Clinch im Kopf

1. Oktober 2022. Vor zwei Jahren war es für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, jetzt kommt es auf die Bühne: das Sprachkunstwerk der vielfach ausgezeichneten Schriftstellerin Maren Kames, die auch als Übersetzerin von Sivan Ben Yishai bekannt ist. Enrico Lübbe begibt sich in den Anspielungskosmos von Pop bis zu Konkreter Poesie.

Von Tobias Prüwer

Maren Kames' "Luna Luna" in der Uraufführungsregie von Enrico Lübbe am Schauspiel Leipzig, hier mit Lisa-Katrina Mayer © Rolf Arnold

1. Oktober 2022. Chrash, boom, bang: Vor ein paar Tagen glückte der NASA der erste menschliche Versuch, die Laufbahn eines Himmelskörpers zu verändern. Mit Präzision krachte die Sonde auf den Asteroiden, nur einen kurzen Moment dauerte das Spektakel.

Ein aus dem Himmel fallender Körper bewegt sich auch in der Umlaufbahn von "Luna Luna" am Schauspiel Leipzig. Im Gegensatz zur Wirklichkeit versagen hier allerdings alle Versuche des Regisseurs Enrico Lübbe, die Uraufführung auf den Kurs jener berührenden Momente zu bringen, die dem Text innewohnen.

Im Sog der Stimmen

Einen Gesang muss man Maren Kames' "Luna Luna" nennen. Es ist ein Sog, der sich zwischen zwei Stimmen entwickelt, die miteinander im Clinch liegen. Da ist die sittenstrenge und doch verheißungsvolle Geisha und ihr gegenüber – beziehungsweise sie umgarnend-hintergehend – der Sheitan. Was genau das für Figuren sind, erfährt man nicht, ihr Kampf scheint sich im Kopf und Herzen einer jungen Frau abzuspielen.

Immer wieder heulen die Stimmen den Mond an, wollen sie Luna nah, "lunah" sein. Ein Krieg, der Krieg an sich, bricht hinein in den Text, der eine Collage ist aus lyrischer Prosa, Wortspielen und artifiziellen Buchstabenkonstruktionen und ganz viel Popmusik. Finden, verlieren, Fäden wieder aufnehmen sind die Motive in der Suche nach sich, ich, irgendwas.

Luna2 Rolf Arnold uStimmgewaltig und präsent, aber mit naheliegender Bewegungssprache: Lisa-Katrina Meyer in "Luna Luna" © Rolf Arnold 

Enrico Lübbe hält am Collagencharakter fest. Dessen immanenter Rhythmus allerdings fehlt auf der Bühne, obwohl – oder gerade weil – der Regisseur auf viel Musik setzt. Vier Spielende und ein neunköpfiger Chor agieren auf der Bühne. Die ist eine leerer Kasten, der bis nach hinten mit Schwarz-Weiß-Kopien des Originalbühnenrahmens bestückt ist, so dass er wie ein Schlauch oder Tunnel wirkt.

Roboterartig zuckende Glieder

Ich-Stimme und Figur übernimmt Lisa-Katrina Mayer, die stimmgewaltig und präsent, aber beim Textsprechen ohne Rhythmus ist. Vielleicht liegt das auch daran, dass sie besonders anfangs sehr außer Atem ist beim Sprechen, vielleicht durfte sie nicht anders. So kommt die Sprache der Autorin, das ihr eigene Tempo, nicht zur Entfaltung. Auch Mayers Körpersprache reicht über ein paar Tanzbewegungen und Übliches nicht hinaus. Ist ihr schwindelig, dreht sie sich wirbelnd im Kreis, ein bisschen roboterartig zucken ihre Glieder, als mechanische Töne aus dem Off kommen.

Irritierend ist auch die Akustik, mal wird übers Mikro gesprochen, dann ohne, weshalb man sich ständig auf wechselnde Lautstärken und Richtungen einstellen muss. Das liegt vor allem an Musik und Gesang, die blockartig in die Inszenierung gesetzt sind. Wie in einem Nummernstück unterbrechen chorische Popeinlagen das Spiel, statt es zu tragen. Da wird Bombast aufgefahren, sind die Kostüme mit Lichtern gespickt, rauschen die Sänger vom Himmel herunter, zwinkert ein aufgegangener Monstermond burschikos dem Publikum zu.

