Kurz gefragt

Flutungen im Theater

16. April 2024. In der Reihe "kurz gefragt" kommen Expert:innen für Sachfragen zu Wort. Vor einiger Zeit erklärte uns Wesko Rohde von der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft, warum es im Theater so häufig zu Wasserschäden durch Brandschutzanlagen kommt. Ein Update vor dem Hintergrund der jüngsten Havarie im Berliner Ensemble.

Von Wesko Rohde

Wasserschäden durch Brandschutz: Fragen eines lesenden Laien
Naja, nicht nur die Theaterleute verzweifeln. Das Publikum auch. Und vor allem der Steuerzahler. - Würde sowas in "der" "freien" Wirtschaft passieren, würden Köpfe rollen (wenigstens Bauernopfer).

Fragen, die sich mir beim alljährlich irgendwo auftauchenden Sprinklermillionenschaden stellen:

1) Höre ich davon nur aus Theatern? Oder sind Bibliotheken, Museen, Skatklubs, Regierungs- und Parlamentssitze, Firmenzentralen genauso betroffen? Wird da anders verfahren?
2) Warum ist heutzutage die Sensorik derart "dumm"? Geht da nicht was mit Bilderkennung, IR-Kameras, ausgefeilten Rauchdetektoren, die nur smart gekoppelt anschlagen? (Wenn nicht, müsste das doch eine schöne kapitalistische Marktnische sein.)
3) Warum muss bei einem "Fehlalarm" minutenlang das Wasser rauschen? Kann man das nicht händisch unterbrechen? - Da sind doch wenigstens ein Feuerwehrmann (hin und wieder auch mal eine: -frau; aber darum geht es gerade nicht) im Publikum. Und es gibt jemandem am Inspizierendenpult. Und es gibt einen Bühnenmeister. Und eine Intendanzvertreterin. Was machen die denn, während pro laufender Minute eine Million Euro Schaden (meine Daumenregel; nicht verbindlich) anfällt. - Haben die Angst, dass sie haftbar gemacht werden, wenn sie den Hauptregler zudrehen und dann doch das Theater abfackelt? (In Kopenhagen und Paris brannten Börse und Kathedrale im Zuge von Baumaßnahmen.)
4) Warum wird nicht durch die (schlecht eingestellte) Brandmeldeanlage ein akustisches und visuelles Signal ausgelöst, das erst nach - sagen wir - 60 Sekunden die Sprinkler startet, sofern kein Autorisierter das quittiert? Also 60 Sekunden, in denen mehrere Menschen gegenprüfen können (Fehler 1. und 2. Ordnung!) und die Automatismen unterbrechen können. Und wenn da eben manuell nicht reagiert wird (oder der technische Alarm durch einen Menschen bestätigt wird), dann regnet es eben los. 60 Sekunden, in denen ein potentielles Feuer sich natürlich ausbreiten kann. Bei schwer entflammbaren Bühnenbildteilen aber eine vertretbare Zeit, wenn man damit technische Fehlalarme verhindert, oder?

Fragen eines lesenden Laien.
Wasserschäden durch Brandschutz: Es dauert
Naja, wenn völlig unerwartet und ungeplant die Sprinkleranlage los geht, muss ja erstmal jemand zum Haupthahn um das Wasser abzudrehen. Der befindet sich selten direkt neben dem Inspizientenpult sondern zB irgendwo unter der Bühnenebene und da steht nun mal nicht 24/7 einfach mal jemand daneben. Es kann also das ein oder andere Minütchen dauern und jede einzelne Minute kann enormen Schaden anrichten.
Wasserschäden durch Brandschutz: Rechnung
@2: Valider Hinweis, besten Dank. Ihre Hinweise beherzigend würde ich als Rechnungshof den Politikern folgende sehr sehr grobe Versicherungsrechnung vorlegen. Mittlerer Schaden pro Havarie: 1 Million Euro. Auftrittshäufigkeit pro Haus: 1x in 100 Jahren. Rechnerische Schadenshöhe pro Jahr: 10000 Euro. Und die kann man ja in ein Fernregelventil stecken. (Ich weiß, sowas kostet etwas mehr, aber die Rechnung oben ist ja auch gutmütig.) - Es ist ja nicht so, dass Stadtwerke, Industrieunternehmen und andere Profis (mit Brandschutzanforderungen) alle ihre Armaturen von Hand stellen. Dort hat man in den Regel ebenfalls keine "paar Minütchen" um in die Unterbühnen zu klettern. Jedenfalls nicht, wenn solche Schadenshöhen aufgerufen sind. - Ich sage das alles mit dem Vorbehalt des fehlenden tiefen technischen Einblicks in die Spezifika der Theater, aber mit ausreichend viel Kenntnis der übrigen Welt.
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Kurz gefragt

Flutungen im Theater

16. April 2024. In der Reihe "kurz gefragt" kommen Expert:innen für Sachfragen zu Wort. Vor einiger Zeit erklärte uns Wesko Rohde von der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft, warum es im Theater so häufig zu Wasserschäden durch Brandschutzanlagen kommt. Ein Update vor dem Hintergrund der jüngsten Havarie im Berliner Ensemble.

