Woher kommt der Hass?

von Matthias Schmidt

Dessau, 11. September 2021.  Das Erste, was auf der riesigen Dessauer Bühne zu hören ist, sind Zeilen von Wolf Biermann: Du, lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit. Das Letzte, was zu hören sein wird, ist wieder dieses Biermann-Lied. Das vor zu viel Hass warnt, vor Verbitterung, und für mehr Heiterkeit wirbt. Man kann das, falls man im Theater danach sucht, als die Botschaft der Inszenierung von Milan Peschel begreifen.

Wiederauferstehung

Sie ist eine Ermutigung. Die gute, alte Subversion. Der Rest ist Chaos. Scheinbar. Es wird in einem Maße geflachst und getobt und zitiert und aus den Rollen gefallen, dass erst auf den zweiten Blick bemerkbar ist, wie ernst es Milan Peschel mit diesen Dessauer "Räubern" ist. Die, das darf man sagen, eine Wiederauferstehung der alten Berliner Volksbühne in Sachsen-Anhalt sind. Keine, die ostalgisch reproduziert, was einst am Rosa-Luxemburg-Platz begeisterte und provozierte. Sie ist die konsequente Fortschreibung einer Methode, die aus der Mode zu sein scheint in Zeiten, in denen die meisten deutschen Theater der mittleren und kleinen Städte (vor allem im Osten der Republik) einen großen Teil ihrer Zeit damit verbringen, ihr Publikum zu streicheln. Oder sich mit ihm gemeinsam zu vergewissern, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Raeuber4 600 N NNeoliberales Ekel: Franz Moor (Henning Hartmann) mit dem alten Grafen Moor ( Roman Weltzien) © Claudia Heysel

Peschel hingegen hält es mit der guten, alten Subversion. Es bietet sich an, dabei auf eine andere legendäre "Räuber"-Inszenierung zurückzuschauen – die von Frank Castorf aus dem Oktober 1990. Milan Peschel stand mit auf der Bühne, als alle zusammen am Ende Wolfgang Langhoffs Lied von den Moorsoldaten sangen. Ein Ulk, auf den ersten Blick. Auf den zweiten ein Abgesang auf die DDR, die aus den Moorsoldaten rebellische Gründer machte. Bevor sich die Idee in Luft auflöste, weil sie einer Mehrheit nicht mehr vermittelbar war. Vielleicht war sie es auch nie.

Bei Peschel in Dessau sind es nicht die Moorsoldaten, bei ihm ist es Wolf Biermann, der zu Beginn und noch einmal am Ende zu hören ist, ausgerechnet mit einem Lied aus dem Jahr 1968. Dem Jahr, in dem in Prag ein Frühling scheiterte. Es ist zu viel Hass in der Welt, hören wir ihn singen. Zu viele Räuber mit zu wenig Idealen? In jedem Fall zu wenig Heiterkeit. Womit sich der Kreis ins Heute schließt. Zu viel Hass, überall, vor allem aber im Osten.

In der Geschichte verschwunden

Die Dessauer Räuber – abgesehen von Karl Moor, der nur darüber klagt, dass man ihm im "Kaufland" seine leeren Bierflaschen nicht abgenommen hat – verkörpern ihn in all seiner Sinn- und vor allem Ziellosigkeit. Woher kommt der Hass? Worin besteht sein Ziel? Peschel sucht danach, was geschah, nachdem die "Moorsoldaten" in den Kulissen der Geschichte verschwunden waren und alles, aber auch alles, nur noch aus dem Verständnis derer erklärbar schien, die keine persönlichen Erinnerungen daran haben konnten. Also her mit den Erinnerungen, vielleicht helfen sie beim Verstehen: "Ham'se nicht noch Altpapier", singen die "Räuber". Karl Moor sammelt leere Flaschen. Partisanenlieder werden gesummt und gesungen und damit die zugegebenermaßen seltsam anmutenden Prägungen eines Landes hervorgeholt, das vor 30 Jahren zu Grabe getragen wurde.