Luna3 Rolf Arnold uSchwarz-Weiß-Optik: Katrin Nottrodts zitiert mit visuellen Effekten den Originalbühnenrahmen © Rolf Arnold

Das könnte aus einem Konzert von Helene Fischer stammen – deren Lied "Atemlos durch die Nacht" wird immerhin durch interessante Variationen zum Schillern gebracht beziehungsweise herrlich dekonstruiert. Lobend erwähnt werden muss auch das mechanische Theater, das groß auf die Bühne projiziert wird und sich zum Figurinentheater mit Stabmarionetten entwickelt. Hier hebt die Inszenierung zur visuellen Abstraktion an, wo sie sonst meist bei reiner Bebilderung stoppt.

Musikfilmartige Szenen

Enrico Lübbe, der sonst bei Texten oft mit rhythmischem Geschick zu beeindrucken weiß, geht gerade bei diesem sprachmächtigen Gewebe zu zurückhaltend vor. Es drängt sich der Eindruck auf, dass er diesem nicht ganz vertraut, wenn er die Szenen musikfilmartig durch Chorspektakel zerstückelt. Statt ein Amalgam aus beidem zu schaffen, zeigt er einen Theaterabend mit Songs, dem Musikalität und Rhythmus fehlen.

 

Luna Luna
von Maren Kames
Uraufführung
Regie: Enrico Lübbe, Musikalische Leitung: Daniel Barke, Bühne: Katrin Nottrodt, Kostüme: Josa Marx, Choreographie: Salome Schneebeli, Dramaturgie: Torsten Buß, Video: Kai Schadeberg, Licht: Veit-Rüdiger Griess.
Mit: Tilo Krügel, Lisa-Katrina Mayer, Christoph Müller, Michael Pempelforth, Diana Labrenz sowie Daniel Barke, Jonas Enseleit, Sabrina Häckel, Toni David Linke, Martin Lorenz, Carsten Göpfert, Lilly Ketelsen, Alice Wohlust (Chor).
Dauer: 2 Stunden, keine Pause
Premiere am 30. September 2022

www.schauspiel-leipzig.de

 

Kritikenrundschau

Enrico Lübbe gehe es nicht um die Aktualität des Texts. "Seine Form ist eine Art Überwältigungsstrategie", so Stefan Petraschewsky im MDR Kultur (1.10.2022). Vier Protagonisten treten auf: das lyrische Ich, der Sheitan, Mutter und Großvater. "Auch ein A Capella-Chor, sieben Sängerinnen und Sänger, die phantastisch singen. In phantastischen Kostümen; in phantastischem Licht, in phantastischen Sound gebettet – und das alles erschlägt leider, leider den Text." Lübbe setze durchaus eigene Akzente, auch ganz virtuos, bemüht alles, was das Theater hergeben kann: Nebel, Licht, Puppentheater; macht kleines Groß und Großes klein. "Im Ergebnis sehen wir ein Varieté-Theater, eine Pop-Show, die ohne einen Sinn, und ohne Erdung zum Text, einfach nur Bilder und Einfälle versammelt."

 

Kommentare  
Luna, Luna, Leipzig: Verfall
Ich wünsche allen Beteiligten, MitarbeiterInnen, dem Schauspielhaus und der Stadt Leipzig einen neuen Intendanten, um ein Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit zu verhindern und an frühere Leistungen im Theateroberhaus anknüpfen zu können. Es ist seit Jahren ein Verfall der großen Bühne erkennbar, welcher nur mit neuem Personal in allen oberen Ämtern entgegenzuwirken ist.
Luna Luna, Leipzig: Unfair
@ Wolfgang Breithof: Ich finde, Ihr Kommentar ist unfair, wenn nicht sogar bösartig. Sie evozieren einen lang anhaltenden Misstand am Schauspiel Leipzig, den es so nicht gibt. Vielleicht haben Sie es ja vergessen:Covid 19 hat vieles an den Theatern verunmöglicht. Auch in Leipzig.

