Hart an der Realität

3. November 2021. Nuran David Calis hat sich mit Klassiker-Adaptionen und Recherchestücken zum rechten Terror des NSU einen Namen gemacht. In unserer Reihe "Neue Dramatik in 12 Positionen" spricht der Autor und Regisseur über sein Werk im "Riss zwischen Ich und Welt", wo für ihn der Begegnungsort des Theaters ist.

Moderation Elena Philipp

Hart an der Realität

3. November 2021. Mit seinen dokumentarischen Stückentwicklungen hält Nuran David Calis der bundesdeutschen Gesellschaft einen Spiegel vor. Wird rechter Terror angemessen aufgearbeitet? Wie ist der Umgang mit den Opfern? Als Spezialist für den NSU-Komplex gräbt der Autor und Regisseur tief im "Nährboden", den rechtsextreme Gruppierungen finden – auch in staatlichen Institutionen.

Zuletzt hat er beim Kunstfest Weimar den NSU Prozess reinszeniert; am Schauspiel Köln zeigt er im November mit "Die Lücke 2.0" eine aktualisierte Fassung seiner vielbeachteten Theaterarbeit mit Anwohner:innen der Kölner Keupstraße, wo der NSU 2004 einen Nagelbombenanschlag verübte. Dass Nuran David Calis als Autor noch eine andere Seite hat, zeigen seine frühen Stücke und seine Überarbeitungen von Wedekind oder Shakespeare. In der Reihe "Neue Dramatik in 12 Positionen" spricht Calis mit Elena Philipp.

 

Nuran David Calis, eigentlich Çalış, wurde 1976 in Bielefeld geboren und arbeitet als Theater- und Filmregisseur sowie als Drehbuchautor und Dramatiker. Der Sohn armenisch-jüdischer Eltern aus der Türkei studierte an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule Regie. Sein erstes Theaterstück "dog eat dog" (veröffentlicht 2003) schrieb Calis als 17-Jähriger auf der Schreibmaschine seines Schulrektors. Die erste eigene Produktion "Urbanstories" (2005) entstand zusammen mit Jugendlichen aus Hannover. "Dogland", "Schwarz" und "Einer von uns" folgten. 2008 erschien der von ihm nach einem eigenen Drehbuch erarbeitete Film "Meine Mutter, mein Bruder und ich!" in den Kinos. Heute inszeniert Calis regelmäßig an großen deutschsprachigen Stadttheatern, etwa in Köln, Dresden, Basel. Er ist mit Klassiker-Neuschreibungen wie "Frühlings Erwachen" nach Frank Wedekind (uraufgeführt in Hannover, transferiert nach Essen und schließlich verfilmt) oder "Othello X" (uraufgeführt in Basel) in Erscheinung getreten. Seit der Stückentwicklung "Die Lücke – Ein Stück Keupstraße" am Schauspiel Köln (2014) widmet er sich in dokumentarischen Arbeiten wie "NSU 2.0" am Schauspiel Frankfurt (2021) oder "438 Tage NSU-Prozess" (2021) beim Kunstfest Weimar dem NSU-Komplex.

Zur Serie Neue Dramatik in zwölf Positionen:

Die Video-Gesprächsreihe widmet sich Autor*innen, die mit prägenden Arbeiten in der Gegenwartsdramatik in Erscheinung getreten sind. Jenseits ihrer szenischen Realisierungen stehen hier die Theatertexte selbst im Fokus. Exemplarische Schreibweisen werden diskursiv vorgestellt und im literarischen Feld wie auch in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion verortet. Die Serie stellt das aktuelle Schaffen in seiner formalen wie inhaltlichen Bandbreite vor: von Ansätzen des Dokumentarischen über biografisch-realistische Dramatik bis hin zu Strategien der Aneignung von Wissens- und Populärkulturen. Jeden Monat erscheint eine neue Folge.

Hier geht's zu Folge 1 mit Rebekka Kricheldorf

Hier geht's zu Folge 2 mit Wolfram Lotz

Hier geht's zu Folge 3 mit Sasha Marianna Salzmann

Hier geht's zu Folge 4 mit Bonn Park

Hier geht's zu Folge 5 mit Esther Becker

Hier geht's zu Folge 6 mit Sarah Nemitz und Lutz Hübner

Hier geht's zu Folge 7 mit Felicia Zeller

Hier geht's zu Folge 8 mit Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger

Hier geht's zu Folge 10 mit Sivan Ben Yishai

Hier geht's zu Folge 11 mit René Pollesch

Hier geht's zu Folge 12 mit Susanne Kennedy


Hier das Gespräch mit Nuran David Calis als Podcast

 

 

Eine Kooperation mit dem Literaturforum im Brecht-Haus, gefördert vom Deutschen Literaturfonds.

 
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