Raeuber3 600 N NDie Räuberbande: Boris Malré als Spiegelberg, Andreas Hammer als Schweizer, Nicole Widera als Amalia, Cara-Maria Nagler als Schufterle, Sebastian Graf als Roller © Claudia Heysel

Wer mag, kann ihren Grabstein im Bühnenbild von Nicole Timm wiedererkennen. Wie wirken sie nach, was haben sie mit den Enttäuschungen der Wiedervereinigung zu tun und was wiederum diese mit dem Hass? Frei und anarchisch. Das alles und noch viel mehr ist zu entdecken in einer Inszenierung, die weit über Dessau hinaus als Sternstunde der Schauspielkunst gelten darf. Wie wohltuend zu erleben, dass Theater so frei und so anarchisch sein kann, dass es albern sein darf und dass sich hinter dem liebevoll erzeugten Chaos doch großer Ernst verbirgt.

Zu erleben ist Klamauk mit Tiefsinn, der durch Zeiten und Klischees mäandert und Franz Moor in einem Moment als neoliberales Ekel Geldscheine auf die Räuber regnen und im nächsten als Arminius andeuten lässt, wohin das alles führen könnte. Zu entdecken ist eine Amalia, die deutlich reifer ist als die "Jungs", die um sie buhlen. Sie zitiert aus Heiner Müllers "Hamletmaschine", spricht die berühmten Sätze "Ich bin Ophelia, die Frau mit den aufgeschnittenen Pulsadern", klärt das Zitat gleich selbst auf und schaut in den Saal. Ihr Blick sagt: hättet ihr wohl gerne! Am Ende warnt sie Franz davor, sie irgendwie anzufassen und zeigt ihm den Stinkefinger – Amalia als post-#metoo-Frau.

Souffleuse im Nonnenkostüm

Zu bestaunen ist ein elfköpfiges Ensemble, das alles gibt. Es wird in riesigen Puppenkostümen gespielt; es wird geklettert und gefallen und immer wieder auch aus der Rolle getreten. "Hände weg von der Vertäfelung", ruft einer dem anderen zu, "das steht hier alles unter Denkmalschutz!" Es darf gelacht werden. Selbst die Souffleuse spielt mit, in einem Nonnenkostüm. Es ist sogar Zeit für Persönliches, für große Auftritte, die Ironie und große Gefühle vereinen. Wie im Fall der Schauspielerin Christel Ortmann, die seit 40 Jahren zum Ensemble gehört, "seit 1781", wie sie sagt, und sichtlich Freude daran hat, sich komödiantisch austoben zu dürfen.

Einer ragt aus dem Herausragenden noch heraus: Roman Weltzien als "der alte Moor". Der wechselt die Aggregatszustände in einem fort, manchmal mehrfach in nur einem Satz. Er gibt sich alt und senil, nuschelt kaum verständlich, um gleich darauf wieder frisch und agil und listig zu wirken. Er kann aber auch das Pathos der großen Charakter-Schauspieler des vergangenen Jahrhunderts parodieren. Man glaubt dann, den alten Bernhard Minetti zu hören. Das ist einfach nur großartig! Wie der gesamte Abend. Eine Ermutigung.

 

Die Räuber
von Friedrich Schiller
Regie: Milan Peschel. Bühne und Kostüme: Nicole Timm. Musik: Stasys Musial. Dramaturgie: Alexander Kohlmann
Mit: Roman Weltzien, Niklas Herzberg, Henning Hartmann, Nicole Widera, Sebastian Graf, Andreas Hammer, Stephan Korves, Boris Malré, Cara-Maria Nagler, Christel Ortmann, Jonas Steglich
Premiere am 10. September 2021
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause

anhaltisches-theater.de


Kritikenrundschau

Diese "Räuber" könne man mutig finden in der spektakulär-dekonstruktiven Schule Frank Castorfs oder abgeschmeckt mit anarchischem Bühnenspaß nach Art von Herbert Fritsch, "gelungen ist das Ganze leider nicht", schreibt Andreas Montag in der Mitteldeutsche Zeitung (13.9.2021). Das spielfreudige, disziplinierte Schauspielensemble arbeite sich durch das Material, "der Abend wirkt allerdings eher wie eine Collage - gern auch auf heiterer Spur unterwegs". Vieles habe herzlich wenig mit den Konflikten zu tun, die hier eigentlich verhandelt werden sollen. Fazit: "Menschenskinder, warum dies alles in einem solchen Knäuel, in dem auch Schiller steckt, woraus man sich nach zwei Stunden erst wieder befreien muss?"