Von Wesko Rohde

Wasserschäden durch Brandschutz: Fragen eines lesenden Laien
Naja, nicht nur die Theaterleute verzweifeln. Das Publikum auch. Und vor allem der Steuerzahler. - Würde sowas in "der" "freien" Wirtschaft passieren, würden Köpfe rollen (wenigstens Bauernopfer).

Fragen, die sich mir beim alljährlich irgendwo auftauchenden Sprinklermillionenschaden stellen:

1) Höre ich davon nur aus Theatern? Oder sind Bibliotheken, Museen, Skatklubs, Regierungs- und Parlamentssitze, Firmenzentralen genauso betroffen? Wird da anders verfahren?
2) Warum ist heutzutage die Sensorik derart "dumm"? Geht da nicht was mit Bilderkennung, IR-Kameras, ausgefeilten Rauchdetektoren, die nur smart gekoppelt anschlagen? (Wenn nicht, müsste das doch eine schöne kapitalistische Marktnische sein.)
3) Warum muss bei einem "Fehlalarm" minutenlang das Wasser rauschen? Kann man das nicht händisch unterbrechen? - Da sind doch wenigstens ein Feuerwehrmann (hin und wieder auch mal eine: -frau; aber darum geht es gerade nicht) im Publikum. Und es gibt jemandem am Inspizierendenpult. Und es gibt einen Bühnenmeister. Und eine Intendanzvertreterin. Was machen die denn, während pro laufender Minute eine Million Euro Schaden (meine Daumenregel; nicht verbindlich) anfällt. - Haben die Angst, dass sie haftbar gemacht werden, wenn sie den Hauptregler zudrehen und dann doch das Theater abfackelt? (In Kopenhagen und Paris brannten Börse und Kathedrale im Zuge von Baumaßnahmen.)
4) Warum wird nicht durch die (schlecht eingestellte) Brandmeldeanlage ein akustisches und visuelles Signal ausgelöst, das erst nach - sagen wir - 60 Sekunden die Sprinkler startet, sofern kein Autorisierter das quittiert? Also 60 Sekunden, in denen mehrere Menschen gegenprüfen können (Fehler 1. und 2. Ordnung!) und die Automatismen unterbrechen können. Und wenn da eben manuell nicht reagiert wird (oder der technische Alarm durch einen Menschen bestätigt wird), dann regnet es eben los. 60 Sekunden, in denen ein potentielles Feuer sich natürlich ausbreiten kann. Bei schwer entflammbaren Bühnenbildteilen aber eine vertretbare Zeit, wenn man damit technische Fehlalarme verhindert, oder?

Fragen eines lesenden Laien.
Wasserschäden durch Brandschutz: Es dauert
Naja, wenn völlig unerwartet und ungeplant die Sprinkleranlage los geht, muss ja erstmal jemand zum Haupthahn um das Wasser abzudrehen. Der befindet sich selten direkt neben dem Inspizientenpult sondern zB irgendwo unter der Bühnenebene und da steht nun mal nicht 24/7 einfach mal jemand daneben. Es kann also das ein oder andere Minütchen dauern und jede einzelne Minute kann enormen Schaden anrichten.
Wasserschäden durch Brandschutz: Rechnung
@2: Valider Hinweis, besten Dank. Ihre Hinweise beherzigend würde ich als Rechnungshof den Politikern folgende sehr sehr grobe Versicherungsrechnung vorlegen. Mittlerer Schaden pro Havarie: 1 Million Euro. Auftrittshäufigkeit pro Haus: 1x in 100 Jahren. Rechnerische Schadenshöhe pro Jahr: 10000 Euro. Und die kann man ja in ein Fernregelventil stecken. (Ich weiß, sowas kostet etwas mehr, aber die Rechnung oben ist ja auch gutmütig.) - Es ist ja nicht so, dass Stadtwerke, Industrieunternehmen und andere Profis (mit Brandschutzanforderungen) alle ihre Armaturen von Hand stellen. Dort hat man in den Regel ebenfalls keine "paar Minütchen" um in die Unterbühnen zu klettern. Jedenfalls nicht, wenn solche Schadenshöhen aufgerufen sind. - Ich sage das alles mit dem Vorbehalt des fehlenden tiefen technischen Einblicks in die Spezifika der Theater, aber mit ausreichend viel Kenntnis der übrigen Welt.
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