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Salzburger Festspiele: Neue Schauspieldirektorin berufen

Marina Davydova © SF/Neumayr/Leo

24. November 2022. Marina Davydova übernimmt die Leitung des Schauspiels der Salzburger Festspiele ab 2024. Das geben die Festspiele in einer Presseaussendung bekannt. Der Vertrag der gebürtigen Russin beginnt am 1. Oktober 2023 und ist auf drei Jahre bis zum 30. September 2026 abgeschlossen. Marina Davydova löst Bettina Hering ab, die diese Funktion 2015 als erste Frau in der Geschichte der Salzburger Festspiele übernahm.

Marina Davydova, geboren 1966 in Baku, ist Theatermacherin, Journalistin, Dramatikerin und Produzentin. Ihr Studium der Theatergeschichte und -kritik schloss sie 1988 an der Russischen Theaterakademie (GITIS / RATI) in Moskau ab, promovierte dort über "Die theatralische Natur der englischen Tragödie nach der Renaissance" und arbeitete als Wissenschaftlerin am Institut für Darstellende Kunst. Davydova lehrte an verschiedenen Hochschulen zur Geschichte des westeuropäischen Theaters und gab Kurse für Theaterkritik an der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität.

Dramatikin, Regiesseurin und Festivalkuratorin

2016 arbeitete Marina Davydova als Kuratorin für das Schauspielprogramm der Wiener Festwochen. Im Festwochenprogramm fanden neben Performance, Figuren- und Objekttheater, Installationen, Tanz, Text, Zirkusformate und stummes Spiel. Zudem war sie in der Vergangenheit auch als Dramatikerin und Regisseurin tätig. Davydova war Mit-Initiatoren des 1998 gegründeten Festivals NET (New European Theatre) in Moskau, dessen künstlerische Leitung sie 23 Jahre lang bis März 2022 innehatte. Das jährlich im Herbst stattfindende internationale Festival stellte dem Moskauer Theaterpublikum zeitgenössisches europäisches und russisches Theater vor.

Journalistin bei TEATR

Viele Jahre lang schrieb Marina Davydova zudem als Theaterkritikerin für "Iswestja", eine der ältesten russischen Zeitungen. Bis März 2022 war sie Chefredakteurin der inzwischen eingestellten Zeitschrift "Teatr" und hatte eine Kolumne auf der Onlineplattform Colta.ru. Sie erhielt mehrere Preise für ihre Theaterrezensionen, unter anderem 2007 den Preis des Russischen Journalistenverbandes als beste Theaterkritikerin. 2005 wurde der Stanislawski-Preis für die beste Buchpublikation an sie vergeben.

Petition und Flucht

Am 24. Februar 2022, dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, verfasste Marina Davydova eine Petition gegen diesen Krieg. Es folgten Drohbriefe und –anrufe, Überwachungskameras wurden auf ihrem Haus installiert, ihre Wohnungstür wurde in großen Lettern mit dem Buchstaben "Z" gebrandmarkt. Am 5. März floh Marina Davydova aus Russland. Seitdem lebt sie in Berlin.

Nach ihrer Ernennung in Salzburg lässt Davydova sich zur Sitaution der darstellenden Künste in Kriegszeiten zitieren: "(...) Kunst sollte jedoch nicht in Geiselhaft für gegenwärtige politischer Umstände, Schwankungen in der öffentlichen Meinung oder aktueller Trends genommen werden. Sinn und Zweck der Kunst bleiben meiner Ansicht nach unveränderlich: das Leben in all seinen ontologischen, existenziellen und sozialen Aspekten zu ergründen. Als Leiterin des Schauspiels der Salzburger Festspiele wird mein Interessensschwerpunkt in erster Linie auf der Suche nach der Tiefe und Überzeugungskraft des Theaters und der Theaterarbeit liegen."

(Salzburger Festspiele / sdre) 


Auf nachtkritik.de schrieb Marina Davydova über die Unterschiede zwischen dem russischen und deutschen Theatersystem.

Im Rahmen des Berliner Festivals "Utopische Realitäten" inszenierte Marina Davydova 2017 im HAU das Stück "Eternal Russia".

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