Nun ist endlich wieder eine erste ungebremste Spielzeit gestartet. Möglich, dass man zu viel auf einmal wollte, möglich, dass bei «Luna Luna» ein paar Dinge etwas verrutscht sind. Aber: Warum so unversöhnlich deswegen? Warum äußern Sie nicht ein paar konkrete Kritikpunkte? Haben Sie wirklich nicht mehr zu sagen als ein pauschales "es hat eh keinen Zweck, wechselt das Team aus"? Sie machen es sich m.E. viel zu einfach.

Außerdem stellen Sie Falschbehauptungen auf: Soweit ich das überblicke, kann das Schauspiel Leipzig durchaus eine sehenswerte Bilanz vorweisen, mit deutlich besseren Zuschauerzahlen als in den Jahren vor Lübbe und zahlreichen Festival-Einladungen, darunter zwei Mal Theatertreffen in den letzten 5 Jahren. Ihre Einlassung klingt m.E. sehr nach jemandem, der irgendwelche persönlichen Gründe hat, so etwas zu schreiben.

Aber wenn wir schon beim Wünschen sind, dann will ich ihren Impuls aufnehmen und ebenfalls einen Wunsch ans Schauspiel Leipzig richten, einen etwas konstruktiveren, in die Zukunft weisenden: Ich wünsche mir, dass man an diesem Haus wieder vermehrt auf das Schauspiel vertraut, das es ja im Namen trägt. Versteckt die Spieler:innen weniger hinter Masken. Ersetzt sie nicht durch Chöre, und schon gar nicht durch Roboter. Als Zuschauer und Freund des Hauses kann ich sagen: Was mich ins Theater lockt, sind die Schauspieler:innen. Alles andere ist Beiwerk.
Luna Luna, Leipzg: verspiegelt
Lieber Herr Prüwer,
Ich habe ihre Kritik gelesen und muss sagen, ich bin fassungslos. Ich war selbst bei der Premiere und möchte vorwegnehmen: Minutenlanger Applaus und Standing Ovations sprechen für sich und haben gezeigt wie begeistert das Publikum (zurecht!) diesen Abend feierte.
Ihre Worte zu lesen hat mich erschrocken, denn Sie scheinen diesen Abend sehr anders wahrgenommen zu haben, als der Großteil und lassen nun die Leser in dem Glauben, dieser Abend löhne sich nicht. Das ist wirklich schade und ich hoffe, dass durch Ihre übertriebene Negativität die Menschen neugierig werden, sich selbst ein Bild davon zu machen, ob das wirklich so schlecht sein kann, was da in Leipzig passiert. Denn ich kann als regelmäßige Theatergängerin sagen: Meiner Meinung nach war das, was da auf der Bühne passiert ist, ein Meisterwerk.
Die Hauptdarstellerin hat das Publikum in ihren Bann gezogen und ihre Rolle auf so nahbare und zerbrechliche Weise mit wahnsinnig viel Körpereinsatz und starken Kontrasten erzählt. Zusätzlich hat sie mit musikalischem Feingefühl gesungen und konnte durchaus mit den Sängern vom Chor mithalten. Was Sie damit meinen, sie hätte "keinen Rhythmus" in ihrer Sprache gehabt, ist mir schlichtweg unbegreiflich.
(...) Die Umsetzung und die gesamte Inszenierung ist meisterlich von Licht-Effekten über einen stimmgewaltigen Chor, eine verspiegelte Bühne, durchdachte Kostüme, eine Projektion eines Puppenspiels, das durch ein grandioses Bühnenbild mit der Wirklichkeit zusammenfließt, einer spannenden Dramaturgie und nicht zuletzt einer starken Besetzung von Schauspielern und Sängern die das Schauspiel sowohl pompös erstrahlen lassen als auch ganz intim werden lassen.
"Clinch im Kopf", wie Sie in Ihrer Überschrift schreiben, trifft es sogar hier und da ganz gut, denn es ist zerfranst, modern, arbeitet mit starken Brüchen und Wortfetzen und Sätze ergeben nicht immer einen Sinn. Um einen Sinn scheint es aber an dem Abend nicht zu gehen. Jedenfalls nicht so plakativ. Eine emotionale Reise, in der sich (auch ohne eine greifbare Geschichte) jeder wiederfinden kann.
Ich sage DANKE für diesen zauberhaften Abend und werde mir das Stück auf jeden Fall nochmal ansehen. Denn bei so vielen Details wird es sicher nicht langweilig, das noch einmal zu erleben.
Luna Luna, Leipzig: Absoluter Wahnsinn
Werter Herr Prüwer,
meine Frau und ich waren am Samstag in der 2. Vorstellung von LUNA LUNA in Leipzig. Entweder war die Premiere eine andere Inszenierung oder Ihre Kritik ist eine absolute Frechheit. Was dort in 2 Stunden geleistet wird, was die Hauptdarstellerin Lisa Mayer an Energie, Zerbrechlichkeit, Stimmengewalt in den Saal schickt, wie unglaublich der Chor singt und was die Schauspieler:innen in den fantastischen Kostümen, Choreographien dort auf das Spiegelparkett knallen, ist der absolute Wahnsinn. Die Zuschauer:innen waren begeistert, es gab Jubel und Standing Ovation in einem vollen Theater! Wo hat man das in diesen Tagen sonst?
(...)

