Die brutalste Art von Illusion

21. Februar 2022. Travestien, begnadete Blödelei, Verweise, rausgeschossen wie aus der Popcorn-Kanone: Corinna Harfouch verkörpert in dieser Version der shakespearschen Königs- und Familientragödie eine Lear, deren Geistesverlust mit ebenso viel Verve aktualisiert wird wie das Intrigantenspiel der Erbenmischpoke. Und der Abend siedelt in Momenten jenseits des Realismus.

Von Christian Rakow

Die Königin dankt ab: Oscar Olivo, Corinna Harfouch in "Queen Lear" am Maxim Gorki Theater © David Baltzer

21. Februar 2022. Man hatte ja schon die Daumen gedrückt, dass dieser "Lear" über die Rampe geht. Mit der großen Corinna Harfouch in der Titelrolle. Mitte der Woche wurde die Premiere um zwei Tage verschoben, eine Textfassung dieser Neubearbeitung der shakespeareschen Königstragödie mochte das Haus bis zum Spieltag nicht verschicken. Aber der Tag kam – und jetzt fehlte erkrankungsbedingt der bestechende Sänger und Entertainer Lindy Larsson. Sein Ersatz war zur Generalprobe aus Weimar eingeflogen worden: Fabian Hagen. Gorki-Intendantin Shermin Langhoff ließ es sich nicht nehmen, die Blitzpersonalie vor dem Vorhang selbst anzukündigen. Sie steckte dabei unter einer irgendwie sibirisch anmutenden Fellmütze. Nicht das einzige schwer lesbare Zeichen an diesem Abend.

Queer Kent und Proud Boy Edmund

Hagen macht seine Sache übrigens famos, in der alles andere als kleinen Rolle des Grafen Kent, die er mit rosa Haarschmuck betont gender-offen zeichnet ("Keine Frau, sondern ein menstruierender Mensch, Pronomen: they. Ab und an: sie. Häufig auch: she/they/them."). Queer Kent also, als der verstoßene Getreue der Queen Lear. Das Autorenkollektiv Soeren Voima hat seine Fassung nah am shakespeareschen Plot entlang gestrickt, im Ausdruck allerdings kräftig aktualisiert. Da verdenglischt sich die Rede allerorten, gilt Kent, wenn er zur Bestrafung in den Prangerblock gespannt wird, als "gecancelt"; ein Intrigant wie der Bastardsohn des Grafen Gloster reüssiert als "Proud Boy Edmund". Die Debatten zwischen rechter Identitätspolitik und der Generation "Woke" lappen zumindest sprachlich gut herein. 

QueenLear1 David Baltzer uMutti muss die Welt aufteilen © David Baltzer

Aber was macht das mit "Lear"? Was tut es mit der Geschichte vom alternden Herrscher, der sein Reich unter den falschen Töchtern aufteilt und alsbald verstoßen wird und durch sturmumtoste Nächte irrlichtert? Wir sehen Corinna Harfouch als Lear eingangs nicht nur ein Reich, sondern gleich die ganze Weltkugel verteilen. Eine Generation dankt ab, nicht allein Lear, auch "Bossy Gloster" (ebenfalls weiblich besetzt mit Catherine Stoyan). Und die jüngeren sind mitleidlose Narzissten: Prince Goneril (Tim Freudensprung) und "Renegade Regan" (Emre Aksızoğlu) stoßen sich an Mutters aufdringlichen Freunden, derweil "Proud Boy Edmund" gegen Gloster und die erstgeborene "Sister Eddi" seine Fäden spinnt.

Realismus, bitte!

"Die Diktatur der Moral ist vorbei! Realismus, bitte!", wird Proud Boy Edmund (Aram Tafreshian) als vermeintlicher Bannerträger einer identitären Revolte einmal fordern. Aber es bleibt doch beim Buzzword-Bingo; so recht nimmt man der Figur den politischen Zuschnitt nicht ab. Wie man auch wenig von der angeprangerten "Moral" (der Altvorderen und ihrer Getreuen?) erfährt. Denn Regisseur Christian Weise schert sich eigentlich wenig um interpretatorische Stringenz. Er feuert lieber wie wild aus der Popcorn-Kanone. Irgendwo in einer fernen Science-Fiction-Zukunft siedelt er die Geschichte an. Im Look der "Star Wars"-Saga, mit Lear in Darth Vader Montur. Julia Oschatz hat für das ko(s)mische Zeichenspiel ein Bühnenbild in herrlichstem Comic-Look entworfen. Knapp die Hälfte des Abends ist per Live-Kamera abgefilmt und nur per Leinwand zu verfolgen.