Die Inszenierung spiele auch auf die deutsche Geschichte an, so Thilo Sauer im DLF (11.9.2021). Das Bühnenbild wirke rätselhaft, wie zusammengesetzt aus dekonstruierten Flaggen. Im Schloß Moor hingegen scheint das dritte Reich zu herrschen. "Was die historischen Anspielungen aber mit dem Stück zu tun haben, bleibt unklar." Der wichtigste Antrieb für den Abend scheine Spielfreude zu sein. "Letztlich bleiben diese 'Räuber' Stückwerk." Jeder Witz für sich komme an, ermüde aber in der Menge.

 

Kommentare  
Räuber, Dessau: Anfragen
Wenn es um die Heiterkeit gehen sollte, wäre es nicht klüger gewesen, Herr Peschel hätte einen Schwank oder eine ernsthafte Komödie inszeniert?
Welche und wieviele und an welchen Orten Aufführungen im Ostteil des Landes hat der Rezensent gesehen, damit er zu so einem rigorosen verallgemeinerndem Urteil kommen kann?
Warum muss Amalia die Ophelia von Heiner Müller zitieren - ist das Stück von Schiller nicht reich genug an Texten?
Und:
Wo bleibt in der Aufführung das Schauspiel von Schiller - hinter dem Flaschen sammelnden Karl (von Moor) und hinter den anderen Beispielen kann ich das ursprüngliche Trauerspiel (so hat es der Autor in einer Fassung auch benannt) nicht entdecken?
Ist es nicht doch noch sinnvoll, ein Drama aus seiner Entstehungszeit zu begreifen? Und vielleicht auch in der historischen Situation zu spielen, die vom Autor vorgegeben ist - denn in der Regel setzen die Konflikte, die ein Drama bestimmen, konkrete historische Verhältnisse voraus.
("Die Ferne bringt die Nähe!")
Und ob ein regiemethodisches Vorgehen, das zu Beginn der 90er Jahre aufregend und neu (?) war, müsste 30 Jahre später mindestens überprüft
werden. "Klamauk mit Tiefsinn" ist es wohl damals nicht gewesen.
Ich weiß, diese Fragen werden schnell als "altmodisch" begriffen.
Mit freundlichen Grüßen
aus Berlin-Pankow
Peter Ibrik
Die Räuber, Dessau: mindestens überprüft
Lieber Herr Ibrik, da stellt sich mir die Frage, ob ein regimethodisches Vorgehen, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufregend und neu war, nicht 200 Jahre später mindestens überprüft werden müsste.
Räuber, Dessau: Puh
Es kostet mich wirklich mehr und mehr Überwindung, die Rezensionen von nachtkritik zu lesen, welche inzwischen fast durchweg von Überheblichkeit und einem bestimmten Theaterbild geprägt zu sein scheinen. Besonders überheblich finde ich es, wenn – wie in dieser Rezension – über ostdeutsche „kleine und mittlere Theater“ einfach mal so abgeurteilt wird, ohne dass sich der Autor oder dieses Forum mit diesen wirklich auseinandersetzen, wenn nicht gerade ein Skandal ansteht oder ein gehyptes Regie-Team dort inszeniert (oder wäre Herr Schmidt auch in Dessau zu einer „Räuber“-Inszenierung gegangen, wenn diese nicht Milan Peschel inszeniert hätte? Ich bezweifle es stark.)
Die nachtkritik-Charts und die Auswahl der besuchten Inszenierungen sind bezeichnend dafür.
Und doch gestattet sich Herr Schmidt das Urteil, die „kleinen und mittleren Theater (vor allem im Osten der Republik“ würden „einen großen Teil ihrer Zeit damit verbringen, ihr Publikum zu streicheln“. Ziemlich arrogante Behauptung, finde ich, wenn man sich die Inszenierungen dort nicht ansieht, sondern lediglich von Titeln ausgeht. Castorfs „Pension Schöller“ beispielsweise war seinerzeit auch nicht die Boulevardkomödie, welche der Titel verspricht. Stünde das Stück in einem ostdeutschen „kleinen oder mittleren Theater“ auf dem Spielplan, inszeniert von einem unbekannten Regie-Team (zu deren Förderung ja andererseits immer wieder hier aufgerufen wird), würde sich nachtkritik sicher nicht dorthinverirren.
Dass fast alle diese vom Rezensenten abgeurteilten Theater zeitgenössische Stücke wie „Furor“, „Der Reichsbürger“ oder „Extrawurst“ (welche in den benannten Regionen eine andere Brisanz haben als ein den sich bildungsbürgerlich gesetzten Favoriten der Redaktion) auf ihren Spielplänen hatten, wird außer Acht gelassen.
Geht es also mehr darum, alte Stoffe „aufzupeppen“ und auseinander zu nehmen als zeitgenössische Dramatik einem sogenannten „Provinzpublikum“ zu präsentieren und damit lebenden AutorInnen eine Stimme und ein Einkommen zu sichern? (was übrigens auch immer wieder gefordert wird) – Ich muss gestehen, dass ich diese Theaterauffassung weitaus reaktionärer finde als wenn Theater mit erst einmal seicht daherkommenden Titeln das Publikum vor Ort in ihre Häuser bringen, um sie vor Ort zu überraschen und zur Diskussion anzuregen.
Die Räuber, Dessau: zu kurze Antwort*en
Lieber Peter Ibrik,
altmodisch ist ja nicht per se schlecht. Ist es nicht gerade das Tolle am Theater, dass wir alle mit ganz verschiedenen Erwartungshaltungen und Erfahrungshorizonten in diesen wunderbaren Raum ohne Fenster gehen? Daher: mir gefällt Veränderung, Ihnen eher Tradition. Fein, das ist doch eine schöne Diskussionsgrundlage. Apropos: gehen Sie bitte davon aus, dass ich sehr viele Arbeiten gesehen habe. An sehr vielen Orten, und zwar sowohl in den Metropolen als auch „draußen“ im Land. Überall. Womit wir,

