Medienschau: SZ – Egbert Tholl über mutigen Widerstand russischer Theatermacher:innen

Widerständige Theaterszene

Widerständige Theaterszene

4. März 2022. Wie sich russische Theatermacher:innen gegen Putins Angriffskrieg aussprechen, beschreibt Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung.

Beachtlich sei dabei der Mut, den die Theatermacher:innen durch ihren Widerstand beweisen. Tholl verweist auf Protestaktionen, wie den angekündigten Rücktritt Elena Kowalskajas von ihrem Posten als kündtlerische Leiterin des Mexerhold-Theaterzentrums. Kowalskaja sei in der Ukraine geboren worden, arbeite seit Anfang der 90er-Jahre in Moskau und postete letzte Woche ihre Kündigungsabsichten auf Facebook.

Gesichter des Vertrauens

Tholl führt aus, dass beispielsweise die russische Zeitschrift "Teatr" eine detaillierte Chronik der Ereignisse veröffentliche, zur Unterzeichnung einer Petition gegen den Krieg aufrufe und einen offenen Brief von Regisseur:innen und Schauspieler:innen veröffentliche, der bereits von vielen prominienten Persönlichkeiten unterzeichnet worden sei. Einige Unterzeichner:innen seien sogenannte "Gesichter des Vertrauens von Putin", was bedeute, dass sie sich als in Russland renommierte Künstler:innen mitunter mit Anliegen direkt an Putin wenden könnten. Die staatliche Seite antwortet auf den offenen Brief mit Gegenwind: "Der Sprecher der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, bezeichnet die Unterzeichner in der Presse als "Verräter" und schlägt vor, ihnen das Geld zu verweigern, das sie aus dem Staatshaushalt erhalten."

Kurs einer fast schon sowjetisch anmutenden Behördenschaft

Grigorij Saslawskij, der Leiter der angesehenen Moskauer Theaterhochschule Gitis, gehe hingegen einen anderen Weg: Er habe eine Deklaration unterschrieben, die sich für die Anerkennung der Separatistengebiete ausspreche. "Daraufhin trat die Theaterkritikerin Aljona Karas als Professorin für russische Theatergeschichte zurück," schreibt Tholl. Die Moskauer Theaterhochschule habe bereits in der Vergangenheit oft einen Kurs einer fast schon sowjetisch anmutenden Behördenschaft verfolgt.

Andere Personen in Leitungspositionen russischer Kulturzentren seien ohne weitere Erklärungen entlassen worden – wie beispielsweise Dmitri Wolkostrelow, stellvertretender Leiter des Meyerhold-Theaterzentrums in Moskau. Hintergrund sei, dass große Staatstheater in Russland der Kontrolle des Kulturministeriums unterstellt seien. Ihre Leiter:innen hätten demnach nicht das Recht offen zu sprechen. Tholl sieht im Fall der strafrechtlichen Verfolgung von Kirill Serebrennikow vor zwei Jahren eine Warnung der russischen Regierung an alle Theatermacher:innen. Serebrennikow könne inszwischen zwar wieder im Westen arbeiten, der Weg dorthin sei aber mühselig gewesen und könne als Zeichen für die Willkür des russischen Staates gesehen werden.

( SZ / ska )

 

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