QueenLear3 Ute Langkafel MAIFOTO u.jpegBedeckt vom Feinstaub der Ironie: Svenja Liesau, Corinna Harfouch, Oscar Olivo © Ute Langkafel MAIFOTO

Und es macht Spaß, ist trashig, bunt, ein bisschen wie Weltraumparodien von Mel Brooks. Corinna Harfouch erliegt ihren Erben ganz wunderbar erst mit frostiger Miene, dann zunehmend verflüssigt, ratlos, rastlos. Catherine Stoyan wirft ihre Bossy Gloster in aller Einfalt und Arglosigkeit den Schurken ins Netz. Der Feinstaub der Ironie liegt über allem. In der Sturmnacht ihres Geistesverlusts begegnet Lear dann "Sister Eddie" in Person der komödiantischen Allzweckwaffe des Gorki: Svenja Liesau. Und Liesau greift sich den Abend, berlinert sich Dutzende Minuten lang durch herrlich verdrehte Lebensweisheiten, und heilt Queen Lear mit heillosem Durcheinander. Harfouch reißt es weg, sie lacht, alle lachen. Liesaus Solo könnte endlos gehen.

Begnadet, diese Blödelei

Aber dann ist irgendwann Pause, und nach der Pause muss plötzlich schwerblütig Handlung bewältigt werden, Tragödie soll sich doch noch ereignen, Gloster und Eddi, Lear und Cordelia (Yanina Cerón), die großen Eltern-Kind-Szenen. Da sackt der Abend dann in sich zusammen, da wirkt er ungedacht und ungeprobt.

"Realismus ist immer die brutalste Art der Illusion", heißt es am Ende. Und man ahnt schon, eigentlich kam dieser Abend in der Mitte zu sich, im heiteren Anti-Realismus, im Wahnsinn, im Austritt aus dem Spiel, im ungebremsten Geplauder, in den Travestien mit Kent und Eddi, in der begnadeten Blödelei. Dort hätte Weise wohl weiter siedeln mögen. Aber warum hat er's dann nicht einfach getan?

 

Queen Lear
nach William Shakespeare
in einer Bearbeitung von Soeren Voima
Regie: Christian Weise, Bühne: Julia Oschatz, Kostüme: Paula Wellmann, Mitarbeit Kostüme: Isabell Reisinger, Musik: Jens Dohle, Licht: Frederik Wollek, Dramaturgie: Maria Viktoria Linke, Ton: Hannes Zieger, Video: Maryvonne Riedelsheimer, Jesse Jonas Kracht, Kampfchoreografie: Klaus Figge, Kamerakonzept: Marlene Blumert, Live-Kamera: Marlene Blumert, Tama Ruß.
Mit: Emre Aksızoğlu, Mazen Aljubbeh, Yanina Cerón, Tim Freudensprung, Corinna Harfouch, Svenja Liesau, Oscar Olivo, Lindy Larsson / Fabian Hagen (Besetzung für Larsson in der Premiere), Catherine Stoyan, Aram Tafreshian.
Premiere am 20. Februar 2022
Dauer: 3 Stunden 10 Minuten, eine Pause

www.gorki.de

 

Kritikenrundschau

Ulrich Seidler von der Berliner Zeitung (21.02.2022) sah ein einen "zusammengestückelten Bilder-, Stile-, Assoziationen- und Diskurssalat", "lustig in seinen besseren Momenten, aber meist mit Super-Checker-Anspielungen überfrachtet". Und weiter: "Dass das Ganze im Gewand von 'Star Wars' daherkommt, ist erst einmal eine schöne Idee, geht es doch in diesem Epos – in welchem eigentlich nicht? – um Macht, Herrschaft und Generationskonflikte. Aber viel mehr, als dass die Bühne von Julia Oschatz und die Kostüme von Paula Wellmann der Filmvorlage nachgebastelt sind, ließ sich dann doch nicht daraus gewinnen. Die Regie scheint unterwegs vergessen zu haben, warum sie diesen Grundeinfall hatte."

