Medienschau: SZ – René Heinersdorff zur Ökonomie der Privattheater
Müssen zweieinhalb Tausend Abendgage sein?
Müssen zweieinhalb Tausend Abendgage sein?
30. September 2022. Der Boulevard-Theatermacher, Autor, Regisseur und Schauspieler René Heinersdorff wird nach den von ihm geleiteten Häusern in Köln, Essen, Düsseldorf und München demnächst auch die Leitung am städtischen Theater in Neuwied übernehmen. Er ist gefragt, als jemand, "der auch über Geld redet", und spricht als solcher mit dem Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung (€).
Den Privattheatern stehe ein "wirtschaftlich schwieriger Herbst" bevor, erzählt Heinersdorff. Die Planungssicherheit schrumpfe, Leute buchten Tickets anders als früher heute äußerst kurzfristig. Die Auslastung liege derzeit bei 25 bis 30 Prozent (gegenüber 65 bis 75 Prozent vor Corona). Ein Pfund, um das Publikum wieder zu gewinnen, sind für Heinersdorff leichte Stoffe, weil "Komödie besser geeignet ist, die Leute zurückzulocken, als wenn wir sagen, wir experimentieren ästhetisch, wir bringen dramatische Stoffe nach vorne, auch wenn ich die persönlich wichtig finde".
Zugleich mahnt Heinersdorff im Interview zur Sparsamkeit. Er selbst verzichte schon mal auf Teile seiner Gage als Schauspieler, wenn die Vorstellung schlecht besucht war. Die Geschäftsführung an der Komödie im Bayerischen Hof München übe er ehrenamtlich aus.
Mit Forderungen nach einem Höchstgehalt für Künstler:innen sei er als Vorsitzender der Privattheatergruppe im Deutschen Bühnenverein angeeckt. Heinersdorff: "Müssen zweieinhalb bis dreitausend Euro Gage am Abend für einen Gast an geförderten Häusern sein? Auch mein Vorschlag, dass alle Intendanten mit einem 13. Monatsgehalt auf dieses im Lockdown verzichten sollten, als Geste nach draußen und als Beitrag an die Gesellschaft, fand keine Zustimmung."
Auf eine ähnliche Abwehrhaltung sei er in Etat-Diskussionen gestoßen, etwa mit dem Vorschlag, die während der Corona-Zeit eingesparten Produktionsgelder an den "Steuerzahler" zurückzugeben, "immerhin sind es Steuergelder". Beim aktuellen Trend zur "Nachhaltisierung" sieht Heinersdorff die traditionell stark auf ihre Kosten schauenden Privattheater in einer Vorreiterrolle.
(sueddeutsche.de / chr)
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Ich gehöre zu den Menschen, die in ihrem Berufsfeld auf die genannten Abendgagen angewiesen sind. Wenn nämlich, wie es oft der Fall ist, über Wochen und Monate nur eine Vorstellung zu singen (Musiktheater, stimmt, das gibt's ja auch noch...) ist, gerade während und nach Corona, dann verpufft die von Herrn Heinersdorff hier seltsam angezündete Neiddebatte beim Blick aufs reale Netto in die Gegenrichtung. Und: waren wir nicht gerade eben noch irgendwie alle gemeinsam der Meinung, dass Gagenerhöhungen für darstellende Künstler*innen dringend überfällig sind?! Das wohlfeile Gemeckere an dem angeblichen Verhalten von Intendant*innen nun wiederum aus dem Munde eines mehrfachen Theaterbesitzers(!) ist, um dem Ganzen Unsinn die Krone aufzusetzen, aus meiner Sicht besonders peinlich.
Weshalb die auf Intendanten bezogenen Äußerungen "wohlfeil" oder "peinlich" sein sollen, erschließt sich mir nicht. Heinersdorff spart ja offenbar mitunter auch bei sich selbst ein, und die vorgeschlagene Rückerstattung des 13. Gehalts hätte auch für ihn selbst gegolten, wurde jedoch offenbar von Intendanten abgelehnt, deren Gehälter mitunter jene von Spitzenfunktionären der Bundespolitik noch übertreffen - und die von den Steuerzahlern finanziert werden. Diese Intendanten sind selbst ja auch - etwa bei Gagen- und Vertragsverhandlungen oder beim Erstellen der Spielpläne - an Einsparungen interessiert oder beteiligt. Somit darf man diese auch von ihnen selbst verlangen. Heinersdorffs Wohlergehen wiederum hängt von jenem seiner (privaten) Bühnen ab. Läuft es dort nicht mehr, weil etwa das Publikum ausbleibt, kann er sie zusperren.