(Der Kommentar wurde um eine Passage gekürzt, die unbelegte Unterstellungen enthielt.
Bitte bleiben Sie sachlich.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion
Janis El-Bira)
Luna Luna, Leipzig: Sachlichkeit
Es ist auch mir unverständlich, was Tobias Prüwer da gesehen hat. LUNA LUNA war in meiner Wahrnehmung ein Feuerwerk an Spiellust, Sinnlichkeit, Musikalität. Grosser Liebe zu Details (die Rakete und Lumieres "Reise zum Mond", Pappziege, Sternschnuppen). Das Publikum hat den Abend gefeiert. Minutenlang applaudierte der Saal STEHEND! Wenn Sie, Herr El-Bira, Sachlichkeit in Ihrem Forum fordern, gilt das nicht auch für Ihre Autoren, oder? Tobias Prüwers Kritik ist bösartig und unverschämt.

(Lieber Carsten Rabe,

wir empfinden die Kritik als sachlich und keinesfalls als "bösartig" oder "unverschämt" - sonst hätten wir sie nicht veröffentlicht. Dass Sie und andere den Abend gegenteilig wahrgenommen haben, viele allerdings auch ähnlich wie unser Autor, liegt doch in der Natur der Sache. Da darf gerne gestritten werden. Grundlose Unterstellungen und Anfeindungen gegenüber unseren Autor:innen (oder wem auch immer) werden wir aber auch zukünftig unterbinden.

Herzliche Grüße
Janis El-Bira)
Luna Luna, Leipzig: Realitäten
Sehr geehrter Herr @El-Bira,
bezugnehmend auf Ihre Zeilen an meinen Vorschreiber:
Das Problem Ihrer Autor:innen und Ihres Forums wird heute in der Süddeutschen Zeitung ganz gut erkannt: Es geht an der Realität und den Zuschauer:innen vorbei und exisitiert nur noch als Blase für eine akademisch verquere Minderheit, die, wie P. Laudenbach sehr gut beschreibt, nicht vor 12 Uhr zur Arbeit gehen will (man ist Theaterfrau/ -mann) und es "verdächtig findet", wenn Theater voll sind und sogar noch von den Zuschauer:innen gefeiert wird.
Wir hatten am Samstag sehr große Freude an LUNA LUNA im Schauspiel Leipzig und um uns herum die vielen anderen Besucher:innen auch und ich bleibe dabei, dass die Kritik von Herrn Prüwer eine Frechheit ist und wie wir inzwischen im Internet finden konnten, nicht die erste gegenüber dem Theater in Leipzig. Hochachtungsvoll A. Schreiber

(Liebe*r A. Schreiber,

also ich weiß ja nicht, aber mein Dienst in der Redaktion begann heute wie immer um 7 Uhr. Damit Sie und Angehörige sämtlicher Blasen, Minder- und Mehrheiten schon deutlich vor 12 Uhr etwas zu lesen haben.
Spaß beiseite: Ich würde es begrüßen, wenn sich die weitere Diskussion hier nun wieder auf die Inszenierung beziehen würde. Meinungen zur Kritik wurden, denke ich, hinreichend ausgetauscht.

