schlachtplatte live, Performance, Persiflage und Trauerspiel. Ist so eine Mischung aus Kresnik und Gosch.
Was ich dabei dachte: Hat William das verdient? Ist Thomas Lawinky gut?
Gefaellt mir das?
Dreimal ja! Habe nun, ach,soviele Macbeths gesehen. Der hier war jut!
Hartmanns Macbeth: nicht berührt
macbeth.puh.ein großes spektakel.viel drumrum und wenig darin. hat es mich berührt? nein. wo war die geschichte? wo war die großartige gestandene lady macbeth? die frauenfiguren waren viel zu jung, viel zu blass und püppchenhaft. die erste halbe stunde hat mich echt fasziniert und dann wurde es langweilig, ständige wiederholung. einfach öd. schade, denn der ansatz ist spannend.
Hartmanns Macbeth: vergrault
..schockieren auch in Leipzig keinen mehr. Und immer nur Slapstick ist auch schon nicht mehr lustig. Schade, dass Theaterliebhaber vergrault werden und einer johlenden Meute Platz machen müssen. Ist das der Auftrag eines Stadttheaters? Wohl kaum.
Macbeth in Leipzig: Letzte Gelegenheit
heute Abend leider die letzte Vorstellung. also nochmal rein!
Kommentar schreiben