Sisi & Ich

Bis dass der Tod ...

30. März 2023. Kaiserin Sisi hat Konjunktur. Wiederentdeckt wird sie als feministische Stilikone. Frauke Finsterwalders Spielfilm gestaltet die Beziehung Elisabeths von Österreich-Ungarn und ihrer letzten Hofdame, Irma Gräfin von Sztáray, zeitgenössisch neu. Die Schauspiel-Stars Susanne Wolff und Sandra Hüller haben sich des Doppels angenommen.

Von Elena Philipp

Film Sisi & ich: Vom Bootcamp abwärts
Sehe ich genauso. Die erste Hälfte mit Sandra Hüller als Hofdame im queerfeministischen Bootcamp von Susanne Wolffs Sisi ist schön erzählt, hat einige hübsche Einfälle und lebt vor allem von der schauspielerischen Klasse der Hauptdarstellerinnen. Auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt.

Im zweiten Teil dann der völlige Bruch, ein Rückfall ins altbekannte Sisi-Bild, viele langatmige Täler sind bis zum erstaunlich konventionellen Ende.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/02/19/sisi-ich-film-kritik/
Film Sisi & Ich: Hochgestapelt und zu deutsch
Frauke Finsterwalders Film kann sich, finde ich, erst im Lauf der Zeit aus seinem anfangs etwas kunstgewerblich-manieriert wirkenden Konzept befreien. Anfang schleppt er sich etwas mühsam dahin, und man muss es leider sagen: Die ungarische Gräfin ist jeder Zoll keine ungarische Gräfin, sondern eine bieder-unbeholfene deutsche Spießerin mit Stock im Arsch, treffend aber falsch verkörpert von Sandra Hüller, die offenbar Maren Ades genialen TONI ERDMANN noch nicht abgeschüttelt hat. Wobei insgesamt der Eindruck dominiert, hier würden ein paar Mittelstands-Deutsche als Aristokraten hochstapeln. Da fehlt viel, vielleicht sogar alles an Klassenbewusstsein und passendem Benehmen. Es geht hier überhaupt sehr deutsch zu, die Kaiserin ist auch keine Bayerin und der Rest fügt sich in etwas, das auf der Theaterbühne okay ist, im Film jedoch falsch wirkt. Wenn eine englische Schauspielerin eine Amerikanerin gibt oder ein Amerikaner einen Briten, wird es als professionell angesehen, dass hier auch sprachlich entsprechend korrekt vorgegangen wird (mit dialect coaches). Das schafft der deutsche Film (noch) nicht oder selten, hier bevorzugt man norddeutsch grundiertes Bühnendeutsch wie am Theater (es sei an die RAF-Leute in Uli Edels BAADER MEINHOF KOMPLEX erinnert, die gleichfalls sprachlich verfälscht waren und dadurch besonders unauthentisch und künstlich wirkten).
Ansonsten entwickelt der Film spät, aber doch seinen eigenen Sog. Sehr gelungen ist die mit auffälliger Körnung - durch Super16 - und einfallsreicher Kameraarbeit von Thomas Kiennast prunkende visuelle Gestaltung, die Wahl der Schauplätze, der Zugriff von Regie und Drehbuch (Finstewalder zusammen mit Christian Kracht) auf diese nicht einfache Geschichte und auf die nicht einfache Figur. Dass Susanne Wolff nicht besonders sympathisch, sondern relativ anstrengend wirkt, entspricht sicher viel stärker der historischen Wahrheit als die Wärme der unvergleichlichen Romy Schneider. Sehr schön und nachdenklich machend sowie einen Hauch verschwörungstheoretisch ist die Sequenz mit dem Attentat gestaltet. Insgesamt: ein ähnlicher Ansatz wie Marie Kreutzer in CORSAGE, aber letztlich erfreulich eigenständig und weniger verbissen-negativ. Nicht zuletzt für an der Thematik Interessierte eindeutig ein Pflichttermin, wobei vorrangig an sentimentalen Schmachtszenen interessierte Fans pseudohistorischer Wohlfühl-Kostümsoap-Ästhetik - wie BRIDGERTON & Co - von der Machart ein wenig irritiert sein könnten.
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Sisi & Ich

Bis dass der Tod ...