lieber Sven Reitner,
bei der Frage der Verallgemeinerung wären. Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie meine Zuspitzung provokant oder gar arrogant finden. Aber ich erhoffe mir vom Theater auch und gerade in den Häusern „in der Fläche“ Frische und gerne auch ein Ausbrechen aus Gewohnheiten. Ein bisschen mehr „Lärm“, sozusagen. Das finde ich, schauen Sie gerne mal die Spielpläne (und auch die Berichterstattung über die Premieren) aller mittleren und kleinen Bühnen (vor allem im Osten) durch, leider immer weniger. Wie gesagt, ich bin kein Hauptstadtkritiker, der die Nase rümpft über die Provinz, im Gegenteil, ich lebe in ihr, und es wird nicht all zu viele geben, die in den letzten 30 Jahren so viel darin herumgekommen sind. Nie genug, freilich, um immer überall Bescheid zu wissen, aber ich glaube halt einen Trend zu immer mehr – sagen wir - Harmonie ausmachen zu können. Ich sehe kaum noch wirklich Aufsehen Erregendes. Wo ist das Theater noch der „talk of the town“? Als seien die Häuser und die Betreiber müde von den jahrzehntelangen Überlebenskämpfen und irgendwie zufrieden damit, zur Stadtdekoration zu gehören. Sorry, das ist jetzt wieder gar nicht so böse gemeint, wie es sich liest. Man kann es hier nicht ausdiskutieren, jede Antwort ist dafür zu kurz. Aber: sachdienliche Hinweise sind willkommen!
Die Räuber, Dessau: nicht zum ersten Mal
@Sven Reitner "oder wäre Herr Schmidt auch in Dessau zu einer „Räuber“-Inszenierung gegangen, wenn diese nicht Milan Peschel inszeniert hätte? Ich bezweifle es stark." - die Zweifel erscheinen mir nicht ganz berechtigt. nachtkritik.de war (folgt man den Suchergebnissen) alleine in der letzten Corona-Spielzeit, in der bekanntlich kaum gespielt wurde, auf gleich zwei Schauspiel-Premieren in Dessau - und bereist auch sonst den Osten nach meiner Beobachtung doch sehr regelmäßig.
Die Räuber, Dessau: Grundsätzliche Frage
Wäre es an der Stelle nicht mal eine grundsätzliche Diskussion wert, warum es - geradeaus der Sicht kleinerer und mittlerer Theater - offenbar einen sich häufig bis regelmäßig ausschließenden Konflikt zwischen „Erfolg vor Ort beim Publikum“ und „Interesse durch überhaupt stattfindende Rezension bis hin zu positiver oder lobender Wahrnehmung“ durch die Fachpresse (ob nachtkritik oder andere) gibt?
Wenn ich in diesem Zusammenhang das jüngste Interview mit Herrn Pollesch lese, in dem er betont, er schaue sich seine Produktionen nicht an, weil es ihn nicht interessiert, ob die Aufführung für das Publikum funktioniert, da es für ihn ausschließlich von Interesse ist, ob es für die Beteiligten der Produktion stimmt (ich entschuldige mich für diesen Schachtelsatz) - sind wir da nicht an einer - wenn auch nicht neuen - aber nach wie vor ganz wesentlichen Standortbestimmung des Theaters in Deutschland?
Für wen machen wir was eigentlich wann und wie?
Die Räuber, Dessau: kein Konflikt
Weshalb wird hier grundsätzlich davon ausgegangen, dass positive Rezensionen auf nachtkritik u.ä. und Erfolg vor Ort sich grundsätzlich ausschließen? Ich war am Freitag in der Premiere - von einem Konflikt war dort nichts zu spüren. Die Stimmung im Publikum war gut, der Applaus begeistert...