Herzliche Grüße
Janis El-Bira)
Luna Luna, Leipzig: Lob auf der Premieren-Feier
Liebe Leser, lieber Tobias Prüwer,

natürlich kann man einem Theatergänger seine Meinung niemals absprechen, und ich muss gestehen, ich empfinde wirklich tiefes Beileid für den Umstand, dass der Besuch von Luna Luna für sie, Herr Prüwer, offenbar völlig verschwendete Lebenszeit war. Gerne darf man so etwas auch mit seinen Freunden teilen, allerdings glaube ich kaum, dass man mit einer derart inkompetenten Kritik für ein Theater-Magazin schreiben darf. Die Nachtkritik wird über die deutschen Grenzen hinaus von allen Theaterhäusern hinweg wahrgenommen und man muss sich auch gewissermaßen einer "Verantwortung" bewusst sein, wenn man für dieses Magazin schreibt. Einer Verantwortung für die Menschen, die man rezensiert und entsprechend entweder huldigt, oder aber in der Szene in Verruf bringt. Gerne möchte ich meine Unterstellung belegen.
Bereits im oberen Teil, wo versucht wird das Buch zusammenzufassen wird deutlich, dass auch dieses Buch kaum verstanden wurde. Der beschriebene "Clinch zweier Stimmen im Kopf" existiert nicht, es geht hier nicht um eine Schizophrenie und auch ist der genannte Sheitan nicht der einzige Gegenspieler, welcher hier agiert. Zahlreiche Textstellen des Buches SIND Musik, sie zitieren Songs, sie übersetzen und entfremden Songtexte und sie sind untrennbar mit dem Text verbunden. Der Text ist Musik und wer das Buch liest, wird keine Stelle finden ohne dabei zitierte Musik im Kopf zu haben. Auch in Pausen des Textes, welches es im hervorragend illustrierten Buch durchaus auch zu Hauf gibt. Diese Pausen sind Musik. Dies ist übrigens keine Vermutung, sondern von der Autorin so beschrieben. Der Umstand, dass dieses Schauspiel-Stück also eine Zwitter-Erscheinung aus einem "Sprechtheater" und andererseits einem Oper- oder Musicalformat bildet, ist absolut gewollt und bildet das Buch auch korrekter ab, als sich hier auf das bloße Sprechtheater zu reduzieren. Selbstverständlich muss man allen Sprechtheater-Fans hier dann zugute halten, dass wer Oper und Musical nicht mag, hier ggf. nicht seine völlige Erfüllung findet.
Dass die Akustik irritierend sei, widerspricht sich hierbei leider sehr stark mit dem Umstand, dass im Stück ca. 50 Personen, die Musikstudierende, oder Dozenten der HMT Leipzig sind, teilweise auch Musikproduzenten und Tontechniker, bei der Premieren-Feier das Feedback gegeben haben, dass das Sounddesign mit verstärkten und unverstärkten Elementen "meisterhaft" umgesetzt wurde. Es mag sein, dass Herr Prüwer aber hier einfach kompetenter ist, als 50 (teilweise angehende) Berufsmusiker und Sounddesigner, die sich ausnahmslos einig waren, dass das Gegenteil der Fall ist.
Weiter geht es dann mit der Behauptung, dass "Chorische Einlagen" das Stück wie in einem Nummernprogramm unterbrechen. Dies ist leider falsch, denn erst im Dritten Teil passiert dies an einer einzigen Stelle. Zum allergrößten Teil sind die Songs - wie im Buch - verwoben mit den Spielpassagen, ab und an mit der Hauptdarstellerin verknüpft, in jedem Kontext stehts inhaltlich angegliedert. Nähme man diesem Stück diese Musik, so würde man dem Buch hier die Seele herausreißen.