30. März 2023. Kaiserin Sisi hat Konjunktur. Wiederentdeckt wird sie als feministische Stilikone. Frauke Finsterwalders Spielfilm gestaltet die Beziehung Elisabeths von Österreich-Ungarn und ihrer letzten Hofdame, Irma Gräfin von Sztáray, zeitgenössisch neu. Die Schauspiel-Stars Susanne Wolff und Sandra Hüller haben sich des Doppels angenommen.

Von Elena Philipp

Film Sisi & ich: Vom Bootcamp abwärts
Sehe ich genauso. Die erste Hälfte mit Sandra Hüller als Hofdame im queerfeministischen Bootcamp von Susanne Wolffs Sisi ist schön erzählt, hat einige hübsche Einfälle und lebt vor allem von der schauspielerischen Klasse der Hauptdarstellerinnen. Auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt.

Im zweiten Teil dann der völlige Bruch, ein Rückfall ins altbekannte Sisi-Bild, viele langatmige Täler sind bis zum erstaunlich konventionellen Ende.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/02/19/sisi-ich-film-kritik/
Film Sisi & Ich: Hochgestapelt und zu deutsch
Frauke Finsterwalders Film kann sich, finde ich, erst im Lauf der Zeit aus seinem anfangs etwas kunstgewerblich-manieriert wirkenden Konzept befreien. Anfang schleppt er sich etwas mühsam dahin, und man muss es leider sagen: Die ungarische Gräfin ist jeder Zoll keine ungarische Gräfin, sondern eine bieder-unbeholfene deutsche Spießerin mit Stock im Arsch, treffend aber falsch verkörpert von Sandra Hüller, die offenbar Maren Ades genialen TONI ERDMANN noch nicht abgeschüttelt hat. Wobei insgesamt der Eindruck dominiert, hier würden ein paar Mittelstands-Deutsche als Aristokraten hochstapeln. Da fehlt viel, vielleicht sogar alles an Klassenbewusstsein und passendem Benehmen. Es geht hier überhaupt sehr deutsch zu, die Kaiserin ist auch keine Bayerin und der Rest fügt sich in etwas, das auf der Theaterbühne okay ist, im Film jedoch falsch wirkt. Wenn eine englische Schauspielerin eine Amerikanerin gibt oder ein Amerikaner einen Briten, wird es als professionell angesehen, dass hier auch sprachlich entsprechend korrekt vorgegangen wird (mit dialect coaches). Das schafft der deutsche Film (noch) nicht oder selten, hier bevorzugt man norddeutsch grundiertes Bühnendeutsch wie am Theater (es sei an die RAF-Leute in Uli Edels BAADER MEINHOF KOMPLEX erinnert, die gleichfalls sprachlich verfälscht waren und dadurch besonders unauthentisch und künstlich wirkten).
Ansonsten entwickelt der Film spät, aber doch seinen eigenen Sog. Sehr gelungen ist die mit auffälliger Körnung - durch Super16 - und einfallsreicher Kameraarbeit von Thomas Kiennast prunkende visuelle Gestaltung, die Wahl der Schauplätze, der Zugriff von Regie und Drehbuch (Finstewalder zusammen mit Christian Kracht) auf diese nicht einfache Geschichte und auf die nicht einfache Figur. Dass Susanne Wolff nicht besonders sympathisch, sondern relativ anstrengend wirkt, entspricht sicher viel stärker der historischen Wahrheit als die Wärme der unvergleichlichen Romy Schneider. Sehr schön und nachdenklich machend sowie einen Hauch verschwörungstheoretisch ist die Sequenz mit dem Attentat gestaltet. Insgesamt: ein ähnlicher Ansatz wie Marie Kreutzer in CORSAGE, aber letztlich erfreulich eigenständig und weniger verbissen-negativ. Nicht zuletzt für an der Thematik Interessierte eindeutig ein Pflichttermin, wobei vorrangig an sentimentalen Schmachtszenen interessierte Fans pseudohistorischer Wohlfühl-Kostümsoap-Ästhetik - wie BRIDGERTON & Co - von der Machart ein wenig irritiert sein könnten.
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