Und zu #3: "Geht es also mehr darum, alte Stoffe „aufzupeppen“ und auseinander zu nehmen als zeitgenössische Dramatik einem sogenannten „Provinzpublikum“ zu präsentieren und damit lebenden AutorInnen eine Stimme und ein Einkommen zu sichern?" - Wirft man einen Blick auf den Spielplan des Dessauer Theaters, sieht man, dass dort sehr wohl auch zeitgenössische Dramatik zufinden ist, alte Stoffe und moderne Dramatik Seite an Seite stehen.
Die Räuber, Dessau: Wirklich? Kein Konflikt?
#7: Es freut mich zu hören, dass sich das Premierenpublikum und die nachtkritik in der Einschätzung der Produktion in diesem Fall einig sind.
Spannend wäre nun zu beobachten, wie sich das in den folgenden Aufführungen verhält.
Und ich erlaube mir die Anmerkung, dass ich an meiner Wahrnehmung festhalte und die Erfahrung gemacht habe, es hier mit einem Problem zu tun zu haben.
Die Räuber, Dessau: viele Funktionen
Sehr geehrter Herr Schmidt,
verzeihen Sie bitte, wenn ich Ihnen Unrecht getan habe. Als Hauptstadtkritiker wollte ich Sie nicht bezeichnen. Wenn es so ankam, tut es mir sehr leid. Aber mehr und mehr beobachte ich, dass in diesem Forum eine bestimmte Regie-Ästhetik bevorzugt wird. Und offen gestanden stimme ich Herrn Friese in seinen Überlegungen zu: Was soll ein Stadttheater erfüllen? Warum wurde es zum Weltkulturerbe erklärt. Ich vermisse sehr oft die Betrachtung darauf, dass kleinere und mittlere Theater neben dem Spielbetrieb noch viel mehr leisten: Sie bringen sich in lokale Diskussionen ein, treiben diese voran und verbinden. Wie aber sollen sie das machen, wenn sie Geschichten erzählen, die nur eine Elite besucht? Ich wurde in den Theatern meiner Region (ich lebe in einem Länderdreieck Ostdeutschlands, was mir gleich vier verschiedene Theater zum Besuch anbietet) schon öfter überrascht, dass vermeintlich gefällige Titel plötzlich andere Themen eröffneten als erwartet. Und ich verstehe auch die Gedankengänge der Verantwortlichen, wenn sie davon ausgehen müssen, dass die überregionale Presse eh nicht kommt, sie aber dafür die soziale Aufgabe erfüllen können, welche eben auch deren Aufgabe ist.
Und ob es die finanziellen Mittel sind oder das Bedürfnis, diese Bühnen NachwuchsregisseurInnen als Chance zu bieten, weiß ich nicht (ich bin nur ein neugieriger Zuschauer ohne Einsicht in die Planungen) – ich bedaure nur immer wieder, dass durchaus spannende Ansätze keine Beachtung finden und muss gestehen, dass ich dadurch von nachtkritik inzwischen sehr enttäuscht bin – es galt mir mal als eine Plattform, die mich auf Besonderes aufmerksam machte – das verliert es leider mehr und mehr.

Liebe Maddie,

ich wollte durch meinen Kommentar absolut nicht die Leistung des Dessauer Theaters schmälern. Ich habe mir die Inszenierung auf die Liste meiner nächsten Theaterbesuche gesetzt,
Einzig und allein stieß mir die Verallgemeinerung über andere Theater auf, in denen ich spannende Inszenierungen besucht habe, die hier nicht besprochen wurden und also ein Urteil über deren Arbeit in meinen Augen bei einer Rezension fehl am Platze sind. Eine Rezension, welche sich diesen Seitenhieb verkneift, hätte ich in ebensolchem Maße genossen, wie Herr Berg und Sie die Premiere.
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