Die Inszenierung sei eine in ihrer Selbstverliebtheit anstrengende Veranstaltung, schreibt Peter Laudenbach von der Süddeutschen Zeitung (Online: 21.2.2022). "In ihrer Wir-trauen-uns-was-Kraftmeierei wirkt die Grobmotoriker-Regie rührend anachronistisch. Kurz nach der Jahrtausendwende war so was in den etwas plumperen Regionen des Pop-Theaters eine Zeitlang fast hip, heute wirkt es leider etwas abgestanden." Jeder bescheidene Einfall werde gnadenlos ausgewalzt und breitgetreten. Dass der Abend streckenweise durchaus Spaß mache, liege an den Schauspielern. Allen voran an Corinna Harfouch und Svenja Liesau.

"Ein furioser Theaterabend, die 3 Stunden vergehen wie im Flug", jubelt Katja Weber von Radioeins (21.2.2022). Die Inszenierung lasse einige großartige Darsteller:innen glänzen. "Aram Tafreshian als Erzbösewicht, Proud Boy Edmund. Svenja Liesau als dessen Schwester, eine große Komödiantin." Corinna Harfouch verleihe ihrer Queen auch in deren aufbrausenden Momenten liebenswerte Züge.

Der Abend werde – zumindest in der ersten Hälfte – dadurch gerettet, dass Christian Weise das Stück als Komödie mit parodistischem Klamauk erzähle, so André Mumot von Deutschlandfunk Kultur (20.2.2022). Die Aktualisierung mit den Hinweisen auf aktuelle identitätspolitische Debatten werde der Größe des Originals aber nicht gerecht. Vor allem in der zweiten Hälfte entstehe eine große Diskrepanz zwischen dem brachialen Humor und der großen Tragödie. "Beides zu wollen, Klamauk und eine ernsthafte Bearbeitung des Shakespeare-Stoffs, das geht nicht auf und das ist auch tatsächlich drei Stunden lang nicht unbedingt unterhaltsam." Immerhin: Das Bühnenbild sei großartig.

"Der erste Teil dieses unterhaltsamen, mit opernhafter Effektfülle ausgefütterten Abends ist ein Filmvergnügen auf großer Leinwand", so Eberhard Spreng vom Deutschlandfunk (21.2.2022). Dem Kritiken stellen sich jedoch Fragen: "Wie sähe die mehrfach verschobene Aufführung aus, wenn der Probenprozess von Corona nicht dauernd zerschossen worden wäre?“ Und: „Warum auch bleibt Corinna Harfouch im illusionistischen ersten Teil ebenso ungreifbar versteinert wie im existentialistischen Zweiten? Hier trotzt ein Theater der Pandemie, aber das Ergebnis wirkt noch unfertig."

Noch deutlicher wird Barbara Behrendt auf RBB Kultur (22.2.2022): "Der Abend wirkt wie undurchdachtes Meta-Theater gelangweilter Theaterleute, die die Verbindung zum Publikum verloren haben. Angesichts seiner vergangenen fünf Inszenierungen darf man Christian Weise spätestens nach dieser Arbeit als einen der am meisten überschätzten Theater-Regisseure unserer Tage bezeichnen."

"In der Regie von Christian Weise wird durchweg dick aufgetragen, volle Charge, grob und laut", schreibt Rüdiger Schaper im Tagesspiegel (22.2.2022). Was das mit King oder Queen Lear oder Queen Queer zu tun habe, frage man besser nicht. Die Textvarianten, die Geschlechter tausche, brächten keine neue Erkenntnis. "Man hat vielmehr den Eindruck, als sei das Stück geschrumpft auf Travestiegröße, bis zur Albernheit."

"In der Inszenierung von Christian Weise irrlichtert die Ironie durch alles, schon das gemalte Starship-Outfit der Bühne von Julia Oschatz ist eine Ansage des großen Augenzwinkerns, großes Drama wird immer wieder gebrochen und durch die vielen Filter des Populären gejagt", schreibt Katrin Bettina Müller in der taz (22.2.2022). "Das hat Witz und unterhält, aber es schlingert auch etwas ziellos an Debatten der Gegenwart vorbei. Sympathisch zwar, aber nicht sehr erhellend."