Das Lob über die von Ihnen heftigst kritisierte Protagonistin Lisa Katrina Meyer hat sich nach der Premiere nur so überschlagen. Die von ihr gezeigte schauspielerische und GESANGLICHE! Leistung sei von nahezu keinem Schauspieler in Deutschland reproduzierbar. So beispielsweise auch das Feedback zahlreicher Schauspieler, die bei der Premiere anwesend waren.

Schließlich muss man in einer Kritik, welche versuchen möchte eine gewisse Objektivität zu behalten auch prüfen, was darin keine Erwähnung findet: Ein Publikum mit tosenden Standing Ovations und mehr als 15 Verbeugungen. Eine chorische Umsetzung, wie sie in Komplexität und Perfektion an kaum einem anderen Theaterhaus zu finden ist. Bühnenbild und Kostüme, welche genau so grell und vorlaut sind, wie das Buch. Leider eine Schwache Leistung von ihnen.
Luna Luna, Leipzig: Lobhudelei statt Objektivität
Zu #7: Also, wenn dieser Kommentar nicht aus den Reihen des Schauspiel Leipzig kommt, dann weiß ich auch nicht…so viel schnell aufgesagtes Wissen über die Vorlage, die Beteiligten, die genaue Zahl der „begeisterten“ angehenden MusikerInnen auf der Premierenfeier…inwieweit eine solche offenkundige, schon etwas peinliche Lobhudelei jetzt eine meinetwegen etwas ungnädige Kritik entkräften soll, erschließt sich mir nicht. Der Versuch, Objektivität vorzutäuschen, darf hier jedenfalls als gescheitert bezeichnet werden…
Luna Luna, Leipzig: Unzeiten
Sollte es sich bei dem Kommentar von Sabine M. tatsächlich um eine Mitarbeitende des Schauspiel Leipzig handeln, wäre dies unfassbar peinlich. Was sind das bitte für Unzeiten, in welchen man über eine schlechte Kritik nicht einfach lachen kann oder sie halt einfach als eine Perspektive auf das eigene Schaffen zu verstehen lernt? Wo ist die Coolness der Theater hin? Einerseits sich über die zunehmende Bedeutungslosigkeit der Theaterkritik auslassen, dann aber bei der ersten, negativ(er)en Rezension seine Presseabteilung in die Nachtkritik Kommentarspalte schicken.. (sollte die Hypothese von Feydeaux stimmen)

Erst das "State of the Art"-Debakel des Kunstfests Weimar und jetzt das..

Wie wollen Theater die Demokratie und den Austausch hochhalten und können dabei nicht einmal aushalten, wenn eine Produktion eben bei der Kritik nicht gut ankommt? Shame, Shame, Shame an das Schauspiel Leipzig, sollte die Behauptung von #8 wirklich zutreffen.
Luna, Luna, Leipzig: Bitte debattieren
Ich bin dafür! Für eine lebhafte Debatte; für eine zupackende, subjektive Theaterkritik; dafür dass sich auch Stimmen aus den Theaterhäusern zu Wort melden (was soll daran peinlich sein? Das erschließt sich mir überhaupt nicht) Was kann sowohl einer Inszenierung als auch der Kritik denn besseres passieren als dass leidenschaftlich darüber debattiert wird? Da wird mir ganz nostalgisch ums Herz….
Luna Luna, Leipzig: Kenntlich machen
Lieber Felix,

Eine Wortmeldung des Theaters in dieser Debatte wäre in der Tat nicht peinlich, wenn sie als solche kenntlich wäre. Wenn Regie oder Dramaturgie meinen, ihre Arbeit auf diese Weise verteidigen zu müssen, dann sollen sie das gerne tun. Aber dann wäre es gut, wenn sie sich nicht als objektive Zuschauerin ausgeben würden. DAS ist peinlich.
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