"Wie tief kann man noch sinken? Ein ahnungsloser Regisseur versucht sich in Berlin am Maxim Gorki Theater an Shakespeare 'King Lear' und veralbert eine große Schauspielerin", ist die Kritik von Irene Bazinger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (24.2.2022) übertitelt und zugleich adäquat zusammengefasst.

Von einem "traurigen Theaterabend", bei dem das "Gefühl, sich unter Niveau bespaßen zu lassen", aufkam, berichtet Christine Lemke-Matwey in der Zeit (24.2.2022). Gräben zwischen den Generationen der Schauspielerinnen und Schauspieler macht die Kritikerin aus. Ebenso wie Gräben "zwischen den geübten Gorki-Gängern im Publikum und den weniger geübten – und, auf der Metaebene, zwischen denjenigen, die finden, die Klassiker der Weltliteratur seien zum Ausweiden da, hielten allenfalls noch Ulk, Trash und Figuren wie Knallbonbons bereit, und denjenigen, die noch ein bisschen weiter glauben wollen an den Universalismus, die Genialität und die Poesie eines Shakespeare".

Kommentare  
Queen Lear, Berlin: zerfasert
Was Regisseur Christian Weise und das Gorki Theater an dem kanonischen Shakespeare-Stoff interessiert, wird während der drei Stunden jedoch nicht recht klar. Die eine oder andere Laserschwert-Kampfchoreographie von Klaus Figge macht Eindruck, auch die beiden unermüdlichen Live-Kamera-Leute (Maryvonne Riedelsheimer und Jesse Jonas Kracht), die das Geschehen von der Hinterbühne oder dem Vorplatz auf die Gorki-Leinwand übertragen, verdienen Anerkennung. Besonderes Lob gebührt Fabian Hagen, der als Conferéncier eine kurze Einführung gibt, nach seinem Folkwang-Studium gerade erst sein Engagement am DNT Weimar antrat und kurzfristig für Lindy Larsson einsprang. Das machte er so souverän, dass es ohne die Ankündigung der Intendantin Shermin Langhoff und den Flugzettel, der dem Programmheft beilag, gar nicht aufgefallen wäre.

Ansonsten zerfasert der Abend während der drei Stunden mehr und mehr. Schon vor der Pause wirkt vieles unfertig und improvisiert. Svenja Liesau, die unmittelbar vor den Corona-Lockdowns nebenan im Gorki-Container den „Hamlet“ gab, nimmt das Heft in die Hand und schnoddert sich mit Berliner Schnauze durch einige Soli. Als der Abend zur Comedy-Nummern-Revue zu werden droht, kehrt die Inszenierung kurz vor Schluss zum tragischen Shakespeare-Ton zurück. Der „Queen Lear“-Lear-Inszenierung fehlen aber ein überzeugender Rhythmus und eine stringente Linie. Gaststar Corinna Harfouch bleibt in der Titelrolle erstaunlich blass.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2022/02/20/queen-lear-corinna-harfouch-theater-kritik/
Queen Lear, Berlin: Kritiker*innen
Das ist boshaft und stammt von einer Kritikerin!
"Angesichts seiner vergangenen fünf Inszenierungen darf man Christian Weise spätestens nach dieser Arbeit als einen der am meisten überschätzten Theater-Regisseure unserer Tage bezeichnen."
Das ist anmaßend und zeigt mir einmal, leider, wieder, wie Kritiker*innen sich selbst überflüssig machen.
Müsste man sich dafür nicht entschuldigen? Mir hilft solch ein Satz nicht weiter. Er ist so überflüssig wie so manches Kritiker-Geschwafel. Zum Glück trifft das nicht auf alle Kritiken zu. Sehr differenziert beschreibt Rakow diesen Abend.
Queen Lear, Berlin: Hypes
Ich kann an dem Satz nichts Boshaftes finden. Es gibt in der Theaterszene immer mal wieder Hypes, aus denen man irgendwann mal die Luft herauslassen sollte. Wer sollte das denn öffentlich tun, wenn nicht die Kritiker*innen? Vielen Dank, Barbara Behrendt, für diese mutige Einschätzung!
Queen Lear, Berlin: Sinnfreies Theater
Sinnfreies Theater- die Spezialität des Regisseurs Christian Weise. Oder fehlt uns da etwa der "intellektuelle Zugang" ? Hurz!
Queen Lear, Berlin: erschrocken
Lieber Olaf, Ihre Wahrnehmung und Einschätzung der Kritik von Barbara Behrendt absolut nicht antasten wollend, möchte ich Sie auf etwas aufmerksam machen, was mich an Ihrem Post wirklich sehr irritiert hat: Die fast direkte Verbindung des Satzes "Mir hilft solch ein Satz nicht weiter." mit der mehrfachen Verwendung des Wortes "überflüssig", entweder dass sich etwas "überflüssig" macht oder schon "überflüssig" ist. Mich irritiert wirklich, oder eigentlich erschreckt es mich eher, dass Sie etwas als "überflüssig" bezeichnen, weil es Ihnen in Ihrem subjektivem Empfinden "nicht weiter hilft". Dass es etwas nicht mehr zu geben braucht oder nicht mehr geben soll, darauf läuft das Wort "überflüssig" ja letztlich hinaus, also es nicht mehr existieren soll, nur weil es Ihnen selbst "nicht weiterhilft"? Ist das wirklich Ihre Meinung? Vielleicht hilft die Kritik von Barbara Behrendt anderen weiter oder hilft "nur" Barbara Behrendt persönlich weiter, weil sie als Kritiker:in und Mensch ihre Meinung zu oder Einschätzung eines Regisseurs äußert, von dem sie scheinbar schon mehrere Inszenierungen jetzt gesehen hat. Ist so eine Meinungsäußerung "überflüssig", machen sich Menschen "überflüssig", wenn sie eine Meinung äußern, die Ihnen, lieber Olaf, "nicht weiterhilft"? Dürfen nur noch Einschätzungen, Meinungen und Sätze existieren, die Ihnen weiterhelfen?
Und noch eine Frage an Sie: woher wissen wir eigentlich immer was uns weiterhilft? und wann wissen wir, dass uns etwas weitergeholfen hat?
Mir ganz persönlich hat zum Beispiel Ihr Post bzw. Ihre Wortwahl sehr weitergeholfen, obwohl ich überhaupt nicht Ihrer Meinung bin und Ihre Wortwahl mich, wie ja jetzt oft genug schon wiederholt, erschrocken hat. Vielleicht wurde mir dadurch etwas bewusst. Deswegen danke Ihnen für Ihren Post und Ihre Worte, war nicht "überflüssig" und "hat mir geholfen".
Queen Lear, Berlin: Transgendertheater
Transgendertheater und Queerdenker*innen

Wenn wir den Text eines alten weißen Mannes wortwörtlich aus dem Mund einer alten weißen Frau hören, müssen wir begreifen, daß dieser Text eben nicht nur aus dem Mund eines alten weißen Mannes kommen kann, sondern auch aus dem einer alten weißen Frau, womit unsere stille feministische Hoffnung, ein alter weißer Mann und eine alte weiße Frau sähen die Welt doch sehr verschieden, dahin ist. Ist Hamlets Mutter eine weibliche PoC (also nicht weiß), und ihr Sohn eine weiße junge Dame (also kein Jüngling), erfahren wir, daß eine PoC-Mutter ebenso ehebrecherisch und verlogen operieren kann wie eine Non-PoC-Gertrud, und eine junge Frau die Dinge auch nicht besser oder schlechter versteht, als ein junger Mann usw. Unsere theatralischen LSBTIQ-Queerdenker*innen landen in der rassistischen, antifeministischen, homophoben Gleichmacherei - jedenfalls solange sie die Texte nicht ändern, deren Sprecher*innen die Geschlechter, Haarfarben, Perücken, Kleidungsstücke, sexuellen Vorlieben etc. häufiger wechseln müssen als Brecht die Länder, d.h. öfter als die Schuhe. Außerdem ist weiß auch eine Farbe (fragen Sie Newton).
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